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22.08.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Bedrohender Neonazi-Besuch bei Kunst-Sommerfest in Leipzig-Lindenau +++ Neumünster: Rechtsextremer Rocker wegen Internet-Taten vor Gericht +++ Leerstellen bleiben nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Bedrohender Neonazi-Besuch bei Kunst-Sommerfest in Leipzig-Lindenau

Am vergangenen Wochenende kam es nach Polizeiinformationen zu einem Vorfall auf dem Sommerfest des Kunstvereins D21. Am Samstagabend startete im NPD-Zentrum eine Feier in der Odermannstraße. Gleichzeitig fand wenige Straßen weiter das Sommerfest des Leipziger Kunstvereins D21 statt. Gegen 1 Uhr verließen einige Neonazis die Odermannstraße und statteten dem Sommerfest einen „Besuch“ ab. Zuerst wurden die Gäste des Festes verbal bedroht, während zwischenzeitlich weitere Rechtsradikale eintrafen. Die Veranstalter des Sommerfestes riefen die Polizei. Gerade rechtzeitig, wie sich wenig später heraus stellte. Die Neonazis versuchten, mit Gewalt gegen die Sommerfest-Gäste vorzugehen, was glücklicherweise durch den Einsatz der Polizei unterbunden werden konnte. Die Beamten bildeten unter anderem einen Personenkette, um die beiden Parteien voneinander zu trennen. Es wurden zahlreiche Platzverweise ausgesprochen. Die Rechtsradikalen reagierten anschließend mit Steinwürfen in Richtung der Polizisten, der durch verstärkten Einsatz der Beamten ebenfalls beendet wurde. Es wurde gegen weitere Neonazis Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung erstattet. Aufgrund des Vorfalls musste das Sommerfest des Kunstvereins abgebrochen werden (Leipzig Fernsehen, LVZ online, DNN).

Neonazis kapern “Freie Wähler”-Demonstrationen

Seit einigen Wochen fahren die “Freien Wähler” unter Hubert Aiwanger einen besonders populistischen Kurs: mit montäglichen Kundgebungen und Demonstrationen gegen den ESM und Fiskalpakt versuchen sie in München Wählerstimmen für die nächste Kommunalwahl zu gewinnen. Dabei sprechen sie auch das extrem rechte Spektrum an, was ihnen offenbar nichts auszumachen scheint (Störungsmelder).

Neumünster: Rechtsextremer Rocker wegen Internet-Taten vor Gericht

Neonazi und „Bandidos“-Mitglied Alexander H. sitzt wegen verfassungsfeindlicher Symbole in seinem Facebook-Profil vor dem Amtsgericht Neumünster (Totenkopf der 3. SS-Panzer-Division). Außerdem soll der Bandido illegal Gespräche aufgezeichnet und ins Internet gestellt haben, unter anderem mit Angelika Beer (Piraten). Vor Gericht argumentiert sein Anwalt, sein Mandat habe dies nicht gemacht, es sei ein Fake-Account. Das Urteil steht noch aus (shz, taz).

Leerstellen bleiben nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen

„Auch 20 Jahre danach gibt es noch viele Leerstellen“, so Thomas Prenzel von der Uni Rostock. Er ist einer der Wissenschaftler, der mit Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung eine Studie über den Kontext, die Dimensionen und die Folgen der rassistischen Gewalt des Pogroms in Rostock Lichtenhagen im August 1992 herausgegeben hat. Nach seiner Einschätzung wurde der Brandanschlag auf die Unterkunft von Asylsuchenden und dem Wohnheim von Vietnamesen zwanzig Jahre danach „verdrängt, relativiert und instrumentalisiert“ (Amadeu Antonio Stiftung, Broschüre zum Download).

Wenn die Politik in Deckung geht

Ein bisschen Aufregung, ein paar Personalspiele in der Politik, das war’s. Die Morde der NSU haben den Rassismus in Deutschland nicht zum Thema gemacht. Dabei wäre es jetzt, 20 Jahre nach den Angriffen auf Asylbewerber in Rostock-Lichtenhagen, höchste Zeit. Es kann und darf nicht sein, dass einfach alles so weitergeht, wie es dort begonnen hat. Ein Kommentar von Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung.

Was von den Feuernächten blieb

Vor zwanzig Jahren griff ein wütender Mob in Rostock-Lichtenhagen eine Aufnahmestelle für Asylbewerber und ein Wohnheim von Vietnamesen an. Nächtelang dauerten die Ausschreitungen. Die Stadt will nun an die Geschehnisse erinnern. Viele Anwohner wollen nur eines: ihre Ruhe (F.A.Z.)

