Weiter zum Inhalt

Newsletter

Newsletter

Nie wieder Belltower.News-Artikel verpassen? Kein Problem, dafür ist unser Newsletter da.

Jeden Freitag schicken wir unsere besten Artikel der Woche: Recherchen, Analysen und Kommentare zu Rechtsextremismus, Populismus, Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Desinformation plus Gegenstrategien und Argumenten für die Praxis.

Hier können Sie sich anmelden!

Wir möchten Sie an dieser Stelle darauf hinweisen, dass bei der Bearbeitung Ihrer E-Mail personenbezogene Daten verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung geschieht im Einklang mit der am 25. Mai 2018 in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO).
Mehr Informationen zur Datenverarbeitung

Was bisher geschah

Dokumentation der Einleitungstexte bisheriger Newsletter

08.09.2023

Liebe Leser*innen,

 

gestern haben wir gefeiert, denn Belltower.News ist Teil der Amadeu Antonio Stiftung. Seit 25 Jahren gibt es uns nun. 25 Jahre Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Deutschland. Anfangs war die Arbeit der Stiftung eine Reaktion auf den brutalen Rechtsterror der Nachwendejahre in den östlichen Bundesländern. Wir wollten einen Fokus auf die Opfer legen und auch diejenigen unterstützen, die sich Nazis entgegenstellten. Damals, 1998, waren wir im Büro in Berlin zu zweit. Aber mit viel Herzblut bei der Sache.

 

Heute gibt es bei der Amadeu Antonio Stiftung rund 140 Personen in Berlin, Leipzig, Hannover und Jena (aktuell 4 davon sind Belltower.News). Wir arbeiten zu Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit und Antifeminismus, Verschwörungsideologien - und allen weiteren Demokratiegefährdungen, die wir sehen. Das heißt, dass unsere Rufe gehört wurden. Das heißt, dass auch andere Menschen wahrgenommen haben, dass Rechtsextremismus gefährlich ist - für die direkt Betroffenen, aber auch für die gesamte Gesellschaft.

 

Seitdem sind Bundesprogramme als Förderung für Zivilgesellschaft entstanden, Kooperationen mit Stiftungen, Spender*innen, Unternehmen und staatlichen Institutionen. Für jede dieser Entwicklungen sind wir mehr als dankbar, weil wir sehen: Auch andere Menschen sehen die Gefahr und übernehmen Verantwortung, wollen Opfer schützen. Wir können sensibilisieren. Unsere Arbeit ist erfolgreich. Sie trägt dazu bei, dass Menschen in Deutschland gleichwertiger behandelt werden. Wir sind nicht am Ziel, aber wir sind auf dem Weg ein gutes Stück vorangekommen. Bundesweit.

 

Andererseits gestalten die Neonazis von damals heute die Gesellschaft mit. Sei es als Politiker*innen, Lehrer*innen, Eltern, Journalist*innen, Anwält*innen in Dörfern und Städten. Sie werden unterstützt oder zumindest flankiert von Menschen, die auch mal wieder rassistisch sein wollen, nicht immer auf alle Rücksicht nehmen wollen, politisch unkorrekt sein wollen, auch wenn das die Herabgesetzten schmerzt. Einige Menschen in Deutschland finden die Demokratie ganz schön anstrengend, weil man sie leben muss. Sie sind verstimmt, weil das auch heißen kann, selbst (Deutungs-)Macht oder Ressourcen zu teilen. Im Moment scheint die Zahl derjenigen zuzunehmen, die bereit sind - oft aus einer (zumindest vermeintlich) privilegierten Situation heraus als deutsch gelesene Menschen mit weißer Hautfarbe -, für persönliche Vorteile oder für die Bestätigung ihrer Vorurteile die Demokratie aufzugeben, einzelne Werte oder das gleich das ganze System.

 

Das ist frustrierend. Es macht auch Angst. Wir haben in einigen Bereichen Fortschritte gemacht, aber der Backlash kommt mit Macht. Angesichts dieser Situation fragen sich manche: Macht die Arbeit gegen Rechtsextremismus, die Arbeit gegen Ungleichwertigkeit eigentlich Sinn?

 

Wenn Sie mich fragen: Sie hat nie mehr Sinn gemacht. Denn wir wissen nicht, wie Deutschland aussähe ohne das Engagement der vielen Menschen, die demokratische Prinzipien hochhalten, jeden Tag, im Alltag. Die unterstützen wir als Amadeu Antonio Stiftung.

 

Wir werden jedenfalls nicht müde, jeden Tag von Neuem zu versuchen, eine gerechtere Gesellschaft zu erreichen, Menschen zum Nachdenken zu bringen, Empathie zu ermöglichen, Informationen dafür zu geben. Danke, dass Sie uns das seit 25 Jahren ermöglichen.

 

 

Herzliche Grüße,

Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

01.09.2023

Liebe Leser*innen,

 

erinnern Sie sich an die ersten Gerichtsverfahren in Deutschland wegen Hate-Speech-Kommentaren? Da war eine beliebte, unglaubwürdige, aber erfolgreiche Verteidigungsstrategie: Das sei zwar der eigene Computer gewesen, von dem der Kommentar kam, aber man habe den eben offen und unverschlüsselt in der Öffentlichkeit stehen gelassen - da habe den Kommentar ja jede*r schreiben können!

 

Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger konnte das schon in den 1980ern, noch ganz ohne Computer: Das "abscheuliches Pamphlet", das heißt ein menschenverachtend antisemitisches Flugblatt, sei zwar vor 36 Jahren in seiner Schultasche gefunden worden - aber natürlich ganz ohne sein Wissen. Wer kennt es nicht? Nun, vermutlich alle anderen Menschen in Deutschland.

 

Tagelang hat sich Aiwanger gewunden und versucht, sich als Opfer zu inszenieren - während ehemalige Klassenkameraden von seinen Hitlerparodien berichteten -, bis er schaffte, sich immerhin heute vom Inhalt des Flugblattes zu distanzieren, das angeblich sein Bruder, heute ein Waffenhändler, geschrieben haben will. Aber Konsequenzen? Gab es für Aiwangers bisher nicht.

