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28.03.2013 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: NSU-Prozess: Kanzlerin schaltet sich ein +++ Brandenburg: Neonazi-Szene wächst weiter +++ Dortmund: Neonazis, Antikapitalisten und DJs demonstrieren Samstag

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

NSU-Prozess: Kanzlerin schaltet sich ein

Jetzt schaut auch Angela Merkel auf München. Die Regierung habe Verständnis dafür, dass das Interesse der türkischen Medien an dem Verfahren groß sei, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. „Die Hoffnung muss sein, dass mit diesem Medieninteresse auch sensibel umgegangen wird.“ Von Berlin aus betrachtet sieht es nämlich so aus, dass genau dieses Fingerspitzengefühl fehlt (Die Welt). Ein Außenamtssprecher sagte: „Es wäre schön, wenn bei einer Angelegenheit, die völlig offensichtlich auch die türkische Öffentlichkeit und die Menschen türkischer Abstammung in Deutschland und in der Türkei interessiert, die Möglichkeit bestünde, dass Vertreter der Medien darüber angemessen berichten können.“ (Zeit Online) Wie und auf welche Weise das geschehen könne, ließ er offen. Eine Videoübertragung lehnte das Oberlandesgericht, aus Angst vor einem Schauprozess, indessen ab. (Süddeutsche Zeitung)

Brandenburg: Neonazi-Szene wächst weiter

Die gewaltbereite Neonazi-Szene wird in Brandenburg immer größer. Während die NPD laut Verfassungsschutz keine kommunalen Strukturen aufbauen kann, haben Kameradschaften weiter Zulauf. Mit inzwischen rund 430 Mitgliedern (2011: 410) seien sie erstmals das stärkste Segment des Rechtsextremismus in Brandenburg, berichtete Innenminister Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch bei der Präsentation des Verfassungsschutzberichtes 2012 in Potsdam. „Das ist besorgniserregend“. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen (2012: 320) bediene sich die NPD zunehmend der Neonazis, um ihre wenigen Aktivitäten im Land zu stabilisieren. Die Partei sehe in ihnen „Hilfstruppen für niedere Aufgaben“. (Berliner Zeitung)

Dortmund: Neonazis, Antikapitalisten und DJs demonstrieren Samstag

Die Polizei Dortmund erwartet am Samstag ein arbeitsreicher Tag: Auf gleich fünf Demonstrationen muss sie Präsenz zeigen. Mitglieder der Partei „Die Rechte“ wollen mit „Mahnwachen“ gegen die angebliche „Überfremdung“ in Dortmund protestieren. Auf dem Dorstfelder Hellweg stehen rund 30 Rechtsextremisten vor einem Haus, in dem eine Roma-Familie wohnt. Sinti und Roma sind von den Nationalsozialisten während der NS-Zeit verfolgt und ermordet worden. (WAZ)

„Kümmerer“-Partei NPD

So sähe Holger Apfel seine NPD gerne: Mitglieder, die sich einen Tag Zeit nehmen, um Spielplätze oder Bachläufe vom Müll zu befreien, Aufkleber von Laternenmasten abknibbeln, das örtliche Tierheim besuchen und dort auch noch eine Spende fürs Futter hinterlassen. Am vorigen Samstag sollten die NPD-Mitglieder zu ihrem ersten „Sozialen Tag“ ausströmen und dabei beweisen, dass sie nicht nur für radikale Parolen zu begeistern sind, sondern sich auch für ganz alltägliche Probleme und Problemchen interessieren. Die NPD als „Kümmerer-Partei“, der man vertrauen kann, die mehr zu bieten hat als martialische Demonstrationen und pöbelnde Funktionäre – so könnte das von Apfels propagierte Konzept einer „seriösen Radikalität“ aussehen. (Blick nach Rechts)

Stolberg: Nazi-Aufmarsch verboten

Der Termin ist gesetzt. Jedes Jahr. Anfang April kommen die Rechten nach Stolberg. Sie wollten die kleine Stadt bei Aachen zu ihrem Pilgerort machen – für einen jungen Mann, dessen Tod sie für ihre Zwecke nutzen. Fünf Jahre dauert der braune Spuk schon. Die Bürger halten friedlich-pragmatisch dagegen, blockieren ihr Stadtzentrum mit einem Bürgerfest. Jetzt hat die Polizei überraschend einen vorläufigen Schlussstrich gezogen und Aufmärsche am 5. und 6. April verboten. (Aachener Zeitung)

