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18.11.2014 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: 5. Pegida-Demonstration: 3.200 Islamfeinde ziehen durch Dresden +++ Über 700 Menschen bei Proteste gegen geplante Flüchtlingsunterkünfte in Berlin-Hellersdorf, 200 in Buch +++ Hogesa in Hannover: Polizei ermittelt nach Prügel-Attacke wegen versuchter Tötung.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

5. Pegida-Demonstration: 3.200 Islamfeinde ziehen durch Dresden

Zum fünften Mal hat die Organisation Pegida am Abend in Dresden zu einer Demonstration in der Innenstadt aufgerufen. Rund 3.200 Menschen brachte das Bündnis „Patriotische Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes“ laut Polizei auf die Straße. Das waren noch einmal mehr als in der Vorwoche, in der sich rund 1.700 Menschen beteiligt hatten. Bei der ersten Demo Ende Oktober waren es noch rund 500 Teilnehmer. Die Facebook-Seite des Bündnisses „gefällt“ inzwischen mehr als 12.000 Menschen. Friedlich und gewaltfrei, betonen die Veranstalter immer wieder, gehe man gegen „Glaubenskriege auf deutschen Boden“ auf die Straße. Diese Botschaft rief am Montag mehrere Hundert Gegendemonstranten auf den Plan. Das Bündnis Dresden Nazifrei hatte unter dem Motto „Rassismus demaskieren“ dazu nicht zuletzt angesichts der besorgniserregend wachsenden Zahl von Teilnehmern und Sympathisanten der Pegida-Demonstration aufgerufen (mdr). Die Freie Presse berichtet: Vor einem Jahr brachten NPD-gesteuerte „Lichtelläufe“ Schneeberg in Verruf, jetzt spazieren Bürger gegen „Islamisierung“. In Sachsen grassiert wieder Fremdenangst. Gestern Abend vor der Altmarkt-Galerie in Dresden: eine große Menschenmenge, Deutschlandfahnen und Transparente, die „Mut zur Wahrheit“ fordern. René Jahn greift zum Mikrofon: „Ich stelle fest, wir sind wieder mehr geworden.“ Dann folgt eine Rechtfertigung. „Radikale Islamisten sind keine Rasse – also sind wir keine Rassisten.“ Und: „Wir lieben unsere Nation und sind gegen Sozialismus – also sind wir keine Nazis.“ Die Menge applaudiert.

Über 700 Menschen bei Proteste gegen geplante Flüchtlingsunterkünfte in Berlin-Hellersdorf, 200 in Buch

Befürworter und Gegner von Flüchtlingsunterkünften in Berlin haben am Montagabend in Buch und Hellersdorf demonstriert. Gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Marzahn-Hellersdorf haben am Montagabend nach Polizeiangaben rund 700 Menschen demonstriert. Darunter waren sowohl Anwohner als auch Vertreter der rechtsextremen Szene, die Parolen wie „Wir sind das Volk“ skandierten. Zu den Teilnehmern des Aufmarsches zählte auch der Berliner Landeschef der rechtsextremen NPD, Sebastian Schmidtke. Der Verein „Hellersdorf hilft“, der sich für Flüchtlinge einsetzt, organisierte eine Gegendemonstration. Ihr schlossen sich laut Polizei etwa 400 Menschen an – mit wachsender Tendenz. Deutlich weniger Teilnehmer gab es in Buch am Bauplatz der geplanten Unterkunft. Dort hatte im Gegensatz zu Hellersdorf die Gruppe der Befürworter die erste Demonstration angemeldet. Sie zählte an der Wiltbergstraße etwa 100 Teilnehmer. Die dem rechten Lager zuzuordnenden Gegendemonstranten waren etwa doppelt so stark (Berliner ZeitungBerliner KurierTagesspiegel).

Attacken auf Hofer Flüchtlingsunterkünfte

In der Region Hof häufen sich Attacken auf potenzielle Unterkünfte für Asylbewerber. In Feilitzsch wurden Hakenkreuze an eine leerstehende Gaststätte angebracht. Auch in Hof wurden rechtsradikale Symbole an ein Haus gesprüht (BR).

