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26.03.2013 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: NSU-Prozess: Türkische Medien ohne feste Plätze +++ Langzeitstudie: Rechtsextremismus in Deutschland ungleich verbreitet +++ NPD –Verbot: Fachmann sieht Chancen des Verbotsverfahrens „eher mit Skepsis“

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NSU-Prozess: Türkische Medien ohne feste Plätze

Die meisten Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) waren Türken, wie  der türkische Botschafter erhalten auch türkische Medien keinen garantierten Zugang zum Verfahren. Denn drei Wochen vor Prozessauftakt hat das Oberlandesgericht München die Medien genannt, die das Verfahren im Saal verfolgen können. Keine festen Plätze bekommen demnach türkische Medien wie die Nachrichtenagentur Anadolu, die Tageszeitung Hürriyet und NTV Türkei (Spiegel Online). Auch große internationale Medien wie die Agenturen AP und AFP sowie BBC, New York Times und International Herald Tribune bekommen nur einen der 50 Medienplätze, wenn ein fest akkreditiertes Medium am jeweiligen Prozesstag nicht anwesend ist. (Süddeutsche Zeitung)

Langzeitstudie: Rechtsextremismus in Deutschland ungleich verbreitet

Ausländerfeindlichkeit ist nach einer Langzeitstudie der Universität Leipzig eine bundesweit verbreitete Einstellung. Während Rechtsextremismus in Ostdeutschland vor allem ein Jugendproblem sei, seien in Westdeutschland die älteren Jahrgänge negativ gegenüber Ausländern eingestellt. Die Umfrage ergab, dass im Osten „im langjährigen Mittel“ fast 32 Prozent der Befragten ausländerfeindlichen Aussagen zustimmen, im Westen sind es gut 23 Prozent. Für die repräsentative Studie wurden in den Jahren 2002 bis 2012 rund 17.000 Deutsche befragt, wie die Uni am Montag mitteilte. Dabei zeigte sich, dass vor allem Menschen, die keinen persönlichen Kontakt zu Migranten im Arbeits- oder Privatleben haben, ausländerfeindlich eingestellt sind. Rund 75 Prozent der Westdeutschen, aber nur gut 36 Prozent der Ostdeutschen haben nach der Studie in der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz Kontakt zu Nichtdeutschen. Privat kommen 58 Prozent der Westdeutschen und 24 Prozent der Ostdeutschen im Familien- und Freundeskreis mit Menschen mit ausländischen Wurzeln zusammen. (Hamburger Abendblatt)

NPD–Verbot: Fachmann sieht Chancen des Verbotsverfahrens „eher mit Skepsis“

Der Frankfurter Jurist Günter Frankenberg sieht die Chancen des NPD-Verbotsverfahrens „eher mit Skepsis“. „Die Probleme, die zum Scheitern des ersten Verbotsverfahrens gegen die NPD geführt haben, sind nach wie vor ungelöst“, sagte der Professor für Öffentliches Recht im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Frankfurt. Dies gelte insbesondere für die „Struktur und Kooperationsbereitschaft der Ämter für Verfassungsschutz – zuletzt deutlich geworden im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages“. (Frankfurter Rundschau) Frankenberg war 2002 zusammen mit Professor Wolfgang Löwer von der Uni Bonn beim – gescheiterten – Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei Bevollmächtigter des Bundestags. Damals hatten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung geklagt. Diesmal ist noch offen, wie sich der Bundestag positioniert. Für einen Verbotsantrag des Parlaments stehen die Chancen nach dem Kabinettsvotum dagegen aber schlecht. (Allgemeine Zeitung)

München: Demonstration „Gegen Naziterror“

Ein Bündnis aus 130 Gruppen will in München vor Beginn des Prozesses um die Mordserie des Neonazi-Netzwerks NSU für eine lückenlose Aufklärung demonstrieren. Zu der etwa vierstündigen Demonstration unter dem Motto „Gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus“ werden am 13. April 3000 bis 5000 Teilnehmer erwartet, wie Organisator Siegfried Benker am Montag sagte. (Abendzeitung München)

Verletzte nach Neonazi-Angriff auf Festivalbesucher

Am Samstag, den 23. März 2013, fand das „Festival gegen Rassismus“ im zwischen Düsseldorf und Wuppertal gelegenen Mettmann statt. Mit Redebeiträgen und einem Infostand wurde auf das Problem Rassismus aufmerksam gemacht. Sieben Bands haben im Rahmen des Festivals, ebenso wie insgesamt über 400 Besucherinnen und Besucher, ein Zeichen gegen Rassismus gesetzt. Nachdem das Festival beendet war und sich das Publikum auf den Weg ins warme zu Hause machen wollte, haben Neonazis abreisende Festival-Besucherinnen und Besucher am Bahnhof Mettmann-Zentrum angegriffen. Nachdem Neonazis bereits im Vorhinein ihr Erscheinen im Internet angekündigt hatten, haben diese ihren Plan somit in die Tat umgesetzt. Die Polizei hat nach dem Übergriff der Neonazis auf Festival-Besucher sowohl eine Gruppe von Neonazis, als auch Geschädigte und nicht beteiligte Personen am Bahnhof kontrolliert und festgehalten. Mehrere Krankenwagen kümmerten sich um verletzte Personen. (Störungsmelder)

