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03.08.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Dortmund: Friedliche Demonstrationen gegen Nazis – ohne Nazis +++ Berlin: Beim „Henker“: Nazi-Angreifer mit Dönerspieß verjagt +++ NPD-Verbot – 1200 Seiten Beweise gegen die NPD, Leutheusser-Schnarrenberger hat trotzdem Zweifel.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Dortmund: Friedliche Demonstrationen gegen Nazis – ohne Nazis

Dortmund zeigt, dass Verbote doch recht kraftvolle Zeichen sein können: Nazis ließen sich am 1. September in Dortmund nicht blicken – Kameradschaften-Verbote und Demonstrations-Verbote sei Dank. Dafür setzten 1.500 Dortmunder*innen setzen Zeichen gegen Nazis mit Demonstrationen und Friedensfest (DerWesten, Fotos, taz, Welt online, Hertener Allgemeine).

Berlin: Beim „Henker“: Nazi-Angreifer mit Dönerspieß verjagt

Der Ärger um die Nazikneipe „Zum Henker“ reißt nicht ab. In der vergangenen Nacht bedrohten  Neonazis in in Berlin-Niederschöneweide einen jungen Mann. Mitarbeiter eines Imbisses stellten sich schützend vor ihn und schlugen die Neonazis unter anderem mit einem Dönerspieß in die Flucht. Zuvor hatte im „Henker“ ein Treffen von Rechtsextremen aus dem ganzen Bundesgebiet stattgefunden. Bereits gegen 1 Uhr war es dabei zu einem Vorfall gekommen, als Mitglieder der Szene eine unangemeldete Kundgebung abhielten. Kurz nach 1 Uhr traten etwa 20 Gäste aus dem Lokal in der Brückenstraße auf die Straße. Sie entrollten ein Transparent mit der Aufschrift „Solidarität mit unseren Aktivisten“. Die Polizei ermittelt wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. (Berliner Zeitung).

NPD-Verbot – 1200 Seiten Beweise gegen die NPD, Leutheusser-Schnarrenberger hat trotzdem Zweifel

Die NPD ist rassistisch, verfassungsfeindlich und will die Verfassung auch aktiv – nur, wie beweist man das gerichtsfest? Das Bundesinnenministerium hat 1.200 Seiten Beweismaterial gegen die NPD für ein neues Verbotsverfahren gesammelt. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel enthält das noch unter Verschluss gehaltene Dossier nur 65 Seiten mit Material, das mit Hilfe von V-Leuten zusammengetragen wurde. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger will aber zunächst genau geprüft wissen, wie gerichtsfest die dort zusammengetragenen „Beweise“ sind (taz, Welt online, Deutschlandradio).

Thüringer Polizei ist auf dem rechten Auge weiter oft blind

Das offizielle Thüringen fühlt sich durch den Skandal um die Ermittlungspannen zur rechtsextremen Terrorzelle „NSU“ – oft ein bisschen auch zu viel – in die rechtsextreme Schmuddelecke gedrängt. Allerdings zeigt die Gegenwart: Bis heute spielt die Polizei rechtsextreme Übergriffe, die weiterhin an der Tagesordnung sind, herunter – oder erkennt sie zumindest nicht (Spiegel online). Dazu passt leider, dass es am Wochenende schon wieder einen gewalttätigen Übergriff in Erfurt gab: Ein polizeibekannter Neonazi hat am Samstagmorgen in der Erfurter Krämpferstraße eine Gruppe Jugendlicher angepöbelt. Wie die Polizei mitteilte, drohte der betrunkene 17-Jährige mit vorgehaltenem Messer, einen jungen Mann aus der Gruppe abzustechen. Dieser konnte den Angriff abwehren (t-online-News).

