„Querdenken“-Demonstration in Berlin: Covid-Parade im Schatten der Reichsflagge
Dieses Wochenende findet in Berlin die Covidparade der Pandemie-Leugner*innen, Reichsbürger*innen Verschwörungsideolog*innen und Neonazis statt. Alle gemeinsam fordern „Frieden“ und „Freiheit“. Unklar ist, warum so viele Menschen in Deutschland sie der Meinung sind, dies nicht zu haben – und warum sie glauben, dies zu erreichen, wenn sie a) keine Masken mehr tragen, b) keine Demokratie mehr haben c) das Deutsche Reich wieder herstellen d) sich nicht impfen.
In diesem Artikel sammelt die Redaktion von www.belltower.news Impressionen von den zahlreichen Coronavirus-begründeten Demonstrationen am Wochenende in Berlin. Als erstes Fazit lässt sich festhalten:
Was zu Fußballweltmeisterschaften die Deutschlandflagge ist, ist hier die Reichsflagge in Schwarz-Weiß-Rot. Ihre Farben und die Flaggen sind hier allgegenwärtig, nicht nur von Neonazis oder rechtsextremen Kampfsportlern getragen. Ältere Damen und junge Migranten kleiden sich darin ein. Die Flaggen wehen, auch mit Adler-Aufdrucken, Eisernen Kreuzen, Q für die QAnon-Bewegung. Ist es das, was viele Demonstrierende wollen? Ein deutsches Reich? Einen Kaiser? Oder ist es nur Ausdruck der Ablehnung der Parteiendemokratie in Deutschland? Neonazis jedenfalls freuen sich.
Die rund 22.000 Demonstrierenden kommen offenbar aus vielen Spektren: esoterisch-verstrahlte Hippies, biederbürgerliche Ehepaar-Verbände in „Camp David“, Partnerlook oder Zehenschuhen, Hipster-Päärchen, alternativ-empörte Eltern, lässige Lebemänner, meditierende Frauen oder Rentner*innen mit selbstgemalten Schildern und abgehängte Außenseiter-Existenzen sind dabei – aber niemand hat ein Problem mit den offenkundigen Rechtsextremen, die bereits am Freitag, aber noch mehr im Aufzug am Samstag überall präsent waren. Hier fällt eine Grenze. Die gemeinsame Erzählung, „Opfer“ der Regierung zu sein, überdeckt offenkundig alles andere. Auch im Antisemitismus treffen sich offenkundig einige. Und im Vorschieben „der Kinder“ – die geschützt werden sollen, aber andererseits am Samstag teils stundenlang durch die Sonne getragen werden, teilweise Babies ohne Sonnenschutz, Kleinkinder, die ohne Fahrradsitz transportiert werden. Liebe und Fürsorge sehen irgendwie anders aus.
Nicht nur rechtsextreme Teilenehmer*innen, sondern rechtsextreme Inhalte: Vor allem Reichsbürger-Ideologie und Souveränismus, auch Antisemitismus in Verschwörungserzählungen oder einfach offen, Demokratiesturz- und Gewaltfantasien, nie ohne den Zusatz, man sei aber sehr friedlich. Attila Hildmann spricht bei seinem Kurzauftritt von „der NWO-Elite“ und dass Deutschland diesen Feind besser keinne als andere Nationen. Mehrere Redner fordern einen Friedensvertrag für Deutschland.
Diese vielschichtige Menge überfordert offenkundig Politik und Polizei. Diese war – trotz der zahlreichen, bestimmt mehreren tausend rechsextremen Teilnehmenden – nur in unterlegener Stärke vor Ort und lies entsprechend alles laufen, zogen sich zeitweise sogar komplett zurück. Die Teilnehmer*innen in Mitte sprachen trotzdem von dem Gefühl „in einem Polizeistaat“ zu leben. Diese Kombination ist schwer auszuhalten.
Offenkundig sind die „Querdenken“-Demonstrationen und die dort verbreiteten Verschwörungserzählungen für viele Teilnehmer*innen ein sektenartiker Religionsersatz. So bedingungslose ist der „Glaube“ der Anhänger*innen, die Bereitschaft, sich von der Ebene der Rationalität und Realität zu verabschieden. Dies wird kein Zustand sein, der mit dem Ende der Pandemie vorbei geht, sondern ist ein tiefergehendes, langwieriges Problem.
Galerie: So war der Freitagabend in Berlin – bitte durchklicken (28 Bilder)
"Friedensvertrag" war ein beliebtes Plakatthema
Reichsflaggen vor der russischen Botschaft Unter den Linden
Dazu wurde die erste Strophe des "Lieds der Deutschen" gesungen.
Reichsflaggen und Regenbogenflaggen vereint
Viele Ängste vereint
Impfgegner*innen mit Blumenhut
Aber es klappt nicht so gut.
Q-Fans sind mit dem Rad da
"Querdenken"- und Heiko Schrang-Fans warten
Offener Antisemitismus mit durchgestrichenem Davidsstern
Wir haben sie gefunden.
"Schlafschaf"-Anspielung
Regenbogen waren als Motiv beliebt.
Rüdiger Hoffmann (Staatenlos) vor dem Reichstag
Erinnerungsfotos mit dem "Volkslehrer" Nikolai Nehrling, Holocaustleugner
Nehrlings völkische Tanznazi-Truppe
"Q" vor dem Brandenburger Tor.
