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29.10.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Minister Friedrich bauschte Nazi-Meldung auf +++ Juristen halten NPD-Verbot für möglich +++ NSU: Erfurter Ausschuss will ungeschwärzte Akten.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Minister Friedrich bauschte Nazi-Meldung auf

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) muss sich von seinem eigenen Staatssekretär korrigieren lassen. Der Minister hatte vor einer Woche in einem Interview vor 110 Rechtsextremisten gewarnt, die untergetaucht seien und per Haftbefehl gesucht würden. Wenige Tage später stellte Staatssekretär Ole Schröder (CDU) laut „Bild am Sonntag“ in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Bundestagsinnenausschusses klar: Lediglich 18 der 110 Personen würden wegen rechtsextremer Straftaten gesucht. In den übrigen Fällen gehe es um Delikte ohne einen politisch motivierten Hintergrund, wie etwa Fahrerflucht oder nicht bezahlten Kindesunterhalt. (Spiegel Online, taz) Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, kritisierte Friedrich nun scharf: „Nur um sich wichtig zu machen, hat der Minister mit unseriösen Zahlen die Menschen beunruhigt.“ (Rheinische Post) Unter der Überschrift „Die tödliche Sorglosigkeit des Ministers“ kommentiert dazu die „Berliner Zeitung“: „Von den 110 untergetauchten Rechtsextremen würden nur 18 wegen politischer Taten gesucht, heißt es von Bundesinnenminister Friedrich. Das sind erstens 18 zu viel. Zweitens verrät die Desinformation von Friedrich viel über dessen Sorglosigkeit und Desinteresse.“ (Berliner Zeitung)

Juristen halten NPD-Verbot für möglich

Ein zweites Verbotsverfahren gegen die NPD rückt nach Informationen des „Tagesspiegels“ näher. Verwaltungsjuristen aus den Innenministerien der Länder und des Bundes hätten am Donnerstag bei einem Arbeitstreffen in Berlin festgestellt, die rechtlichen und politischen Bedenken gegen einen weiteren Anlauf beim Bundesverfassungsgericht seien nicht unüberwindbar, hieß es am Freitag in Sicherheitskreisen. Die etwa 30 Experten aus der im Frühjahr gebildeten Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatten auf Basis der von den Ministerien erstellten Materialsammlung für ein mögliches Verbotsverfahren geprüft, welche juristischen Hindernisse zu erwarten seien. (Tagesspiegel) Unterdessen liefert der bekannte „Nationalrevolutionär“ Jürgen Schwab neues Futter für ein Verbot: Nach einjährigem Schweigen bietet die NPD dem Rechtsextremen in ihrer Parteizeitung Deutsche Stimme wieder ein Forum. Schwab weiß er zu nutzen und zieht ordentlich vom Leder: Er fordert die „Abschaffung des gesamten BRD-Parteiensystems“ und hält die „physische Gewaltanwendung“ für ein „Instrumentarium der Politik“. (Endstation Rechts)

NSU: Erfurter Ausschuss will ungeschwärzte Akten

Der Erfurter Untersuchungsausschuss zur rechtsextremen Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) besteht auf ungeschwärzte Akten. Die Ausschussvorsitzende Dorothea Marx sagte: „Nach der Rechtslage in Thüringen gibt es keinen Anlass, die Dokumente zu schwärzen.“ Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) hatte den NSU-Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im Thüringer Landtag mehrere hundert teilweise geheime Akten ungeschwärzt zukommen lassen. Damit zog er sich die Kritik der Innenministerkonferenz zu. (MDR Online)

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich bei Günther Jauch: „Ein beschämender Auftritt“

