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21.06.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Friedrich nennt Attacke gegen Özil „widerwärtig“ +++ Breivik: „Traumatisierend, als Rechtsextremist abgestempelt zu werden“ +++ EM: Falsche Unterhose – 100.000 Euro, einmal Rassismus – 80.000 Euro.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Friedrich nennt Attacke gegen Özil „widerwärtig“

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat die rassistischen Attacken im Internet gegen den deutschen Spielmacher Mesut Özil als „widerwärtig“ bezeichnet. „Der Fall Özil zeigt nur die Spitze des Eisbergs“, sagte der für den Sport zuständige Bundesminister der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Verwahrlosung der Umgangsformen im Internet sei „erschreckend“. Über ein falsches Twitter-Profil hatten Unbekannte den Mittelfeldspieler mit türkischen Wurzeln während des letzten EM-Gruppenspiels der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen Dänemark (2:1) rassistisch beleidigt. Özil erstattete daraufhin Strafanzeige gegen Unbekannt. Unter dem Deckmantel der Piratenpartei waren 3000 Einträge aufgeführt, in denen gegen den Mittelfeldspieler von Real Madrid gehetzt wurde. Wenig Freude hat Friedrich auch an den „Sieg, Sieg“-Rufen deutscher Zuschauer in der im Zweiten Weltkrieg von Deutschen besetzten Ukraine. Auch das Auftauchen der Reichskriegsflagge sei ein Unding. „Als deutscher Patriot schäme ich mich, wie diese Leute unser Ansehen in Europa und der Welt versuchen zu beschädigen“, sagte Friedrich (Handelsblatt, Abendblatt.deGirlseite.de).

Breivik: „Traumatisierend, als Rechtsextremist abgestempelt zu werden“

Der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik hat die Traumatisierung von Opfern und Angehörigen seiner Anschläge mit einem eigenen angeblichen Trauma zu relativieren versucht. „Es ist traumatisierend, zu sehen wie deine Schwestern von Muslimen vergewaltigt werden und deine Brüder zusammengeschlagen“, sagte Breivik am Mittwoch beim Prozess gegen ihn in Oslo, ebenso, wie als „Rechtsextremist abgestempelt zu werden“. Zuvor hatten zwei Psychologen vor Gericht die folgenschweren Effekte beschrieben, die Breiviks Anschläge auf Überlebende und Angehörige hatten. Am Donnerstag und Freitag sollen im Prozess gegen Breivik Plädoyers von Anklage und Verteidigung gehalten werden. Das Urteil soll am 20. Juli oder am 24. August gesprochen werden. (Der Standard).

EM: Falsche Unterhose – 100.000 Euro, einmal Rassismus – 80.000 Euro

Die UEFA verteilte in der EM-Vorrunde jede Menge Strafen. Für Rassismus kam man dabei vergleichsweise glimpflich davon. Der dänische Spieler, der eine Unterhose vom Sponsor blitzen ließ, muss 100.000 Euro Strafe zahlen, Rassismus in Form von Bananenwürfen und Affelauten im Stadion „kostet“ 80.000 Euro, Feuerwerk und Prügeleien 30.000 Euro. Bei dieser Preisliste muss man sich einfach an den Kopf fassen. s kann doch nicht sein, dass jemand, der mit einer verbotenen Hose jubelt 20.000 Euro mehr bezahlen muss als ein Verband, dessen Fans gegnerische Spieler mit Bananen bewerfen, findet tt.com.

Dortmund: Schüler nach Nazi-Überfall traumatisiert

Im Prozess gegen Neonazi Sven K. und seine drei Gesinnungsgenossen sagten gestern die beiden türkischstämmigen Jugendlichen aus, die laut Anklage am 26. November 2011 auf dem Weihnachtsmarkt von den Rechten zusammengeschlagen wurden. Noch immer leiden sie unter den Folgen der Tat. Über den Angeklagten Sven K. sagten sie aus: „Er war es, der zuerst schlug. Dann kamen noch vier bis fünf andere, alle trugen Springerstiefel. Mindestens drei haben auf mich eingetreten.“ Nach einem kurzen Blick auf die Anklagebank sagte der heute 18-Jährige: „Die waren da alle dabei.“ Heute haben sie Angst, in die Stadt zu gehen, und sind sie misstrauischer gegenüber allen Deutschen, sagen die Schüler aus (DerWesten).

