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Essen-Borbeck Aufmerksamer Mitschüler verhindert rechtsterroristisches Attentat

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Polizeifahrzeug und Polizeibeamte vor dem Don Bosco Gymnasium Essen-Borbeck. (Quelle: picture alliance / SVEN SIMON | Malte Ossowski / SVEN SIMON)

 

  • Um 4.20 Uhr stürmt ein schwer bewaffnetes Spezialeinsatzkommando eine Wohnung im Stadtteil Essen-Borbeck. Dort überwältigten sie im Schlaf einen 16-jährigen Schüler des katholischen Don-Bosco-Gymnasiums (800 Schüler), der offenbar Anschläge an seiner aktuellen Schulen und an der Realschule plante, die er zuvor besucht hatte, die Realschule am Borbecker Schloss.
  • Ziel des Polizeieinsatzes war es, einen Amoklauf in einer oder beiden Schulen zu verhindern.
  • In der Wohnung wurden ein rechtsextremes oder rassistisches und antisemitisches „Manifest“ gefunden, in einer Kladde auf Papier geschrieben, mit SS-Runen und “eindeutigen Bildern” ausgeschmückt, u.a. gezeichnete SS-Runen.
  • Außerdem fand die Polizei in der Wohnung Material für über zehn Rohr-Bomben und eine Nagelbombe, die mit ihrer Splitterwirkung enormen Schaden hätte anrichten können. Dazu gab es Bombenbauanleitungen. Die Bomben waren also noch nicht einsatzbereit, aber vorbereitet. Außerdem sollen die Ermittler auch mehrere Armbrüste und eine selbstgebaute Waffe gefunden haben. Ein Fotoreporter berichtet von Speeren und Stichwaffen.
  • Das NRW-Innenministerium hat auf eine Anfrage des ZDF bestätigt, dass der Schüler mit mehreren Bomben die beiden genannten Schulen angreifen wollte. Bei dem 16-jährigen Deutschen soll es sich nach ersten Erkenntnissen um einen mutmaßlichen Neonazi handeln.
  • Auf die Spur des geplanten Amoklaufs kam die Polizei durch den Hinweis eines Jugendlichen. Er hatte die Beamten darüber informiert, dass sein Mitschüler offenbar an dem Gymnasium ein Blutbad plane. So soll er seinen Mitschüler:innen gegenüber gedroht haben, sie würden bald alle sterben. Einem Mitschüler gegenüber konkretisierte er, er werde Sprengstoff in der Schule platzieren.
  • Das Gymnasium ist am Morgen von der Polizei abgeriegelt worden, man will auf jeden Fall ausschließen, dass der Verdächtige möglicherweise schon Sprengmittel in der Schule deponiert hat. Deshalb sollen die Klassenräume zur Sicherheit akribisch abgesucht werden. Auch die Realschule wurde geschlossen und wird noch untersucht.
  • Bei einer Pressekonferenz am 12.05.2022 sprach NRW-innenminister Herbert Reul davon, der Täter habe die Tat allein geplant und in seiner Kladde auch “Verzweiflung” artikuliert. Bisher sind keine weiteren Details zum Wortlaut bekannt.
  • Erst vor wenigen Tagen gab es bereits in Hamburg einen „ähnlichen“ Einsatz. Am Dienstag, 10. Mai 2022, kommt es im Bereich der Stadtteilschule Süderelbe in Hamburg-Neugraben zu einem Großeinsatz der Polizei Hamburg. Gegen 09:45 Uhr hören gleich mehrere Kinder in unmittelbare Nähe der Schule Schüsse. Ein Unbekannter soll gleich mehrmals mit einer Waffe gefeuert haben. Verletzte gibt es nicht. Kinder alarmieren die Lehrer:innen der Schule, diese wird laut Amok-Protokoll abgeriegelt. Einsatzkräfte nehmen in unmittelbarem Umfeld der Schule einen 16-jährigen Tatverdächtigen fest. Zeitgleich wird in unmittelbarer Nähe zur Schule eine Wohnung eines ebenfalls Tatverdächtigen durchsucht. Bei der Wohnungsdurchsuchung finden die Ermittler:innen eine Gaspistole, die als Tatwaffe infrage kommen könnte, eine Machete und eine scheinbar echte Handgranate, die sofort entschärft wird. Außerdem gab es mehrere Schreckschusswaffen, Wurfmesser, ein Schwert und offenbar selbstgebaute Sprengsätze. Ein 13-jähriger Junge, der in der Wohnung wohnt, wird aufs Polizeirevier gebracht. Er und der 16-Jährige seien beide „Polizeibekannt“, berichtet 24hamburg.de. Geschossen habe der 16-Jährige mit den Waffen des 13-Jährigen. Ein Motiv ist hier noch nicht bekannt.
  • In Presseberichten ist von einem geplanten Amoklauf die Rede – mit expliziter und niedergeschriebener politischer Intention handelt es sich aber um Rechtsterrorismus.
  • Wenn betont wird, der Täter habe psychische Probleme gehabt, ist dabei aber wichtig, das politische Motiv nicht aus dem Blick zu verlieren – denn nicht jede:r mit psychischen Problemen plant Sprengstoffattentate auf die gesamte Schule.
  • Erste Verschwörungserzählungen wurden gleich auf Polizeikanälen bei Twitter geäußert:

Update 15:49 Uhr

  • Schüler:innen aus dem Umfeld des 16-Jährigen berichten, dass er in der Schule als „zum rechtsextremen Spektrum gehörig“ bekannt gewesen sei (Quelle: eigene Recherche).
  • Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus sagt auf Anfrage von Belltower.News, dass in Essen-Borbeck in den 2000er-Jahren eine lebhafte rechtsextreme Szene inklusive Kameradschaftsstruktur, Graffitis im öffentlichen Raum und Infrastruktur (z.B. eine einschlägiges Bekleidungsgeschäft) existierte. Einzelne rechtsextreme Akteur:innen leben bis heute dort.

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