 

Im Gegenteil hofft seine Partei der "Freien Wähler" offenbar, daraus bei der Landtagswahl im Oktober noch Kapital zu schlagen. Nun liegt es an den Bayerischen Wähler*innen, den Freien Wählern zu zeigen, dass sie falsch liegen, wenn sie meinen, mit Hitlerwitzen und antisemitischen Flugblättern Stimmen gewinnen zu können. Den Rest von Deutschland würden sie damit auch beruhigen.

 

Aber dass Rechtsextremismus oft wenig Konsequenzen hat in Deutschland, gehört leider dazu. Drei Jahre nach dem "Sturm auf den Reichstag" in Berlin im Sommer 2020 gab es etwa für den Angriff auf das symbolträchtige Regierungsgebäude und auch auf die Polizist*innen, die den Eintritt des Mobs verweigerten. Aber wer kann das den querdenkenden "Spaziergänger*innen" schon übel nehmen? Jedenfalls nicht deutsche Gerichte: Drei Geldstrafen gab es bisher - und nun startet ein Verfahren vor Gericht. Aber nur, weil der Täter seine Geldstrafe nicht akzeptieren wollte. Betrachten wir Gerichtsverfahren in nicht-rechten Zusammenhängen, können die mutmaßlichen Täter*innen von solcher Kulanz nur träumen. 

 

Bleiben die Konsequenzen, die sich Rechtsextreme in Deutschland selbst zufügen. Ein junger Mann aus Chemnitz, Alexander W., verlor vor zwei Wochen drei Finger, die ihm nach seinen Angaben im Chemnitzer Stadtpark mit einer Machete abgetrennt worden waren - und nach seinen Angaben: Von gewalttätigen Linksextremen. Brutal, und einzigartig, weil so ein Fall bisher noch nie vorgekommen ist. Jetzt allerdings auch nicht: Inzwischen ermittelt die Polizei wegen Vortäuschens einer Straftat gegen Alexander W.. Mutmaßlich war es ein Bekannter des Neonazis, die Finger kappte - warum, darüber darf noch gerätselt werden. Verloren sind sie auf alle Fälle: Sie wurden zwar am Rande des Chemnitzer Stadtparks von einem Polizeihund aufgefunden - aber in einem nicht mehr operablen, ungekühlten Zustand. Sie lagen in einem Braunglas-Container. Und geben Zeugnis ab, was Folgen ideologischer Verbohrtheit sein können, wenn Denken nicht genug verwendet wird.
 

 

Herzliche Grüße,

Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

25.08.2023

 

Liebe Leser*innen,

 

welcher Gesellschaftsbereich leistet es sich eigentlich, immer wieder neue Konzepte für Probleme zu entwickeln - und wenn die Strategien erfolgreich sind und funktionieren, werden sie nicht etwa verstetigt oder ausgeweitet, sondern eingestampft, weil halt die Förderperiode endet? Zivilgesellschaftliche Arbeit für Demokratie arbeitet seit 20 Jahren genau unter diesen Bedingungen.

 

Trotzdem werden manchmal die Gefühle besonders bitter: Das digitalpädagogisches Projekt "firewall - Hass im Netz begegnen" der Amadeu Antonio Stiftung  ist bundesweit aktiv und gefragt, erfolgreich, innovativ, wirkungsvoll - und hatte deshalb vom Bundesjustizministerium als Fördermittelgeber bereits die Aufforderung bekommen, ein Folgeprojekt zu beantragen. Doch mit der Einführung des Digital Services Acts - deutsch das Digitale Dienste Gesetz - wechselt der Themenbereich Hate Speech zum Bundesdigitalministerium, das bisher leider nicht auf zivilgesellschaftliche Präventionsarbeit als Ergänzung zu Regulierung, Beschwerden und Strafen setzt, um den Umgang der Menschen miteinander in der digitalen Welt zu gestalten.

 

Ausführlich habe ich das in der Stellungnahme zum Digitale Dienste Gesetz erläutert. Aber falls sie uns jetzt konkret helfen wollen, unser fantastisch geschultes, 110 Menschen bundesweit umfassendes Trainer*innen-Netzwerk doch zu erhalten, damit sie Schüler*innen von Flensburg bis zum Bodensee Informationskompetenz nahe bringen können:

 

Unterschreiben Sie bitte die Petition unserer Kolleg*innen mit WeAct von Campact.

 

Wir werden die Arbeit von firewall nicht leise beenden.
Wir brauchen Ihre Stimme, um Gehör zu finden.

 

Trotzdem bleibt es unfassbar, in Zeiten wie diesen an Prävention zu sparen, also an den Projekten und Menschen, die mit Jugendlichen arbeiten, bevor sie in Demokratiefeindlichkeit abdriften. Reichsbürger*innen marschieren offen,  junge Neonazis über Schießen und Kampfsport mit erklärtem Tötungsziel, die AfD erscheint wählbar, obwohl sie lügt und Hass verbreitet und ihren Wähler*innen am meisten schaden würde, und spätestens, wenn rechtspopulistische Menschenfeindlichkeit mit Neonflamingos verpackt wird, ist es besser, Jugendliche - und Erwachsen - haben gelernt kritisch zu hinterfragen, ob ihnen Fakten oder Meinung präsentiert werden.

 

Dafür werden wir uns immer einsetzen.

 

 

Herzliche Grüße,

Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

11.08.2023

Liebe Leser*innen,

 

es weht eine kalter Wind durch diesen Sommer 2023. Die AfD hat sich bei ihrem Parteitag zur Europawahl am letzten Wochenende offener rechtsextrem gezeigt als zuvor. Der Spitzenkandidat der AfD zur EU-Wahl, Maximilian Krah freute sich darüber, dass die Partei rechter sei als je zuvor. Verschwörungsideologien wie der rassistisch-antisemitische "große Austausch", antisemitische Dogwhistles wie die angeblichen "Globalisten", die die Welt beherrschten, rechtsextreme Sprache wie die geforderte "Remigration" oder das "Europa der Vaterländer" waren diesmal willkommen und wurden viel und offen verwendet bei der AfD. Die Verschleierung der völkischen, verschwörungsideologischen, menschenfeindlichen Ideologie und Politik der Partei wird nicht mehr benötigt.

