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30.07.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Kehrt der rechte Vordenker Andreas Molau der Szene den Rücken? +++  Mutmaßlich rassistische Brandanschläge in Köln und Bremen, Angriff gegen Kind in Berlin +++ Feuer auf Gelände von NPD-Fest: Brandstiftung bei Rechtsextremen in Pasewalk.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Kehrt der rechtsextreme Vordenker Andreas Molau der Szene den Rücken?

Andreas Molau aus dem Landkreis Wolfenbüttel hat mehr als zwei Drittel seines Lebens in extrem rechten  Kreisen verbracht: Der 44-Jährige war Bundesvorstandsmitglied der rechtsextremen NPD, deren Spitzenkandidat im niedersächsischen Landtagswahlkampf, strategischer Kopf der extrem rechten Pro-Bewegung in Nordrhein-Westfalen, Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktionen in Schwerin und Dresden, er schriebe für die „Junge Freiheit“, die „Deutsche Stimme“ und für die „Gesellschaft für freie Publizistik“. Jetzt hat der frühere Waldorflehrer einen Schlussstrich unter seine rechte Karriere gezogen. Seine Parteibücher hat er zurückgeschickt, Arbeitsverträge gekündigt, Kontakte abgebrochen. Im Gespräch mit NDR Info bekennt Molau: „Ich habe eine klare Trennung gezogen – sowohl in meinem Beruf als auch in meinem privaten Lebensumfeld.“ Er arbeite nun auch mit dem niedersächsischen Verfassungsschutz zusammen (NDR Info). Für den Ausstieg spricht, dass es in letzter Zeit erstaunlich still um den umtriebigen Publizisten geworden war. Interessant bleibt, ob es nur eine Abkehr vom extremen Teil der Szene bleibt oder auch von der Ideologie (ZEIT online, II).

Umgang mit Aussteigern: “Dead man walking”

In den vergangenen Monaten und Jahren sind immer wieder Kader aus der extremen Rechten ausgestiegen. Zuletzt war es der Neonazi Axel Reitz, der gegangen ist oder wurde. Das Beispiel Reitz zeigt beispielhaft, wie krass Neonazis mit ihren ehemaligen Kameraden umspringen (publikative.org).

Feuer auf Gelände von NPD-Fest: Brandstiftung bei Rechtsextremen in Pasewalk

Auf dem Gelände des „Pressefests“ der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ in Mecklenburg-Vorpommern ist ein Stall abgebrannt. Nun ermittelt der Staatsschutz wegen Brandstiftung. Das Feuer an dem Stallgebäude auf einem privaten Grundstück in Viereck bei Pasewalk (Landkreis Vorpommern-Greifswald) war am Freitagmorgen gegen 4 Uhr ausgebrochen. Der Brand beschädigte einen Teil des Dachstuhles sowie einige darauf befindliche Solarmodule. Die Höhe des entstandenen Schadens war zunächst unklar. Innenminister Caffier betonte in Schwerin, Extremismus dürfe „nicht mit Straftaten bekämpft werden“. Die NPD plant am 10. und 11. August auf dem Gelände ihr „Pressefest der Deutschen Stimme“. Die rechtsextreme Partei rechnet mit mehr als 1.000 Teilnehmern (taz, Nordkurier). Nach dem Brand in Pasewalk/Gehege 3 halten die Rechtsextremen an ihrem Pressefest fest. Die Tourismusverbände befürchten dagegen einen erheblichen Image-Schaden für die Branche (Nordkurier).

Neustrelitz: NPD setzt weiter auf Kinderfeste zur Rekrutierung von Sympathisant*innen

Die NPD setzt ihre Strategie, über sogenannte Kinderfeste Sympathisant*innen näher an die Partei heranzuführen, fort. Wie aus einer Meldung des Kreisverbandes Mecklenburgische Seenplatte hervorgeht, soll diesen Samstag in Neustrelitz das „2. Kinderfest“ über die Bühne gehen (Endstation rechts).

Köln: Brandanschlag auf türkische Teestube in Kölner Südstadt

Mit zwei Molotow-Cocktails ist am Samstagmorgen ein Brandanschlag auf eine türkische Teestube in Köln verübt worden. Verletzt wurde niemand, es entstand Sachschaden (Rheinische Post).

