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27.03.2013 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: NRW-Statistik: Neonazis sind überdurchschnittlich kriminell +++ NSU-Prozess: Ärger über Nicht-Zulassung türkischer Medien +++ NRW: Polizeieinsatz zeigt Wirkung in rechtsextremer Szene

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NRW-Statistik: Neonazis sind überdurchschnittlich kriminell

Neonazis haben einer aktuellen NRW-Statistik zufolge eine große kriminelle Energie. Auf nahezu jedes bekanntgewordene politisch motivierte Gewaltdelikt von Rechtsextremen kommen zwei weitere Taten aus dem allgemeinen Bereich der Kriminalität. Dieses Ergebnis gab Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger am Dienstag in Düsseldorf bekannt. Dies zeige, dass rechtsextreme Straftäter noch gefährlicher seien als es allein die Zahl der politisch motivierten Taten erkennen lasse, sagte der Sozialdemokrat. Seit Anfang 2012 werden in Nordrhein-Westfalen nicht nur die politisch motivierten, sondern alle Straftaten von Rechtsextremisten gesondert ausgewiesen. Eine entsprechende Verbesserung bei der Erfassung der Straftaten hatte Jäger im Zuge eines Acht-Punkte-Programms gegen Rechtsextremismus angeordnet. (Spiegel Online)

NSU-Prozess: Ärger über Nicht-Zulassung türkischer Medien

Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer des NSU-Terrors hat das Oberlandesgericht München aufgefordert, zum NSU-Prozess auch türkische Journalisten zuzulassen. „Der Prozess wird nicht nur in der Türkei aufmerksam verfolgt“, sagte Barbara John der „Mitteldeutschen Zeitung„. „Auch viele Türkischstämmige in Deutschland lesen noch türkische Zeitungen oder schauen türkisches Fernsehen. Darum wäre es nicht nur wünschenswert, sondern wichtig, dass sie Zutritt haben.“ Sie verstehe das Akkreditierungsverfahren nicht und gehe auch davon aus, dass man daran noch etwas ändern werde, sagte John (Spiegel Online). Gleichzeitig kritisierte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude das Akkreditierungsverfahren als „dilettantische Medienarbeit“. (Süddeutsche Zeitung)

NRW: Polizeieinsatz zeigt Wirkung in rechtsextremer Szene

Trotz der hohen kriminellen Energie der Neonazis zeigt der massive Polizeieinsatz gegen die 170 rechtsextremen Intensivtäter in NRW offenbar Wirkung. „Die Szene ist verunsichert und kleiner geworden“, sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) bei der Vorstellung einer Studie zum Rechtsextremismus. Für jeden Intensivtäter ist ein Ermittler zuständig, der politische und allgemeine Delikte verfolgt. „Wir wissen heute genauer, welche Taten diese Leute verüben.“ Neonazis begingen 2012 in NRW insgesamt 192 politisch motivierte Gewaltdelikte – davon 167 Körperverletzungen. (WAZ)

Liste mutmaßlicher Neonazis: NSU-Mitglied wider Willen

Eine eigentlich gar nicht so spektakuläre Liste mit 129 Namen mutmaßlicher Neonazis hat einen ungewöhnlichen Wirbel ausgelöst. Auf der geheim eingestuften Liste haben die Sicherheitsbehörden Personen verzeichnet, die einmal Kontakt zu den Terroristen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) oder zu deren mutmaßlichen Unterstützern gehabt haben. Flugs wurde in einigen Medienberichten daraus ein großes Netzwerk von NSU-Helfern konstruiert. Dabei gibt es bisher, abgesehen von dem mutmaßlichen NSU-Mitglied Beate Zschäpe und ihren toten Kameraden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, nur 13 Personen, die im NSU-Verfahren den Status von Beschuldigten oder Angeklagten haben. Bei allen anderen, die auf der sogenannten 129er-Liste stehen, handelt es sich um Personen, die als Rechtsextremisten gelten und die irgendwann einmal Kontakt gehabt haben sollen zu den NSU-Mitgliedern oder deren mutmaßlichen Unterstützern. Und selbst ein solcher Kontakt ist keineswegs bei allen nachgewiesen – geschweige denn, dass diese Personen über den NSU und dessen Verbrechen Bescheid wussten. Manch einer steht nur auf der Liste, weil er im Zuge der umfangreichen Ermittlungen einmal überprüft worden ist. (Süddeutsche Zeitung)