Berlin: Neonazi verurteilt, der Polizistin umgefahren hat

Ein gerichtliches Nachspiel hatte jetzt ein Naziaufmarsch, der am 14. Mai letzten Jahres durch Kreuzberg ziehen wollte, dann aber von 500 Gegendemonstrant*innen blockiertet wurde. Die NPDler kapitulierten nach einer Stunde und zogen wieder ab. Mitten in der tosenden Menge Uwe D., Fahrer des NPD-Lautsprecherwagens. Er war in dieser Woche angeklagt. Der 49-Jährige,soll an jenem Tag eine Polizistin angefahren und verletzt haben, die eigentlich zu seinem Schutz eingesetzt war. Aus Hass, aus Wut, aus purer Verzweiflung, dass die NPD-Veranstaltung so unrühmlich endete, soll er mit seinem Fahrzeug zunächst die Polizistin mit dem linken Außenspiegel an der Schulter getroffen haben. Nach einer Drehung sei sie dann ins Straucheln geraten und wurde schließlich vom linken Hinterrad erfasst. Das Rad soll dabei über ihren Schuh gerollt sein. Er muss 900 Euro Strafe zahlen (ND).

Rassistisches Design: Adidas nimmt Sneaker mit Fußfesseln nach Protesten vom Markt

„Rassismus!“, „Fußfesseln wie im Knast!“, „Erinnert an Guantanamo!“, waren noch harmlose Kommentare über Scotts und Adidas’ „JS Roundhouse Mid“, einen Basketball-Schuh, der mit Kunststoff-Schnallen und -Ketten versehen ist, die der Träger am Fußgelenk befestigen soll und für schlappe 280 Euro in den Handel sollte. Doch jetzt haben die Herzogenauracher einen Rückzieher gemacht: Der Protest-Sturm, den erste Bilder des Schuhs im Internet auslösten, wurde binnen kürzester Zeit zum Politikum (Abendzeitung Nürnberg, tt.com).

Schluss mit der „Deutschen Eiche“ – das Neonazi-Freizeitangebot in Sachsen bleibt aber „gut“

Die Gaststätte »Zur deutschen Eiche« in der kleinen Ortschaft Geheege wurde innerhalb weniger Jahre zum wichtigsten Veranstaltungsort für Nazis in Sachsen. Größerer Protest gegen die dortigen Umtriebe blieb aus. Nun wurde das Lokal geschlossen. Die Nazis dürften sich in der Region jedoch weiterhin wohlfühlen (jungle-world.com).

Polenfeindlichkeit in neuem Ausmaß – Wie die NPD in Vorpommern die Volkstod-Kampagne unterstützt

Auch in Mecklenburg-Vorpommern unterstützen rechtsextreme Gruppierungen die Volkstod-Kampagne der „Unsterblichen“. Selbst Landtagsabgeordnete der NPD schrecken nicht davor zurück, die rassistische Ideologie auf den Zuzug von Polen zu beziehen (Endstation rechts).

Neonazis müssen Braunes Haus in Bad Neuenahr räumen

Das sogenannte Braune Haus in Bad Neuenahr wird seine Bewohner, mutmaßliche Neonazis, aller Voraussicht nach in Kürze los: Vor dem Amtsgericht Ahrweiler einigten sich die Anwälte beider Parteien auf einen Vergleich. Demnach soll das Haus bis zum 15. August geräumt sein. Das Haus galt als Zentrale des Aktionsbüros Mittelrhein, das politischer Straftaten verdächtigt wird (Rhein-Zeitung).

Niedersachsen: Eklat wegen Rassismus-Vorwurf im Landtag

Bei einer Rede von SPD-Fraktionschef Stefan Schostok ist es am Mittwoch im niedersächsischen Landtag zum Eklat gekommen. Schostok bezeichnete die Ausländerpolitik der Landesregierung unter Verweis auf ein von „Wissenschaftlern“ geäußertes Zitat in einem „Zeitungsbericht“ als „institutionellen Rassismus“. Daraufhin kam es zu einem Streit im Parlament mit lautstarken Zwischenrufen (Welt online).

