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03.04.2013 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Sachsen-Anhalt: Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung +++ NSU-Prozess: Türkin reicht Verfassungsbeschwerde ein +++ Platzvergabe: CDU-Politiker mahnt Türkei zur Mäßigung.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Sachsen-Anhalt: Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung

Der Staatsschutz hat nach Auseinandersetzungen an der Asylbewerberunterkunft Vockerode Ermittlungen eingeleitet. Unter anderem werde wegen Volksverhetzung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und Körperverletzung ermittelt, teilte die Polizei mit (MDR Online). Drei Männer haben am Samstag ab 18 Uhr in angetrunkenem Zustand zunächst drei Asylbewerber, die auf dem Weg in ihre Unterkunft waren, mit fremdenfeindlichen Parolen beschimpft und bis zum Block verfolgt. Es gab tätliche Auseinandersetzungen. Die drei Männer wurden von der Polizei vorläufig festgenommen und noch in der Nacht zum Sonntag vernommen. (Mitteldeutsche Zeitung)

NSU-Prozess: Türkin reicht Verfassungsbeschwerde ein

Der Streit um den Zugang zum bevorstehenden NSU-Prozess in München beschäftigt nun auch das Bundesverfassungsgericht. Wie ein Gerichtssprecher bestätigte, ist eine Beschwerde in Karlsruhe eingegangen. Nach einem Bericht des „Münchner Merkurs“ wehrt sich eine in Deutschland lebende Türkin dagegen, dass alle Zuschauer beim Betreten des Gerichtssaals ihren Ausweis kopieren lassen müssen. Darin sehe sie einen Eingriff in ihre Grundrechte. Auch die türkische Tageszeitung „Hürriyet“ prüft nach Angaben ihres Deutschland-Korrespondenten eine Klage. (Spiegel Online)

Platzvergabe: CDU-Politiker mahnt Türkei zur Mäßigung

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, hat die Türkei zur Mäßigung im Streit über die Vergabe von Journalistenplätzen im NSU-Prozess aufgefordert. Das Münchener Oberlandesgericht habe es zwar am nötigen Fingerspitzengefühl fehlen lassen, sagte der CDU-Politiker der Berliner Zeitung. „Aber ich möchte die türkische Politik dringend warnen, das Rad der Kritik nun noch eine Umdrehung weiter zu drehen.“ Es bestehe keinerlei Anlass, an der Fähigkeit des Gerichts zu zweifeln, das Verfahren in der Sache „vernünftig, fair und zielgerichtet“ zu bewältigen (Zeit Online). Das Oberlandesgericht hatte die 50 Presseplätze nach der Reihenfolge der Bewerber vergeben. Dabei gingen die meisten internationalen und alle türkischen Medien leer aus   (Tagesspiegel; stern.de). Das Oberlandesgericht München will indes auch nach der Intervention Ankaras bei der Bundesregierung nichts an der umstrittenen Platzvergabe im NSU-Prozess ändern. (Berliner Zeitung; Sächsische Zeitung)

Kommentar: Deutschland peinlich Vaterland

Nach dem Versagen deutscher Sicherheitsbehörden, nach den Verdächtigungen der Angehörigen der NSU-Opfer hat der Prozess gegen Beate Zschäpe ein großes Ziel: Es soll das verlorene Vertrauen in Deutschland wieder herstellen. Das Vorgehen des Oberlandesgerichts bewirkt das Gegenteil. (Mut gegen rechte Gewalt)

München: Bunter Protest gegen Rechts

Etwa hundert Freisinger haben am Karsamstag eine Stunde lang, von 12 bis 13 Uhr, in der Innenstadt gegen den Aufmarsch des rechtsextremen „Aktionsbunds Freising“, einer Unterorganisation des „Freien Netzes Süd“, protestiert. Die Stadtverwaltung hatte vorsorglich das Kriegerdenkmal verhüllen lassen: Der NPD-nahen Gruppierung sollte so die Möglichkeit genommen werden, das Andenken an die in den Weltkriegen verstorbenen Freisinger Soldaten in ihre Kundgebung einzubauen. Etwa 20 schwarz gekleidete Rechtsradikale sammelten sich gegen zwölf Uhr mittags auf dem Parkplatz vor der Bahnhofshalle, schwenkten Fahnen und stellten sich auf. Begleitet von einem großen Polizeiaufgebot ging es dann – rechte Parolen skandierend – durch die Bahnhofstraße Richtung Innenstadt. Auf Höhe der Domberggasse versuchte eine Gruppe, den Zug durch eine Sitzblockade aufzuhalten – doch die Polizei löste diese auf, da sie die angemeldete Demonstration ermöglichen musste. (Süddeutsche Zeitung)

