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01.08.2014 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Frankfurt: Angriff auf Jüdin +++ Tod von Anneck E. im Schwimmbad Plötzensee: War Rassismus im Spiel? +++ Nazis missbrauchen Weltkriegsgedenken in Berlin: „Eine kaum erträgliche Provokation“.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Frankfurt: Angriff auf Jüdin

Nach einer Reihe antisemitischer Schmierereien und einem Drohanruf bei einem Frankfurter Rabbiner haben Unbekannte in der Nacht zum Donnerstag eine volle Bierflasche in das Badezimmerfenster einer bekannten Frankfurter Jüdin geworfen.Wie die Frau, die sich in der Vergangenheit immer wieder öffentlich gegen Antisemitismus positioniert hatte, der Frankfurter Rundschau sagte, habe sie gegen ein Uhr in der Nacht einen lauten Knall am Fenster gehört und sei daraufhin auf den Balkon gelaufen. Sie habe laut gefragt: „Was machen Sie denn da?“ Als Reaktion habe jemand „Judenschwein“ gerufen – und noch andere, unverständliche Beschimpfungen von sich gegeben. Die Fensterscheibe wurde durch den Wurf beschädigt. Aus Angst vor weiteren Attacken wollte die Frau vorerst anonym bleiben (Frankfurter Rundschau).

Tod von Anneck E. im Schwimmbad Plötzensee: War Rassismus im Spiel?

Antifaschistische Initiativen rufen am 1. August 2014 zur Teilnahme an einer Kundgebung am Freibad Plötzensee auf. Vor einer Woche ertrank dort ein 35-Jähriger Mann aus Kamerun. Mike Z., Bademeister und Rettungsschwimmer vom gegenüberliegenden Freibad Plötzensee hatte nicht eingegriffen. Zwar hatte Z. die Gruppe um das spätere Opfer bereits Stunden zuvor an der anderen Uferseite bemerkt, als er jedoch durch Hilferufe und Hinweise von Zeugen auf den Vorfall aufmerksam wurde, ließ er sich nicht zu umgehender Hilfe bewegen. Die Unfallstelle ist kaum 100 Meter entfernt. Bereits im vergangenen Sommer wurden in Internetforen Artikel veröffentlicht, die die neonazistischen Aktivitäten von Z. aufdeckten. Er war in führender Position in der Neuköllner NPD tätig, später auch bei der Kameradschaft „Freie Nationalisten Berlin Mitte“, die durch eine Serie von Sachbeschädigungen, Propagandaaktionen und Gewalttaten in Erscheinung trat. Der Betreiber des Schwimmbades, Erik Müller, gab in einer Stellungnahme vom letzten Sommer an, Z. sei 2011 als Neonaziaussteiger zur Belegschaft gestoßen. „Es bleiben Zweifel an der Läuterung Z.s. Dass Z. nicht mehr öffentlich als Neonazi in Erscheinung tritt, bedeutet nicht, dass sich seine rechten Denk- und Handlungsmuster geändert haben. Noch im vergangenen Jahr erhoben Zeugen schwere Vorwürfe, wonach Z. durch rassistische Provokationen und das Tragen rechter Szenekleidung maßgeblichen zu einer Gewalteskalation im Freibad Plötzensee beigetragen habe“, geht aus der Pressemitteilung von ReachOut Berlin hervor. Im aktuellen Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen unterlassener Hilfeleistung gegen Z. Dem Vernehmen nach spielt Rassismus dabei als mögliches Motiv keine Rolle (BerlinOnline).

Nazis missbrauchen Weltkriegsgedenken: „Eine kaum erträgliche Provokation“

NPD-Banner vor dem Brandenburger Tor 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs – Innensenator Henkel kann den geplanten Aufmarsch der Rechten nach eigener Aussage nicht verbieten, hofft aber auf friedliche Gegenwehr. Grüne, Piratenpartei und das Netzwerk gegen Nazis haben für Freitag zum Protest gegen den Aufmarsch aufgerufen (rbbTagesspiegel).

Anzeige gegen Neonazis: NPD Sachsen-Fraktionschef schleicht sich in Flüchtlingsheim

Der Präsident des sächsischen Landtags, Matthias Rößler (CDU), hat den dortigen NPD-Fraktionschef Holger Szymanski wegen Amtsanmaßung und Missbrauchs von Titeln angezeigt. Szymanski soll sich mit einer handvoll Gefolgsleuten als „Heimaufsicht“ ausgegeben und in ein Asylbewerberheim in Bautzen eingeschlichen haben. Der NPD-Mann habe eine „Nachkontrolle“ zum Heim-TÜV vorgetäuscht, so Rößler (taz).