 

Warum auch? Die AfD hat die höchsten Zustimmungszahlen ihrer Geschichte. Schon dekliniert AfD-Hardliner Björn Höcke im MDR-Sommerinterview durch, was das heißen kann: Kinder mit Behinderungen machten "unsere Kinder" ja wohl nicht "leistungsfähiger", also: Weg mit der Inklusion. Das klingt so rückwärtsgewandt in Richtung des schlimmsten Kapitels der deutschen Geschichte, wie es wohl auch gemeint ist. Derweil trainiert die AfD-Jugend in Schleswig-Holstein mit Schweizer Neonazis der "Jungen Tat" den Straßenkampf - pardon, natürlich nur "die Verteidigung" gegen die angeblich so gefährlichen politischen Gegner*innen, die die Welt mit Ideen wie Meinungsaustausch mit Minderheitenschutz oder Gleichwertigkeit aller Menschen "bedrohen". 

 

Und die gesellschaftliche Reaktion, im kalten Sommerloch? Bestenfalls Desinteresse, schlimmstenfalls Verstärkung. Klammheimliche Freude darüber, dass Sparmaßnahmen pädagogische Präventionsprojekte treffen, die offenbar vielen als überflüssiger Zuckerguss gelten, obwohl genau diese Projekte Jugendlichen beibringen, wie Demokratie funktioniert und wie sie gelebt werden kann, aber was soll schiefgehen, wenn wir die streichen in diesen Zeiten? 

 

Ich hoffe, wir nutzen diesen kalten Sommer, um im Herbst unsere Demokratie mit neuer Kraft verteidigen zu können.

 

Herzliche Grüße,

Simone Rafael

28.07.2023

Liebe Leser*innen,

 

ab heute findet der 14. Bundesparteitag und der erste Teil der Europawahlversammlung der AfD statt. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland konnte eine Partei am äußersten rechten Rand auf so viel Zuspruch in der Bevölkerung bauen. Aktuell erreicht die AfD in bundesweiten Umfragen über 20 Prozent.

 

Wäre es angesichts dieser Zahlen nicht gerade jetzt wichtiger denn je, sich fest gegen Antisemitismus, Rassismus und Desinformation zu stellen? Etwas, was sogar im Koalitionsvertrag der Ampel steht: „Wir werden die Arbeit zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus fortsetzen, inhaltlich weiterentwickeln und sie nachhaltig finanziell absichern. (…) Wir stärken die Arbeit gegen Hass im Netz und Verschwörungsideologien.” Taten folgen diesen Worten immer weniger. Das Projekt Firewall wird ab 2024 nicht mehr weiter durch das Bundesjustizministerium gefördert. Ein Projekt gegen Hass und Menschenfeindlichkeit im Netz, das Medienkompetenz und Informationen über digitalen Selbstschutz vermittelt.

 

„Wir mögen das Internet sehr, aber wir sehen auch, dass es von rechtsextremen Akteur*innen missbraucht wird, um menschenfeindliche Ideologie und Hass zu verbreiten" erklärte uns eine Bildungsreferentin des Projekts in dieser Woche und fuhr fort: „Mir macht das keinen Mut. Warum hat Kompetenzbildung keinen Stellenwert in dieser demokratischen Gesellschaft? Wir erleben in den letzten Jahren der Krisen, wohin dieses Denken führt: Verschwörungserzählungen und immer mehr Menschenfeindlichkeit."

 

Es gibt viele Gründe, weiterzumachen! Wir sind nicht mit öffentlichen Geldern gefördert, denn wir müssen tagesaktuell handlungsfähig und journalistisch unabhängig bleiben. Deswegen ist Belltower.News auf Ihre Spende angewiesen. Damit können wir weiterhin unsere redaktionelle Arbeit sicherstellen und dabei helfen, Rechtsextremismus zu erkennen – und ihm entgegenzutreten.

 

Herzliche Grüße,

Ihre Belltower.News-Redaktion

21.07.2023

14.07.2023

Liebe Leser*innen,

 

die AfD tritt offener rechtsextrem auf als je zuvor - so war etwa Björn Höcke im "Honigwabe"-Podcast zu Gast. Das ist ein Hort des Online-Rechtsextremen-Aktivismus, die jede*n, der*die darüber berichtet, mit Hass zuschüttet (das haben Sie vielleicht auch in den letzten Tagen auf unserem Twitter-Kanal gesehen, den wir immer gern für Kommentare offen lassen - jetzt ging es nicht mehr). Wir lassen uns von so einer Hasskampagne ansonsten nicht beeindrucken, doch die Taktik ist oft nicht unerfolgreich. Aber Entgrenzungen wie Höckes Besuch in der rechtsextremen Schmutzecke des Internets müssen wir berichten, damit Sie davon wissen. Wir verstehen, warum Höcke diese Troll-Armee lieber auf seiner Seite haben möchte als gegen sich. Strategisch ist so ein offener Schulterschluss aber auch eine Ansage: Wir verstecken unseren Rechtsextremismus nicht mehr.

 

Und Höcke hat nicht Unrecht - warum nicht auf offen demokratiefeindlich sein? Denn auch wenn Politik und politische Kommentator*innen in ihrer Analyse der AfD-Zustimmung der letzten Zeit zumeist der Politik der Ampel-Regierung oder gesellschaftliche Unsicherheiten für die Zahlen verantwortlich machen, sind die Wähler*innen - wie sie in Interviews und Umfragen zeigen - ausgesprochen offen über ihre Wahlmotivation: Sie ist rassistisch, pocht auf Etabliertenvorrechte, ist demokratiefremd bis demokratiefeindlich, mit Einschüben von Ost-Identität und Abgehängtheitsgefühlen.

 

Umso wichtiger wäre es jetzt, auf die AfD-Zustimmung nicht mit der Übernahme von Rechtsaußen-Narrativen, schärferer Asylgesetzgebung oder Verständnis für Menschenfeindlichkeit zu reagieren, sondern als wehrhafte Demokratie klare Kante zu zeigen - und die Menschen vor Ort zu unterstützen, die demokratische Prozesse verstanden haben, sie schätzen und sich dafür einsetzen, dass sie auch gelebt werden können. Denn das alltägliche Standhalten, Positionieren, Diskutieren, Vermitteln und Kompromisse aushandeln macht den Unterschied gelebter demokratischer Kultur aus. Wenn Sie das überzeugt - das ist der Projektförderungsansatz der Amadeu Antonio Stiftung. Wenn wir mehr Spenden hätten, könnten wir auch noch mehr Projekte vor Ort unbürokratisch und effektiv unterstützten. Vielleicht auch Ihres? Das wäre uns am allerliebsten.

