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14.11.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: NSU-Mordserie im Mittelpunkt der BKA-Herbsttagung +++ Erziehung, Prävention, Engagement: Politiker über Rechtsextremismus-Studie +++ Berlin: Verfassungsschutz ließ weitere Rechtsextremismus-Akten schreddern.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NSU-Mordserie im Mittelpunkt der BKA-Herbsttagung

Rund ein Jahr nach Bekanntwerden der Mordserie der Neonazi-Zelle NSU hat der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, den Vorwurf zurückgewiesen, bei den Ermittlungen rechtsextreme Spuren nicht entschieden verfolgt zu haben. „Die deutsche Polizei ist nicht auf dem rechten Auge blind“, sagte Ziercke auf der BKA-Herbsttagung zum Thema Rechtsextremismus in Wiesbaden. Er räumte zugleich ein, es habe Fehler gegeben. Es habe aber nicht „einen alles entscheidenden Fehler bei den Ermittlungsbehörden“ gegeben, sagte der BKA-Präsident. Es hätten auch keine werthaltigen Hinweise auf ein rechtsextremes Milieu vorgelegen. Den vorliegenden Hinweisen sei aber mit der gleichen Intensität wie anderen Spuren nachgegangen worden. (Stern.de) Bei der Tagung rief Bundesinnenminister Friedrich (CSU) zu einer verstärkten Verzahnung der Sicherheitsbehörden aufgerufen. Der Schlüssel zum Erfolg sei aber „nicht Fusion und Zusammenlegung“ von Sicherheitsbehörden, sondern „eine partnerschaftliche Herangehensweise“ der Polizei- und Nachrichtendienstbehörden. Richtig sei „Vernetzung“ und nicht „Zentralisierung“. (faz.net)

Erziehung, Prävention, Engagement: Politiker über Rechtsextremismus-Studie

Angesichts der Zunahme rechtsextremen Gedankenguts im Osten Deutschlands fordert Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) eine „bildungspolitische Offensive in Sachen Demokratieerziehung“. Auch die Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Maria Böhmer (CDU), verlangt mehr Präventionsarbeit. Der ostdeutsche CDU-Politiker Michael Kretschmer lehnt hingegen ein neues „Sonderprogramm Ost“ entschieden ab und warnt vor einer Stigmatisierung der Menschen. Hintergrund der Debatte ist eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, derzufolge sich die Zahl der Bürger mit rechtsextremem Weltbild in Ostdeutschland seit 2006 von 6,6 auf 15,8 Prozent mehr als verdoppelt hat, während sie in Westdeutschland zurückging. (taz, Welt Online) Unterdessen haben mehrere Initiativen gegen Rechtsextremismus aus diesem Anlass mangelnde Unterstützung durch die Politik beklagt. (Berliner Zeitung, Störungsmelder) In diesem Zusammenhang schreibt der „Tagesspiegel“ über den Kampf von Initiativen gegen Rechtsextremismus. (Tagesspiegel) Die „Westdeutsche Zeitung“ kommentiert zum Thema: „Leider hat der Staat bisher nicht viel dazu beigetragen, eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Neue Enthüllungen über rechtsradikale V-Leute, die vor Strafverfolgung verschont wurden, oder Polizisten, die mit dem Ku-Klux-Klan sympathisieren, verstärken eher den Eindruck, die Behörden seien auf dem rechten Auge blind.“ (Westdeutsche Zeitung)

Berlin: Verfassungsschutz ließ weitere Rechtsextremismus-Akten schreddern

Der Skandal um die rechtswidrige Vernichtung von Akten beim Berliner Verfassungsschutz weitet sich aus. Bereits 2010 wurde zahlreiche Unterlagen über die verbotene rechtsextreme Organisation „Blood & Honour“ geschreddert. Die Behörde spricht von einem „bedauerlichen Versehen“. (Spiegel Online)

Festnahmen bei Demo gegen „Pro Deutschland“ in Berlin

In Berlin sind am Dienstag bei Protesten gegen die rechtspopulistische Partei Pro Deutschland neun Menschen festgenommen worden. Ihnen wird nach Angaben der Polizei unter anderem Landfriedensbruch und versuchte Körperverletzung vorgeworfen. Zu der Gegendemonstration am Brandenburger Tor hatten die Berliner Landesverbände der Grünen, der Linkspartei und der Piraten aufgerufen. Den rund 200 Demonstranten standen etwa ein Dutzend Pro-Deutschland-Anhänger gegenüber. Die Rechtspopulisten hatten gegen Asylbewerber protestiert – in Sichtweite der Flüchtlinge, die seit drei Wochen am Brandenburger Tor eine Mahnwache für eine veränderte Asylpolitik abhalten. (rbb online, taz, Berliner Zeitung)

Bundesverfassungsgericht: Bezeichnung „rechtsradikal“ von Meinungsfreiheit gedeckt

Die Bezeichnung eines anderen als „rechtsradikal“ in einer Auseinandersetzung in einem Internetforum ist ein Werturteil und grundsätzlich von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag entschieden. Der Erste Senat hob damit die Entscheidungen der Vorinstanzen auf. Ein Rechtsanwalt hatte auf seiner Kanzleihomepage und in Zeitschriftenveröffentlichungen etwa über die „khasarischen, also nicht-semitischen Juden“ geschrieben, die das Wirtschaftsgeschehen in der Welt bestimmten, und über den „transitorischen Charakter“ des Grundgesetzes, das lediglich ein „ordnungsrechtliches Instrumentarium der Siegermächte“ sei. Ein anderer Anwalt setzte sich in einem Internet-Diskussionsforum damit auseinander: Der Verfasser liefere „einen seiner typischen rechtsextremen originellen Beiträge zur Besatzerrepublik BRD, die endlich durch einen bioregionalistisch organisierten Volksstaat zu ersetzen sei“. Wer meine, „die Welt werde im Grunde von einer Gruppe khasarischer Juden beherrscht, welche im Verborgenen die Strippen ziehe“, müsse „es sich gefallen lassen, rechtsradikal genannt zu werden“. (Faz.net, Tagesspiegel)