Neonaziaufmarsch: Schneebälle gegen Neonazis

Die Kundgebung „Lasst die Kirche im Dorf“ scheiterte am Protest. Am Samstag wollten in Hamburg-Horn unter dem Motto „Pro Deutschland“ die „German Defence League Hamburg Division“ und die „Identitäre Bewegung“ gegen die Umwandlung der Kapernaum-Kirche zu einer Moschee aufmarschieren. Bei strahlendem Sonnenschein und kaltem Wind kamen die anti-islamischen Initiativen jedoch nicht einmal zu ihrem Versammlungsort durch. (taz.de)

Rechtsextremismus Online: Neonazis, Islamhasser und Antisemiten im Internet

Sie haben Europa den Krieg erklärt. Junge Männer und Frauen aus Frankreich, zu sehen in einem Internet-Video. Mit zornigem Blick und ernstem Ton senden sie eine Warnung an Europas Politiker, während im Hintergrund eine martialische Siegeshymne ertönt. „Wir sind die Generation der ethnischen Spaltung, des totalen Scheiterns des Zusammenlebens und der erzwungenen Mischung der Rassen“, sagt einer in die Kamera. „Unser Erbe ist unser Land, unser Blut, unsere Identität … Ihr seid von gestern, wir sind von morgen! Wir sind die Generation Identitär.“ „Génération Identitaire“, so der Name dieser Jugendbewegung, hat ihren Ursprung in Frankreich. Mittlerweile hat das Phänomen auch Deutschland erreicht. Über das Internet vernetzen sich Gleichgesinnte und bilden regionale Ableger. Ihr Logo ist das griechische Lambda, wie es die spartanischen Krieger im Hollywood-Film „300“ auf ihren Kampfschildern tragen. Kulturkampf, heruntergebrochen auf ein Symbol. (Die Welt)

Jena: Ein Neonazi steigt aus

Christian Weißgerber war ein überzeugter Neonazi. Mit 18 bekam sein Weltbild erste Risse. Seine Zweifel verstärkten sich – er kehrte der Szene den Rücken. Heute geht er an Schulen und redet mit Jugendlichen über Rechtsextremismus. In Jena betreut seit 2009 der Verein „Drudel 11“ ebenfalls Aussteiger aus der rechtsextremen Szene sowie Eltern und Ange-hörige von Neonazis. Wie bei „Exit“ erfolgt die Finanzierung immer nur für bestimmte Projekte, die zeitlich begrenzt sind. (Thüringer Allgemeine)

Regensburg: Preis für Anti-Nazi-Initiative

Die bayerische SPD ehrt die Initiative mit ihrem mit 2500 Euro dotierten Josef-Felder-Preis, wie die Partei am Samstag in München mitteilte. Die Preisverleihung soll im Sommer in Regensburg stattfinden. Dem Projekt „Keine Bedienung für Nazis“ haben sich inzwischen mehr als 150 Wirte angeschlossen, die damit Zivilcourage gegen Rechts zeigen wollen. Hintergrund ist, dass vor wenigen Jahren ein Regensburger Barkeeper von Neonazis zusammengeschlagen wurde. Das Opfer hatte sich zuvor schützend vor eine farbige Mutter und deren Kind gestellt. (Merkur Online)

Güstrow: Neonazis durften nicht am jüdischen Friedhof vorbei

„Bunt statt Braun – Güstrow nazifrei“: Das war Sonnabend das Motto gegen die Demonstration, die die NPD in Güs trow „Gegen Asylantenheime in Dettmannsdorf und anderswo“ veranstaltete. Die Güstrower hielten ein Friedensfest in der Ahornpromenade und eine Mahnwache in der Neukruger Straße vor dem jüdischen Friedhof dagegen. Gegen 14 Uhr waren Demonstration und Gegen-Proteste beendet. Die nach Polizeiangaben rund 260 Nazis kamen aus dem ganzen Land und Nachbar-Bundesländern mit Zügen und Bussen. Ihr Zug bewegte sich mit Fahnen, Transparenten sowie Musik und Reden mit rechtsradikalem Hintergrund zum Waldweg, wo im April die ersten von 124 Asylbewerbern im Ex-Bahninternat einziehen. (Schweriner Volkszeitung)

Bayern: Bündnis gegen NPD formiert sich

Die rechtsextreme NPD will in Rottenbach im Landkreis Coburg ihren Bundesparteitag abhalten. Nun formiert sich im Landkreis ein breites Bündnis gegen den Aufmarsch. Am Montagaben trafen sich in Coburg 40 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Bürgerschaft um zu beraten, wie man gegen die Veranstaltung Anfang April vorgehen will. Man habe einige Ideen gesammelt, erklärte der evangelische Dekan Andreas Kleefeld dem Bayerischen Rundfunk. Diese sollen nun mit den betroffenen Kommunen und Entscheidern besprochen werden.