NPD: Maulkorb für Parteifunktionär

Für den ersten Mai dieses Jahres mobilisieren Neonazis bislang zu bundesweit vier Veranstaltungen, darunter befindet sich auch ein Aufmarsch in Dortmund, den die Partei „Die Rechte“ (DR) angemeldet hat. Neben Parteifunktionären der „DR“ wie Christian Worch, Dennis Giemsch und Siegfried („SS-Siggi“) Borchardt waren dort auch die langjährig aktiven Neonazis Dieter Riefling und Thorsten Heise als Redner angekündigt. Das will sich die NPD-Spitze offenbar nicht gefallen lassen und verhängte jetzt für den 43-jährigen Heise ein Redeverbot, meldeten die Organisatoren des Aufmarschs in Dortmund. (publikative.org; Endstation Rechts)

Bayern: Neonazis mussten umdrehen

Für 14 Uhr hatte sich eine Gruppe Neonazis am Samstag in Kitzingen angekündigt. Doch zur geplanten Zeit ist der Bahnhofsvorplatz nicht braun, sondern knall-bunt. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Gruppe „Nationales und Soziales Bündnis 1. Mai“ zwei Stunden mit Kundgebungen durch die Stadt ziehen will. Seitdem haben die Kitzinger Bürger alle Rädchen gedreht, die bewegbar waren, um den Rechten zu zeigen, dass in ihrer Stadt kein Platz ist für deren Ansichten. „Kitzingen ist bunt“ lautet das Motto der Gegenkundgebung. (Main Post)

Berlin: Senatorin und Bürger reinigen beschmierte Stolpersteine

Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) hat am Dienstag gemeinsam mit anderen Bürgern die geschändeten 18 Stolpersteine in Berlin-Friedenau gereinigt (RBB Online). Unbekannte Täter hatten diese am Wochenende mit schwarzer Farbe beschmiert. Die kleinen Gedenktafeln aus Messing werden vor dem letzten selbstgewählten Wohnort der NS-Opfer verlegt. Dem Künstler Gunter Demnig zufolge liegen Stolpersteine inzwischen in mehr als 500 Orten Deutschlands und in mehreren Ländern Europas. Allein in Berlin gibt es rund 4.700 dieser Erinnerungstafeln. (Welt Online)

Neonazis im Tour-Bus von Andrea Berg

Das Management von Andrea Berg (47) hat schockiert auf Berichte reagiert, wonach Neonazis im früheren Tourbus der Schlagersängerin zu einer verbotenen Demonstration fuhren. „Wir wussten davon nichts“, sagte Bergs Manager Oliver Mintzlaff am Dienstag (stern.de). Der Mercedes gehörte zum Fuhrunternehmen von Andrea Bergs Schwager Klaus Ferber. Dieser habe ihn an „Fun to Travel“ weitervermietet. Dem Unternehmen sei ausdrücklich gestattet, die Werbefolie „Andrea Berg Abenteuer-Tour“ am Bus kleben zu lassen. Der Vertrag sehe allerdings auch vor, dass das Fahrzeug nicht für politische Zwecke genutzt werden darf (Spiegel Online).

Bayern: „Für Rechtsextremismus ist hier kein Platz“

„Schwabmünchen bleibt bunt“ – unter diesem Motto traten die knapp 100 Personen den Rechtsextremen gegenüber. Und bunt war auch die Zusammensetzung der Gruppe. Vom Kind bis zum Rentner, von CSU, bis SPD und Bündnis 90/Die Grünen – Schwabmünchen machte deutlich, dass in dieser Stadt kein Platz für das Gedankengut der rechten Szene ist. Lautstark. Und verhinderten somit, dass die Parolen des rechtsextremen Funktionärs Roland Wuttke gehört wurden. (Augsburger Allgemeine)

Nordhausen: Rechtsextreme Geschichtsverzerrung

Seit Jahren versuchen Neonazis in Nordhausen das Gedenken an die Bombardierung der nordthüringischen Stadt im April 1945 für sich als Plattform zu nutzen. Bei seiner eigenen Veranstaltung in diesem Jahr kooperiert der NPD-Kreisverband mit hochgradig kriminellen Neonazis. (Blick nach Rechts)

Buchtipp: „Terror von rechts“

Patrick Gensing zeigt in seinem Buch, wie sich die Neonazi-Bewegung nach 1989/90 radikalisierte und dabei kaum auf Widerstand stieß. Er analysiert das vielfältige rechtsextreme Spektrum und beweist, dass die NPD eng mit den Terroristen verbunden ist. Und er rechnet mit untätigen Politikern ab, die bei Morden aus neonazistischen Motiven wegschauen. Aber die blutige Spur der Rechtsterroristen offenbart, was Politik und Medien allzu lange verharmlosten: wie akut die Bedrohung durch den Terror von rechts ist. (Störungsmelder)

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2017-11-24-mit-rechten-reden

Rezension Mit Rechten reden

Weil für Demokratie Engagierte im Alltag öfter „mit Rechten reden“ müssen, als ihnen manchmal lieb ist, kann jede Überlegung zum Thema, wie die Gesellschaft sich sinnvoll mit Rechtspopulist_innen auseinandersetzen kann, hilfreich sein. „Mit Rechten reden“ soll ein „Leitfaden“ (so der Untertitel) dafür sein. Er ist allerdings nicht wirklich hilfreich und will es vielleicht auch gar nicht sein.

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