 

Herzliche Grüße,

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

07.07.2023

Liebe Leser*innen,

 

ich war gestern auf ein Podium eingeladen, es ging um digitale Gewalt gegen Frauen. Wer sich, wie wir in der Amadeu Antonio Stiftung, viel mit Hate Speech und digitaler Gewalt gegen Frauen und weiblich gelesene Menschen auseinandersetzt, weiß: Es geht dabei nicht nur um das Ausüben von Macht, um Kräftemessen, um Dominanz:  Es geht vielmehr um Vernichtung. Zumindest um gesellschaftliche Vernichtung.

 

Wer Frauen* online mit Sexismus, Misogynie und Hass übergießt - in der Regel vor allem politisch und/oder beruflich aktive Frauen* -, der will, dass sie schweigen, dass sie sich verdrängen lassen, dass sie sich zurückziehen aus dem digitalen Raum, dass ihre Stimmen nicht mehr zu hören sind, ihre Ansichten, Probleme, Wünsche und Ideen nichts mehr zählen.

 

Wenn die Frauen* sich weigern, sich mundtot machen zu lassen, ist Plan B: Sie wenigstens so weit zu diskreditieren und lächerlich zu machen, dass sie wie Verrückte oder Nimmersatte wirken, wenn sie Gleichwertigkeit und gleiche Rechte einfordern, dass sie wirken, als sei ihnen nicht trauen, oder dass sie gleich als Feind*innen der eigenen Weltvorstellung porträtiert werden, die zerstören wollen, sei es Tradition, Nation, Kernfamilie, Religion oder ähnliches. Viele Menschen hassen aus vielen Gründen emanzipierte Frauen* und Menschen, in Deutschland rund 19 % der Menschen (33 % der Männer, 19 % der Frauen haben ein geschlossen antifeministisches Weltbild, Leipziger Autoritarismus-Studie, 2022).

 

Blöd dabei: Es funktioniert. Die Botschaft kommt an. Viele junge Frauen* zögern, politische Ämter zu übernehmen, wenn dafür vor allem Hass zu ernten ist, online und offline. Wikipedia hat nur eine geringe Menge an Autorinnen, rund 10 Prozent, unter anderem weil diese mit Frauenfeindlichkeit unter den Wikipedia-Schreibern zu kämpfen haben, und so wird, trotz aller Bemühungen von Wikipedia selbst, das Online-Lexikon der Welt wieder von einem männlichen Blick dominiert. Mehr noch: Frauen*, die online bedroht werden, verlieren diesen Lebens- und Informationsraum so sehr, dass sie dort auch weniger recherchieren und lesen - und damit von Bildung abgehalten werden. Bei Intersektionalität - also, wenn die Frauen* etwa auch von Rassismus oder Queerfeindlichkeit betroffen sind - ist der Effekt umso stärker.

 

Offenkundig ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deshalb Gegenstrategien zu entwickeln, damit Gleichwertigkeit und gleiche Chancen für alle erreicht werden können. Unsere Gesamtgesellschaft gibt aktuell aber eher Anlass zur Sorge. "Cancel Culture" bezeichnet nicht diese mangelnde Ermutigung für Frauen* oder People of Color, sondern wird dort gewittert, wo nicht mehr offen sexistisch oder queerfeindlich oder rassistisch gehetzt werden kann, ohne dass es Widerspruch gibt.

 

Die AfD, die Partei des Rückschritts, der Anti-Aufklärung und der Antimoderne, erfährt derzeit ein Umfragehoch nach dem anderen. Was erhoffen sich die Menschen, die in den Sonntagsfragen angeben, für die AfD stimmen zu können? Dass Frauen*, Migrant*innen, queeren Menschen, Juden*Jüdinnen, Muslim*innen aus dem gesellschaftlichen Diskurs verschwinden? Dass sie aus Deutschland verschwinden? Was machen sie dann in dem leeren Land mit ihren Problemen, die dann immer noch da sind? Wünschen Sie sich wirklich, dass die Diskussionen und Debatten über gesellschaftliche Themen aufhören, dass Deutschland wieder eine Autokratie oder eine Diktatur wird, damit sie weniger denken müssen und sich mehr beschweren können?

 

Ich weiß, die Leser*innen dieses Newsletters werden diese Fragen nicht beantworten können. Aber vielleicht ist das eine Aufgabe, wenn wir auf Menschen treffen, die für die AfD stimmen oder darüber nachdenken, das zu tun: Bis zum Ende eines Gedankens weiterfragen. In der Hoffnung, dass sich der eine oder die andere vielleicht doch erschreckt, wenn sie AfD-Positionen zu Ende denken.

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

30.06.2023

Liebe Leser*innen,

 

ich wünsche mir, dass wir in 20 Jahren den 25. Juni 2023 vergessen haben. Dass der erste AfD-Landrat in Deutschland dann keine Spuren hinterlassen haben wird im kollektiven Gedächtnis. Ich freue mich darauf, dass wir als Gesellschaft einen Weg gefunden haben werden, diejenigen von Demokratie als beste Gesellschaftsform überzeugt zu haben, die sich 33 Jahre nach dem Fall der Mauer einen autoritären Führerstaat zurückwünschen. Ich wünsche mir, dass wir Menschen verständlich machen konnten - besonders den 25 Prozent mit geschlossenem rassistischen Weltbild - dass alle Menschen gleichwertig sind und gleiche Rechte haben und dass wir alle davon profitieren, wenn Menschen nicht aufgrund von Gruppenzuschreibungen abgewertet, diskriminiert oder gewaltvoll behandelt werden.