Stralsund: Ex-Altermedia-Betreiber erneut zu Haftstrafe verurteilt

Wegen Volksverhetzung musste sich Axel Möller, der ehemalige Betreiber des Neonazi-Portals Altermedia, gestern vor dem Landgericht Stralsund verantworten. Gegenwärtig sitzt Möller noch eine Haftstrafe ab, die Verurteilung wird ihm jetzt noch ein weiteres Jahr Gefängnis einbringen. Der 48-Jährige war erst im Oktober 2011 wegen der von ihm verantworteten Internetseite Altermedia zu einer 30-monatigen Haftstrafe verurteilt worden, u. a. wegen Volksverhetzung, der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten. (Endstation Rechts)

Zentralrat der Juden kritisiert Gedenkkonzept: „Potsdam war eine herausragende Stadt der Nazi-Hetze“

Die Erinnerung an jüdisches Leben und die Leiden der NS-Zeit in Potsdam kommt nach Ansicht des Zentralrats der Juden zu kurz. Generalsekretär Stephan J. Kramer schreibt in einer Stellungnahme zum neuen Gedenkkonzept der Stadt, Potsdam sei „eine herausragende Stadt der nationalsozialistischen Verhetzung und des Terrors“ gewesen – und zwar nicht nur am „Tag von Potsdam“. Doch im Verhältnis zur „preußisch-königlichen Geschichte“ und der Zeit nach 1945 würden Ursachen und Wirkungen des Nationalsozialismus „höchstens relativ abgeschwächt“ thematisiert. (rbb-online)

Freiburg: Bildungsarbeit gegen Rassismus

14 Freiburger Vereine, Institutionen und Trainer haben sich als „neues Freiburger Netzwerk für kritische Bildungsarbeit“ formiert. Ihre gemeinsame Stoßrichtung: Mit Kursen, Projekttagen, Fortbildungen oder Workshops an Schulen Rassismus und Diskriminierung den Boden zu entziehen. „Bildungsarbeit gegen Rassismus ist an den Schulen nicht etabliert“, sagt Koordinatorin Katrin Dietrich vom „Informationszentrum Dritte Welt“. Von ihrem gemeinsamen Auftritt unter dem Logo „Respect“ erwarten die Netzwerker eine bessere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Die sehr unterschiedlichen Mitwirkenden haben alle schon Erfahrungen in der Arbeit mit Schulen: Das Kommunale Kino etwa zeigt Filme zum Thema, Pro Familia bietet „kultursensible Sexualpädagogik“ oder Tritta, der Verein für feministische Mädchenarbeit, lehrt Mädchen, sich selbst zu behaupten. Die Angebote können einzeln direkt bei den jeweiligen Trägern gebucht werden. (Badische Zeitung)

München: Demonstration gegen Rassismus

Samstagmittag am Marienplatz: Vor dem Donisl stehen die Percussionisten der Sambatruppe Münchner Ruhestörung und trommeln Leute zusammen. Vor ihnen haben sich einige Aktivisten postiert, unter ihnen Siegfried Benker von den Grünen, der SPD-Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich-Pfaffmann und der Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel. Sie halten ein gelbes Transparent vor der Brust, mit der Aufschrift „München ist bunt“. Angeführt von den Trommlern setzt sich der kleine Zug in Bewegung, man umkreist die Mariensäule und macht schließlich an der Bühne vor dem Rathaus halt. Dort warten schon die beiden Altoberbürgermeister Hans-Jochen Vogel und Georg Kronawitter, gehüllt in Wintermäntel. Ein eiskalter Ostwind pfeift über den Platz. Später wird Michi Marchner, einer der beiden Musiker der Kabarett-Band Les Derhosn, angesichts des Wetters sagen, eine Demonstration gegen die soziale Kälte wäre an diesem Tag angemessener. Doch es geht um etwas anderes. Die Veranstalter der Kundgebung, der Verein „München ist bunt“, wollen ein Zeichen setzen gegen „Rassismus und Menschenfeindlichkeit“. (Süddeutsche Zeitung)