Bremen: Versuchter Brandanschlag auf Haus von migrantischer Familie

Ein versuchter Brandanschlag auf das Haus einer achtköpfigen Familie mit Migrationshintergrund ist von vier Nachbarn verübt worden. Die Polizei schließt zwar nicht aus, dass es sich dabei um einen ausländerfeindlichen Anschlag handelte, ermittelt aber auch in Richtung Nachbarschaftsstreit (BILD). Das „Migazin“ berichtet dagegen unter Berufung auf den Sohn der Familie von „Ausländer raus“-Rufen der Täter*innen.

Berlin-Wedding: Wedding: Moschee mit Hakenkreuz beschmiert

Erneut haben Unbekannte einen Anschlag auf ein muslimisches Gotteshaus in Berlin verübt. Dieses Mal malten sie ein Hakenkreuz auf die Moschee in der Drontheimer Straße in Gesundbrunnen (B.Z.).

Berlin-Mariendorf: Kind ausländerfeindlich beleidigt und Fahrgast attackiert

Ein betrunkener 27-Jähriger hat in einem Bus der Linie 277 in Mariendorf ein Kind ausländerfeindlich beleidigt. Einen 18-Jährigen, der dazwischenging, trat er gegen das Knie. Der Täter ist der Polizei bereits wegen rechtsextrem-motivierter Straftaten bekannt (Tagesspiegel).

Polizei begleitet 70 Teilnehmer: Nachtdemo gegen Neonazis

Eine Handvoll Passauer hat die Idee, wie sie dem geheimen nächtlichen Aufmarsch der Neonazis durch ihre Stadt entgegnen können, heute umgesetzt: Sie riefen gegen 22 Uhr zur Spontandemo gegen den braunen Spuk. Das war eine Reaktion auf die rechtsextreme Demonstration am vergangenen Montag von einem Dutzend Neonazis unter Führung von Rechtsterrorist Martin Wiese „gegen Polizeiwillkür“. Zur Gegendemo kamren rund 70 Teilnehmer*innen (Bürgerblick.de). Derweil versuchten Neonazis erneut, auch an diesem Wochenende ihrer Ideologie zu frönen: So wollten Rechtsextreme verbotene Versammlungen abhalten, auf dem Friedhof in St. Korona in Patriching, als dies verhindert wurde, später auch in Passau und Vilshofen. Doch auch hier wurden die Demonstrationen verboten (wp).

NPD-„Deutschlandtour“: Heute in Ulm, Dienstag in Nürnberg, Mittwoch in Regensburg, Donnerstag Bayreuth

Proteste gab es in Mainz (Nachrichten t-online), Eisenach (tlz), Frankfurt (Frankfurter Neue Presse) und Wiesbaden (FR-online). Heute läuft die NPD in Ulm auf (swp, Schwaebische.de). Ein Auftritt in Augsburg am Dienstag ist aktuell untersagt (Augsburger Allgemeine), dafür wollen die Nazis in Nürnberg auftreten (Netzwerk IT). Am Mittwoch ist der rechtsextreme Truck dann in Regensburg (wochenblatt.de), am Donnerstag in Bayreuth (ramasuri.de).

Verwaltungsgericht bestätigt Verbot von „Heß-Gedenkgottesdienst“

Der Thüringer Rechtsextremist Christian Bärthel ist mit seiner Klage gegen das Verbot eines „Rudolf-Heß-Gedenkgottesdienstes“ gescheitert. Mit der als Gottesdienst deklarierten Veranstaltung auf dem Marktplatz von Wunsiedel wollte Bärthel vergangenen August an den einstigen Hitler-Stellvertreter und verurteilten Kriegsverbrecher Rudolf Heß (1894-1987) erinnern (sueddeutsche.de).

NSU: Verschwundene Akten belasten Thüringens Innenminister

Neue Aufklärungspannen um den rechtsextremen „Thüringer Heimatschutz“ setzen Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) unter Druck.  Im Landeskriminalamt (LKA) sind Akten einer bisher unbekannten Sonderkommission „Rechte Gewalt“ nicht auffindbar seien, die von 2000 bis 2001 im Auftrag des Innenministeriums die Struktur des „Thüringer Heimatschutzes“ erkunden sollte. Unklar ist, ob sie geschreddert wurden oder im Keller liegen (NWZ).