 

Deutschland 2023 allerdings präsentiert sich in diesem Juni nicht in einem guten Zustand. Der AfD-Landrat in Sonneberg ist gewählt, und statt darüber zu diskutieren, wie wir rassistische oder autoritäre Überzeugungen aufbrechen können, die hinter solchen bewussten Wahlen stecken, sind wieder Menschen im Westen erschrocken, ist in Medien wieder von angeblichem "Protest" die Rede, oder eine AfD-Funktionärin wird in Medien als vermeintliche Kanzlerkandidatin gehypt, die sie nicht einmal ist.

 

Warum lernen wir nicht einfach mal aus den vergangenen Jahren? Mehr demokratische Parteien, die sich in ländlichen Regionen - und auf TikTok - engagieren, damit die AfD nicht als einzige Kümmerer-Partei erscheinen kann, nur weil sie anwesend ist (denn Lösungen hat sie ja nicht).

 

Mehr demokratische Netzwerke, die vor Ort aktiv werden können, damit etwa Sonneberg mehr demokratische Angebote hat als das "Blaulichtfest" von Polizei und Feuerwehr für Kinder, den Bund der Vertriebenen als langjährigsten "Demokratie Leben"-Partner und den AfD-Anhänger, der in Neonazi-Kleidung blaue Ballons an Kitakinder verteilt.  Mehr Hilfe zu demokratischer Teilhabe für alle, die demokratische Werte vertreten, damit nicht die wenigen Aktiven stets vor Überlastung abwinken müssen.

 

Demokratie lebt vom Mitmachen. Weiter geht's.

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

23.06.2023

 

Liebe Leser*innen,

 

als Journalist*innen lieben wir es, unsere Meinung zu sagen, und wir lieben es, wenn Menschen ihre Meinung frei äußern können und nicht mundtot gemacht werden. Wir wissen aber auch, dass es immer wieder Versuche gibt, Menschen zum Schweigen zu bringen -  nicht zuletzt auch durch Abmahnungen und Unterlassungserklärungen.

 

In dieser Woche gibt es gleich zwei Gründe, sich darüber Gedanken zu machen. Der erste ist eine Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft, die untersucht, wie Rechtsextreme versuchen, qua juristischer Tricks Aktivist*innen oder Journalist*innen einzuschüchtern. Sehr gern habe ich den Forscher*innen Rede und Antwort gestanden - denn auch wir kennen die Situation, dass Unterlassungserklärungen in die Redaktion kommen. Bei der juristischen Einschüchterung reden wir nicht von Unterlassungserklärungen wegen realer Fehler - die gibt es auch und die sind natürlich berechtigt. Es gibt aber auch unzählige Versuche, völlig zulässige Berichterstattung zu unterbinden - in der Hoffnung, dass die Angst vor einem Prozess und dessen Kosten uns Journalist*innen dazu bringt, zu schweigen, wo wir es nicht wollen - und oft auch nicht sollten. Wohl dem*der, die dann gute Anwält*innen an der Seite hat, die klug beraten. Aber die muss man sich auch leisten können.

 

Womit wir bei Thema Nummer 2 wären. Denn auch die jungen Frauen, die über die Übergriffe bei Aftershow-Events von Rammstein-Konzerten berichten, werden von den Anwälten der erfolgreichen und finanzkräftigen Band juristisch bedrängt, damit sie nicht mehr wagen, sich zu äußern. Damit perpetuiert sich, was in Deutschland leider immer noch übliche Praxis ist: Die potenziell traumatisierten Opfer sollen eine Tat beweisen, die sie selbst nicht erwartet oder dokumentiert haben, während den potenziellen Tätern mit Milde begegnet wird. Es freut mich sehr, dass prominente Menschen aus Film, Musikbranche und Internet sich gemeinsam mit dem Sheroes-Fund von Jasmina Kuhnke bei der Amadeu Antonio Stiftung entschlossen haben, zu versuchen, dieses Kräfteverhältnis auszugleichen und auch den Frauen eine Anwaltsvertretung zu ermöglichen, wenn sie diese brauchen und wünschen. Niemand sollte aus Angst vor finanziellen Konsequenzen schweigen müssen. Die Resonanz und die Solidarität, die in der Kampagne "Wieviel Macht 1 Euro?"  zum Ausdruck kommt, ist eine enorme Ermutigung. Wollen Sie auch helfen? Hier können Sie für die Kampagne spenden. Sie sind betroffen? Bitte melden Sie sich bei der Amadeu Antonio Stiftung, dann gehen wir das Thema gemeinsam an.

 

Herzliche Grüße,

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

16.06.2023

 

Liebe Leser*innen,

 

diese Woche hielt für Menschen, die sich für Demokratie und Menschenrechte engagieren, deprimierende Nachrichten bereit. In Deutschland wachsen die Umfragewerte für die AfD, auch im Rest von Europa erleben wir einen Backlash zu rechtspopulistischen und rassistischen Positionen, der nach Jahren der demokratischen Weiterentwicklung besonders schmerzt. Und wieder einmal reagieren die (größtenteils) demokratischen Regierungen Europas darauf mit einer Abschottung der EU-Außengrenzen gegen Geflüchtete. Weil es offenbar leichter erscheint, Geflüchtete als Problem erscheinen zu lassen, statt darüber zu sprechen, wie eine menschenwürdige Unterbringung und Unterstützung schutzsuchender Menschen europaweit organisiert werden könnte (vgl. Pro Asyl).

 

Und während in Deutschlands progressiven Kreisen noch Entsetzen darüber herrscht, dass schutzsuchende Menschen, ob Erwachsene oder Kinder, in Zukunft in Lager inhaftiert werden, um ihren Schutzstatus imaginär "vor Europa" zu prüfen (vgl. Mediendienst Integration), sterben im Mittelmeer mindestens 500, vielleicht sogar bis zu 700 Menschen beim Sinken eines Bootes voller Geflüchteter, darunter mindestens 100 Kinder, dass von Libyen aus Italien erreichen wollte. Die griechische Küstenwache sah keinen Grund, dem überladenen Schiff zu helfen (vgl. Spiegel).  Lebt Europa so noch demokratische Werte und Menschenrechte? Mit einer Asylpolitik, die Schutzsuchende zu lebensgefährlichen Fluchtrouten zwingt - und beim Ertrinken zusieht?

