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04.10.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Dortmund: Gericht lässt Nazi-Größe Sven K. frei +++ Rechtsextremismus in Ostdeutschland: Der Widerstand wächst +++ NPD will in Potsdam gegen „Refugee Protest March“ demonstrieren.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Dortmund: Gericht lässt Nazi-Größe Sven K. frei

Er gilt als einer der gefährlichsten Nazis Nordrhein-Westfalens: Der Dortmunder Sven K. saß nach dem Angriff auf zwei türkischstämmige Jugendlichen in Untersuchungshaft. Nun hat das Landgericht den vorbestraften Gewalttäter freigelassen – mit einer Begründung, die vielerorts für Empörung sorgt: Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht. Dazu sagte die wissenschaftliche Leiterin der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Back Up, Claudia Luzar, die Entscheidung des Gerichts sei eine „krasse Fehleinschätzung“. Für ihre Klienten*innen stelle Sven K. ohne Frage eine Bedrohung dar. Das Gericht vernachlässige „sträflich“ den Schutz der Opfer. Im März 2005 hatte Sven K. an einer U-Bahn-Haltestelle den Punker Thomas „Schmuddel“ S. erstochen. Nach fünf Jahre Haft wurde er vorzeitig entlassen und suchte umgehend Kontakt zu seinem alten Umfeld. Im Dezember 2010 wurde die Kneipe „HirschQ“ in Dortmund von einem Dutzend Nazis angegriffen – Sven K. soll unter den Tätern gewesen sein, bestritt aber jede Beteiligung und durfte wieder nach Hause gehen. Im November 2011 schlug Sven K. schließlich mit anderen die beiden Jugendlichen auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt zusammen. Dass er nun trotz dieser Vorgeschichte aus der U-Haft entlassen wurde, stößt auch bei der Staatsanwaltschaft auf Unverständnis. Sie hat Beschwerde eingelegt. (Spiegel Online)

Rechtsextremismus in Ostdeutschland: Der Widerstand wächst

Die Aussage von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) über eine Unterwanderung Ostdeutschlands durch Rechtsextreme sorgt weiter für Diskussionen. So stellt die „Süddeutsche Zeitung“ fest, dass Ostdeutschland immer noch als Hort der Nazis gelte, der Widerstand der Bürger*innen aber wachse. Selbst NPD-Größen müssten damit rechnen, dass sich ihren Auftritten und Aufmärschen mehr Bürger*innen entgegenstellen, als eigene Anhänger*innen kommen. Noch vor ein paar Jahren konnte die rechtsextreme Partei ihre Feste weitgehend ungestört mit Tausenden Leuten feiern. (Süddeutsche Zeitung) Im Interview mit dem Deutschlandfunk erklärte dagegen Politikwissenschaftler Klaus Schroeder, in Ostdeutschland identifiziere sich eine Mehrheit nicht mit der herrschenden politischen und wirtschaftlichen Ordnung, sondern stehe dieser gleichgültig gegenüber. Dies sei ein möglicher Nährboden für Extremismus. (Deutschlandfunk) Widerspruch gegen Friedrichs Diagnose kommt indes von Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU). „Die Reduzierung des Rechtsextremismus auf einzelne Regionen in Deutschland sehe ich als einen großen Fehler an“, erklärte er in einem Interview mit der „Rheinischen Post“. (taz)

NPD will in Potsdam gegen „Refugee Protest March“ demonstrieren

Knapp drei Wochen nach ihrem letzten Aufmarsch plant die NPD erneut eine Demonstration in Potsdam. So kündigte die rechtsextreme Partei auf ihrer Homepage eine Gegendemonstration zum bundesweiten Protestmarsch von Asylbewerbern*innen an, der auf dem Weg von Bayern nach Berlin in der brandenburgischen Landeshauptstadt Station macht. Die NPD hat ihren Aufmarsch für 11 bis 14 Uhr angekündigt, erwartet werden etwa 20 Teilnehmer*innen. Die Potsdamer Stadtverwaltung kündigte bereits Widerstand an. Man werde deutlich machen, dass Neonazis „nicht erwünscht sind“, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). (Potsdamer Neueste Nachrichten)

