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Rechtspopulisten statt Nazis – eine Nachbetrachtung zu den Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen

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Dr. Alexander Gauland und Björn Höcke (v.l.) erreichten als AfD-Spitzenkandidaten in Brandenburg und Thüringen jeweils zweistellige Ergebnisse. (Quelle: picture alliance/Eventpress)

Von Marc Latsch

10,6 % der Thüringer haben sich im Wahllokal für die „Alternative für Deutschland“ entschieden. Die junge Partei wird mit der Stärke einer kompletten Fußballmannschaft in den Erfurter Landtag einziehen. In einzelnen Gemeinden erreichte die AfD sogar Ergebnisse im Stile einer Volkspartei. Bornhagen im Landkreis Eichsfeld verzeichnete gar einen Stimmenanteil von 36,5 % für die „Anti-Euro-Partei“. Wählerwanderungen und die Einzelergebnisse aus den Landkreisen lassen keine klaren Schlüsse für den Erfolg der Partei zu. Von allen im Landtag bisher vertretenen Parteien gewann die Partei Stimmen hinzu, insbesondere von der CDU und der Linkspartei. Das Ergebnis zeigt auch, dass NPD-Hochburgen nicht automatisch auch vielversprechende Landkreis für die rechtspopulistische AfD sein müssen. So fuhr die „Alternative für Deutschland“ ausgerechnet dort ihr schlechtestes Regionalergebnis ein, wo die „Nationaldemokraten“ mit 6,4 % ihren größten Stimmenanteil erzielten – in der Stadt Eisenach.

Das Spiel mit der Angst

In Brandenburg hingegen lässt sich bei der Betrachtung des Landtagswahlergebnisses eine klare regionale Tendenz feststellen. Vornehmlich der Osten Brandenburgs hat zu dem bisher größten Wahlerfolg der Alternative für Deutschland beigetragen. Im Vergleich zu den 22,5 % im Amt Neuzelle und den 22,4 % in Amt Brieskow-Finkenheerd wirkt das Landesergebnis von 12,2 % schon beinahe mickrig. Auch in der Grenzstadt Frankfurt Oder hat beinahe jeder fünfte Wähler seine Stimme der AfD gegeben. In der strukturschwachen Region an der Polnischen Grenze scheint die rechtsoffene Wahlkampfstrategie des Spitzenkandidaten Dr. Alexander Gauland vollends aufgegangen zu sein. Mit seiner Forderung nach Wiedereinführung von Grenzkontrollen und polemisierenden Äußerungen gegen neue Asylbewerberheimen zielte er bewusst auf die Ängste und Ressentiments der Bevölkerung ab und wurde in dieser Strategie mehr als bestätigt.

Sammelbecken für Rechtspopulisten

Eine Tendenz, die auch Thomas Wisch vom „Aktionsbündnis Brandenburg“ kritisch sieht. Er meint, ein Grund für den AfD-Erfolg sei auch die geringe Wahlbeteiligung: „Durch sie erhalten rechtspopulistische Parteien wie die AfD eine Bedeutung, die die Größe ihrer eigenen Anhängerschaft bei Weitem übersteigt.“ Er fordert auf, „die parlamentarische Arbeit der Vertreter der AfD kritisch zu verfolgen und fremdenfeindlichen und rassistischen Entwicklungen entgegenzutreten.“ Der genaue Blick auf die parlamentarische Arbeit der Partei wird angesichts der Kandidatenlisten mehr als notwendig sein. Im Potsdamer Landtag werden künftig mit Dr. Rainer von Raemdonck und Thomas Jung zwei ehemalige Mitglieder der islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“ Platz nehmen. Van Raemdonck war zwischenzeitlicher Landesvize, Thomas Jung sogar Landesvorsitzender des bedeutungsschwachen rechtspopulistischen Bündnisses. Mit Andreas Galau wird auch ein ehemaliges Mitglied der Republikaner der AfD-Fraktion angehören.

Björn Höcke und die „Identitäre Bewegung“

Bei den Kollegen im Thüringischen Landtag sind die rechten Tendenzen hingegen nicht einmal in den Niederungen der Kandidatenliste versteckt. Spitzenkandidat Björn Höcke liefert selbst reichlich Anknüpfungspunkte an die rechte Szene. „Es gibt eine klare Verbindung von Spitzenkandidat Höcke zur Ideologie der Identitären Bewegung“, sagt hierzu Astrid Rothe-Beinlich fest. Die gebürtige Leipzigerin war beinahe zehn Jahre lang Landessprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen und engagiert sich gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Die AfD ist für sie hochgradig rechtspopulistisch: „Jeder konnte vor der Wahl wissen, wen er da wählt. Die Partei argumentiert klar rassistisch, antisemitisch und sexistisch“, so Rothe-Beinlich. Björn Höcke liefert den Beweis hierzu praktischerweise gleich selbst. Er spricht auf einer Parteiveranstaltung nicht nur von der „Geisteskrankheit namens Gender-Mainstream“, sondern beschwört gleich im rechtsnationalen Blatt „Die Blaue Narzisse“ den Kampf gegen den Verlust der eigenen Identität. Denn Höcke wehrt sich keineswegs gegen die Vorwürfe den „Identitären“ nahe zu stehen. Stattdessen bezeichnet er die vom Verfassungsschutz beobachtete Bewegung als „ideologiefrei und sachlich“. Mit solchen Spitzenkandidaten enttarnt sich die „Alternative für Deutschland“ ganz ohne fremde Mithilfe.

Mehr zum Thema:

Ansichten der AfD-Wähler über ihre Partei (Tagesschau-Grafik zur LTW in Thüringen)

 

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