Nazimarken: Wie mit Nazisymbolik auf Kleidungsstücken Geld verdient wird

Der NSDAP-Parteiadler als schickes dekoratives Element? Die britische Modemarke „Boy London“ macht genau damit Kasse. Seit Anfang Oktober 2012 gibt es T-Shirts, Kappen, Leggins, Röcke und andere Accessoires des umstrittenen Modelabels auch in Düsseldorf zu kaufen. An der Pionierstraße 46 vertreibt das Geschäft „Club Kid“ die Marke. Auf 45 Quadratmetern Verkaufsfläche werden dort Underground-Klamotten verkauft  – also Textilien einer Szene, die sich selbst als nicht-kommerzielle Kunst- und Kulturbewegung versteht. Einer dieser Marken ist eben „Boy London“. Die Textilien ziert das Abbild eines Adlers, der dem NSDAP Parteiadler zum verwechseln ähnlich aussieht. Einzig der Kreis, der sonst das Hakenkreuz umschließt, wird zum „O“ in Boy. (WAZ)

Hennigsdorf: Anti-Rassismus-Tag an der Albert-Schweitzer-Oberschule

Den Anti-Rassismus-Tag verband die Schule in diesem Jahr mit einem Jubiläum: Vor 100 Jahren gründete Namenspatron Albert Schweitzer sein Urwaldhospital im zentralafrikanischen Gabun. Schüler spielten das Leben Schweitzers nach, der ab 1913 zunächst in einem Hühnerstall in Lambaréné praktizierte, auch Weggefährten wie seine Assistentinnen Emma Haussknecht oder Anna Joss stellten die Schüler vor. (Märkische Allgemeine)

Rechtsruck unter Ungarns Studenten: Jung, gebildet, antisemitisch

Ausgerechnet jene Partei kommt bei Ungarns Studenten gut an, die Hitler in ihrem Internetfernsehen schon als einen der „größten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet hat. Eine Partei, die in dem Land immer wieder durch Rassismus und antisemitische Eklats auffällt. Zuletzt hatte der Abgeordnete Márton Gyöngyösi im Parlament Juden als „Sicherheitsrisiko“ bezeichnete, die landesweit in Listen registriert werden sollte. Jetzt zeigte eine neue Umfrage unter ungarischen Studenten: Jeder dritte von ihnen würde die rechtsextreme Partei Jobbik wählen. Damit ist die Zustimmung unter den angehenden Akademikern etwa doppelt so hoch wie in der gesamten ungarischen Bevölkerung. (Spiegel Online)

Berliner Landesvorsitzender von Pro Deutschland bei Infostand festgenommen

Derzeit bereist die Partei „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ (PRO-D) die Bundesrepublik, um Stimmen für die Zulassung zur Bundestagswahl zu sammeln. In Brandenburg tritt sie seit drei Wochen im einwöchigen Rhytmus in Potsdam, Hennigsdorf und Oranienburg auf. Bei fast jedem der als Versammlung angemeldeten Infostände kam es zu deutlichen Gegenprotesten. Am Montag, dem 25. März, kam es zum Eklat und einer Festnahme auf Seiten von Pro Deutschland. Bereits vor einer Woche konnte die Partei in Oranienburg nur wenige Unterschriften sammeln und verließ die Stadt nach einer Stunde. Dieses Mal waren es ca. 15 Unterschriften in knapp fünf Stunden. Das nur wenige Unterschriften zusammen kamen, könnte auch an deutlichen Hinweisen auf die Gesinnung der Partei liegen. „Achtung Rechtspopulisten!“, „Keine Stimme der PRO“ oder aber „Oranienburg bleibt weltoffen“ hallte es den Passanten in der Nähe des Infostandes entgegen. Es war wieder die Stimme von Enrico Rossius, der die Passanten allein informierte. Eine große Demo gab es nicht. „Eine Demonstration beschert den Rechten und ihrer menschenverachtenden Ideologie nur unnötige Aufmerksamkeit. Mit dieser Soloaktion möchte das Bündnis ‚Oberhavel Nazifrei‘ zeigen, dass es auch die Aufgabe jedes Einzelnen ist, rechtsradikalen Ideologien entgegen zu treten.“ erklärte Rossius dazu. (Störungsmelder)

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Demowochenende Nazis in Berlin und Kuscheln am Bodensee

Das große Demowochenende bleibt im Vergleich zu den letzten beiden Monatsanfängen aus. Dennoch versuchen verschiedene Gruppierungen, den Tag der deutschen Einheit für ihre Mobilisierung zu nutzen.

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