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01.11.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Justizministerin: NSU ist „Schande für unseren Rechtsstaat“ +++ Demonstration am 4. November: Das Problem heißt Rassismus +++ NSU-Ausschuss in Bayern: „Kontrolliert der Landtag das Ministerium – oder umgekehrt?“

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Justizministerin: NSU ist „Schande für unseren Rechtsstaat“

Ein Jahr nach dem Auffliegen der Neonazi-Terrorzelle NSU hat Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ihre Forderung nach einer Reform der Sicherheitsbehörden bekräftigt. Den NSU nannte sie eine „Schande für unseren Rechtsstaat“. „Wir müssen die Sicherheitsarchitektur reparieren, um das Vertrauen wiederherzustellen. Personalveränderungen allein reichen nicht“, sagte die FDP-Politikerin der „Passauer Neuen Presse“. Die Probleme entstünden offensichtlich aus mangelnder Kontrolle und der föderalen Struktur der Sicherheitsbehörden, sagte die Ministerin weiter. Die Landesämter für Verfassungsschutz müssten konzentriert und die Aufgaben des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) auf die anderen Dienste übertragen werden. Außerdem müssten V-Leute restriktiver angeworben und enger geführt werden. (Badische Zeitung) In einer Kurzübersicht stellt „Der Westen“ noch einmal das Behördenversagen bei den Ermittlungen zum NSU dar. (Der Westen) Unterdessen stellt die „WAZ“ fest: Die Aufarbeitung der NSU-Morde sei ein „Kampf ohne Leidenschaft“. (Der Westen)

Demonstration am 4. November: Das Problem heißt Rassismus

Ein Jahr nachdem die Taten des NSU in den Medien bekannt wurden, soll am 4. November mit einer Demonstration der neun Migranten gedacht werden, die von dem Trio getötet wurden. Aufgerufen zu der Demonstration hat das „Bündnis gegen Rassismus“, das ein Zusammenschluss aus verschiedenen MigrantInnen-Initiativen, linken Gruppen, Gewerkschaften und Parteien ist. Die Demonstration, zu der bundesweit mobilisiert wird, beginnt um 15 Uhr am Flüchtlings-Protestcamp auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg. Das Bündnis verbindet mit der Demonstration mehrere politische Forderungen. Zunächst fordern die AktivistInnen die „konsequente Bekämpfung des Rassismus in all seinen Facetten in Politik, Alltag und Institutionen. Rassismus solle nicht mehr als Randphänomen gesehen werden, das Nazis betrifft, sondern als gesamtgesellschaftliches Phänomen. Belege hierfür gebe es genug: „Die positive Resonanz in der Bevölkerung und in der Politik für die Thesen Sarrazins und Buschkowskys belegen die Ernsthaftigkeit des Problems“, sagt Deniz Yilmaz, Sprecher des Bündnisses. (taz)

NSU-Ausschuss in Bayern: „Kontrolliert der Landtag das Ministerium – oder umgekehrt?“

Zwischen dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags und dem bayerischen Innenministerium bahnt sich ein heftiger Konflikt an. Der Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD) wirft Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vor, die Aufarbeitung des Behördenversagens rund um die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) zu behindern. Nach Angaben Schindlers erkläre das Ministerium derart rigoros Sachverhalte zur Geheimsache, dass eine „öffentliche Aufklärung“ kaum noch möglich sei. „Auf dieser Basis kann man fast nicht arbeiten“, sagte Schindler der „Süddeutschen Zeitung“. (Sueddeutsche.de)

NSU-Opfer: Ombudsfrau fordert Gründung einer Stiftung

Barbara John, Ombudsfrau der Bundesregierung, fordert kurz vor dem Jahrestag des Bekanntwerdens der Neonazi-Mordserie die Bundesregierung dazu auf, eine Stiftung zu gründen. John sagte dem „Tagesspiegel“: „Das Gedenken an die Taten aufrechtzuerhalten ist eine Sache. Wichtiger ist es, dass die Behörden insgesamt, vor allem aber die Sicherheitsbehörden, Menschen anders behandeln, die Schutz und Hilfe bei ihnen suchen. Daher sollte die Bundesregierung eine Stiftung einrichten, die sich zum Ziel setzt, unsere Bürokratie bürgerzugewandter, also menschlicher zu gestalten.“ (Tagesspiegel)

