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11.12.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Anklage gegen NSU-Terroristin: Der Prozess soll im April beginnen +++ Hamburger Anwältin wirft NSU-Ermittlern Rassismus vor +++ Verbotsverfahren: Bundestag erhält geheimen NPD-Bericht.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Anklage gegen NSU-Terroristin: Der Prozess soll im April beginnen

Das Oberlandesgericht München (OLG) will im Januar im NSU-Verfahren über die Zulassung der Anklage gegen Beate Zschäpe und vier weitere Angeschuldigte entscheiden. „Spätestens Mitte April“ solle der Prozess beginnen, heißt es in einem Beschluss des 6. Strafsenats des OLG vom 3. Dezember zur Vorlage von Akten beim Bundesgerichtshof (BGH). Beim BGH steht eine Haftprüfung im Fall Zschäpe sowie im Fall des auch in Untersuchungshaft sitzenden, mutmaßlichen NSU-Helfers Ralf Wohlleben an. Das OLG hält den weiteren Vollzug der U-Haft bei Zschäpe und Wohlleben für erforderlich. Die Bundesanwaltschaft hatte am 8. November Anklage erhoben. (Tagesspiegel) Zschäpe soll noch vor Prozessbeginn psychiatrisch begutachtet werden. Damit solle untersucht werden, ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorliegen. (Stern.de, Spiegel Online) Unterdessen beschreibt „Publikative.org“ rechte Gewalt und Neonazi-Terror als mediales Konjunkturthema. Seit dem Bekanntwerden des NSU-Terrors sei Kontinuität in die Berichterstattung eingezogen – dennoch werde zumeist nur ein Teil des Komplexes beleuchtet: „Zschäpe-Show statt NSU-Komplex.“ (Publikative.org)

Hamburger Anwältin wirft NSU-Ermittlern Rassismus vor

Die Strafverteidigerin Angela Wierig erhebt im Zusammenhang mit dem NSU-Mord an Süleyman Tasköprü schwere Anschuldigungen gegen die zuständigen Ermittler. Sie werfe den Beamten fehlendes Taktgefühl und eine gewisse Form von Rassismus vor, sagte die 50-Jährige im dapd-Interview in Hamburg. Hintergrund ist ein Verhör der Polizei mit dem Vater von Süleyman Tasköprü unmittelbar nach dem Mord vor zehn Jahren. Wierig vertritt seit fast einem Jahr eine der Schwestern des Ermordeten. (Der Westen)

Verbotsverfahren: Bundestag erhält geheimen NPD-Bericht

Ob sich Bundestag und Bundesregierung einem NPD-Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht anschließen, ist derzeit völlig offen. Die Abgeordneten erhalten nun das bisher unter Verschluss gehaltene Material, mit dem das Verbot begründet werden soll. Der Bericht hat aber Tücken. In den mehr als 1.000 Seiten mit 3.081 Belegen zum verfassungswidrigen Charakter der NPD stecken auch Informationen von V-Leuten – obwohl die Innenminister vereinbart hatten, nur „quellenfreie“ Informationen zu verwerten. Doch dann mussten mehrere Länder kontaminiertes Material zurückziehen. Die Zahl der Belege sank auf 2.649. Dennoch sollen die Abgeordneten vermutlich die 1.000 Seiten vorgelegt bekommen, allerdings mit einem Hinweis auf das Spitzel-Problem. Die Parlamentarier werden das Konvolut auch nur in der Geheimschutzstelle einsehen dürfen – die dort erlangten Informationen dürfen sie generell nicht öffentlich ausplaudern. (Tagesspiegel)

Im Schatten der NSU: Die unglaubliche Geschichte einer Opferhelferin

Vor gut einem Jahr flog die NSU-Terrorzelle auf. Die Berichterstattung warf ein grelles Licht auf die Fehler von Behörden. Und auf das Ausmaß der Neonazi-Netzwerke, die unser Land überziehen. Der Skandal brachte Aufmerksamkeit und überstrahlt doch auch das tägliche Elend, die kaum vorstellbare rechte Gewalt, der auch immer wieder Studierende zum Opfer fallen: wenn sie in Parks von Nazis zusammengeschlagen werden oder man sie vor einem Supermarkt mit einer Pistole bedroht. Am helllichten Tag. Dies ist die Geschichte einer Frau, die sich wehrt, und die den Reporter bat, sie lieber nicht zu fotografieren. Dies ist die Geschichte von Anastasia Krotova. (Faz.net)

Berliner Opposition: Sicherheitsbehörden tun nicht genug gegen Rechts

Die Opposition im Abgeordnetenhaus hat die Berliner Sicherheitsbehörden für ihre Arbeit im Kampf gegen Rechtsextremisten scharf kritisiert. „In Berlin können die Neonazis so frei agieren wie lange nicht mehr“, sagte der Grünen-Abgeordnete Dirk Behrendt am Montag im Innenausschuss. In anderen Bundesländern sei der Verfolgungsdruck wesentlich höher, sagte Linken-Fraktionschef Udo Wolf. Auch werde das Thema in Berlin nicht wie bei anderen Phänomenen als Gesamtproblem angegangen. Es fehle an Konzepten, so Wolf. Die Oppositionsparteien, darunter auch die Piraten, kritisierten zudem, dass offensichtliche Zusammenhänge zwischen Angriffen auf linke Einrichtungen sowie Parteibüros und der rechtsextremen Hass-Webseite des „Nationalen Widerstandes“ nicht genügend berücksichtigt würden. (rbb online, taz)