Moskau: Skinhead wegen rassistischem Mord verurteilt

In Russland ist am Mittwoch ein Skinhead wegen eines rassistisch motivierten Mordes zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Skinhead vor einem Jahr zusammen mit mehreren Komplizen mitten im Zentrum von Moskau zwei Menschen wegen ihres „nichtslawischen Aussehens“ verprügelt hatte, wie die Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete. Den Angaben zufolge versetzte der zur Tatzeit noch minderjährige Beschuldigte seinen Opfern mindestens fünf Messerstiche. Eines der beiden Opfer erlag später seinen Verletzungen (Der Standard).

Extremismuskonferenz in Riesa: Tillich rechnet fest mit NPD-Verbot

Die sächsische Landesregierung hat in Riesa eine Extremismuskonferenz abgehalten. Regierungschef Tillich sprach sich dabei für ein Verbot der NPD aus. DGB und SPD blieben der Konferenz fern. Sie werfen der schwarz-gelben Landesregierung anhaltende Untätigkeit und Konzeptionslosigkeit im Kampf gegen Rechts vor. Vor dem Tagungsgebäue demonstrierten Jugendliche gegen eine Kriminalisierung von Antifaschisten im Freistaat (mdr).

Ver.di-Jugend startet Kampagne gegen rechte Zeitungen

Im Kampf gegen Rechtsextremismus setzt die Jugend der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ein neues Zeichen. “Aktiv gegen extrem rechte Zeitungen” liefert Hintergrundwissen zu rechten Druckerzeugnissen und einfach umsetzbare Ideen, um vor Ort aktiv zu werden (Störungsmelder).#

Gettorf setzt Zeichen gegen Neonazis

Kein Ort für Neonazis: Wie bereits Kiel und Greifswald, will jetzt auch die Wohld-Gemeinde Gettorf ein Zeichen gegen braunes Gedankengut und rechtsextremistische Gewalt setzen. Sie bringt „Kein Ort für Neonazis“-Schilder an öffentlichen Gebäuden an (Kieler Nachrichten).

Das BKA will keine braune Adresse

An den einflussreichen BKA-Mann Paul Dickopf wurde lange Zeit mit einem eigenen Straßennamen erinnert. Das ändert sich nun, denn Dickopf war früher SS-Untersturmführer (taz.de).

Nazi-Gegnerin Lina Haag starb mit 105 Jahren

Die aus Gschwend-Hagkling (Ostalbkreis) stammende NS-Widerstandskämpferin Lina Haag ist, wie jetzt bekannt wurde, am Montag in München gestorben, wo sie seit den 1950er Jahren gelebt hat. Die Trägerin des „Dachau-Preises für Zivilcourage“ wurde 105 Jahre alt (SWP.de).

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HoGeSa Vernetzung von Neonazis und Hooligans zu lange ignoriert

Was mit Facebook-Gruppen begann und sich bei Kundgebungen mit wenigen hundert Teilnehmenden fortsetzte, mündete am vergangen Sonntag in Köln in der größten Neonazi-Demonstration in Deutschland der vergangenen Jahre. Die Ereignisse während der „Hooligans gegen Salafisten“-Demonstration stellen die Kulmination einer Entwicklung dar, die in der letzten Zeit deutlich zu beobachten war: die fortschreitende Vernetzung von rechtsgerichteten Fußballfans und organisierten Rechtsradikalen.

Von der Redaktion

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Rechtsoffen und verschwörungsideologisch: Die Plakatwand am Eingang des Hamburger Musikclubs „Docks“

„Docks“ und „Große Freiheit 36“ Hamburger Club-Betreiber auf Schwurbler-Kurs

An den Fassaden der Veranstaltungsorte „Docks“ und „Große Freiheit 36“ sind seit Monaten Plakate zu sehen, die die Covid-Pandemie leugnen und verschwörungsideologische Medien empfehlen. Die Musikszene reagiert empört. Und der Clubbetreiber Karl-Hermann Günther ist im „Querdenken“-Spektrum bestens vernetzt.

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