 

Dabei wissen wir schon von vorangegangenen Asylrechtsverschärfungen: Sie führen nicht zu weniger schutzsuchenden Menschen - die fliehen nämlich nicht ohne Grund. Wenn Flüchtlingsrechte beschnitten werden, um weitere Geflüchtete abzuschrecken und die Gekommenen auszugrenzen, ist das eine Bestärkung für rassistische Menschen und das Gegenteil dessen, was wir für sozialen Frieden brauchen: Hilfe zur Integration für die Schutzsuchenden, die nach Europa kommen.

 

Es ist also viel zu tun. Aber es gibt auch viele, die sich seit Jahren erfolgreich für Demokratie und gegen Rassismus engagieren. Zu den langjährigen Partnerorganisationen der Amadeu Antonio Stiftung gehört die RAA Berlin (Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie e.V.). Sie schaut nun auf ihre Entwicklung zurück mit der Publikation  „Drei Jahrzehnte RAA Berlin – Rückblicke, Schwerpunkte, Visionen“. Es geht um Partizipation und Bildungsgerechtigkeit, Empowerment und diversitätsorientierte Organisationsentwicklung. Na dann - auf die nächsten 30 Jahre! Es wird nötig sein.

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

08.06.2023

Liebe Leser*innen,

 

diese Woche war bei uns in der Redaktion sehr arbeitsreich, aber in der Offline-Welt: Wir waren bei der re:publica 2023 in Berlin unterwegs, um uns netzpolitisch fortzubilden und den Blick auf neue Entwicklungen und Demokratiegefährdungen zu werfen. Natürlich haben wir dabei unsere Recherchen ebenfalls eingebracht - die erste Empfehlung ist deshalb der Vortrag " Algospeak und Umwegskommunikation? - Error by Design" - hier als Video, und hier ein Interview dazu, mit unseren zwei Kolleginnen, die monitoren, wie sich online eine eigene Sprache entwickelt, die Filtersysteme umgehen will, dabei aber auch wichtige Themen unsichtbarer werden lässt.
 

Ich habe mich währenddessen mit der Frage von künstlicher Intelligenz und Menschenrechten auseinandergesetzt. Klar wird KI nicht von selbst diskriminierend und böse, sondern durch den Menschen, der die KI trainiert. Aber wenn wir das über generative KI wie Chat GPT nun alle können, müssen wir über ethische Regeln, Regulierung und Verantwortung sprechen - am besten schnell. Hier mein Text dazu.

Derweil stoppt die Menschenfeindlichkeit in der Welt leider nicht. Der grausame Brand in der Flüchtlingsunterkunft in Apolda, der ein 9-jähriges Kind das Leben kostete - er ist nach bisherigem Ermittlungsstand keine Brandstiftung, aber eine Folge der strukturell rassistischen Unterbringung von Schutzsuchenden in maroden Gebäuden.

 

Frauen, die über sexuelle Gewalt unter Drogen bei Aftershow-Parties der gern mit Menschenfeindlichkeit angeblich nur "spielenden" Band Rammstein berichten, werden anschließend misogyn beschimpft, statt dass ihnen geglaubt wird.

 

Rechtsextreme starten derweil einen "Meme War" und präsentieren sich als queerfeindliche Hater, um damit gegen den Pride Month zu agitieren - dabei markieren sie sich nur selbst als die rechtsextremen Gleichwertigkeitsfeinde, die sie sind. Dabei verwenden sei auch Fake-Profile mit KI-generierten Frauenfotos, weil der rechtsextremen Szene an dieser Stelle die realen Frauen fehlen. Das war mit der demokratisierten KI für alle nicht gemeint - ist aber immerhin leicht zu erkennen.

 

Bleiben Sie wachsam.

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

02.06.2023

Liebe Leser*innen,

 

zum 30. Mal jährte sich am vergangenen Wochenende der Brandanschlag von Solingen. Damals war nach der Tat das Entsetzen groß - wegen der mörderischen Gewalt, wegen der kindlichen Opfer. Doch die zeitgenössische Berichterstattung strotzte vor rassistischen Klischees über die Opfer, Rechtsextremismus wurde trotzdem weiter als "Jugendphänomen" gelabelt, von dem viele trotz allem hofften, es werde sich quasi verwachsen.

 

30 Jahre später wissen wir: Hat es nicht. Rechtsextremismus ist keine "Jugendrebellion", sondern eine politische Ideologie, die der Demokratie so feindlich gegenüber steht, dass sie an deren Abschaffung arbeitet. Dabei nutzt sie die Institutionen der Demokratie: Die AfD äußert sich offener rechtsextrem als je zuvor, wird inzwischen auch als rechtsextremer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachten und hat aktuell höchste Zustimmungswerte vor den Landtagswahlen 2023. Gerichte gehen bisweilen mit rechtsextremen Gewalttätern überraschend verständnisvoll um. Was bleibt, ist die Gewalt: 30 Jahre nach Solingen schießt ein rechtsextremer Hamburger auf seine schwangere Nachbarin - aus rassistischen Gründen. In Brandenburg wird gegen Rechtsextreme ermittelt, die die jugendlichen Teilnehmer*innen einer Schulfahrt aus Berlin bedroht haben - weil einige als Muslime zu erkennen waren. Die Arbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus muss also weiter gehen.

 

Was in den 30 Jahren ebenfalls passiert ist: Das Internet. Mit seinen positiven Effekten der Wissensvermittlung und des Empowerments, aber auch mit seinen negativen Effekten des digitalen Hasses und der massenhaften Verbreitung von Desinformationen.

 

Und jetzt kommt eine Einladung!

Das Klassentreffen des engagierten Internets ist die re:publica in Berlin - ein Festival für Netzpolitik, Technik, Wissenschaft, Medien und digitale Zukunftsvisionen. Unser Spezialgebiet sind ja die Gegenstrategien zu Hass und Rechtsextremismus online - und genau die präsentieren wir in Berlin.
 