Rechtsextremismus: Fünf Mordanschläge in diesem Jahr

Die Polizei hat im ersten Halbjahr bereits fünf versuchte Tötungsdelikte von Rechtsextremisten und damit so viel wie im ganzen Vorjahr registriert. Die Zahl nannte der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, in Wiesbaden bei der Eröffnung der Herbsttagung seiner Behörde. Außerdem würden „nach wie vor täglich zwei bis drei rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten verübt“, sagte Ziercke und erwähnte die 828 einschlägigen Delikte von 2011. (Tagesspiegel)

NPD will von Karlsruhe einen Persilschein

Die rechtsextreme NPD will mit einem Antrag in Karlsruhe ihre eigene Verfassungsmäßigkeit feststellen lassen und damit offenbar einem drohenden Verbotsverfahren zuvorkommen. Ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts sagte am Dienstag auf dapd-Anfrage, der Schriftsatz sei eingegangen. Die Partei wolle vom höchsten deutschen Gericht feststellen lassen, dass sie „nicht verfassungswidrig“ im Sinne des Grundgesetzes ist. (taz, Deutschlandradio) Die „WAZ“ kommentiert: „Wenn sie jetzt unter Verzehr von tonnenweise Kreide nach Karlsruhe ziehen, heißt das wohl: Die Nazis sehen sich in der Defensive.“ (Der Westen) Unterdessen hat sich Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) weiter für ein erneutes NPD-Verbotsverfahren stark gemacht. Berlin werde in dieser Frage nicht wackeln, sagte Henkel kurz vor dem CDU-Innenministertreffen dem rbb. (rbb online) MDR Online hat unterdes die Geschichte der NPD nachgezeichnet. (MDR Online)

In der Mitte der Gesellschaft angekommen? Neonazis rufen zur Kandidatur als Schöffen auf

Dass menschenfeindliche Einstellungen bis weit in die Mitte der Gesellschaft reichen, verdeutlichte die „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Anstrengungen von Neonazis, in eben diese „Mitte“ einzusickern, sind ebenfalls kein Geheimnis: Aktivisten versuchen Sportvereine oder die Freiwilligen Feuerwehren zu unterwandern. Nun ruft das braune Internetportal „MUPinfo“ seine Leserschaft auf, sich als Schöffen zu bewerben. (Endstation Rechts)

Einfluss der NPD einschränken: Initiative erhält Paul-Spiegel-Preis

Die Initiativen „Wir für Lübtheen“ und die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus werden mit dem Paul-Spiegel-Preis geehrt. Mit dem Preis ehrt der Zentralrat der Juden Menschen, die sich in besonderem Maße für eine lebendige und stabile Demokratie engagiert und Zivilcourage bewiesen haben. (Endstation Rechts)

Dortmund: „Die Rechte“ im Ladenlokal

Neonazis verfügen in Dortmund knapp drei Monate nach dem Verbot ihrer Organisation „Nationaler Widerstand Dortmund“ (NWDO) offenbar wieder über eigene Räume. Im nordwestlichen Stadtteil Huckarde sei eine Geschäftsstelle der Partei „Die Rechte“ (DR) eröffnet worden, teilten sie auf einer ihrer Internetseiten mit. Genutzt werde sie für die Arbeit des Landesverbandes und des örtlichen Kreisverbandes. Derzeit fänden noch umfangreiche Umbauarbeiten in dem früheren Ladenlokal statt. Anführer des NWDO hatten nach dem am 23. August erfolgten Verbot ihrer Organisation einen DR-Landesverband in NRW gegründet. Dennis Giemsch, einst „Kopf“ der „parteifreien“ Neonazis in der Ruhrgebietsstadt, übernahm den Landesvorsitz, Siegfried Borchardt („SS-Siggi“) den Vorsitz des örtlichen Kreisverbandes. (blick nach rechts)

Goslar: Strafanzeige gegen NPD-Mann Kallweit angekündigt

Der Verein „Spurensuche“ Goslar hat Strafanzeige gegen den Vienenburger Kreistags- und Rats-politiker Patrick Kallweit (NPD) wegen Volksverhetzung nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs angekündigt. Der Verein bezieht sich auf Kallweit-Äußerungen bei Facebook vom 23. Oktober zur geplanten Fusion zwischen Goslar und Vienenburg: Damit jeder wisse, so Kallweit, „wem bei der Stadt Goslar das Wort geredet“ werde, prange am Eingang ein Bildnis von Charley Jacob, der auch Namensgeber der Straße sei, in der sich die Stadtverwaltung befinde. Weiter wörtlich: „Durch die Fusion mit der Stadt Vienenburg werden volkstreue Mandatsträger wohl bereits 2014 auch im Rat der Kaiserstadt Platz nehmen und den Oberbürgermeister ärgern dürfen. Shalömchen, Herr Dr. Junk, dann geht es rund in Ihrer Knesset in der Charley-Jacob-Straße.“ (Goslarsche Zeitung)

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Monitoring November 2017 Zeitleiste der Hassrede

Welche Themen haben die Nutzer_innen rechter Räume auf Facebook erzürnt? Welche Kampagnen wurden versucht? Jetzt neu: Der Monitoring-Überblick unseres Partnerprojektes „Debate // De: Hate“. Achtung: Enthält explizite abwertende Sprache und Bilder aus Dokumentationszwecken.

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