Martin Sellner (IB) im Gespräch mit Fans
"Q"-Plakat vom rechtsalternativen "Compact"-Magazin
Doppeldeutiges Plakat
Sellner im Gespräch mit der "patriotischen Jugend"
Daniel Sebbin (IB), Martin Sellner, Jürgen Elsässer (Compact)
Sehr überfrachtetes Plakat
YouTuber Oliver Flesch spricht Menschen an.
Galerie: So war der Samstag in Berlin – bitte durchklicken (75 Bilder)
Friedrichstraße, 10.30 Uhr: Es ist schon voll.
Reichsflagge mit eisernem Kreuz
Beschämend: Mit Rechtsextremen demonstrieren und sich mit Hanna Arendt-Zitat als Opfer stilsieren.
Blick in die Teilnehmenden, Friedrichstraße.
Publizistikstudent? Hier wird die Schweigespirale gekannt.
"Schlafschaf"-Symbolik mit Masken
Anti-Gates-Plakate und gespannte Stimmung.
Aber warum ist er hier, wenn er denkt?
Bulliger QAnon-Fan.
"Division Erzgebirge" kommt auch vorbei
Viele Eltern hatten ihre Kinder mitgebracht - auf eine Demo mit Wirmer- und Reichsflagge. Und Gedränge.
Das dazugehörige Baby war da, wurde aber getragen. Dahinter Mann in einem T-Shirt der rechtsextremen Marke "Eric & Sons".
QAnon-Fan.
Reichsflaggen und Luftballons.
Interessantes Plakat mit Hakenkreuz, Chipkarte, Maske, Spritze und Illuminati-Auge.
Hier ist ein Hund drin.
So weiß das Böse Bescheid.
Von oben geschützt, aber was ist mit der Handystrahlung???
Wandergruppe mit Isomatten für die Belagerung.
Hier war noch Polizei anwesend.
Ein einsamer Antifaschist.
Reichsadler-Flagge
Danke dafür!
Hier hat man Angst vor Maskentod. Oder Todesmasken?
Noch ein Aluhut.
Perfide: Sie trägt Nazis raus, er eine Reichsflagge. Beide freuen sich sehr.
Ältere Esoterikerin mit Hut in Reichsfarben
Rechtsextreme Gruppe bei der "Querdenken"-Demo am 29.09.2020, in der Mitte ein T-Shirt der rechtsextremen Marke "Ansgar Aryan"
Q-Kaninchen-T-Shirt zwischen Regenbogenflaggen
Gern missbraucht: Mahatma Gandhi
"Q" vor dem Brandenburger Tor.
Noch einmal "Q" vor dem Brandenburger Tor.
Rechtsextreme Demoteilnehmer.
QAnon-Fan.
Supermario und ein nicht so sympathischer Zuschauer.
Baseballschläger und geballte Fäuste.
Auch George Orwell wird gern missbraucht.
Ansicht Straße des 17. Juni
Auch hier viele Reichsflaggen.
Ohne Worte.
Ein Kreuzritter.
Wirkt freundlich, dann der Ballon.
Frau in Reichsfarben mit Reichsflagge.
"Q"-Kaninchen geht auch mit Sexismus.
Falsche Flagge.
Wohl gegen die "Omas gegen rechts" gerichtet
Deko.
Deko mit Antisemitismus am Rande der "Querdenken"-Veranstaltung in Berlin: Hier wird "Nein zur NWO (Neuen Weltordnung)" gefordert.
Erinnerungsfotos im Rücken des Rufers.
"Q", Reich, alles dabei.
und vollständig akzeptiert.
Walk of Shame hinter dem Brandenburger Tor.
Wirkt nicht friedlich.
Presse, Politik, Medizin sind hier "angeklagt"
Den Besucher*innen gefällt es.
Reichsflaggen vor der amerikanischen Botschaft am 29.08.2020 - das "Schuldig"-Plakat mit Christian Drosten im Vordergrund stammt von der AfD.
Mehr Reichsflaggen
Große "Q"-Fahne.
Ich habe einen Coronavirus gebastelt.
"Q" und Reichsflaggen.
Mit Brandenburger Tor.
Wir möchten das nicht interpretieren.
Weitere unbehelligte Rechtsextreme
Christliche Coronaleugner*innen mit Israelfahnen.
Etwas Gegenprotest.
Rechtsextreme vor dem Reichstag.
Einer hat Pfefferspray abbekommen.
Die Demo war aufgelöst - die Demonstrant*innen gingen aber nicht nach Hause.
Schon wieder der "Volkslehrer"
Vielleicht schlimmstes "Kostüm"
Antisemitismus auf der Veranstaltung am 29.08.2020 in Beriln. Auf dem Stern steht "Jesund".
"Q" vor dem Brandenburger Tor.
"Thor Steinar" wird immer noch gern getragen.
Weitere Rechtsextreme in Berlin-Mitte am Samstag, dokumentiert auf Twitter:
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Der „Reichsbürger“ Ingo K. aus Boxberg-Bobstadt (Baden-Württemberg) soll am 20. April 2022 versucht haben, 14 Polizist*innen zu erschießen. Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart fand der 13. und 14. Prozesstag statt. Zeug*innen sprechen vom „Überfall“ und behaupten, das SEK habe das Feuer eröffnet und das Wohnhaus angezündet. Ein Prozessbericht.