Rechtsextremist Roeder starb 85-jährig in Neukirchen

Der mehrfach verurteilte Rechtsextremist Manfred Roeder ist tot. Er starb nach HNA-Informationen am Mittwoch in Neukirchen (Schwalm-Eder-Kreis). Der Holocaustleugner wurde 85 Jahre alt. Vor über 30 Jahren galt der ehemalige Rechtsanwalt als Anführer der rechtsextremen Szene in der Bundesrepublik, er war Anwalt von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß gewesen und bezeichnete Auschwitz als „Lüge“ (HNA).

Aufregung um neue Pächterin der „Piraterie“

Mitten in Saarbrücken könnte es schon bald einen Treffpunkt für rechtsextreme Gruppierungen geben. Die künftige Betreiberin des Gastro-Schiffes vor dem Staatstheater führt derzeit eine Kneipe, in der sich die rechte Szene offenbar die Klinke in die Hand gibt. Die Pächterin selbst weist entsprechende Vorwürfe allerdings entschieden zurück. Aufregung in Saarbrücken: Die „Stadtmitte am Fluss“ könnte künftig zum Treffpunkt der rechtsextremen Szene werden. Nach SR-Informationen wird das Gastro-Schiff „Piraterie“ vor dem Staatstheater ab 1. September an die Betreiberin des „City Train“, Jaqueline S., verpachtet. Das Lokal am Hauptbahnhof ist als Party- und Veranstaltungslocation der rechten Szene bekannt. Schon die Saarbrücker „Peniskuchenaffäre“ um den saarländischen NPD-Vorsitzenden Peter Marx, die sich im „City-Train“ abspielte, sorgte bundesweit für Schlagzeilen (SR).

Prozess gegen Anti-Nazi-Pfarrer: Lothar König muss noch mal ran

Der Prozess gegen den Jenaer Stadtjugendpfarrer platzte vor einem Jahr. Nun soll er im November neu beginnen. Lothar König sieht sich gerüstet (taz).

Re-Import von Rechtsrock

Zehn Tage vor der zweiten Auflage des Rechtsrock-Open Airs „In.Bewegung“ muss der Thüringer NPD-Funktionär Patrick Weber auf den bisherigen Standort in Sachsen-Anhalt verzichten. Nach der behördlichen Absage soll das Hassmusik-Spektakel am 9. August von Berga ins thüringische Sondershausen umziehen (Blick nach rechts).

Bieder-Manni Rouhs und die seltsame Software

„Pro Deutschland“ finanziert sich jetzt mit dem Vertrieb von Microsoft-Programmen. Software vom Rechtsradikalen Ihres Vertrauens – das ist das Konzept, mit dem die Szenefigur Manfred Rouhs derzeit Kasse zu machen versucht. Der Vorsitzende der Partei „Pro Deutschland“ verkauft auf seiner Internetseite software-fair.de Produkte von Microsoft zu Schleuderpreisen. Fachleute bezweifeln, dass es sich um legale Geschäfte handelt. Rouhs weist die Vorwürfe zurück. Offenbar gibt es aber Zusammenhänge zwischen dem Software-Verkauf und der Finanzierung der Rechtsaußen-Formation „Pro Deutschland“ (taz).

Berlin-Schöneberg bekommt eine Registerstelle für Rassismus

In den vergangenen Wochen gab es rund um das Rathaus Schöneberg mehrere Vorfälle mit rassistischem und diskriminierendem Hintergrund. Ab 1. August wird es eine Meldestelle für diese Vorfälle im Bezirk geben. In der Nacht zum 10. Juli 2014 haben Unbekannte die Tür zum Büro der bezirklichen Integrationsbeauftragten Gabriele Gün Tank mit rassistischen Parolen beschmiert. Am gleichen Tag wurden rund um den John-F.-Kennedy-Platz Schmierereien mit diskriminierendem Inhalt entdeckt. Das sind keine Einzelfälle: In regelmäßigen Abständen erhält die Integrationsbeauftragte E-Mails mit rassistischem und diskriminierendem Inhalt. Im Februar diesen Jahres sind Texttafeln der Ausstellung „Karl Heinrich Ulrichs“, einem Vorkämpfer der Homosexuellen-Bewegung, im Rathaus Schöneberg gestohlen worden. Auch Dokumente der Ausstellung „Berliner Tatorte“ von ReachOut im Rathaus Tempelhof sind Anfang des Jahres mehrere Male beschmiert oder entwendet worden. Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg wurde zur Dokumentation dieser Vorfälle eine Registerstelle eingerichtet. Seit dem 1. Juli 2014 ist das Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrum in der ufaFabrik e.V. (NUSZ) offiziell Träger der Registerstelle zur Erfassung rassistischer, antisemitischer, rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Am 01.08.2014 wird sie ihre Arbeit aufnehmen (Berlinonline.de).