Hogesa in Hannover: Polizei ermittelt nach Prügel-Attacke wegen versuchter Tötung

Krawalle blieben bei der Hooligan-Kundgebung in Hannover aus, dafür sollen Dutzende Vermummte am Rande vier Demonstranten zusammengeschlagen haben. Ein Opfer erlitt offenbar eine zweifache Schädelfraktur, Stichverletzungen sowie Hirnblutungen. Zunächst hatte alles nach einer weitgehend friedlichen Demo am Samstag in Hannover ausgesehen, doch jetzt ermittelt die Polizei wegen versuchter Tötung und gefährlicher Körperverletzung: Nach der umstrittenen Anti-Islamismus-Demo von Hooligans und Rechtsextremisten haben Dutzende vermummte Angreifer vier Demonstranten angegriffen und teilweise schwer verletzt, wie die Polizei mitteilt. Zwei 42 und 45 Jahre alte Männer der angegriffenen Gruppe aus Bielefeld liegen noch im Krankenhaus. Der ältere erlitt Prellungen, einen Rippenbruch und eine Kopfverletzung, der jüngere einen Kieferbruch. Die beiden anderen Männer wurden leicht verletzt und alarmierten die Polizei. Wie die „Hannoversche „Allgemeine“ berichtet, soll einer der Männer mit einer zweifachen Schädelfraktur, Stichverletzungen im Rücken sowie Hirnblutungen zunächst auf eine Intensivstation gebracht worden sein. Laut einer Mitteilung der Polizei wurden die vier 42- bis 47-jährigen Männer von den Angreifern ohne Vorwarnung mit Pfefferspray besprüht. Anschließend wurden sie demnach massiv getreten und geschlagen, vermutlich auch mit Schlagwerkzeugen. Die Ermittler vermuten, dass die etwa 30 bis 40 Täter aus dem linksautonomen Spektrum kommen (Spiegel online).

Rechtsextreme planen Demonstration gegen Salafisten in Völklingen

Eine Gruppe namens „Saarländer gegen Salafisten“ hat für Samstag eine Demonstration in Völklingen angemeldet. Das bestätigte die Stadt gestern. Der Name erinnert an die Gruppe „Hooligans gegen Salafisten“, die am Wochenende in Hannover aufmarschiert war und zuvor in Köln randaliert hatte (Saarbrücker Zeitung).

90 Neonazis zogen am Volkstrauertag durch Gransee

Mit Fackeln in der Hand zogen bis zu 90 Neonazis am Volkstrauertag durch die Straßen der Kleinstadt Gransee (Oberhavel) und riefen fremdenfeindliche Parolen. Verantwortlich für den nicht angemeldeten Aufzug der „Aktivisten des Nationalen Widerstandskampfes“ sind nach Tagesspiegel-Recherchen Maik Eminger aus Grabow (Potsdam-Mittelmark) und das Neonazi-Netzwerk „Licht und Schatten“. Eminger ist der Zwillingsbruder des im Münchner NSU-Prozess mitangeklagten André Eminger, des mutmaßlichen Hauptunterstützers der Terrorgruppe. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass Eminger erneut – wie vor der Festnahme seines Bruders auf seinem Gehöft durch die GSG 9 im November 2011 – eine führende Rolle in der rechten Szene anstrebt (Tagesspiegel).

Flüchtlingsheim Ludwigslust: Wir tun das Machbare?

„Wanzen, Schimmel, Dusche über den Hof – die mobile Pressekonferenz von Amadeu Antonio Stiftung und „Lola für Ludwigslust“ hatte einige erschreckende Mängel im Ludwigsluster Flüchtlingsheim zutage gebracht (SVZ berichtete). Wie hat der Träger der Einrichtung – der Landkreis Ludwigslust-Parchim – reagiert? Wir fragten bei der Gleichstellungsbeauftragten Heidrun Dräger, die auch für Flüchtlinge zuständig ist, nach und besuchten mit ihr gemeinsam das Haus an der Grabower Allee.“ Der dann folgende Absatz ist wunderbar: „Der Landkreis hat sofort reagiert“, sagt Heidrun Dräger. So seien die schimmligen Stellen an der ungefliesten Küchenwand speziell behandelt und beseitigt worden. Der Befall mit Bettwanzen in zwei Familien sei bei der Behörde bekannt gewesen. – Nein, dann hat der Landkreis nicht sofort reagiert. Dann hat er erst reagiert, als jemand hingeguckt hat. Aber: Immerhin (SVZ).

