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Braune Ratsherren Zur Kommunalwahl in Schleswig-Holstein

Bei der Kommunalwahl am 26. Mai in Schleswig-Holstein hat die NPD direkt oder via Tarnlisten vier Mandate erzielt – und das nach einem schwachen Wahlkampf, der vor allem durch Desinteresse geprägt war. Zugute kam der rechtsextremen Partei die niedrige Wahlbeteiligung.

 
Wenig Interesse: Infostand der NPD Segeberg-Neumünster in Bad Bramstedt (Quelle: Facebook-Screenshot)

Chaotische Strukturen, schwaches Personal, schlecht aufgestellt: Das ist das einhellige Urteil von Experten, geht es um die NPD in Schleswig-Holstein. Selbst parteiintern genießt der Landesverband im hohen Norden einen äußerst schlechten Ruf, was nicht zuletzt am eigensinnigen und sprunghaften Landesvorsitzenden Ingo Stawitz liegt. Hinter vorgehaltener Hand wird Stawitz als „unfähig“ und „Notnagel“ bezeichnet.

Der Zustand der NPD SH zeigte sich nicht zuletzt im Wahlkampf, der mit ein paar Aufklebern, Postwurfsendungen und einigen Infoständen, die kaum jemanden interessierten, eher schwach geführt wurde. Bezeichnend auch, dass eines der Hauptwahlkampfthemen die Parole „Raus aus dem Euro“ war – eine politische Forderung, die auf Kommunalebene nur wenig Relevanz hat.

Ein Parteiaustritt kurz vor der Wahl

Kurz vor der Wahl erklärte dann auch noch Kay Oelke seinen Austritt aus der Partei: Jahrelang war er Mitglied im Vorstand des NPD-Kreisverbands Storman-Lauenburg und zog bei der Kommunalwahl 2008 auch in den Kreistag Herzogentum Lauenburg ein. Für die diesjährige Kommunalwahl gründete er nun eine eigene Wählervereinigung „Rechtsstaatliche Liga“. Nach wochenlangem Schlingerkurs, in dessen Verlauf klar wurde, dass Oelke nicht gleichzeitig NPD-Mitglied und Spitzenkandidat seiner Wählervereinigung sein, trat er schließlich aus der Partei aus – die ihm mit bitteren Worten verabschiedete. „Während Oelke noch vor wenigen Wochen sehr gut mit seinen nun als ‚Rechtsextremisten‘ titulierten Kameraden der NPD zusammenarbeitete und seinerseits immer die Rede von einem überparteilichen Wählerbündnis in Zusammenarbeit mit den Nationaldemokraten die Rede war, verrät er nun seine ehemaligen Mitstreiter durch bedauerliche und zudem unglaubwürdige Erklärungen“, schrieb Jörg Lemke, Pressesprecher der NPD SH auf der Website der Partei.

Und weiter: „Die volkstreuen Wähler im Herzogtum Lauenburg müssen nun entscheiden, ob sie dieser ‚etwas rechteren CDU‘, die sich offen zum System bekennt und lediglich ein Teil des etablierten Puzzlespiels werden möchte, das Vertrauen aussprechen und ob Kay Oelke – dem ein erneuter Einzug in den Kreistag wichtiger zu sein scheint als Worttreue – zukünftig mit seinem neuen Wählerbündnis wirklich die Interessen der Deutschen im Kreistag vertreten kann.“ Tatsächlich gelang Oelke der erneute Einzug in den Kreistag, er erhielt bei der Kommunalwahl 1,6 Prozent der Stimmen (1.209 Stimmen). Zusätzlich holte er sich ein Mandat im Stadtparlament seiner Heimatstadt Geesthacht (1,9 Prozent der Stimmen). Trotz der vorherigen wortreichen Distanzierung fand Oelke Erwähnung in einer „Erfolgspressemitteilung“ Lemkes nach der Wahl.

Geringe Wahlbeteiligung gab den Ausschlag

In Neumünster erzielte die NPD 408 Stimmen bzw. 1,6 Prozent, was für einen Sitz von Mark Michael Proch in der Ratsversammlung genügt. Proch hatte bereits im Herbst mit einer „Kinderschänder“-Kampagne auf sich aufmerksam gemacht. Das örtliche Bündnis gegen Rechts „Runder Tisch“ bedauerte den Wahlausgang: „Auch wenn nur wenige Neumünsteranerinnen und Neumünsteraner den rassistischen und aggressiv nationalistischen Parolen der Nazis auf den Leim gegangen sind, konnte die NPD die zur Erringung eines Mandats erforderliche geringe Stimmenanzahl und damit einen Sitz in der Ratsversammlung für sich gewinnen“, hieß es noch am Wahlabend auf der Seite des Bündnisses. Damit sei erstmalig seit dem Ende der NSDAP-Herrschaft wieder eine Nazipartei in der Ratsversammlung Neumünsters vertreten – eine Situation, die in den nächsten Wochen gründlich reflektiert werden müsse, so Christoph Ostheimer vom Bündnis.

Der Runde Tisch hatte ebenso wie andere Initiativen und die demokratischen Parteien auf eine hohe Wahlbeteiligung gesetzt – denn der Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde und ein neues Auszählungsverfahren führten dazu, dass bei geringerer Wahlbeteiligung vor allem kleinere Parteien profitierten. Genau dieser Fall trat ein: Am 26. Mai gingen gerade einmal 46,7 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein zur Wahl – ein historischer Tiefstand. Die Mobilisierung, überhaupt ein Kreuz zu setzen und so der NPD und den rechtsextremen Wählervereinigungen den Einzug in die Kommunalparlamente zu erschweren, muss so als gescheitert angesehen werden.

NPD-Tarnliste in Kiel

Neben Oelkes „Rechtsstaatlicher Liga“ trat ein weiterer NPD-Mann unter anderer Fahne an: Hermann Gutsche schaffte den Wiedereinzug ins Kieler Rathaus als Spitzenkandidat der Wahlalternative Kieler Bürger (WaKB, 810 Stimmen bzw. 1,1 Prozent). ). Hinter der WaKB verbirgt sich allerdings ein Zusammenschluss von NPD und Freien Nationalisten – kein Wunder also, dass die NPD SH Gutsches Ergebnis als eigenen Erfolg feiert. Dabei hatte Gutsche im Vergleich zu 2008 real wie relativ Stimmen verloren. Die niedrige Wahlbeteiligung und vier Ausgleichsmandate hievten ihn dennoch ins Rathaus.

Keine Mandate erlangte die NPD dagegen im Kreis Pinneberg oder in Uetersen, immerhin der Heimatort von Stawitz. Insgesamt konnte die NPD die Zahl ihrer Mandate also nicht erhöhen – unabhängig von der Parteizugehörigkeit gewannen aber mit Kay Oelke, Mark Proch und Hermann Gutsche drei Vertreter der extremen Rechten Mandate. Der „Runde Tisch“ hat bereits angekündigt, weiter gegen die Einflussnahme der NPD anzukämpfen, so etwa mit einem Rock-gegen-Rechts-Konzert am 31. August.

Mehr im Internet:

Bündnis gegen Rechts NeumünsterPhantom-Partei im Norden (blick nach rechts)Schleswig-Holstein: Urnengang fällt ins Wasser (taz)

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