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Superwahlsonntag Schlappe für die NPD und „Der III. Weg“

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Anhänger:innen der NPD marschieren mit einer NPD-Fahne durch Essen im Mai 2021.
Anhänger:innen der NPD marschieren mit einer NPD-Fahne durch Essen im Mai 2021. (Quelle: picture alliance/dpa/David Young)

Eine Schlappe kann man nicht schön reden, das weiß selbst die NPD. Bei der Bundestagswahl 2021 erreichte die rechtsextreme Kleinpartei mit 1.089 Erststimmen ganze 0,0 Prozent sowie mit 64.608 Zweitstimmen lediglich 0,1 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl 2017 konnte die „Nationaldemokraten“ noch 0,4 holen. Bei der aktuellen Wahl war die NPD mit Landeslisten in jedem Bundesland sowie mit vier Direktkandidaten in Hamburg und Bayern angetreten (siehe Belltower.News). Dass ihr Wahlergebnis für kein einziges Mandat reichen würde, war schon im Vorfeld klar, auch wenn der Parteivorsitzende Frank Franz optimistisch verkündet hatte: „Die NPD muss in den Bundestag!“. Doch mit einem Ergebnis weit unter der Grenze von 0,5 Prozent erhält die NPD wie bereits 2017 keine staatliche Parteifinanzierung auf Bundesebene. 2016 standen der rechtsextremen Kleinpartei noch 1,2 Millionen Euro in staatlichen Zuwendungen zu, die sich etwa zur Hälfte aus dem Bundestagsergebnis 2011 von 1,3 Prozent speisten.

NPD: marginalisiert bis zur Bedeutungslosigkeit

Nicht nur ist die NPD am überambitionierten Ziel eines Bundestagseinzugs gescheitert: Das schlechte Ergebnis der NPD macht deutlich, dass sie nach zwei Verbotsverfahren, jahrelangen Flügelkämpfen und dem Aufstieg der rechtsextremen AfD nur noch eine größtenteils irrelevante politische Kraft am rechten Rand ist. Eine Pressemitteilung der NPD nach der Wahl sucht man allerdings vergeblich, auf den Social-Media-Kanälen der Partei herrscht Stille. Nur auf Telegram verspricht Parteivorsitzender Franz, „Klartext“ zu reden: Er verabscheue „das Getue der Vertreter der Altparteien, die sich ab 18:00 Uhr am Wahlabend alle selbst zum Sieger küren und sich damit nicht nur die eigenen Taschen volllügen, sondern dem ganzen Volk“. Er zeigt sich aber offen enttäuscht mit dem schlechten Ergebnis seiner Partei und will die Niederlage analysieren: „Ein Wahlkampf ist wie eine Schlacht. War eine Schlacht nicht erfolgreich, zieht man sich zurück, analysiert die Lage und die Ursachen und rüstet sich für weitere Aufgaben“, so Franz.

Die Abwärtsspirale der Neonazi-Partei setzt sich somit fort: Bei der Bundestagswahl 2017 konnte die selbsternannte „soziale Heimatpartei“ mit etwa 176.000 Wähler:innen 0,4 Prozent der Zweitstimmen bundesweit gewinnen, sowie mit circa 45.000 Wähler:innen 0,1 Prozent der Erststimmen. Hochburgen waren damals die Wahlkreise Mecklenburgische Seenplatte-Vorpommern-Greifswald II (2 Prozent), Eisenach-Wartburgkreis-Unstrut-Hainich-Kreis in Thüringen (1,9 Prozent) sowie die Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (1,9 Prozent). In Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern kam die Partei damals auf 1,1 Prozent, in Thüringen 1,2 Prozent der Stimmen. Bis 2014 war die NPD noch im sächsischen Landtag, bis 2016 auch in Mecklenburg-Vorpommern vertreten.

NPD-Hochburgen – wenige gibt es noch

Bei der Bundestagswahl 2021 konnte die Partei allerdings nur 0,3 Prozent in Sachsen und Thüringen erreichen, ihr bestes Ergebnis war in Mecklenburg-Vorpommern mit 0,7 Prozent der Zweitstimmen. Doch es gibt immer noch kleine Hochburgen der NPD: Im thüringischen Fretterode, wo der militante Neonazi und stellvertretende NPD-Vorsitzende Thorsten Heise wohnt, bekam die Partei 9,1 Prozent. Auch im mecklenburg-vorpommerischen Lassan und Klein Belitz kam die NPD auf 6,7 bzw. 5,9 Prozent.

Die Direktkandidaten der NPD sind allerdings grandios gescheitert: In den Wahlkreisen Ansbach (Bayern) sowie Hamburg-Mitte und Hamburg-Nord kamen die Nationalisten auf den letzten Platz. Nur in Hamburg-Wandsbek und Hamburg-Bergedorf reichten die 209 bzw. 205 Stimmen für die NPD, knapp vor der stalinistischen MLPD auf dem zweitletzten Platz zu landen.