Rassistisch gemeint, aber strafrechtlich nicht relevant – Polizei ermittelt wegen Schnaitseer Plakate

Ausländerfeindlich sind die Plakate nicht direkt, die am Sonntag in Schnaitsee aufgehängt wurden. Aber der Zusammenhang lässt kaum Zweifel, dass sie so gemeint waren. Die Kripo Traunstein hat den Fall jedenfalls übernommen. Und Bürgermeister Thomas Schmidinger hat Zivilcourage bewiesen, indem er die Plakatierer direkt vor Ort auf ihr Tun angesprochen hat. Der Inhalt der Plakate, so Stefan Sonntag vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd, sei sehr wahrscheinlich strafrechtlich nicht relevant. Denn sie geben lediglich Politiker-Zitate mitsamt Quelle wider. „Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: Raus, und zwar schnell – Gerhard Schröder, 1998“ oder „Wer betrügt, der fliegt – CSU, 2014“ steht dort zum Beispiel. Soweit, zumal mit Quellenangabe, sei das nichts Verbotenes, so der Pressesprecher. Doch liege die Vermutung nahe, dass die Plakate gezielt Stimmung machen sollen gegen die in Schnaisee beheimateten Asylbewerber. Rein rechtlich gesehen könne man die Täter eventuell wegen eines Verstoßes gegen das Impressumsrecht drankriegen – weil auf den Plakaten kein Verantwortlicher für die Aktion genannt ist, so die Polizei (Heimatzeitung.de).

Bayern: Polizist will Flüchtlinge zu den Böhsen Onkelz schicken – „ohne Rückfahrschein“

Ein harmloses Facebook-Posting hat eine Flut ausländerfeindlicher Hass-Kommentare ausgelöst. Das Unglaubliche: Ein Polizeibeamter hatte die Idee, Asylbewerber zu einem Böhse-Onkelz-Konzert zu schicken – ohne Rückfahrtschein. Die Facebook-Seite Spottet Pocking ist so etwas wie eine virtuelle Tauschbörse und ein Online-Marktplatz: Als darüber berichtet wurde, dass neue Asylbewerber nach Pocking im Kreis Passau kommen sollen, hatte dann auch ein Facebook-Nutzer die Idee, diese Plattform zu nutzen. Er wollte den Flüchtlingen ein paar Willkommensgeschenke übergeben – Spielsachen, einen Fernseher, ein Handy. Weil der Nutzer aber nicht genau wusste, wann die Asylbewerber ankommen, stellte er die harmlose Frage: „Hallo, kann mir evtl. jemand sagen wann genau am Freitag die Asylanten in Pocking/Hartkirchen eintreffen werden?“ Dieser „Akt der Nächstenliebe“ hat für Kommentare gesorgt – und zwar für jede Menge rassistische, wie pnp.de berichtet. Das Unglaubliche: Sogar ein Polizist aus Pocking hatte sich in die virtuelle Unterhaltung eingemischt. Sein im Dialekt formulierter Vorschlag: „I häd nu 60 Eintrittskarten fürs Onkelzkonzert mit Zugticket herzugeben. Aber ohne Rückfahrt. De erübrigt sich dann sowieso.“ (mittelbayerische.de).

Bayreuth: Rechtslastige Burschen unerwünscht

Bayreuth ächtet Thessalia zu Prag, weil sie einem Thüringer Neonazi mit NSU-Verbindungen jahrelang Unterschlupf gewährt haben soll.  Während die Vertreter der rechtslastigen Deutschen Burschenschaft in Eisenach weiterhin ihren jährlichen Burschentag abhalten können, hat der Stadtrat von Bayreuth die Burschen von Thessalia zu Prag in Bayreuth nicht mehr zur Teilnahme am Volkstrauertag eingeladen. Thessalia zu Prag wird als Mitgliedsbund im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) zu jenen Studentenverbin­dungen gerechnet, die eine Scharnierfunktion zwischen konservativen und rechtsextremen Kräften in Deutschland haben (Thüringer Allgemeine).