Auf dem rechten Auge blind? Der Staat als Zyklop – Kommentar von Anetta Kahane

Während für die Aufklärung der NSU-Mordserie Untersuchungsausschüsse eingerichtet werden, wird über den alltäglichen Rassismus weiter nicht gesprochen – so ein Kommentar von Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. Der Staat sei nicht auf dem rechten Auge blind: Dieses rechte Auge existiere gar nicht. „Dieser Staat ist ein Zyklop, ein Riese mit einem Auge in der Mitte seiner Stirn, mit der er nur wahrzunehmen imstande ist, was er als ernsthafte Herausforderung erkennen kann. Und der Rechtsextremismus gehört eindeutig nicht dazu.“ (Mut gegen rechte Gewalt)

Verbotene Demo in Göppingen: Nazis mobilisieren weiter

Heute entscheidet der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim über das Verbot der geplanten Nazi-Demo am Samstag in Göppingen. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart das Verbot des rechtsextremen Aufmarschs bestätigt, wogegen der Anmelder der Demo Beschwerde einlegte. Um die 400 Nazis wollen am Samstag durch die baden-württembergische Stadt marschieren. Die „Autonomen Nationalisten Göppingen“ mobilisieren die Freien Kameradschaften aus ganz Süddeutschland nach Göppingen. „Wir können das nicht tolerieren“, so der DGB-Vorsitzende im Ostalbkreis Josef Mischko, „deshalb rufen wir alle Bürgerinnen und Bürger auf, in Göppingen dabei zu sein, und ein deutliches Zeichen für Demokratie und Rechtstaatlichkeit zu setzen“. Die angemeldete Kundgebung des Bündnisses „Göppingen Nazifrei“ findet von 10 bis 12 Uhr in der Poststraße in unmittelbarer Nähe der vielleicht stattfindenden Neonazi-Kundgebung auf dem Marktplatz statt. (Schwäbische Post, Südwest Presse)

Landesverfassungsschutz-Bericht für Mecklenburg-Vorpommern: Aktionen gegen Neonazis harmlos

In Mecklenburg-Vorpommern haben „die vielfältigen Aktivitäten gegen die NPD“ bislang „nicht die gewünschte Wirkung entfaltet“. Das ist das Fazit, das Schwerins Innenminister Lorenz Caffier (CDU) im Landesverfassungsschutzbericht 2011, den er am Dienstag präsentierte, zieht. Das Stammwählerpotenzial der NPD lasse sich „von öffentlichen Kampagnen sichtlich nicht beeindrucken“, was für eine deutliche ideologische Nähe der Wähler zur Partei spreche. Dennoch seien die verschiedenen Kampagnen weiterhin „wichtige Bausteine“ im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Laut Verfassungsschutzbericht stagniert die Zahl der Rechtsextremisten in Mecklenburg-Vorpommern bei 1.400. (Schweriner Volkszeitung) Wie viele Gewaltbereite darunter sind, konnte der Verfassungsschutzbericht nicht genau sagen. (taz) Eine besondere Qualität hätten in Mecklenburg-Vorpommern die Anschläge auf die Büros politischer. Caffier wertete die Attackenals „Angriff auf die Demokratie“. Gezielt würde die Szene eine Strategie zur Einschüchterung des politischen Gegners verfolgen. Hinzu kommt, dass nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden in keinem anderen Land die Verzahnung zwischen NPD und freier Szene so eng ist wie hier. (Endstation Rechts)