Sachsen: NPD darf nicht direkt vor Dresdner Moschee demonstrieren

Wenn die NPD am Donnerstag in Dresden gegen die angebliche Islamisierung Sachsens demonstrieren will, soll ihr ein breites Protestbündnis aus der Mitte der Gesellschaft entgegentreten, haben verschiedene Gruppen angekündigt. Vor allem vor dem Flüchtlingsheim in der Florian-Geyer-Straße soll den Rechtsextremen gezeigt werden, dass in Dresden kein Platz für Rassismus ist. Auch vor der Fatih-Camiine-Moschee in Dresden Cotta, wo die NPD ebenfalls eine Demo angezeigt hat, wollen sich Dresdner den Rechten entgegenstellen. Unter anderem haben hier der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und eine Bürgerinitiative des Stadtteils angekündigt, gegen die Rechtsextremen Stellung zu beziehen. Dabei darf die NPD nicht wie gewünscht direkt vor dem Eingang der Moschee aufmarschieren. (Dresdner Neueste Nachrichten) Unterdessen hat der sächsische Ausländerbeauftragte Martin Gillo die Provokationen der NPD kritisiert. Offensichtlich gerate die rechtsextreme Partei angesichts fallender Umfragewerte in Panik und versuche nun, mit Rassismus wieder Stimmen zu holen. „Flüchtlinge sind unsere Verantwortung. Wir bekennen uns zu den Menschenrechten und zum Schutz der Asylbewerber“, sagte Gillo. Es sei ein sehr ermutigendes Zeichen, dass in vielen Städten Bürger und auch die politisch Verantwortlichen gegen die Rechtsextremen Gesicht zeigten. (Sächsische Zeitung) Seit Dienstag zieht die NPD auf ihrer so genannten „Brandstiftertour“ durch Sachsen. (netz-gegen-nazis.de) Der Auftakt fand in Chemnitz statt (Neues Deutschland), eine Kundgebung in Riesa beendet die Hetztour. (Sächsische Zeitung)

NPD will am Samstag durch Heidelberg marschieren

Die rechtsextreme NPD hat offenbar immer noch nicht genug – und will am Samstag, 3. November, durch Heidelberg marschieren. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die SPD und der Kreisverband der Grünen rufen zu einer Gegenkundgebung auf und hoffen auf breite Unterstützung. „Wir haben inzwischen Oberbürgermeister Würzner gebeten, den NPD-Aufmarsch zu verbieten“, berichtet Erich Vehrenkamp, Vorsitzender des DGB Heidelberg. Heidelberg müsse eine tolerante, weltoffene, lebenswerte Stadt bleiben. Das Motto der Gegendemonstranten: „Bündnis gegen rechts, Heidelberg bleibt nazifrei!“ (Rhein-Neckar-Zeitung)

Koppers: Polizisten raus aus Naziläden

Der Besuch rechter Läden und Szenekneipen durch Polizeibeamte kann ein Dienstvergehen nach dem Beamtenstatusgesetz darstellen. Das stellt ein Schreiben der amtierenden Polizeipräsidentin Margarete Koppers an alle Polizeibeamten klar. Anlass waren Recherchen der „taz“, wonach Polizeibeamte als Kunden im rechten Szeneladen „Hexogen“ auftreten, den NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke in der Nazihochburg Schöneweide betreibt. Im Angebot sind seit Monaten neben Reizgas und Schlagwaffen auch „Ausrüstungen für Polizeibeamte“. Schmidtke zufolge kauften Polizeibeamte bei ihm vor allem Schuhe, Gürtel und Hemden. (taz)

Aussteiger: Die Freiheit, die er als Nazi suchte und nicht fand

Gabriel Landgraf empfand ihn als Befreiung. Jenen Moment, in dem ihn die Kameraden zur Rede stellten. Jahrelang war er Mitglied der rechtsextremen Szene gewesen, hatte sich einen Namen gemacht. Er wollte Deutschland im Sinne der rechten Ideologie verändern. Doch irgendwann kamen ihm Zweifel. Zweifel an den Inhalten und den Methoden der Neonazis und auch daran, dass das Vierte Reich die versprochene Freiheit bringen würde. Seinen inneren Rückzug bemerkten auch seine Kameraden, nachspioniert hatten sie ihm und so mitbekommen, dass er längst nicht mehr voll und ganz einer der ihren war. Er stellte sich und bezog Position – gegen das rechtsradikale Gedankengut und gegen seine eigene Vergangenheit. (Stern Online) Auch Manuel Bauer ist ein Aussteiger. Den Kontakt zur rechtsextremen Szene knüpfte er über den Schulhof – verbreitete Gewalt und Hass. Vor einiger Zeit schwor er diesem Leben ab. Heute möchte der Sachse aufklären und mit seiner Erfahrung andere warnen – auch an der Saar. (SR-Online)