NSU-Prozess: Das sächsische Unterstützer-Netzwerk wird Thema

Als die drei jungen Neonazis, die heute meist das NSU-Trio genannt werden, im Januar 1998 aus Jena flüchteten, kamen sie zuerst in Chemnitz unter. Die dortigen Neonazis kannten sie von Aufmärschen und Skinhead-Konzerten. Die Namen ihrer sogenannten Kameraden aus Sachsen sind inzwischen fester Bestandteil des NSU-Prozesses: Thomas Starke, Jan W., Andreas G., Thomas oder etwa Antje P., die einst einen Szeneladen in Chemnitz betrieb. Am Donnerstag soll sie als Zeugin aussagen. Sie alle gehörten oder besaßen zumindest Bezug zur sächsischen Sektion der neonazistischen Organisation „Blood & Honour“ genauso wie Carsten Szczepanski, der unter dem Decknamen „Piato“ dem brandenburgischen Verfassungsschutz zuarbeitete (TLZ).

Militante Zellen in Bayern?

Diverse Zeugenaussagen belegen, dass es im Umfeld von „‘Blood&Honour‘-Franken“ bereits autonome Geheimgruppen gab. Das militante Neonazi-Netzwerk „Blood&Honour“ lieferte Ende der 1990er Jahre in Fanzines nicht nur theoretische Vorlagen für einen führerlosen Rassenkampf im Untergrund, sondern war anscheinend  zum Zeitpunkt des Verbotes im Jahr 2000 bereits damit beschäftigt auch Zellen aufzubauen. 2003 berichtete ein ehemaliges fränkisches Führungs-Mitglied von B&H, genannt „Pernod“ und Musiker bei der damaligen Vorzeigeband „Hate Society“, dem bayerischen Geheimdienst in einer „Selbstdarstellung“ von der Gründung einer Unter-Zelle namens „Strike Force“. Diese Kleinstgruppe von B&H schien in der strengen Hierarchie von Divisionen und Sektionen ganz unten angesiedelt. Sie seien zunächst als „Supporter-Stammtische“ gedacht gewesen, so der B&H-Mann. Nach einem Gewaltmarsch im Jahr 2000 habe er seine Gruppe dann in „Strike Force“ umbenannt (BNR).

Rassismus im Internet: Wie Rechte Foren zuspammen – am Beispiel Nidderau

Die User der Nidderauer Facebook-Gruppen „Nidderau News“ und „Nidderau Original“ wissen, worum es hier geht. Spätestens seit am Blauhaus die Container für Asylsuchende aufgestellt wurden, häufen sich Beiträge, die undifferenziert Fremdenfeindlichkeit schüren. Zunächst kann man festhalten, dass es überschaubare acht-zwölf Personen von insgesamt rund 3.000 Nutzern sind, die immer wieder Beiträge und Links in diese Richtung posten, so Karl-Heinz Herr, Fraktionsvorsitzender der Nidderauer Grünen. Viele Beiträge stammen von einem an der Lahn wohnenden AfD-Funktionär, der vor einiger Zeit noch Nidderauer Bürger und Mitbegründer des AfD-Kreisverbandes Main-Kinzig war. Mittlerweile ist er kooptiertes Mitglied im AfD-Kreisvorstand Limburg-Weilburg und als selbstständiger ITSicherheitsberater tätig. In Nidderau war er außerdem Mitglied im Gesamtelternbeirat der Kindertagesstätten (GeKen). In den Nidderauer Facebook-Gruppen tritt er nur als Privatperson auf. Grundsätzlich scheint es, nach Beobachtungen der Grünen, dass die AfD bundesweit lokale News- Gruppen gezielt mit ihren Beiträgen bestückt. So gibt es ähnliche Beobachtungen in vielen anderen Städten. Auffällig waren einige längere Beiträge, die von Usern teilweise ohne Quellverweis aus dem Nachrichtenblog Netzplanet abgeschrieben wurden. Dieser Nachrichtenblog fungiert ohne Impressum (brk-kurier).

„Lichtermarsch gegen die Asylpolitik“: Demo-Aufruf gegen Heime für Flüchtlinge

Ein Potsdamer hat für den 17. Dezember einen Marsch gegen Asylpolitik angemeldet. Das Anti-Neonazi-Bündnis will unterdessen Gegenaktion beraten. Fünf Tage vor Weihnachten soll in Potsdam ein „Lichtermarsch gegen die Asylpolitik“ und gegen neue Unterkünfte für Flüchtlinge stattfinden. Dazu wird von dem Potsdamer Lkw-Fahrer Ulf Bader im sozialen Netzwerk Facebook aufgerufen. Zugleich ist die am 19. Dezember geplante Demonstration bereits offiziell bei der Polizei angemeldet worden. Das parteiübergreifende Anti-Neonazi-Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ reagiert beunruhigt. „Wir werden beraten, wie wir mit dem Aufruf umgehen sollen“, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz am Montag auf PNN-Anfrage. Er betonte, die Stadt stehe für Werte wie Toleranz, Weltoffenheit und ein friedliches Miteinander, dafür werde sich das Bündnis mit geeigneten Mitteln weiter einsetzen. Die Linke Potsdam teilte auf ihrer Facebook-Seite schlicht mit: „Gegen jede rassistische Mobilmachung!“ (PNN)