Berufung gegen „Extremismusklausel“-Urteil in sächsischem Landkreis

Der Konflikt um die umstrittene „Extremismusklausel“ geht in Sachsen in eine neue Runde. Durch den Landkreis „Sächsische Schweiz Osterzgebirge“ wurde Ende der Woche ein Berufungsverfahren gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Dresden in die Wege geleitet. Das VG Dresden hatte die besagte Klausel als rechtswidrig eingestuft. Nun wird sich das Oberverwaltungsgericht in Bautzen der Sache annehmen (Endstation rechts).

Kulturrevolution im Verfassungsschutz

Unions-Innenminister der Länder fordern „Neuausrichtung“ der 17 Ämter. Pflicht zum Informationsaustausch soll gesetzlich stärker verankert werden. Das Konzeptpapier der Unions-Innenminister liegt der Welt online vor.

Abschiebung in Hamburg: Baby entrissen, um Aufenthaltsort der Töchter zu erpressen

Eine Hamburger Behörde will eine Roma-Familie aus Mazedonien abschieben. Ein Polizei-Kommando stürmt im Auftrag der Ausländerbehörde die Flüchtlingsunterkunft Billstieg im Stadtteil Hamburg-Billstedt gestürmt. Vor der Tür steht ein Bus von „Hanse-Rundfahrt“, der die Familie zum Abschiebeflieger nach Düsseldorf bringen soll. Als die Mitarbeiterin der Ausländerbehörde merkt, dass die vier Töchter der Familie gar nicht zugegen sind, entreißt sie der Mutter Sajda Aliji nach eigenen Angaben den 15 Monate alten Sohn Andrejas und droht, das Baby zusammen mit Vater Sebastijan allein nach Mazedonien abzuschieben, falls die Mutter nicht den Aufenthaltsort der vier Töchter preisgebe. Die sind gerade im Sommercamp der SPD-nahen Jugendorganisation „Die Falken“ auf Föhr. Das hätte die Ausländerbehörde durchaus wissen können – hatte sie doch selbst die Residenzpflicht für die 12 bis 7-jährigen Töchter für das Feriencamp aufgehoben. Immerhin verzichtet die Behörde dann darauf, die Mädchen mit einem Hubschrauber abholen zu lassen. Die Mutter hat noch eine Duldung bis Dienstag. Die Mädchen sind nun geduldet bis zum Ende der Ferien. Der Vater wurde bereits nach Mazedonien abgeschoben (taz).

Alternative zu rechts: Das Akubiz in Pirna

Steffen Richter will in Pirna ein Jugendzentrum eröffnen, in dem man keinen Neonazis begegnet. Viele, die rechte Gewalt erlebt haben, ziehen weg – aber er bleibt (taz).

Festival gegen Rechts in NPD-Hochburg Jamel am kommenden Wochenende erwartet Hunderte Gäste

In der NPD-Hochburg Jamel in Nordwestmecklenburg findet zum sechsten Mal ein privat organisiertes Musikfest gegen Rechts statt. Am kommenden Wochenende (3. bis 5. August) veranstaltet das Künstlerpaar Horst und Birgit Lohmeyer das Festival «Jamel rockt den Förster». Auf dem Gelände des alten Forsthofes, den das Ehepaar bewohnt, werden unter anderem die Bands «Haudegen» und «Rantanplan» auftreten (Ostseeblick-Nienhagen.de).

Experte: Musikfestivals werden im Kampf gegen Rechtsextremismus unterschätzt

Im Kampf gegen Rechtsextremismus wird die Bedeutung von Musik nach Expertenmeinung häufig unterschätzt. Viele Jugendliche fühlten sich von Festivals stärker angesprochen als von klassischen Politikformen wie Resolutionen und Unterschriftensammlungen, sagte der Sozialpädagoge und Rechtsextremismus-Experte Jan Raabe (Nachrichten-T-Online).

Sportler gegen Rechts: Filmteam begleitet VfL

„Bad Nenndorf? Das ist doch die Stadt, wo die Nazis rumlaufen.“ – wo die Sportler des VfL Bad Nenndorf mit ihren Vereinstrikots auch auftauchen, bekommen sie diese Reaktion zu hören. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat der Besuch beim Niedersächsischen Landesturnfest in Osnabrück (Schaumburger Nachrichten).

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