Stuttgart: Integrationsministerin Öney macht sich stark gegen Rassismus im Alltag

Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hat dazu aufgerufen, Rassismus im Alltag entgegenzutreten. „Gewalttaten sind nur die Spitze des Eisbergs“, sagte sie am Freitagabend in Stuttgart bei einer Diskussionsveranstaltung zu den Morden der rechtsextremen NSU. Doch der Rassismus im Alltag — etwa bei der Wohnungssuche ausländischstämmiger Menschen — sei der Wegbereiter für Diskriminierung, Ausgrenzung und schließlich rassistisch motivierte Gewalt. „Der Alltagsrassismus macht Rassismus erst salonfähig.“ (Schwäbische Zeitung)

Ausstellung: Opfern des Nazi-Terrors ein Gesicht geben

Die Ausstellung war noch nicht offiziell eröffnet, da bekam Stadtarchivarin Ria Siewert bereits Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Verschiedene Bürger hatten beim Gang ins Rathaus die von den 22 Schülerinnen und Schülern des Geschichtszusatzkurses des Jahrgangs 13 der Clara-Schumann-Gesamtschule vorbereitete Ausstellung zur „Geschichte der Juden im Amt Ferndorf 1933 bis 1945“ schon wahrgenommen. Durchweg reagierten sie positiv auf die zwölf Ausstellungsplakate und den 13 Meter langen Zeitstrahl, der das persönliche Schicksal der neun deportierten und ermordeten Krombacher und Littfelder Juden dokumentiert und mit den historisch bedeutsamen Daten in Zusammenhang bringt. Überdies veranschaulichten die Schüler mit einem Modell, in welchen Häusern die zwischen 1942 und 1943 deportierten Juden lebten. Die Jugendlichen hatten dabei nicht nur eine wichtige Unterstützung in ihrer Lehrerin Anja Kotter, sondern auch in Ria Siewert und dem Siegener Historiker Dieter Pfau. (WAZ)

Rechtsextremismus in Ungarn: Jobbik punktet mit Antisemitismus bei Studenten

„Juden, die Universität gehört uns, nicht euch!“ Solche Aufkleber klebten kürzlich überall am Lehrstuhl für Philologie an der Eötvös-Loránt-Universität in Budapest. An den Türen der Dozenten waren sie angebracht, auch an der der international anerkannten Philolosophin Agnes Heller. Als Absender stand auf den antisemitischen Aufklebern: „Die ungarischen Studenten.“ Der stellvertretende Uni-Direktor György Fabri ist entsetzt. „Das, was hier geschehen ist, dreht jedem normal Denkenden und Fühlenden – sei es Dozent oder Hörer – den Magen um. Es ist unverständlich und kann nur aufs Schärfste zurückgewiesen werden.“ (tagesschau.de)

Dachau gedenkt der Nazi-Opfer

Vor 80 Jahren begann hier das Morden: In Dachau errichteten die Nazis eines ihrer ersten Konzentrationslager. Bei einem Gottesdienst wird nun der Opfer gedacht. Und der Holocaust-Überlebende Max Mannheimer kritisiert die Bundesregierung. (Süddeutsche Zeitung)

Antisemitismus: „Wenn es hart auf hart kommt, sie mögen dich nicht“

Als vor 75 Jahren Adolf Hitler seine österreichische Heimat „heim ins Reich“ holte, wie er das sagte, jubelten in der Alpenrepublik viele. Doch die Österreicher haben sich bis heute nur sehr zaghaft mit ihrer Schuld in den sieben Jahren im Großdeutschen Reich auseinandergesetzt. Auch der damalige und bis heute existierende Antisemitismus wurde lange Zeit kaum thematisiert. (Deutschlandradio)

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Antiziganismus in Rumänien

Rassismus gegen Roma und andere Minderheiten findet sich auch heute in allen Schichten der rumänischen Gesellschaft, nicht nur am rechten Rand. Institutioneller Rassismus bei Behörden, Justiz oder Polizei ist die Regel und nicht die Ausnahme. So wurden im September 1993 im siebenbürgischen Dorf Hadareni unter polizeilicher Duldung drei Roma gelyncht und dreizehn Häuser von Roma in Brand gesteckt. Die Aufklärung des Pogroms wurde anschließend behindert. Michael Lausberg beleuchtet die historische Kontinuität in der Diskriminierung von Roma in Rumänien.

Von Michael Lausberg

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