NSU: 130 Fragen zum V-Mann

In der NSU-Affäre will die Opposition Antworten von Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU). So schickten die Grünen Henkel eine Liste mit 83 Fragen, die Linke einen Katalog mit 47 Fragen. Darin geht es um Aktionen, Kontaktpersonen und Akten rund um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU). Bis zum nächsten Innenausschuss am Donnerstag, dem 18. Oktober, fordern die Grünen von Henkel alle NSU-relevanten Unterlagen und erste Antworten auf ihre Fragen. (Tagespiegel) Unterdessen wurde bekannt, dass die rechtsextreme Terrorzelle in mindestens 14 westdeutschen Großstädten mögliche Anschlagsziele ausgespäht hat. Ermittler fanden Stadtpläne mit Adressen von Politikern*innen, Parteien, Militärstandorten und jüdischen Einrichtungen (Frankfurter Rundschau) Außerdem stellt sich die Frage nach weiteren Unterstützern*innen des NSU: So hatte das Trio den Pass eines „Heimatschutz Chemnitz“-Mitglieds. Zudem fuhren sie immer wieder nach Thüringen. (blick nach rechts)

Rechtsextremer Hauptmann in Afghanistan

Am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ist offenbar ein rechtsextremer Hauptmann beteiligt. Er soll in Deutschland an Nazi-Treffen teilgenommen haben. Wie der „Stern“ berichtet, ist inzwischen der Militärische Abschirmdienst (MAD) in dem Fall aktiv geworden. Das Soldatengesetz sieht vor, dass niemand für die Bundeswehr arbeiten darf, der nicht „jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt“. Für die Einhaltung dieses Grundsatzes und die Überprüfung der Soldaten ist der MAD zuständig. (Stern) Der Soldat soll bereits 2008 einen Antrag auf Mitgliedschaft in der NPD gestellt haben, ist aber von der Partei abgelehnt worden. Dazu soll L. an Treffen des „Freien Widerstands Kassel“ teilgenommen haben, einer Neonazi-Kameradschaft, die seit Jahren vom hessischen Verfassungsschutz beobachtet wird. (Zeit Online, hr-Online)

Forscher: Verbote von Nazi-Gruppen waren notwendig

Nach Ansicht von Fachleuten waren die jüngsten Verbote drei rechtsextremen Kameradschaften in Dortmund, Hamm und dem Raum Aachen in Nordrhein-Westfalen richtig und notwendig. Es sei ein überfälliger Schritt gewesen, erklärte Alexander Häusler, Sozialwissenschaftler an der Fachhochschule Düsseldorf. „Es gibt lange gewachsene Strukturen in dem Bereich.“ Allein mit Verboten sei dem Problem aber nicht beizukommen, betonte der Wissenschaftler. Prävention und langfristige Strategien seien nötig. (Westfälischer Anzeiger)

NPD-Veranstaltung in Grevesmühlen: Kuchen und Gegrilltes hinter Wachturm und Palisadenzaun

Mit einem vermeintlich unpolitischen Event lädt die NPD am kommenden Sonnabend ins Thinghaus in Grevesmühlen. Mit Babybörse und Cocktailparty versucht die rechtsextreme Partei, auch im Westen Mecklenburg-Vorpommerns in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen. Dabei spielt das Thinghaus eine wichtige Rolle für den NPD-Landesverband: Seit der Eröffnung im Frühjahr 2010 hat sich das mit einem Wachturm und Palisadenzaun umsäumte Gebäude zu einer festen Treffpunkt der Neonazi-Szene entwickelt. Regelmäßig finden dort Parteiveranstaltungen, Konzerte und weitere Veranstaltungen statt. (Endstation Rechts)

Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat: Zu Besuch in Schöneweide

Am Dienstag hat sich Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat die Brückenstraße in Schöneweise zeigen lassen. Der Kiez hat ein Problem mit Rechtsextremen. Kolat ließ sich dabei von Anwohnern*innen, Rechtsextremismus-Experten*innen, Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) und dem neuen Abschnittsleiter der Polizei begleiten. Am Ende vereinbarte die Senatorin mit Bezirksbürgermeister Igel, dass der Senat nun Wirtschaftsverbände und Unternehmen anspricht, sich vor Ort einzusetzen. Der „Tagesspiegel“ berichtet über den Besuch. (Tagesspiegel)

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