„Aktivposten“ im Harz: Auf wen die NPD in Niedersachsen ihre Hoffnungen setzt

Schwarze lange Haare, dunkler Gruftilook: Damit ist es bei Patrick Kallweit lange vorbei. Kurze Haare, einen modischen Bart, Sakko und Krawatte trägt der NPD-Kommunalpolitiker aus Goslar im Harz: Seriös und kompetent, so scheint der 27-Jährige wirken zu wollen. In der rechtsextremen Partei will der Absolvent eines Wirtschaftsgymnasiums Karriere machen – und das tut er. Niedersachsens NPD hat derzeit Personalprobleme. Kallweit aber „ist einer der Aktivposten der Partei“, sagt Reinhard Koch von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt in Braunschweig (Arug). Bei der Landtagswahl im kommenden Jahr tritt Kallweit Junior auf Listenplatz 2 für die NPD an, zudem ist er Teil der Wahlkampfleitung. In der aktuellen Ausgabe der Parteizeitung Deutsche Stimme schreibt er: „Bitte beachten Sie: Spenden an politische Parteien sind steuerlich absetzbar“ – und erklärt auch gleich, wie. (taz)

Studie sieht Unna gegen Rechts gut aufgestellt

„Die Stadt ist ziemlich gut aufgestellt. Übergriffe und Gewalttaten aus einem rechtsextremen Hintergrund finden in Unna kaum ertragreichen Nährboden.“ Das ist Ergebnis und Kernaussage einer Studie, die Studenten der Fachhochschule (FH) Dortmund unter Federführung von Professorin Dr. Ute Fischer vorgenommen haben. (Der Westen)

Landkreis Aschaffenburg: Neonazis versuchen, Kritiker einzuschüchtern

Seit den Berichten des Bayerischen Rundfunks über rechtsextreme Aktivitäten am Untermain versuchen Mitglieder der rechten Szene, engagierte Gegner einzuschüchtern. Sie verteilten Flugblätter und machten sogar Hausbesuche. (BR-Online)

Frei.Wild: “unpolitischer” Hass auf “Gutmenschen”

Frei.Wild fühlt sich verfolgt: Der Journalist Thomas Kuban hat es gewagt, die nationalistischen Texte der Band zu kritisieren, nun schlagen die Deutschrocker zurück. Kuban sei gar kein richtiger Journalist, urteilt die Band. Ein Angriff auf persönlicher Ebene, da sich der Nationalismus in den Texten nur schwer leugnen lässt. Frei.Wild-Sänger Burger weiß zudem Erstaunliches zu berichten: Seine ehemalige Band Kaiserjäger sei unpolitisch gewesen. (Publikative.org) In einem Gastbeitrag auf „Endstation Rechts“ führt Kuban die Andeutungen und Anspielungen von Frei.Wild auf. (Endstation Rechts)

Ein Jahr Aussteigerhilfe Bayern: Rückblick, Analyse, Perspektive

Vor genau einem Jahr, am 1. November 2011, gründete sich der „Verein zur Bewältigung neonazistischen Gedankenguts und zur Förderung einer toleranten Gesellschaft- Aussteigerhilfe Bayern e.V.“.  So richtig wusste niemand, was aus diesem Projekt wird. Aus der Zivilgesellschaft eine Hilfsorganisation für Aussteiger*innen aus der rechten Szene anzubieten und durch öffentliche  Aufklärungsarbeit und inhaltliche Auseinandersetzung zu den bisherigen vermeintlichen Hauptinformanten, nämlich V-Leuten, eine echte Alternative zu werden – damit hat man sich viel vorgenommen. Zeit für eine Bilanz. (Endstation Rechts)

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