Belgien: Nikolaus-Konzert mit Frank Rennicke

Der rechtsextreme Liedermacher Frank Rennicke tritt bei Gesinnungsgenossen in Belgien auf. Am 6. Dezember soll der 49-jährige braune Barde im Museumtheater von Sint-Niklaas aufspielen. Das Kulturzentrum vermeidet es dabei, die Veranstaltung auf ihrer eigenen Homepage anzukündigen. Bürgermeister Lieven Dehandschutter der Stadt in Ostflandern spricht von „keiner Gefahr der öffentlichen Ordnung“. Der verantwortliche Stadtvertreter gehört zur nationalistisch orientierten mit separatistischen Zielen behafteten Neuen Flämischen Allianz, die seit den Europawahlen im Mai vier EU-Abgeordnete stellt und mit der Parlamentsgruppe um die AfD kooperiert (Frank Rennicke).

Wo kommst du her? „Nachbohren geht in Richtung Rassismus“

Am Montagabend kommen die Mails fast im Minutentakt. Auch über Twitter und Facebook melden sich mehr und mehr Leser, um der Redaktion ihre Meinung und ihre Gedanken zu einem Text mitzuteilen. Darin geht es um die kritische Auseinandersetzung mit der Frage „Wo kommst du her?“, die Menschen mit Migrationsgeschichte häufig gestellt wird. Und hinter der ein latenter Rassismus stecken kann. Ein Teil der Rückmeldungen bringt Lob und Zustimmung zum Ausdruck. Mehrere Leser schreiben, dass sie sich auch schon einmal unwohl gefühlt haben bei dieser Frage. Die Mehrheit jedoch ist irritiert und wendet ein, dass man mit dieser Frage lediglich sein Gegenüber kennenlernen wolle. Die Sueddeutsche hat dann Mutlu Ergün-Hamaz angerufen und sich noch einmal genau auseinandernehmen lassen, in welchem Kontext Menschen sich durch diese Frage angegriffen und ausgeschlossen fühlen. Sehr gut!

RBB fordert Zahlungsstopp: Stoppt endlich die Nazi-Tantiemen!

Schluss mit Nazi-Tantiemen! Das fordert der RBB. Denn die öffentlich-rechtlichen TV-Sender müssen mit unseren GEZ-Gebühren an die Erben von Nazi-Größen zahlen, wenn sie für NS-Dokus zum Beispiel aus den Tagebüchern von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels zitieren oder Filmmaterial verwenden, das von SS-Kameramännern gedreht wurde. Schuld ist das deutsche Urhebergesetz. Es schützt das geistige Gut von Autoren und Musikern. Wer es nutzt, muss Tantiemen zahlen. Bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Dabei ist es egal, ob derjenige ein Nazi war oder nicht. Und die Erben einstiger hochrangiger Nazis machen davon regen Gebrauch. Dagegen lehnt sich nun der RBB auf. Petra Lidschreiber, Redaktionschefin für Mittel- und Osteuropa, forderte im Inforadio und in der RBB-Sendung „Kowalski & Schmidt“: „Eine Gesetzesänderung ist dringend geboten. Sonst müssen sich TV-Anstalten oder Verlage verklagen lassen.“ Wie der Siedler-Verlag. Laut Gerichtsurteil soll er für eine Goebbels-Biografie über 6000 Euro für Zitate aus Tagebüchern an eine Urheberrechte-Verwalterin des NS-Propagandachefs zahlen. Diese ist Cordula Schacht, die Tochter von Hitlers Reichsbankchef und Wirtschaftsminister Hjalmar Schacht. Der Verlag kündigte nun an, wegen der geforderten Zahlungen an die Goebbels-Erben in die nächste Gerichtsinstanz gehen (Berliner Kurier).