NPD in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern

Bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin schnitt die NPD besonders schlecht ab: Mit insgesamt 877 Stimmen konnte die Partei nur 0,0 Prozent erreichen. Ein deutlicher Verlust im Vergleich zu 2016, als die Partei noch 9.459 Stimmen und damit 0,6 Prozent erreichen konnte. 2011 erzielte die Partei in Berlin sogar 2,1 Prozent mit mehr als 30.000 Stimmen. Ein weiterer Verlust für die Partei: Der NPDler Kay Nerstheimer, der 2016 als AfD-Direktkandidat für den Wahlkreis Lichtenberg 1 ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt wurde, bekam lediglich 128 Stimmen und damit lediglich 0,6 Prozent.

Nerstheimer, früher Vorsitzender der rechtsextremen „German Defence League“, die er nach eigener Aussage zur Miliz ausbauen wollte, gewann 2016 den Wahlkreis für die AfD mit 26 Prozent, verzichtete aber vor der Konstituierung der AfD-Fraktion auf eine Fraktionsmitgliedschaft. 2016 wurde ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet, doch erst im Januar 2020 schloss das Bundesschiedsgericht der AfD Nerstheimer in letzter Instanz aus der Partei endlich aus. Im November 2020 sorgte Nerstheimer erneut für Schlagzeilen: Er verkündete im Gespräch mit dem Ex-Europaabgeordneten der NPD Udo Voigt seinen Eintritt in die NPD. Damit verfügte die NPD über ein Mandat im Berliner Abgeordnetenhaus, das Nerstheimer nun allerdings wieder verloren hat.

Vergleichsweise besser war das Ergebnis der NPD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern: Dort reichten 7.074 Stimmen aber nur für 0,8 Prozent aus, im Vergleich zu 3,0 Prozent 2016. Damals verpasste die NPD den Wiedereinzug in den Landtag, erhielt in Mecklenburg-Vorpommern aber weiterhin staatliche Parteienfinanzierung im fünfstelligen Bereich pro Jahr. Eine wichtige Überlebenshilfe für die schwächelnde Partei, die nun gestrichen wird: Denn um eine staatliche Teilfinanzierung zu erhalten, muss eine Partei bei Landtagswahlen 1,0 Prozent der Stimmen bekommen, eine Grenze, die die NPD in Mecklenburg-Vorpommern nicht erreichen konnte. Damit verliert die NPD auch ihre letzte staatliche Finanzierung in einem Bundesland.

Der III. Weg: Profil trotz 0,0-Prozent

Auch die neonazistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ trat dieses Jahr zum ersten Mal zur Bundestagswahl an, jedoch nur mit Landeslisten in Bayern und Sachsen sowie mit einem Direktkandidaten im sächsischen Vogtlandkreis, wo die Partei über einige Immobilien verfügt und laut dem sächsischen Innenministerium mindestens 125 Mitglieder haben soll (siehe Belltower.News). In Bayern erreichte die Neonazi-Partei mit 3.545 Stimmen Zweitstimmen lediglich 0,0 Prozent, in Sachsen mit 4.285 Zweitstimmen 0,2 Prozent. So kam der „III. Weg“ insgesamt auf 0,0 Prozent. Ihr Direktkandidat Udo Sieghart kam mit 513 Stimmen und nur 0,4 Prozent auf dem zweitletzten Platz vor der „Ischgl“-Partei. Zu den Hochburgen der Partei zählen Rathen (1,3 Prozent), Wülknitz (1,1 Prozent) und Bad Brambach (0,9 Prozent) in Sachsen.

Auf ihrer Parteiwebseite versucht der „III. Weg“ am Tag nach der Wahl ihr Ergebnis zu erklären: Im Beitrag „Die Bundestagswahl aus nationalrevolutionärer Sicht“ schreibt die Partei etwa, dass im Vorfeld schon festgestanden habe, „dass für die nationalrevolutionäre Bewegung bei dieser Wahl kein Erdrutschsieg zu erzielen sein wird“. Das sei nicht nur bei der Bundestagswahl 2021 der Fall gewesen, sondern auch bei vergangenen und werde auch bei denen in näherer Zukunft so sein, so die Neonazi-Partei.

Das ist auch teils ihrer Strategie: Denn die Partei kritisiert andere „nationalistische Akteure“ dafür, dass sie sechsstellige Beträge in Wahlkämpfen für die Frage verbrannten, ob sie 0,4 oder 0,5 Prozent erreichen würden – Mittel, die „Der III. Weg“ lieber in andere Projekte investiere. Der „III. Weg“ sieht dennoch Erfolge bei der Bundestagswahl: Sie habe nun eine weit höhere Bekanntheit als zuvor, dank provokativen Aktionen wie „Hängt die Grünen“-Plakaten und Leichenpuppen auf Kundgebungen (siehe Belltower.News). Die Partei spricht auch von einer „großen Zahl neuer Interessenten und Materialbestellungen sowie eine Festigung unserer Organisation“. Die Zahlen sprechen auch dafür: Mit insgesamt 7.830 Stimmen hat die Partei mehr als das Zehnfache ihrer Mitgliederzahl bei der Bundestagswahl 2021 erreicht.

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