Weiter zum Inhalt

30.08.2012 … Presseschau

Nach den Rechten sehen: Berlin: Jugendliche verprügeln Rabbi vor den Augen seiner sechsjährigen Tochter +++ Rechtsextermer Übergriff auf türkische Familie in Betzdorf – Vater zunächst als Täter verhaftet +++ Herzogenrath: Brutale Attacke von Rechts – wehrlose Frauen zusammengeschlagen.

Die tägliche Presseschau von netz-gegen-nazis.de

Berlin: Jugendliche verprügeln Rabbi vor den Augen seiner sechsjährigen Tochter

„Bist du Jude?“ fragt eine Gruppe von vier mutmaßlich arabischen Jugendlichen den 53-jährigen Berliner Rabbi Daniel A., als er am Dienstagabend mit seiner sechsjährigen Tochter über die Beckerstraße in Berlin-Schöneberg lief. A. trug ein Basecap über seiner Kippa, weil er erschon früher auf der Straße als „Drecksjude“ angepöbelt worden war. Die Täter erkannten die Kippa dennoch, weil deren Rand unter der Mütze hervorguckte. Die Jugendlichen schlugen daraufhin unvermittelt zu. Der Rabbi erlitt einen komplizierten Jochbeinbruch, seine sechsjährige Tochter wurdem it dem Tod bedroht. Die Täter flüchteten (Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau, ZEIT online, BZ, Hintergrund zu antisemitischen Straftaten in Deutschland: Berliner Morgenpost).

Rechtsextermer Übergriff auf türkische Familie in Betzdorf – Vater zunächst als Täter verhaftet

Eine türkische Familie in Betzdorf wurde am Freitagabend in ihrem Haus überfallen. Zwei Personen bedrohten Vater, Mutter und fünf Kinder (zwei bis neun Jahre alt) mit einer Eisenstange und einer Pistole. Mit den Worten „Wir sind die Polizei“ hätten die beiden Täter die Wohnung gestürmt, dann sei gezielt der Angriff erfolgt. Doch die (wirkliche) Polizei, so der Vorwurf des Bruders des Vaters, habe an dem Abend alles falsch gemacht. Nach dem Notruf habe es zehn Minuten gedauert, bis die Polizei da war. Die fand die beiden Täter vor, erzählt der Frankfurter, der an der Uniklinik als Radiologe arbeitet, und seinen Bruder mit einem Messer in der Hand. Für die Polizei sei wohl sofort klar gewesen: ein Streit in einer türkischen Familie. Der Arzt nennt so etwas „institutionalisierten Rassismus“. So wurde sein Bruder in Handschellen zur Wache gebracht. Das Opfer sei zum vermeintlichen Täter geworden. Und in dem Ausnahmezustand, in dem sich der Bruder befand, hätte er auch nicht befragt werden dürfen. Erst gegen 2.50 Uhr war dann endlich ein Notarzt bei den Kindern und der Ehefrau in der Wohnung in der Oehndorf – mehrere Stunden nach dem Vorfall. „Schock nach Trauma“ und eine „psychologische Weiterbetreuung“ sei vom Notarzt bei den Kindern festgestellt worden. Was nun passiert, drauf wartet Korkusuz nun gespannt. Anzeige gegen die Polizei in Betzdorf wurde erstattet. Zwei Anwälte, sagt er, sind mit dem Fall befasst (Rhein-Zeitung, Turkishpress).

Herzogenrath: Brutale Attacke von Rechts – wehrlose Frauen zusammengeschlagen

Vergangene Woche in Herzogenrath: Die Kölnerin Selma S. (45) und ihre Schwester Aicha K. aus Herzogenrath (52/Namen geändert) sind auf dem Weg nach Hause. Sie kommen aus dem Krankenhaus, ruhen sich einen Moment auf einer Bank aus. Plötzlich kommt ein Päärchen auf die beiden zu.  «Wenn ihr jetzt noch anfangt, Türkisch zu reden, schlagen wir euch zusammen und polieren Euch die Fresse», droht der Mann lautstark. Selma versucht die Angreifer abzuwehren, aber vergeblich – die beiden und ein weiterer Mittäter schlägt auf die Frauen ein. Die Täter entkommen (Aachener Zeitung).