Prozess vor dem Limburger Amtsgericht: Naziaufkleber übersprüht – Stadt will Geld sehen

Wenn es um Nazisymbole oder rechtsradikale Aufkleber und Plakate geht, kennt Ralf Bender kein Pardon: Diese Sachen müssen weg, möglichst schnell. Manchmal nimmt er das selbst in die Hand und entfernt die Aufkleber zum Beispiel mit einer Spachtel. In Limburg hat er solche Aufkleber übersprüht und damit ihre Parolen und Symbole unkenntlich gemacht. Dafür muss er sich heute, Dienstag, vor dem Limburger Amtsgericht verantworten (fnp).

Zentrum für politische Schönheit: „Wir wollen noch nicht sterben“

Öffentliches Theater in bester Schlingensief-Tradition: 14 Gedenkkreuze für die Maueropfer hatte das Zentrum für Politische Schönheit Anfang November am Berliner Reichstagsufer vorübergehend entfernt. Für die Zeit der Feierlichkeiten zum Mauerfall-Jubiläum sollten sie an der EU-Außengrenze angebracht werden, dort also, „wo heute gestorben wird“. Lesenswertes Interview mit Philipp Ruch vom Zentrum für Politische Schönheit über die neuen Mauertoten, die Solidarität von Sperrholzplatten und leblose Kunst in Galerien (Art Magazin).

Berlin: Erste Urteile gegen Nazischläger vom Mehringdamm

Dreieinhalb Jahre nach der brutalen Attacke von Neonazis bei einem blockierten Aufmarsch in Berlin-Kreuzberg wurden gestern erste Urteile gegen vier Angreifer gefällt. Dabei sendete die Justiz im Berliner Amtsgericht Tiergarten ein fatales Signal: Aufgrund überlanger Verfahrensdauer entgingen die Beschuldigten einer Jugendstrafe. Selbst ein Neonazi, der nach versuchtem Mord und versuchter schwerer Brandstiftung zum damaligen Zeitpunkt auf Bewährung vorzeitig aus der Haft entlassen worden war, kam am Montag lediglich mit Arbeitsstunden davon (Störungsmelder).

Hetze gegen Muslime: Futter für die Salafisten

Zu Recht berichten die Medien über die dunklen Seiten des Islams. Manche aber betreiben geistige Brandstiftung und tragen den Islamhass so weiter in die Mitte der Gesellschaft, beschreibt Lamya Kaddor lesenwert auf sueddeutsche.de.

Nicki Minaj: Nazi-Video sorgen für Aufregung

Das war eindeutig ein schlechtes Timing: Unmittelbar vor dem 76. Jahrestag der Reichspogromnacht hat Rapperin Nicki Minaj letzte Woche den Clip zu ihrer Single „Only“ veröffentlicht und posiert darin wie eine Nazi-Führerin. Mittlerweile hat sich die Rapperin für diesen „Fauxpas“ entschuldigt. Minaj thront im Video vor Soldaten, die Flaggen und Armbinden erinnern stark an Insignien der NS-Zeit. Das Video sei antisemitisch, hieß es von Medien und Fans der 31-Jährigen. „Ich habe mir das Konzept nicht überlegt“, entschuldigte sich Minaj prompt auf Twitter . „Aber ich übernehme die volle Verantwortung. Ich würde den Nationalsozialismus in meiner Kunst nie billigen.“ Nun, dann sollte sie nicht solche Videos drehen (Kronenzeitung).

Rassismus und Gewalt: Das unsägliche Strafregister der kroatischen Fans

Mit den Ausschreitungen in Italien schreiben Kroatiens Fans das nächste dunkle Kapitel. Die Uefa hat den Verband und seine Nachbarn auf dem Balkan schon lange im Visier, harte Strafen drohen (Welt).

Im Fußballstadion: Keine Toleranz den Intoleranten

Beschimpfungen, Rassismus und Sexismus – vieles wird im Fußballstadion geduldet, weil es an der Tagesordnung ist. Damit muss Schluss sein. Ein Kommentar zur ARD-Themenwoche „Toleranz“ (ARD).