Besuchen Sie uns gern in der nächsten Woche vom 05.06.2023 bis zum 07.06.2023 auf der re:publica in Berlin-Treptow! Wir haben als Amadeu Antonio Stiftung einen Stand in der Haupthalle, Stand-Nr. L3 und präsentieren dort unter anderem unser neuestes Produkt aus dem Projekt Civic.net - das hoffentlich das Leben von Social Media Manager*innen erleichtern wird, die sich für demokratische Debatten einsetzen wollen. Natürlich beantworten wir auch gern alle Fragen, die Sie aus Ihrem digitalen Alltag mitbringen.


Sie möchten uns lieber in Workshops erleben?

 

06.06.2023, 18.00 Uhr, Lightning Box 1:
Algospeak und Umwegskommunikation? – Error by Design

 

06.06.2023, 17:30 Uhr, Media Meet Up:
Tanzt den Beutelsbacher Konsens! – Austausch mit dem Stammtisch politischer Bildungscreator*innen

 

08.06.2023, 12:15 Uhr, Stage 6 / Tincon:
Mit Rechten stitchen!? – Wie umgehen mit der konfrontativen TikTok-Funktion

 

Wir freuen uns auf Sie :)
Und Belltower.News wird natürlich berichten.

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

26.05.2023

Liebe Leser*innen,

 

ist es Ihnen auch schon aufgefallen? Niemand will mehr Nazi sein. Das begrüßen wir natürlich, allerdings häufen sich in den letzten Wochen die (Lippen-)Bekenntnisse  neonazistischer Führungsfiguren und Gewalttäter, die plötzlich keine Rechtsextremen mehr sein wollen. Prominentestes Beispiel diese Woche war NSU-Rechtsterroristin Beate Zschäpe, die bei den Morden an zehn Menschen beteiligt war und im Prozess vor dem Oberlandesgericht München eisern geschwiegen hat und damit ihren Ruf als rechtsextreme Ikone zementiert hat. Seit 2019 sitzt die zu lebenslanger Haft verurteilte Zschäpe in Haft, aus der sie Liebesbriefe mit Gleichgesinnten tauschte und sich als standhafte Neonazistin der 1990er "Baseballschlägerjahre" von der Szene feiern ließ. Doch nun: Szenenwechsel. Ins Aussteigerprogramm des Landes Sachsen wolle Zschäpe, meldet die Sächsische Zeitung.

Damit folgt sie einem prominenten Mittäter: André Eminger, NSU-Unterstützer und dafür in Haft, soll seit Sommer 2022 im sächsischen Aussteigerprogramm sein und mit der Szene gebrochen haben. Immerhin zehn Monate Resthaft wegen anderer Taten wurden ihm daraufhin erlassen, ob Zschäpe auf Ähnliches hofft? Für die NSU-Unterstützung hatte war er zu 2 1/2 Jahren Haft verurteilt worden - danach ging er wieder auf rechtsextreme Konzerte, hatte Kontakt zu Rechtsterrorismus-Anwärterin Susanne G., wie die ZEIT recherchierte. Auch seine Frau und sein Zwillingsbruder gehörten zur rechtsextremen Szene. Diese Szene selbst reagiert überraschend ruhig auf die Ausstiegsbekundungen, statt über Verrat zu wettern. Ein Indiz, das an der Ernsthaftigkeit der Ausstiege zweifeln lässt. Wobei wir nur das Beste dabei wünschen: Jeder Nazi weniger ist gut. Wenn der Ausstieg ernst gemeint ist.

 

Andere wollen keine Rassist*innen sein - Polizist*innen etwa. Gut, wenn die Polizei sich deshalb Lehrbeauftragte in die Polizeihochschulen holen, die Antirassismus und anti-diskriminierende Praxis lehren können, weil es in Teilen der Polizei eben doch noch eine rassistische Alltagspraxis gibt. Wie kontraproduktiv allerdings, wenn die Polizei die Lehrbeauftragte sofort ihrer Aufgaben enthebt, wenn diese öffentlich - wenn auch in etwas markig gewählten Worten - darüber berichtet, wie viel Angst ihr als Frau mit Migrationsgeschichte die immer noch vorhandene rechtsextreme und rassistische Gesinnung in Polizeistrukturen macht.

 

NRWs Innenminster Herbert Reul machte dann vor, wie es schlimmst möglich geht: Statt auf das persönliche Erleben des Rassismus durch die Polizei der Lehrerin und Lehrbeauftragte Bahar Aslan bestürzt oder wenigstens empathisch zu reagieren - sprach er sich nicht etwa für die Entlassung rassistische Polizist*innen aus, sondern für die Entlassung der Dozentin. Was im Einzelfall tragisch ist - unsere Solidarität an Bahar Aslan - hat aber Folgen für uns alle: Die Polizei braucht antirassistische Lehrbeauftragte, die den Finger auf die wunden Stellen legen. Sonst wird der strukturelle Rassismus in Behörden niemals besser. Nach solchen Reaktionen wird es aber immer schwerer für die Polizei, diese auch zu finden.

Übrigens will auch Roger Waters kein Antisemit sein. Wie es damit lief, lesen Sie hier.


Ihre Simone Rafael
 

Chefredakteurin Belltower.News

19.05.2023

Liebe Leser*innen,

 

die Staatsgründung Israels hat sich am 14. Mai gejährt - es gab nicht nur Feierstimmung. Israel ist 75 Jahre alt geworden und wird aktuell regiert durch eine Koalition konservativer, rechter und teils rechtsextremer Parteien bzw. Parteimitglieder, die die einzige Demokratie im Nahen Osten selbst bedrohen, und doch ist Israel ein einzigartiger Schutzraum für Jüdinnen*Juden weltweit, der als solcher wichtig ist, aber auch bedroht wird.

 

Einen Tag nach den Staatsgründungs-Feierlichkeiten findet der jährliche palästinensische „Nakba-Tag“ statt, der an die "Nakba (dt. „Katastrophe“) erinnern soll, also an die Flucht und Vertreibung von Palästinenser*innen in der Zeit von 1947 bis 1949, also im Kontext der Staatsgründung Israels und des Unabhängigkeitskrieges. Aber er wird weltweit immer wieder genutzt wird, um antisemitisch gegen Israel zu agitieren, etwa, indem die Vertreibung der Palästinenser*innen mit dem Holocaust verglichen wird. Warum das antisemitisch ist und welche weiteren Strategien zur Diskreditierung verwendet werden, haben die Kolleg*innen der Aktionswochen gegen Antisemitismus hier erklärt. Und was diese Themen mit der deutschen Kunst- und Kulturszene zu tun hat, lesen Sie hier.