Am Sonntag wurde bei der ARD-Talksendung von Günther Jauch unter dem Titel „Deutscher Hass – wie tief ist der Neonazi-Sumpf?“ über die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) diskutiert. Zu Gast waren Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Cem Özdemir, Parteivorsitzender der Grünen, die Journalistin Mely Kiyak, Autor Thomas Kuban und Sozialarbeiter Thomas Grund. In der Talkrunde versuchte Innenminister Friedrich zu rechtfertigen, was nicht mehr zu rechtfertigen ist. Während „Welt Online“ über die Sendung titelte „Das Eigenlob des leidenschaftslosen Friedrich“ (Welt Online) ist für „Störungsmelder“ klar: „Am Ende zeigte sich, dass der Minister aus der rassistischen Terrorserie gleich null gelernt hat. Weiter werden die Behörden in Schutz genommen und ein kollektives Versagen vehement dementiert.“ (Störungsmelder) Dagegen urteilte „Spiegel Online“ über Friedrichs Auftritt: „Es wäre vielleicht übertrieben zu behaupten, dass der Minister irgendetwas beschönigte oder verharmloste. Aber übermäßig weit war er davon nicht entfernt, etwa wenn er das angeblich generell einwandfreie Wirken der bundesdeutschen Verfassungsschützer pries und vom weltweit anerkannten hohen Standard der hiesigen Behörden sprach.“ (Spiegel Online) „FAZ.net“ unterstreicht in der Kritik der Sendung, Friedrich habe einen denkwürdigen Satz gesagt: Wir seien ein sicheres Land. „Wie kann man das sagen, wenn in diesem Land jahrelang Einwanderer ermordet wurden – und die Sicherheitsbehörden sich systematisch weigerten, einen rechtsradikalen Hintergrund überhaupt in Betracht zu ziehen?“ (FAZ.net)

„Brandstiftertour“ der NPD stößt auf Widerstand: Aktualisierte Terminübersicht

Die NPD in Sachsen zeigt offen ihr rassistisches Gesicht. Auf einer sogenannten Brandstiftertour beschwört sie die angebliche Gefahr durch eine Großzahl von Salafisten. Ohne große Rücksicht auf Fakten setzt NPD-Chef Holger Apfel lieber auf diffuse Ängste vieler Menschen und spielt dabei mit dem Feuer. Inzwischen konnten zahlreiche Termine der NPD-Tour recherchiert werden. Diese stehen natürlich unter Vorbehalt, da es teilweise widersprüchliche Aussagen in einschlägigen Foren und öffentlicher Berichterstattung gibt. Es kann also noch zu Korrekturen und Konkretisierungen kommen. Derweil formiert sich der demokratische Widerstand. (Endstation Rechts) Unterdessen hat das Kulturbüro Sachsen eine Stellungnahme zur rassistischen Anti-Asyl- und antimuslimischen Kampagne der NPD Sachsen veröffentlicht. Darin betonen sie, dass Asyl und Religionsfreiheit Menschenrechte seien. (Störungsmelder)

Leipzig: Protest gegen Rechtsextreme

Mehr als 1.000 Menschen haben am Samstagabend in Leipzig friedlich gegen Rassismus demonstriert. Der Zug mit etwa 1.200 Demonstrierenden zog mit mehreren Zwischenkundgebungen vier Stunden lang durch die Stadt, sagte ein Sprecher der Leipziger Polizei. Das bundesweite Netzwerk „Rassismus tötet!“ hatte zu der Demonstration aufgerufen, um an den zweiten Jahrestag der Ermordung eines Irakers in Leipzig zu erinnern. Der 19-Jährige war nahe dem Hauptbahnhof von zwei Nazis niedergestochen worden. Die Demo-Route führte an Orten vorbei, an denen laut Organisatoren seit 1990 fünf weitere Menschen nach Angriffen durch Nazis starben. (Lausitzer Rundschau) Damit liege Leipzig hinter Berlin auf Platz zwei in der bundesweiten Statistik. Deutschlandweit spricht die Initiative von mindestens 183 rechts motivierten Morden seit 1990. Das Bundesinnenministerium geht von 63 Taten aus. Die Polizei begleitete den Gedenkzug mit einem Großaufgebot. (MDR-Online)

Ein Jahr Holger Apfel: Niederschmetternde Bilanz

Seit knapp einem Jahr ist Holger Apfel Chef der NPD, seine Amtszeit ist durch Rückschläge gekennzeichnet. Die strukturellen Probleme kann der glücklose Parteivorsitzende nicht lösen, den internen Widerstand gegen seine Person hat er offenbar unterschätzt. Ausgerechnet im einstigen NPD-Musterland Sachsen sind der Partei offenbar massiv die Strukturen weggebrochen. Die Zahl der Mitglieder liegt mittlerweile sehr deutlich unter 1.000, der Kreisverband Leipzig-Land steht seit dem Winter unter kommissarischer Führung, ein neuer Vorstand konnte trotz der Ankündigung, man werde zeitnah eine Wahl durchführen, bislang nicht installiert werden. Auch in Chemnitz habe die Partei massive Probleme, berichten Insider. Einige NPD-Strukturen scheinen schlicht kaum noch arbeitsfähig. (Publikative.org)