Solidaritätsbekundungen aund Angst nach dem antisemitischen Übergriff in Berlin

Nach dem Übergriff auf einen Rabbiner und seine Tochter in der vergangenen Woche in Berlin gab es zahlreiche Solidaritätsbekundungen, darunter einen Kippa-Flashmob (Welt online, B.Z.), Bürgermeister Wowereit eröffnete die „Lange Nacht der Religionen“ mit Kippa (taz) und am Sonntag gab es eine Demonstration mit 1.500 Teilnehmer*innen (Tagesspiegel, Berliner Zeitung). Gleichzeitig beginnt die Analyse-Phase: Warum steigt die Gewalt gegen Juden in Deutschland wieder (Morgenweb)? Wie umgehen mit migrantischem Antisemitismus (Tagesspiegel, Frankfurter Rundschau)? Im Interview bekräftigt der überfallene Rabbiner: Er sei zwar „stinksauer“, will sich aber weiter für den interreligiösen Dialog einsetzen (Berliner Kurier).

Bayern: Rechtsextreme Szene radikalilsiert sich

Der bayerische Verfassungsschutz beobachtet, dass der rechtsextremen Szene in Bayern die NPD zu langweilig wird. Stattdessen radikalisieren sich die Rechtsextremen in Kameradschaftszusammenhängen, in denen sie auch immer mehr lokal Ansprechstellen schaffen wollen (Augsburger Allgemeine, Main-Netz.de).

 

Hessen: Aktivere Nazis im Rhein-Main-Gebiet

Aktivere Neonazis im Rhein-Main-Gebiet beunruhigen die hessischen Verfassungsschützer*innen. Die Szene der lose organisierten und oft gewaltbereiten Cliquen hat sich verfestigt. Der Internetplattform „Freies Netz Hessen“, die die „volkstreuen“ Gruppen im Land besser organisieren will, hätten sich Neonazis aus allen Ecken des Landes angeschlossen. Die Szene spzialisiert sich derzeit auf schnelle, aufmerksamkeitsheischende Events und nimmt an bundesweiten Veranstaltungen teil (Frankfurter Rundschau).

Rechtsextreme Fußballfans: Der schwierige Umgang der Vereine

Beispiel „Lok Leipzig“: Sie stehen für gute Stimmung im Stadion, Action und Abenteuer neben dem Platz. “Scenario Lok” gibt im Bruno-Plache-Stadion den Ton an. Dass die Gruppe von Neonazis dominiert wird, stört Verantwortliche und Fans offenbar kaum. Am 18. August zeigten Scenario-Anhänger ihr wahres Gesicht: Lok-Fans feierten im Leipziger NPD-Zentrum in der Odermannstraße. Alkoholisiert attackierten sie Gäste eines benachbarten Kunstvereins. Als die Polizei anrückte, flogen Steine. Ein Kamerad skandierte “Heil Hitler!” Vier Beamte wurden verletzt. Die Odermannstraße 8 gilt seit Jahren als ein Treffpunkt der Gruppe. Ein Foto, das aus dem Innern stammen soll, zeigt ein großes Graffiti mit dem Gruppenlogo an der Wand. Seit Jahren agieren die Vereins-Verantwortlichen unbeholfen gegen die Neonazi-Fans. Nach dem letzten „Skandal“ schloss der damalige Präsident Steffen Kubald die “Blue Caps” aus. Die Hooligans hatten einen rechten Aufmarsch im Internet beworben. Ein Anhänger erhielt Hausverbot. Die Übrigen durften weiterhin kommen, mussten aber ihre Gruppenklamotten zu Hause lassen. Konsequenter und überlegter Umgang sieht anders aus (Publikative.org).