Dortmung: Nazi-Übergriff auf Jugendliche verhindert – Rechtsextreme Demo bleibt verboten – NPD bekommt 60.000 Euro für zwei Ratsmitglieder – Friedensfest am 1. September

In Dortmund-Dorstfeld pöbelten drei Neonazis sechs nicht-rechte Jugendliche unter anderem rassistisch an und telefonierten „Kameraden“ herbei, offenbar um die nicht-rechten Jugendlichen anzugreifen. Die Polizei verhinderte dies (Endstation rechts, Marler Zeitung). Die rechtsextremen Veranstaltungen am Freitag und die Demonstration am Samstag bleiben derweil verboten, das erste Gerichtsurteil änderte nichts daran (Welt online, Hertener Allgemeine). Zwei Personen sind eine Gruppe — das ist im Stadtrat so wie im wahren Leben. Aber ihr neuer Status als „Gruppe“ könnte der Dortmunder NPD dank ihrer zwei Mandate jährlich 60.000 Euro einbringen. So steht’s im Gesetz, berichtet DerWesten. Gegen die Nazi-Demonstration planen Stadt und Anti-Nazi-Gruppen ein Friedensfest am 1. September (Lokalkompass).

„Rache für Dortmund“ als Übergriff auf SPD-Büros in Berlin

In der Nacht zum Montag wurde das Wahlkreisbüro der Bundestagsabgeordneten Mechthild Rawert im Bezirk Berlin-Tempelhof mit Farbgläsern beworfen. Zudem beschmierten die Täter mit schwarzer Farbe das SPD-Büro mit der Parole „Rache für Dortmund“ und einem rechtsextremen Symbol. Eine Attacke mit Farbgläsern gab es in derselben Nacht auch auf ein Parteibüro in Berlin-Lichtenberg, dort wurde die Fassade mit Parolen besprüht. Bereits in der vergangenen Woche hatte es zwei Anschläge auf das SPD-Parteibüro „AnsprechBar“ in Treptow-Köpenick gegeben, kurz zuvor war es zu einem Angriff auf das Wohnhaus des SPD-Kommunalpolitikers Nico Schmolke und zu einem Übergriff auf eine Verteilaktion der Jusos ebenfalls in Treptow-Köpenick gekommen (Blick nach rechts).

Zweiter Gerichtsprozess um Brandanschlag von Winterbach beginnt mit üblen Einblicken in die rechtsextreme Szene

Irgendjemand aus der Gruppe der rund 70 Neonazis, die am 10. April 2011 auf einem Gartengrundstück in Winterbach (Rems-Murr-Kreis) gefeiert hatten, hat in jener Nacht in einem rund 80 Meter entfernten Garten einen Schuppen angezündet, in den sich fünf türkisch- und italienischstämmige Männer aus Angst vor den Rechtsextremen geflüchtet hatten. Vielleicht sitzt der oder sitzen die Täter jetzt sogar im sogenannten zweiten Winterbach-Prozess auf der Anklagebank. Das wird aber aller Voraussicht nicht ruchbar werden. Dafür gibt der Prozess schon am ersten Tag erschreckende Einblicke in die Idiotie der Nazi-Szene. Ein Angeklagter, ein 24-jähriger Italiener, der darauf besteht, kein Neonazi, sondern ein „aufrechter Faschist“ zu sein, prescht vor. Er legt ein Geständnis ab. „Ich gestehe, einen der Türken geschlagen und getreten zu haben“, sagt er. Er sei im „Wutrausch“ gewesen, weil er noch vor der „rassistischen Menschenjagd“, wie es der Staatsanwalt im ersten Prozess formuliert hatte, von einem Italiener aus der anderen Feiergruppe einen Schlag aufs linke Auge bekommen habe. Vor dem Faustschlag am Rande der zwei Feste hatte der eine Italiener den anderen Italiener „Kanacke“ genannt. „Wenn es ein Deutscher gewesen wäre, hätte ich halt Scheißkraut gesagt“, so der Angeklagte. Ein anderes Beispiel für die limitierte Hirnleistung mancher aus der Neonazi-Festgruppe: Ein Neonazi wird von einem Nazi-Mädle als „Jude“ beschimpft, weil seine Freundin Halbspanierin ist. Und Italiener seien minderwertiger als Deutsche (Stuttgarter Nachrichten).

„Du hast die Macht“ befragt „Netz gegen Nazis“ zu Spam-Attacken im Netz

Nach einer Straßenumfrage zu Links- und Rechtsextremismus wird die Online-Jugendinitiative „Du hast die Macht“ von rechtspopulistischem Spam überschüttet. Wie damit umgehen? Das fragt ein „Du hast die Macht“-Redakteur unseren Netzwerke-Spezialisten Johannes Baldauf (Video, Youtube).