Reportage: Das Böse lebt 24 Kilometer südlich von Schwerin

Ein geheimes Papier zeigt, dass sich besonders viele Rechtsextreme in Mecklenburg- Vorpommern eingenistet haben. Wie sieht es aus an diesen Orten, an denen sich die Unkultur ausgebreitet hat? Eine Reportage aus Jamel. (Welt Online)

Rassistische Stimmungsmache: In Berlin sorgt nicht nur die NPD für Hetze

Mit vier kurzen Mini-Kundgebungen in verschiedenen Berliner Bezirken versuchte die NPD um Sebastian Schmidtke am Samstag, gegen „Ausländerkriminalität“ zu hetzen und die aktuelle Flüchtlingsdebatte weiter rassistisch aufzuladen. Dieser Versuch dürfte wenig erfolgreich gewesen sein, aber Ressentiments und Vorurteile bestimmen schon längst an vielen Orten auch ohne Rechtsextreme die Diskussion. Eine Bestandsaufnahme. (Störungsmelder)

Charlotte Knobloch: Nicht mehr sicher, angekommen zu sein

Bis vor kurzem sei sie absolut sicher gewesen, sich in Deutschland wohlzufühlen, sagt Charlotte Knobloch, frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden und heutige Präsidentin in der israelitischen Gemeinde München und Oberbayern. Die Beschneidungsdebatte habe sie aber verunsichert. Ein Interview. (Deutschlandradio Kultur)

Andy Knape übernimmt JN-Bundesvorsitz

Nach genau fünf Jahren nimmt Michael Schäfer seinen Hut. Der ehemalige Vorsitzende der NPD-Nachwuchsorganisation „Junge Nationaldemokraten“ hat am Sonnabend das Amt an seinen Stellvertreter Andy Knape übergeben. Seinen Einfluss auf den neuen JN-Chef hat sich Holger Apfel längst gesichert. Knape wurde zuletzt vermehrt von Holger Apfel eingesetzt. Die Grundlagen schaffte Apfel bereits auf dem Bundesparteitag im November vergangenen Jahres, auf dem der NPD-Vorsitzende Knape bereits in den Vorstand hievte, seitdem ist der Nachwuchskader Leiter des NPD-Ordnungsdienstes. Mit dieser Funktion betraut, begleitete der 26-Jährige auch die sogenannte Deutschlandtour im Sommer dieses Jahres. (Endstation Rechts)

Kreuz.net: Katholische Hassprediger hetzen gegen Juden und Homosexuelle

Seit Jahren hetzen auf der Seite Kreuz.net Autoren gegen Juden, Muslime, Homosexuelle, gegen „Protestunten“ und gegen alles, was aus erzkonservativer Sicht in irgendeiner Form fortschrittlich erscheint. Für die katholische Kirche ist die Seite ein großes Problem – Kreuz.net erscheint im Gewand einer katholischen Nachrichtenseite, auf den ersten Blick könnte man sie für ein offizielles Verlautbarungsorgan der Kirche halten. Immer wieder stellte die katholische Kirche ihre Distanz zu Kreuz.net klar. Doch sie tut sich schwer, gegen Mitarbeiter vorzugehen, die auf der radikalen Internetseite veröffentlichen. „Unsere eigenen Recherchen stoßen deshalb an Grenzen, weil die Autoren namentlich gezeichneter Artikel für uns nicht auffindbar sind“, sagt der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Nach Informationen des „Spiegel“ sind oder waren dagegen mindestens zwei Dutzend Autoren mit kirchlichem Hintergrund auf dem Portal aktiv, darunter Priester, Kirchenangestellte und mindestens ein Religionslehrer. (Spiegel Online)