Das braune Netzwerk in Mecklenburg-Vorpommern

Die rechtsextreme Terrorzelle NSU, die zehn Menschen getötet hat, scheint vielen Menschen wie ein Ausrutscher von der bürgerlichen Masse der Rechtsextremisten. Doch es gibt genügend Anzeichen dafür, dass die rechte Szene von der bürgerlichen Fassade bis zu den brutalen Fundamenten durch ein tief verwobenes Netzwerk zusammengehalten wird. (Nordkurier)

Polizeiwissenschaftlerin zu Rassismus: „Alle Stereotype der Mittelschicht“

Für die Polizeiwissenschaftlerin Astrid Jacobsen haben deutsche Polizisten kein Rassismusproblem. Stattdessen denken sie in typischen Mittelschichtklischees – ein Interview. (taz)

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff warnt vor Bagatellisierung des Rechtsextremismus

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat vor einer Bagatellisierung des Rechtsextremismus gewarnt. „Das Thema Rechtsextremismus spielt in allen Ländern eine deutliche Rolle“, sagte er am Montag bei einer Landeskonferenz für Demokratie und Toleranz in Magdeburg. Die ganze Gesellschaft müsse hier Flagge zeigen. Rund 100 Fachleute diskutierten auf der Konferenz die Ergebnisse des jüngsten Sachsen-Anhalt-Monitors. Er war unter anderem zu dem Ergebnis gekommen, dass Ausländerfeindlichkeit nur in einer kleinen Minderheit der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt verbreitet ist und sich auf dem Rückzug befindet. Damit steht die Studie im Widerspruch zu einer Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung, die einen Anstieg feststellte. (Frankfurter Rundschau)

Reichsflagge in Zella-Mehlis: Grotesker Protest

Zehn Tage lang wehte mitten in Zella-Mehlis in Südthüringen eine schwarz-weiß-rote Flagge; gleich neben dem Rathaus. Diese Farben werden regelmäßig auch von Neonazis benutzt. Die Geschichte hinter dem Vorfall ist bizarr und bezeichnend zugleich. (Südthüringer Zeitung)

Vorschau auf die Landtagswoche in Sachsen: NPD fordert neue Sicherheitsarchitektur in Europa

In dieser Woche wird es in Sachsen aufgrund der anstehenden Haushaltsverhandlungen vier Debattentage geben. Die NPD beteiligt sich mit zwei Anträgen an der Diskussion im Plenum. Darunter auch ein Antrag, der eine Grundgesetzänderung fordert, welche ein Verbot ausländischer Sicherheitskräfte in Deutschland vorsieht, und eigentlich auf Bundesebene verhandelt werden müsste. (Endstation Rechts)

„Lokaler Aktionsplan“ in Aachen: Viele Ideen im Kampf gegen rechten Hass

Ein Blick in die Zeitung beweist, dass Rechtsextremismus auch im Jahr 2012 leider immer noch ein aktuelles Thema ist. Zur Förderung von Toleranz und Demokratie schuf das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend das Programm „Toleranz fördern – Kompetenzen stärken“, das vor Ort zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung fördert. Auch in Aachen ist ein Lokaler Aktionsplan gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, kurz LAP, seit Mitte 2011 aktiv. Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich eine Initiative, die lokale Projekte finanziell in der Projektarbeit unterstützt. Koordiniert wird dies von der Volkshochschule und der Einrichtung „Arbeit und Leben“ des DGB Aachen. (Aachener Zeitung)

„Bürgerinitiative Ausländerstopp“: Drei Festnahmen bei Rechtsdemo in München

Eine Veranstaltung der rechtsgerichteten „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ ist am Samstag weitgehend ohne Zwischenfälle abgelaufen. Die Polizei nahm einen Teilnehmer und zwei Gegendemonstranten fest. Die etwa 15 Anhänger der rechten Szene zogen von Ort zu Ort, wo sie gegen die Politik Israels und für den Schutz der Palästinenser demonstrierten. Bis zu 80 Nazigegnerinnen und -gegner folgten der Gruppe. In der Schleißheimer Straße blockierten zehn Gegendemonstranten ein Fahrzeug. Ein Versammlungsteilnehmer wollte die Menge mit Gewalt abdrängen und wurde daraufhin festgenommen. Auch zwei Gegendemonstranten wurden festgenommen, weil sie, so die Polizei, zwei als Fahnen getarnte Knüppel bei sich führten. (BR Online)

Wie Neonazis griechische Klassenzimmer erobern

Zuerst standen Neonazi-Slogans an der Tafel, dann prügelten griechische Oberschüler auf Kreta zwei albanische Mitschüler krankenhausreif. Schließlich rief ein Abgeordneter der rechtsextremen Partei „Goldene Morgendämmerung“ Schüler bei einem Besuch im Parlament zum Widerstand gegen „Linksterrorismus“ auf: Griechische Schulen werden zunehmend von Rechtsextremen infiltriert: Sie bedrohen Schüler und schüchtern Lehrer ein. Das Bildungsministerium ist alarmiert und plant eine Beobachtungsstelle für Gewalt. (Welt Online)

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Zwei rechte Angriffe pro Tag

Im vergangenen Jahr ist die Zahl rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Straftaten in Berlin und den neuen Bundesländern wieder deutlich angestiegen. So wurden für 2013 insgesamt 737 politisch rechts motivierte Angriffe mit mindestens 1.086 direkt Betroffenen dokumentiert. Statisch gesehen passieren somit in Ostdeutschland etwa zwei rechte Angriffe pro Tag.

Von Alice Lanzke

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