Weiter zum Inhalt

02.11.2010 … Nach den Rechten sehen

Unangebrachte Milde gegen Rechtsextreme vor Gericht: Schwalmstadt: Bewährung, weil dem Nazi das Opfer „relativ leid“ tut. Geithein: Bewährung für Zertrümmern der Schädeldecke. +++ Prozesseröffnung in Hof gegen Paar, dass Roma-Prostituierte aus rassistischen Gründen misshandelte +++ CSU geht mit Rechtspopulisten-Parolen auf Stimmenfang.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

22-jähriger Rechtsextremer aus Schwalmstadt mit einschlägigem Vorstrafenregister erhält für Körperverletzung Bewährungsstrafe, weil der Richter ihn als „geläutert“ ansieht. Der Anklagte, der zu den „Freien Kräften Schwalm-Eder“ gehörte, untermauerte das mit Aussagen wie: „In der Gemeinschaft mit anderen lässt man sich häufig mitreißen. Es tut mir relativ leid.“ (HNA, nh24, Nassauische Neueste Presse).

Ähnlich ging es vor dem Jugendschöffengericht in Chemnitz: Hier wurde ein Angriff verhandelt, bei dem der 19-jährige Albert R., der von seiner Zugehörigkeit zur rechtsextremen Szene selbst bei der Bekleidung vor Gericht kein Hehl machte, dem 15-jährigen Geithainer Florian mit einem Schlag auf den Kopf die Schädeldecke zertrümmerte – weil dieser einen Iro trug und ihm „zugewinkt“ hätte. Das Opfer hatte Glück und überlebte den Angriff ohne Spätfolgen. Trotz der Schwere des Angriffs, einschlägiger Vorstrafen und klarer weiterer Zugehörigkeit zur rechtsextremen Szene verurteilte das Chemnitzer Jugendschöffengericht Albert R. lediglich zu 20 Monaten Haft auf Bewährung (Leipziger Internet-Zeitung).

Heute Eröffnung des Strafprozess geben einen Mann aus Selb und seine Freundin am Landgericht Hof. Sie sollen im März dieses Jahres drei Prostituierte im benachbarten Asch entführt und schwer misshandelt zu haben – aus rassistischen Gründen, denn die Opfer waren Roma. Die Opfer wurden beraubt, beschimpft und zum Teil über Stunden hinweg mit Fäusten und Baseballschlägern misshandelt haben. Eines der Opfer soll unter Schlägen gezwungen worden sein, sich im Kofferraum eines Wagens nackt auf ein Hakenkreuz aus Holz zu legen (Frankenpost).

Mord am 19-jährigen Iraker Kamal K. in Leipzig: Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz wollte einen rechtsextremen Hintergrund des Mordes nicht ausschließen. „Sichere Hinweise darauf haben wir aber noch nicht“, sagte er dem MDR. Staatsanwaltschaft und Polizei würden im Laufe der Ermittlungen das „strafrechtliche Vorleben“ der beiden Tatverdächtigen genau untersuchen. „Wir sind nicht auf dem rechten Auge blind, aber wir müssen uns an die vorliegenden Fakten halten“, sagte Schulz. Die beiden Verdächtigen, die in Untersuchungshaft sitzen, schweigen nach Angaben von Schulz zu den Motiven der Tat. Der Ausländerbeauftrage Sachsen, Martin Gillo, erzählte dem Neuen Deutschland zum Tathergang, der 19-jährige Kamal K. sei einem 16-jährigen zu Hilfe gekommen, der im Müllerpark von zwei Tätern angegriffen wurde. Es gab einen Streit und dann wurde K. niedergestochen. (MDR, taz, ND).

Vorsicht, Rechtsaußen-Parteien: Die CSU geht wieder auf Stimmenfang und hat dabei keine Angst vor Niveauverlusten. CSU-Chef Horst Seehofer etwa wusste erneut Ängste zu bedienen: „Kreuze raus aus dem Klassenzimmer, Imame weihen öffentliche Gebäude ein, japanische Autos auf den Straßen ? das ist nicht unser Bayern.“ Das hätte die NPD kaum schöner sagen können. Seehofer rechtfertigte sich mit einem rechtsaußen äußerst beliebten Muster: „Wenn das, was ich sage, rechtsradikal ist, sind zwei Drittel in der Bevölkerung rechtsradikal.“ Ähnliches gab es von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt zu hören, der zu den Grünen sagte: „Die müssen sich nicht wundern, wenn sie morgen ein Minarett im Garten haben.“ Kritik kam von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): „«Die CSU verschließt die Augen vor der Realität des Einwanderungslandes Deutschland.“ (Sueddeutsche, Badische Zeitung).

Die Beschwerde der Stadt Hohenmölsen (Burgenlandkreis) gegen den geplanten Bundesparteitag der rechtsextremen NPD verzögert sich (dnews).

Ein antifaschistischer Aktionstag in Demmin bietet BesucherInnen am 6. November mehrere Informationsveranstaltungen zur Neonazi-Szene in Mecklenburg-Vorpommern (Endstation rechts).

Kameradschaftsabende, Rechtsschulungen und Rechtsrockkonzerte? Im Gasthaus „Rössle“ in Rheinmünster-Söllingen finden seit einem halben Jahr regelmäßig Veranstaltungen der rechtsextremen Szene statt. Der Protest gegen die Etablierung „braunen“ Gedankenguts wird immer lauter (ka-news.de).

Donnerstagabend hatte das islamkritische Ex-CDU-Mitglied Rene Stadtkewitz sein Parteiprojekt ?Die Freiheit? nun offiziell gegründet. Bundesweit will man künftig zu Wahlen antreten. Erstes Ziel: das Berliner Abgeordnetenhaus. Ein Gründungsmitglied könnte am Wahlabend dann schon wieder quittiert haben. Aaron König, ehemaliges Mitglied der Piratenpartei, vermisst den libertären Anstrich des Parteiprogramms, zeigt sich im Internet erzürnt und denkt offenbar schon über einen Rückzug nach (Endstation rechts).

Europas bekanntester Rechtspopulist Geert Wilders hat jetzt eine eigene Hochglanzzeitschrift. Hier kann der Niederländer alles über Geert Wilders‘ Lieblingsgericht oder seine Kibbuz-Connection erfahren (FTD).

Amerikas Tea-Party als Modell für Europas Rechtspopulisten? Das transatlantische Bündnis der Wutpolitiker ist nur eine Frage der Zeit. (ZEIT online).

31 Personen hat die Polizei am Samstag vorübergehend festgenommen. Die Demonstranten hatten gegen einen von Neonazis unterwanderten Aufmarsch von Abtreibungsgegnern in München protestiert (region-muenchen.de).

Weiterlesen

Eine Plattform der