Plauen: Runder Tisch ruft zu Kundgebung auf

Der vogtländische Runde Tisch für Demokratie, Toleranz und Zivilcourage hat die Vogtländerinnen und Vogtländer zum friedlichen Protest gegen den Aufmarsch der NPD am Dienstag in Plauen aufgerufen. Mit einer Kundgebung ab 15 Uhr im Lutherpark Plauen und einer Lichterkette für Mitmenschlichkeit ab 16.30 Uhr am Plauener Asylbewerberheim wollen die am Runden Tisch versammelten Organisationen zeigen, dass Rassismus keinen Platz hat. (Freie Presse)

Kirchheimer demonstrieren mit Holzfiguren gegen Nazis

Die Einwohnerinnen und Einwohner von Kirchheim (Ilmkreis) haben mit Holzfiguren gegen eine Veranstaltung junger Nazis demonstriert. Zehn Figuren aus Sperrholz sollten am Samstag symbolisch deren Unmut darüber ausdrücken, dass sich Rechtsextreme im Ort getroffen haben, wie ein Sprecher der mobilen Beratung Mobit am Sonntag der Nachrichtenagentur dapd sagte. Die Aktion habe deutlich gemacht, dass die Polizei nicht, wie oft behauptet, wegen der Gegendemonstranten, sondern wegen der Nazis da sei. Außerdem müsse für solche Figuren keine Veranstaltung angemeldet werden. (Thüringer Allgemeine)

Koblenzer Prozess: „Politischer Angriff“ auf die Szene

In dem Mammutverfahren vor dem Koblenzer Landgericht gegen 26 Nazis aus dem Umfeld des „Aktionsbüros Mittelrhein“ ist ein Ende bisher nicht absehbar – die Angeklagten werden unter anderem der Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung beschuldigt. (blick nach rechts)

Brandenburg/Havel: Polizei löst Party von Rechtsextremen auf

Die Polizei hat in der Nacht zu Samstag in Brandenburg/Havel eine Wohnungsparty von Rechtsextremen aufgelöst. Wie die Polizeidirektion West am Sonntag mitteilte, hatten sich Nachbarn über lautstarken „Nazi-Musik“ bei den Behörden beschwert. Daraufhin rückte die Polizei aus und löste die Wohnungsparty mit insgesamt neun Personen auf. Der 26 Jahre alte Mieter wurde in Gewahrsam genommen. Er war stark angetrunken und stand zudem unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln. Bei seiner Festnahme wehrte sich der 26-Jährige und verletzte so einen Beamten. Die Polizei beschlagnahmte zahlreiche verbotene Tonträger und verschiedene Betäubungsmittel. (Welt Online)

Weibliche Nazis: „So fanatisch wie die Männer“

Andrea Röpke, Autorin des Buches „Mädelsache“, hat sich mit Frauen in der rechtsextremen Szene beschäftigt. Als harmlose „Nazibräute“ sieht sie die Frauen nicht, eher tragen sie ihrer Ansicht nach zur Stabilisierung der Szene bei. Nicht geduldet würden von den männlichen Nazis emanzipierte Frauen. Ein Interview. (Badische Zeitung)

Die rechtsextreme Musikszene: „Musik macht gefügig“

Nazi-Bands gibt es europaweit, doch nirgends sind sie so zahlreich und haben so viele Fans wie in Deutschland. Ihre Verwurzelung in der rechten Szene ist besonders im Zusammenhang mit den NSU-Morden und dem Sänger Daniel Giese deutlich geworden. Giese wurde Mitte Oktober vom Amtsgericht Meppen wegen Volksverhetzung zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Sänger der Neo-Nazi-Band „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ hatte in einem Lied die Morde der NSU verherrlicht. Und zwar bereits bevor die Täter bekannt wurden. Initiativen gegen Rechtsextremismus hatten Daniel Gieses menschenverachtenden Liedtexte schon immer kritisiert, doch die Kritik blieb in der Öffentlichkeit unbeachtet. „Der Rechtsrock war mein Türöffner ins extreme Lager“, bekennt Aussteiger Gabriel Landgraf. Er beschreibt, wie die Texte ihn als Teenager neugierig auf die Inhalte gemacht haben. (Deutschlandradio Wissen)

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