NSU-Prozess: Durchsuchung nach DNA-Panne – Befangenheitsantrag verworfen

München. Die Befragung eines Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) im NSU-Prozess offenbarte am Mittwoch eine Ermittlungspanne beim Auswerten einer DNA-Spur. Die Folge davon war im Juni 2013 ein ungerechtfertigter Verdacht (Thüringer Allgemeine).

Verfassungsschutz: Geschreddert, vergessen, geschlossen

Zu einem Zeitpunkt, als jeder Hinweis auf das NSU-Terrornetzwerk wichtig ist, schreddert der Verfassungsschutz Akten über Neonazis und V-Leute. Eine Staatskrise droht. Der Schredder-Skandal schockierte die Öffentlichkeit und elektrisierte die Medien. Kurzzeitig. Heute ist die Berichterstattung versandet, obwohl drängende Fragen rund um den Verfassungsschutz weiter offen sind. Die Chronik der medialen Ermüdung liefert beunruhigend gute Gründe, nach NSA wieder über NSU zu berichten (Journalist.de).

Roma-Morde in Ungarn: Hass statt Gedenken

Fünf Jahre ist die grausame Mordserie in Ungarn her – sechs Roma starben damals. Doch viele würden die rechten Gewalttaten am liebsten vergessen. Im Wahlkampf nutzen Politiker den Fremdenhass für ihre Zwecke (Spiegel online).

Gamer empört sich über Hakenkreuze im „Nazi-Spiel“ „Turning Point: Fall of Liberty“ bei Amazon

Amazon soll die hierzulande indizierte PEGI-Version von Turning Point: Fall of Liberty verkauft haben. Der Käufer war überrascht ob des Funds von Nazi-Symbolik in dem Ego-Shooter und schaltete daraufhin die Polizei ein. Der Staatschutz soll laut Bild-Recherchen nun Ermittlungen aufgenommen haben (PCgames.de).

Ärger um Goebbels-Nachlass: Tantiemen für einen Nazi

Der Verlag Random House ist von der Nachlassverwalterin von Joseph Goebbels verklagt worden – weil er ihr nicht Tantiemen aus einer Biografie des Propagandaministers zahlt. Die Klägerin ist pikanterweise auch noch die Tochter von Hitlers ehemaligem Wirtschaftsminister (Spiegel online).

Ulm: Bands und Liedermacher spielen gegen Rechts

Das zwölfte Konzert der Reihe „Bands gegen Rechts“ findet am Samstag, 9. August, ab 18 Uhr als Open Air im Liederkranz in der Ulmer Friedrichsau statt. Der Reingewinn der Benefizveranstaltung fließt wieder der Amadeu-Antonio-Stiftung zu. Dieses Mal spielen: Frau Öl (deutscher Indie-Pop), Smokie Blues (Texas Blues aus dem Illertal), Bene Büchler (junger, auch politischer Liedermacher), Tuesdabeat (Rock aus Ulm), Big Daddy X (Hip-Hop), Kaiserkind (Songwriting), EQT (deutscher Rap), Cheerful To Cloudy (Synthie-Power-Pop aus Ulm) und Banana Republic (Alternative-Rock). Am 1. Mai 2009, als Tausende Ulmer gegen junge Nazis auf die Straße gegangen sind, spielten Bands aus der Region gegen Rechts und für Toleranz und Demokratie. Das war der Beginn der Reihe „Bands gegen Rechts“ (Augsburger Allgemeine).

Palina Rojinski und Jan Böhmermann spielen Nazi Bingo

In der neuen RTL-Comedysendung „Was wäre wenn?“ gejem Jan Böhmermann, Palina Rojinski, Jan Köppen und Katrin Bauerfeind da hin, wo es richtig weh tut. Etwa zum Interview mit „Pro NRW“-Rechtspolitiker Manfred Rouhs. Auf einem Kärtchen halten Böhmermann, Köppen und Rojinski ein Bingofeld. Statt Zahlen oder Buchstaben sind in den Feldern abgegriffene Stichworte von Rechtsparteien – „Nazi Bingo“. Bei Begriffen wie „Abschiebung“ oder „integrationsunfähig“ können die „Spieler“ ihre Feldchen abhaken. Klingt doch ganz lustig (Intouch).

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Diese Woche auf netz-gegen-nazis.de:

| Sturm 18 – Knast-Kameradschaft mit Vereinsstatus
| Neuer Antisemitismus, alter Hass? Der Konflikt in Gaza erschüttert noch ganz anders
| Islamfeindlichkeit: Die falschen Thesen des Herrn Fest

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