TV-Tipp für heute abend: „Play“ auf Arte

Nur ein Spiel? In „Play“ geht es auch um Vorurteile in dem sonst so als tolerant geltenden Schweden. Ein diskussionswürdiger Film über den alltäglichen Rassismus. Ist dieser Film rassistisch? Ein Weckruf? Als „Play“ 2011 in Schweden erschien, sorgte er dort jedenfalls für reichlich Diskussionsstoff. Dabei stellt das Drama einen Vorfall nach, der sich tatsächlich ereignet hat. Eine Gruppe schwedischer Jungs wird in einem Göteborger Einkaufscenter von ein paar afrikanischen Jugendlichen beschuldigt, ein Handy gestohlen zu haben. Sie nehmen das Gerät an sich, wollen es angeblich überprüfen. Was jedoch nur ein Trick scheint, es zu stehlen. Die weißen Kinder werden daraufhin von den Emigranten durch die ganze Stadt gejagt. Erwachsene helfen nicht, reagieren ausweichend. Und doch: Es entwickelt sich eine nicht rationale Eigendynamik, in der sich Bewunderung füreinander mit harschem Psychoterror abwechselt. Pseudodokumentarisch inszeniert, zeigt „Play“ dabei aber auch den latenten Rassismus auf, der sich unter anderem im Generalverdacht gegenüber Fremden oder im seichten Ethnokitsch manifestiert (noz.de).

Hilfsbereitschaft: Fußball mit Flüchtlingen

Mit der steigenden Zahl von Asylbewerbern wächst auch die Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge. Im Landkreis Rostock etwa gibt es zahlreiche Projekte für eine „Willkommenskultur“, wie der stellvertretende Landrat Rainer Boldt feststellt. Initiatoren seien der Landkreis, Städte und Gemeinden, lokale Bündnisse, Kirchengemeinden, Sport- und Kulturvereine und vor allem zahlreiche Privatpersonen. „Alle Projekte verfolgen das Ziel, zunächst mit den Flüchtlingen persönlich in Kontakt zu kommen und gegenseitige Ängste abzubauen“, sagte Boldt (svz.de).

Aktion im bayerischen Wunsiedel: „Die Neonazi-Szene ist eine ironiefreie Zone“

Aus einem Nazi-Aufmarsch hat Martin Becher einen Spendenlauf gegen rechts gemacht: Der Leiter der Projektstelle gegen Neonazis steckt hinter der phantasievollen Aktion in Wunsiedel. Schon jetzt überlegt er, wie er die Rechten im kommenden Jahr empfangen soll (sueddeutsche.de).

80., 81. und 82. Landtagssitzung: NPD hetzt gegen Flüchtlinge und Demokrat_innen

Ein Fleißkärtchen verdiente sich die NPD in der zurückliegenden Plenarwoche nicht: Die Truppe um Fraktionschef Udo Pastörs brachte lediglich zwei Anträge ein, einer davon hatte sie vor nicht allzu langer Zeit in einer ähnlichen Form schon einmal gestellt. Breiten Raum nahm die Debatte um Flüchtlinge ein, in der die NPD ihrem rassistischen Weltbild freien Lauf ließ. Außerdem beschimpfte ihr Abgeordneter Tino Müller die anderen Parlamentarier als „Primitivlinge“. ENDSTATION RECHTS dokumentiert die Diskussion in voller Länge.

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Die Ehe für alle soll kommen und die Homo-Hasser drehen durch

Überraschend hob die Kanzlerin in dieser Woche den Fraktionszwang in der Debatte um die Ehe für alle auf. Bereits am Freitag könnte der Bundestag die gleichgeschlechtliche Ehe gesetzlich verankern. Die Reaktionen aus dem rechten Spektrum: Homo-Hasser sind in Weltuntergangsstimmung, einige Populisten schaffen es eine Brücke zum Islam zu schlagen und Petry begrüßt neue Wähler.

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KZ Sachsenhausen

Verleugnet und Vergessen Die überfällige Erinnerung an die als „asozial” Verfolgten

In der Gedenkstätte Sachsenhausen erinnert jetzt eine neue Gedenkstele an die Häftlinge, die als „Asoziale“ verfolgt wurden. Sie mussten einen schwarzen Winkel tragen. Die Gedenkstele ist etwas Besonderes. Sie wurde von unten erkämpft, von Angehörigen und Engagierten, finanziell unterstützt durch die Amadeu Antonio Stiftung und sie erinnert an eine oft vergessene Häftlingsgruppe. Es dauerte fast 80 Jahre bis hier auch an diese Gruppe erinnert werden konnte.

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