Neue Online-Meldestelle rechtsextremer Vorfälle im Fußball

Gute Online-Initiative: Die Facebook-Seite „Fußballfans gegen rechts“ will ab sofort rechtsextreme Vorfälle im Fußball sammeln: https://www.facebook.com/FUSSBALL.FANS.GEGEN.RECHTS

Berlin: Gedenken an den von Neonazis ermordeten Wohnunglosen Günter Schwanneke

Am Mittwoch gedachten 60 Menschen auf dem Spielplatz, wo Günter Schwannecke vor 20 Jahren von einem Neonazi ermordet wurde. Die Anwesenden und die „Günter-Schwanneke-Gedenkinitiative“ forderten,  dass Schwannecke endlich und dauerhaft als Opfer rechter Gewalt anerkannt wird. Als Zeichen hat sie ein Schild „Günter-Schwannecke-Spielplatz“ aufgehangen und damit die Forderung nach einer Gedenktafel unterstrichen, berichtet die Initiative auf ihrer Facebook-Seite.

Verbotene „Kameradschaft Aachener Land“: Provokationen, Prügel, Propaganda

Ihr Aktionsraum sei «die Straße» gewesen. Und: «Die KAL war ganz massiv darauf ausgerichtet, Straftaten zu begehen.» Ermittelt wird derzeit etwa gegen Mitglieder der „Kameradschaft Aachener Land“ wegen eines versuchten Tötungsdeliktes. Das Mitglied des Dürener Kreistages, Ingo Haller, steht im Verdacht, eine kriminelle Vereinigung unterstützt zu haben. Einen Überblick über die Gewalt der Neonazis gibt die Aachener Zeitung. Mit den weiteren verbotenen Kameradschaften, dem „Nationalen Widerstand Dortmund“ und der „Skinheadfront Dorstfeld“ befasst sich „Blick nach rechts„.

Teure NPD-Abwehr: Gut Rödingshausen ist nichts wert

Die Stadt Menden hat es nun Schwarz auf Weiß: Das Gut Rödinghausen ist nichts mehr wert. Der Verkehrswert liegt bei 0 Euro. Das hat der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Märkischen Kreis im Auftrag der Stadt ermittelt. Das heißt: Es gibt keine realistische Chance, einen neuen Besitzer auf Erbpachtbasis für das dortige Herrenhaus zu finden. 2007 hatte die Stadt 800.000 Euro gezahlt, um zu verhindern, dass das Gut zu einem Schulungszentrum der NPD wird (DerWesten).

Endgültig: Neonazi darf nicht für die Bürgermeisterwahl in Ueckermünde kandidieren

Der NPD-Fraktionsmitarbeiter Marko Müller wäre gerne Bürgermeister der Stadt Ueckermünde. Doch ein Wahlausschuss ließ den Mann aufgrund von Zweifeln an seiner Verfassungstreue nun endgültig nicht zur Wahl zu. Die NPD schert das kaum, konnte sie sich durch die Aktion doch erneut zum Opfer stilisieren (Endstation rechts).

Report München: Die rechtsextreme Szene bewaffnet sich

Der Waffenbesitz in der rechtsextremen Szene nimmt zu – und die Waffen horte Nazis nicht zum Hausgebrauch. Dazu gibt es die Videoreportage auf Youtube.

Neue Opferberatung im Rheinland

Für die Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalttäter ist in Düsseldorf eine Beratungsstelle eröffnet worden. Die «Opferberatung Rheinland» werde Menschen, die Opfer wurden, gezielt aufsuchen und ihnen Hilfe anbieten. Tätigkeitsbereich sind die Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln (Bild, Welt online).

BVB: Nazi erhält lebenslanges Stadionverbot

Schluss mit Fußball:  Der 27-jährige polizeibekannte Neonazi, der beim BVB-Spiel gegen Werder Bremen am Freitag ein Plakat mit rechtsextremem Hintergrund entrollt hat, bekommt von Borussia Dortmund ab sofort Stadionverbot. Wenn möglich, soll dieses sogar lebenslang gelten. (Marler Zeitung, ZEIT online).