Erfurt: Nach Razzia keine Hinweise auf Neonazi-Organisation

Nach der Razzia bei zwei Jenaer Rechtsextremisten haben die Ermittler bisher keine Hinweise auf eine militante Organisation. Die beiden Männer seien zwar als rechtsextremistische Straftäter bekannt, aber nach bisherigem Stand weder Mitglieder der NPD noch in „irgendeiner Art von Struktur“, sagte der Leiter der neuen Thüringer Ermittlungseinheit ZESAR, Anton Wahlig, am Montag. Seine sogenannte Besondere Aufbauorganisation ZESAR nimmt seit Jahresbeginn mit rund 30 Beamten die rechte Szene Thüringens in den Blick. Im Elternhaus eines der Männer in Schwerin war nach bisherigen Angaben ein illegal gekauftes Gewehr sichergestellt worden, das mutmaßlich aus Wehrmachtszeiten stammt. In der vergangenen Woche waren bei der Razzia zwei Gebäude in Kahla und Jena durchsucht worden. (Thüringer Allgemeine)

Rechtsextremismus: Ex-Verfassungsschutzchef sieht kein NSU-Aktenproblem in Sachsen

Sachsens früherer Verfassungsschutzchef Reinhard Boos hält es für nahezu ausgeschlossen, dass in seiner Behörde wichtige Unterlagen zum Umfeld der Zwickauer Terrorzelle vernichtet wurden. „Das ist extrem unwahrscheinlich“, sagte er am Montag in Dresden als Zeuge im Landtags-Untersuchungsausschuss, der sich mit den Pannen bei der Fahndung nach der Terrorzelle NSU befasst. Er verteidigte nochmals die umstrittene Vernichtung von nicht mehr benötigten Akten und Aktenteilen in seiner Behörde im vergangenen Jahr. Dass diese Aktion rechtens gewesen sei, habe letztlich auch der Datenschutzbeauftragte bestätigt. (Mitteldeutsche Zeitung)

NSU-Liste als Richterskala für das Versagen

Die geheime Liste über das NSU-Netzwerk funktioniert für das öffentliche Vertrauen in die Kompetenzen deutscher Ermittlungsbehörden wie die Richterskala bei Erdbeben. Je größer die Zahl der mutmaßlichen NSU-Unterstützer wird, desto stärker die Erschütterung. In dem Maße, wie möglicherweise noch vorhandenes Vertrauen zerstört wird, wächst das  Misstrauen. (publikative.org)

Zentralrat der Muslime: „NSU kein Trio, sondern eine Bewegung“

Der Zentralrat der Muslime (ZMD) sieht in der Größe des NSU-Umfelds einen Beleg für die Verankerung der Terroristen in der Gesellschaft. Dass inzwischen 129 Personen identifiziert seien, zeige dass man es mit einer Bewegung zu tun habe, sagte der Vorsitzende des ZMD, Aiman Mazyek, dem Tagesspiegel. „Schon die Formulierung ‚Trio‘ ist ein sprachliches Delikt“. Rechtsextremistisches Denken habe „viel tiefere Wurzeln in der Gesellschaft als viele wahrhaben wollen. Und die hat es nicht erst gestern geschlagen, sondern vor Jahrzehnten.“ Deutschland müsse daraus jetzt „anders als nach Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen oder auch nach dem Mord an Marwa el-Sherbini,  Konsequenzen ziehen und sehr offen über strukturellen Rassismus sprechen“. (Der Tagesspiegel)

Die rechte Terrorspur der NSU führt nach Dortmund

Die rechtsradikale Terrorzelle NSU hatte nach Recherchen der WAZ-Mediengruppe mehr Kontakte nach Dortmund als bislang bekannt. So hielt sich der Sprengstofflieferant des NSU und zeitweilige Liebhaber der mutmaßlichen Terroristin Beate Zschäpe, Thomas S.,  Ende der 90er-Jahre regelmäßig in Dortmund auf, wie aus Verbindungsdaten seines damaligen Handys hervorgeht. Zudem wird er in internen Papieren der Dortmunder Nazi-Szene damals als Kontaktmann im Osten aufgeführt. (WAZ)

Werther: Bekannter Neonazi macht Praktikum im Rathaus

Ein über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus bekannter Neonazi, der im siebten Semester in Bielefeld Jura studiert, hat jetzt in der Wertheraner Stadtverwaltung ein Praktikum absolviert. Das teilte Grünen-Ratsherr Bruno Hartmann am Donnerstagabend in der Ratssitzung mit. „Ich bin erschüttert, dass ein aktiver und aggressiver Neonazi sechs Wochen lang unerkannt im Rathaus arbeiten konnte“, betont er. Viel mehr als die eigentliche Tatsache ärgert ihn allerdings, dass die Verwaltung es offenbar nicht für angezeigt hielt, diesen Umstand öffentlich zu machen – obwohl sie von der rechten Gesinnung des Studenten schon seit Anfang dieser Woche gewusst habe. (Neue Westfälische)

Eschborn: Mit Flugblatt und Stickern gegen Neonazis

Aktivisten der Autonomen Antifa statteten einem Neonazi-Kader im hessischen Eschborn am Wochenende einen Besuch ab. Im Vorfeld des 1. Mai, an dem die NPD und andere Rechtsextreme durch Frankfurt marschieren wollen, wollten die Antifa-Aktiven die Neonazi-Strukturen in der Region aufdecken. (Frankfurter Rundschau)

Thüringen will rechtsextremistischen Verein verbieten

In Thüringen wird derzeit das Verbot eines Vereins aus der rechtsextremistischen Szene geprüft. Hintergrund sind Ermittlungen wegen des Verdachts auf Bildung einer terroristischen Vereinigung, wie Innenminister Jörg Geibert (CDU) am Montag in Erfurt bei der Vorstellung einer ersten Bilanz der sogenannten Besonderen Aufbauorganisation (BAO) „Zesar“ bekannt gab. Mit einem Ergebnis werde in den kommenden Wochen gerechnet. Nähere Angaben wollte er nicht machen. (Die Welt)

 

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