Neue Ausstellung der Amadeu Antonio Stiftung: Rassismus-Geschichte aus Opfer-Sicht

„Germany after 1945″ ist eine Ausstellung zu rechter Gewalt und zivilgesellschaftlichen Gegenbewegungen, die nun erstmals in Berlin zu sehen ist. Die Angriffe auf ein Asylbewerberheim 1992 in Rostock-Lichtenhagen waren kein singuläres Ereignis. Wie sich der alltägliche Rassismus in Deutschland nach 1945 entwickelt hat, zeigt eine Ausstellung in Berlin – und nimmt dabei vor allem die Perspektive der Opfer ein. Die Ausstellung der Amadeu Antonio Stifung zeigt, wie sich Deutsche in Ost und West der Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus gestellt haben, wie Staat und Zivilgesellschaft in der Gegenwart auf rechte Gewalt reagieren und wie der Alltag der Menschen aussieht, die von Neonazis bedroht werden. Zudem werden Projekte und Initiativen vorgestellt, die sich für den Schutz von Minderheiten und für mehr Demokratie im Alltag einsetzen. Wie Heike Radvan, eine der Kuratorinnen, sagte, soll die Ausstellung auch Verbindungslinien zwischen alltäglichem Rassismus und politischen Entwicklungen aufzeigen. So gebe es einen Zusammenhang zwischen den Pogromen von Lichtenhagen und Hoyerswerda und späteren Gesetzesänderungen, womit rechtsextreme Gewalttäter letztlich ihr Ziel erreicht hätten:“Was dort Rechtsextreme fordern, wird tatsächlich dann später umgesetzt: Die Asylgesetzgebung wird begrenzt. In den Zusammenhang setzen wir das, und gucken uns das kritisch an.“ (Deutschlandradio, rbb online)

Urteil gegen Anders Behring Breivik am Freitag

Der größte Prozess in der Geschichte Norwegens ist vor zwei Monaten zu Ende gegangen. Seitdem warten die Norweger, aber auch die Weltöffentlichkeit, gespannt auf das Urteil der Richter über den Attentäter von Oslo und Utöya, Anders Behring Breivik. Völlig offen ist vor der für Freitag erwarteten Entscheidung, wie das Gericht urteilen wird. Dabei geht es auch um die zentrale Frage, die auch Norwegens Psychiater entzweit: Ist Breivik zurechnungsfähig oder nicht? Wird Breivik als schuldfähig befunden, droht ihm eine langjährige Haftstrafe. Hält ihn das Gericht für nicht zurechnungsfähig, folgt eine Einweisung in die Psychiatrie (Der Standard).

Rechtsradikale: Sommerfest der NPD in Rottenbach

Franz Schwede war eine feste Größe im Dritten Reich. Bei seinem Sohn wollen Rechtsextreme jetzt einen Bezirksstützpunkt der Jungen Nationalen gründen (Neue Presse).

Neonazis wollen auch dieses Jahr wieder am 1. September in Dortmund marschieren

Der sogenannte „Nationale Antikriegstag“ ist ein zentrales Event der Autonomen Nationalist*innen. Seit 2005 demonstrieren jährlich am Ersten Septemberwochenende Hunderte Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet in Dortmund. Auch in diesem Jahr ist wieder ein Aufmarsch geplant. Bei den Gegenprotesten werden tausende Nazigegner*innen erwartet (Störungsmelder).

Bayern: „Behörden verschwenden ihre Energie gegen links“

Jedes halbe Jahr teilt der Verfassungsschutz in einem Bericht mit, wie es um die Sicherheit bestellt ist. Viele Zahlen, Gefahren und noch mehr Geheimnisse, die nicht an die Öffentlichkeit dringen. BR.de hat deshalb Thies Marsen, den Rechtsextremismus-Experten des Bayerischen Rundfunks, um eine Einschätzung gebeten. Der berichtet, der Verfassungsschutz habe die rechtsextreme Szene in Bayern kein bisschen im Griff – auch, weil er sich zu sehr auf Linksextremismus versteift (BR).

Antisemitismus in Ungarn: Nazis unter sich

Ungarn geht zögerlich gegen Nazi-Verbrechen vor. Die wenigen Aktivisten, die dagegen protestieren, werden von Rechtsradikalen bedroht (taz).

Abkehr vom Klischee des Bilderbuch-Skinheads

Der rechte Rand hat sich seit Jahren tiefgreifend gewandelt: Er hat sich zugleich radikalisiert und verbürgerlicht, so die These von der beiden Journalisten Toralf Staud und Johannes Radke. Beide beschäftigen sich seit Jahren mit der rechtsextremen Szene und haben nun das Buch „Neue Nazis“ geschrieben (Deutschlandradio).

Landtagspräsident Fritsch: „Spremberg verhält sich vorbildlich“

Als „feigen Angriff auf die Demokratie“ hat der Präsident des Brandenburger Landtages, Gunter Fritsch (SPD), die vermutlich rechtsextremen Angriffe auf das Redaktionsbüro der RUNDSCHAU im April in Spremberg bezeichnet. Im RUNDSCHAU-Interview zum „Fest der Vielfalt“ am heutigen Mittwoch betont Schirmherr Fritsch, warum er im Kampf gegen rechts – nach europäischem Vorbild – für eine Änderung der Landesverfassung plädiert (Lausitzer Rundschau).

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Aus dem Bruderland: Vertragsarbeiter in einem Eberswalder Wasswerk 1980.

Angolanische Vertragsarbeiter in der DDR Die ausgebeuteten Brüder

Bis zur Wende wohnten 90.000 ausländische Vertragsarbeiter*innen in der DDR. Sie wurden als Arbeitskräfte aus sozialistischen „Bruderländern“ rekrutiert. Rund 6.000 von ihnen kamen aus Angola – wie Amadeu Antonio. Ihnen wurden gute Ausbildungen und ordentlich bezahlte Jobs versprochen. Doch die Realität sah häufig anders aus. Bis heute kämpfen viele um ihre Löhne von damals.

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