Emotionen um eine gefällte Eiche

Linke haben die Eiche abgesägt, die in Rostock-Lichtenhagen an die rechtsradikalen Pogrome erinnerte. Das schädliche Ende einer unglücklichen Idee, schreibt ZEIT online. Ein weiterer Meinungstext findet sich auf Publikative.org: Ein Baum ist ohne Genehmigung gefällt worden – und nun rauscht der Sturm der Empörung durch den Blätterwald, bzw. als Shitstorm durchs Netz. Denn die “Arbeitsgruppe antifaschistischer Fuchsschwanz” hat nicht weniger gewagt, als das offizielle Gedenken an das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen in Frage zu stellen. Das reicht, um mit rassistischen Gewalttätern auf eine Stufe gestellt zu werden. Ein Streifzug.

NSU: Zschäpe-Anklage weiter unklar

Laut Bundesanwaltschaft sind die Ermittlungen im Fall der rechtsextremen NSU-Verbrechen noch nicht abgeschlossen. Eine Entscheidung, ob Beate Zschäpe wegen Mordes angeklagt wird, ist noch nicht gefallen (Frankfurter Rundschau).

Braunes Fußballturnier geplatzt – Brandenburger Sportverein kündigt Nutzungsvertrag in letzter Minute

In Brandenburg verhinderte nun ein Sportverein durch die Kündigung des Nutzungsvertrages ein „nationales Fußballturnier“ in letzter Minute (Endstation rechts).

Rastatter Kinderporno-Ring: Nazi-Aussteiger auf der Anklagebank

Vor dem Landgericht Baden-Baden muss sich seit gestern ein 34-jähriger Familienvater aus Niedersachsen verantworten. Ihm werden gemeinschaftlicher schwerer sexueller Missbrauch sowie Besitz und Weitergabe kinderpornographischer Dateien vorgeworfen. Zuletzt war der Mann Referent einer Bildungsvereinigung in Wolfsburg und hielt Vorträge zu Rechtsextremismus und Gewaltprävention. Vor Gericht gab er an, die beanstandeten Bilddateien „im Rahmen beruflicher Recherchen“ gespeichert zu haben. Zuvor gehörte der 34-Jährige zur rechtsextremen Szene, war u.a. einschlägig verurteilt (SWP.de)

Bundeswehr: Seit 2009 Rückholung von fünf Soldaten wegen rechtsextremistischer Vorfälle

Seit 2009 sind fünf Soldaten der Bundes­wehr wegen rechts­extremer Äußerungen oder Ver­haltens­weisen aus dem Auslands­einsatz abgezogen und nach Deutsch­land zurück beordert worden. Bei den fünf Fällen würde es sich um einen männlichen Haupt­gefreiten handeln, der 2009 rechts­extreme Musik auf einer externen Festplatte gespeichert hat, um eine Stabs­unter­offizierin, die 2010 „bei Facebook ein Foto von sich in Uniform sowie rechts­extreme Zitate“ einstellte und um je einen Soldaten in den Jahren 2009, 2010 und 2012, „weil der Verdacht eines Verstoßes gegen die freiheitliche demo­kratische Grund­ordnung bestand.“ (Bundeswehr-Monitoring.de).

Belgien: Rechtspopulist ruft zu Auftragsmord auf

Nach der vorzeitigen Haftentlassung der Kinderschänderin und Dutroux-Komplizin Michelle Martin treibt die öffentliche Entrüstung in Belgien makabere Blüten. Der flämische Parlamentarier Jurgen Verstrepen rief indirekt zum Auftragsmord auf: „Ohne zu scherzen, wenn wir zusammenlegen (öffentliche Beiträge), können wir einen Albaner finden und ihn dafür bezahlen, dass er Michelle Martin kalt macht (…) Kandidaten?“, fragte der Politiker der rechtspopulistischen „Liste Dedecker“ auf seinen Twitter- und Facebook-Seiten. Später fügte er hinzu: „Wenn ich es mir recht überlege, die Albaner sind zu teuer geworden – ein Junkie würde es für weniger machen.“ Später nannte er das „Humor (Welt, Berliner Kurier).

Interessante Rechtssprechung zu Hakenkreuzfahne im Wohnzimmer: Psychiatrisches Gutachten

Das Düsseldorfer Landgericht hat einen Elektriker mit Hakenkreuzfahne im Wohnzimmer zum Psychiater geschickt. Das Gericht ordnete an, den 59-Jährigen auf seine Zurechnungsfähigkeit untersuchen zu lassen. Er hatte die Hakenkreuzfahne so aufgehängt, dass sie für Passanten gut sichtbar war. Inzwischen hänge sie in seinem Schrank (Welt online).

Weiterlesen

Eine Plattform der