Auch in Thüringen gibt es rechtsextreme Fußballfans. So sind am Wochenende in Weimar und Erfurt sind geplante Demonstrationen und Parolen rechtsextremer Fußballfans gestoppt worden. Rund 100 Anhänger der rechten Szene seien am Samstag mit Bussen nach Erfurt gereist, um die Fußballpartie der 3. Liga Rot Weiß Erfurt gegen Borussia Dortmund II (5:0) zu sehen, teilte die Landespolizei am Sonntag in Erfurt mit. Als ihnen der Zutritt verweigert wurde, um rechte Parolen am Spielfeldrand zu verhindern, meldeten die größtenteils aus Thüringen stammenden Neonazis sogenannte Spontanveranstaltungen in Erfurt und Weimar an. In Erfurt durften seie eine halbe Stund protestieren, danach zogen sie nach Weimar, wo die zuständige Behörde allerdings eine Kundgebung verbot. Interessant: Ursprünglich hatten die Neonazis die Busse gechartert, weil sie zur Demonstration nach Dortmund wollten – bevor diese verboten wurde (insuedthueringen.de).

Cottbus: Vor 20 Jahren griffen 200 Neonazis das Asylbewerberheim an / Kundgebung erinnert 

Es waren schwülheiße Nächte in jenem August vor 20 Jahren. Nächte, in denen 200 Neonazis vor das Asylbewerberheim in Sachsendorf zogen – bewaffnet mit Molotowcocktails, Messern und Steinen. Heute mahnt eine Kundgebung vor alltäglichem Rassismus, den es immer noch gibt (Lausitzer Rundschau).

Velten demonstriert gegen Nazi-Fußballturnier

Knapp 100 Menschen haben in Velten (Oberhavel) gegen eine Demonstration von Rechtsextremisten protestiert. „Velten bleibt bunt und lässt keinen Raum für Neonazis“, sagte die stellvertretende Landtagspräsidentin Gerrit Große am Sonnabend in Nazis. Rechtsextremistische Kameradschaftskreise hatten laut Polizei ein „Nationales Fußballturnier“ auf dem Gelände eines Veltener Sportplatzes geplant. Als der rechtsextreme Hintergrund bekannt wurde, wurde die Nutzung des Platzes untersagt. 20 Neonazis in Sportkleidung protestierten gegen den Ausfall (Berliner Morgenpost).

Völkische Kolonialist*innen

Auffällig viele Neu-Siedler in ländlichen Regionen in Mecklenburg-Vorpommern stammen aus den Reihen der rassistischen Artgemeinschaft – sie geben sich ökologisch und sind politisch bestens vernetzt. Hintergrundbericht auf Blick nach rechts.

NSU-Ermittlungen in Hessen behindert?

Der Kasseler NSU-Mord von 2006 sorgt weiter für Spekulationen. Laut dem „Spiegel“ gibt es neue Hinweise, dass die Ermittlungen gezielt behindert wurden. Hessens Opposition erhöht den Druck auf Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) (hr-online).

NSU-Opfer in Köln sind bis heute traumatisiert

Die Kölner Opfer des Bombenanschlags in der Probsteigasse 2001 und des Nagelbombenanschlags in der Keupstraße 2004 hoffen auf Antworten. Sebastian Edathy (SPD), Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses und Bundestagsabgeordneter, sprach mit ihnen, machte sich am Freitag im Polizeipräsidium ein Bild über die Stimmung unter den Betroffenen.Ein Rechtsanwalt berichtete, einer seiner Mandanten, der ebenfalls ein Opfer des Nagelbombenanschlags gewesen sei, habe sich vor drei Monaten das Leben genommen. Auch das sei ein Resultat des Anschlags. Der Mann sei mit den Folgen der Explosion nicht zurechtgekommen. Der 34-Jährige hinterlasse eine Ehefrau und ein dreijähriges Kind. Bei dem Treffen sei noch einmal deutlich geworden, wie traumatisierend die Anschläge gewesen seien, sagte Edathy nach dem rund dreistündigen Gespräch. Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers entschuldigte sich bei den Opfern dafür, dass sie sich in den Jahren vor der Entdeckung der wahren Täter bei den polizeilichen Ermittlungen als mögliche Tatverdächtige fühlen mussten (Kölner Express, Weltexpress, Video bei Welt online).

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