 

Bleiben wir immer differenziert und aufmerksam - gerade da, wo Debatten bisweilen sehr grob geführt werden.


Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

12.05.2023

Liebe Leser*innen,

 

es war eine dieser Wochen, in der sehr viel passiert ist.

 

Nehmen wir den Rechtsterrorismus.

Oder die Reichsbürger-Szene.

  • In Ratingen kommt es zu einer Explosion, die zwölf Polizisten und Feuerwehrleute schwer verletzt - möglicherweise absichtlich durch eine Falle, die ein Mann mit Kontakten in Coronaleugner- oder Reichsbürger-Millieu angelegt hat. Die Ermittlungen laufen.
  • In Baden-Württemberg läuft währenddessen der Prozess gegen einen Reichsbürger aus Bobstadt, der versucht hat, 14 Polizisten zu erschießen. Am fünften Tag sagt ein guter Bekannter von ihm aus, den die Tat völlig überrascht hat. Ein Polizist.

 

Kein Wunder, dass die neuen Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik einen Höchststand rechtsextremer Straftaten feststellen. Weiterhin keine Aussage treffen können die Strafverfolgungsbehörden dagegen über transfeindlich motivierte Gewalttaten. Die rechtsradikale Szene mobilisiert hier zu Gewalt - aber der Staat zählt sich nicht.

 

Und dann hat uns noch beunruhigt:

 

Danke für Ihr Interesse an diesen Themen und ihr Engagement. Es ist so nötig.


Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

05. Mai 2023

 

Liebe Leser*innen,
 

stellen Sie sich vor, einer der krassesten Desinformationssender der USA, Fox News, feuert seinen beliebtesten Moderator, Tucker Carlson, weil der so viele Lügen verbreitet hat, dass er nicht mehr tragbar ist. Würden Sie auf einer Konferenz sprechen wollen, wo Tucker Carlson dennoch spricht, aber auch Alternativmedienmacher Steve Bannon und andere Trump-Strategen, Politiker*innen rechtsextremer und rechtspopulistischer Parteien aus ganz Europa? Mit Ungarns Autokraten Viktor Orbán als Schirmherrn, der in der Eröffnungsrede sagt, dass er "globalistische Eliten in Europa" zerschlagen will? Das Veranstaltungsgelände würden Sie durch einen Bogen betreten, auf dem steht "No Woke Zone" steht. Wissen Sie, wer das möchte und tut? Der ehemalige Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen, noch CDU. Und er ist nicht zur Beobachtung in Budapest auf der CPAC-Konfernz, sondern weil es seine politische Überzeugung ist, gegen demokratische Werte für Nationalismus, Queerfeindlichkeit, Rassismus einzutreten. Der Mann, der in Deutschland viele Jahre die Verfassung schützen sollte, twittert, die Veranstaltung gebe ihm als einer derjenigen Hoffnung, "die nicht am globalen ökosozialistischen Übernameprojekt und an der Normalisierung von Wahnsinn teilhaben wollen." Es ist erschütternd. Und gefährlich: Denn Vernetzungstreffen wie die CPAC-Konferenz dienen dazu, Strategien und Narrative auszutauschen, um die Demokratien vor Ort zu erschüttern.

 

Falls er bis morgen in Budapest bleibt: Auch die rechtsextreme Kampfsport-Szene Europas reist gerade nach Budapest, um am morgigen Samstag zu kämpfen und sich zu vernetzen. Trotz Ausreisesperren ist der deutsche "Kampf der Nibelungen"-Veranstalter, Neonazi Alexander Deptolla, schon vor Ort. Ob das gefährlicher wird als das rechtsintellektuelle Treffen? Lesen Sie dann im nächsten Newsletter.

 


Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

28.04.2023

Liebe Leser*innen,
 

wir kennen das Phänomen: Es gibt Rechtsextreme, über die wir (und viele andere) seit Jahr und Tag als solche schreiben, über die wir in vielen Texten beschrieben haben, was an Ihnen rechtsextrem ist, an ihren Aussagen, ihren Handlungen, ihrem Personal. Und Jahre später kommt der Verfassungsschutz und sagt: So, jetzt sind die Junge Alternative (also die Jugendorganisation der AfD, die so viel Personal aus der rechtsextremen Identitären Bewegung rekrutiert hat), das Institut für Staatspolitik (seit Jahrzehnten der neurechte "Think Tank" von Götz Kubitschek) und der Verein Ein Prozent (der rechtsextreme Kampagnen fährt und finanziert) offiziell und gesichert rechtsextrem. Sie dürfen jetzt natürlich als treue*r Belltower-Leser*in denken: "Ja, klar! Was sonst? Weiß ich doch!" Trotzdem bleibt die Benennung des Verfassungsschutzes wichtig: Daran orientieren sich etwa Unternehmen wie Social Media Plattformen oder Messen, wenn es etwa um Fragen geht wie: Wer darf hier welches Gedankengut wie ungestört verbreiten? Wie bedrohlich sind die Handlungen dieser Gruppen? Insofern ist diese Benennung aus einer offiziellen Quelle immer wichtig - auch wenn es etwas länger dauert.

 

Wir haben uns diese Woche auf der Plattform mit Demokratiegefährdungen der Zukunft auseinandergesetzt: Was für ein rechtspopulistisches Medienimperium inklusive Nachwuchsausbildung baut Ex-BILD-Chefredakteur Julian Reichelt gerade auf? Wie versuchen Nazis auf TikTok, neue Anhänger*innen zu gewinnen und zu mobilisieren? Außerdem haben wir uns mit der Frage auseinandergesetzt: Was bedeutet es für Menschen mit Migrationshintergrund, dass Kai Wegner jetzt Berlins Bürgermeister ist?
 

Aber auch die Aufarbeitung hat ihren Platz: Ob in der Prozessdokumentation des Bobstadt-Reichsbürger-Prozesses, der mangelnden NSU-Aufklärung in Hamburg oder der erforschten Widerlegung des Mythos, in der DDR habe es keine Nazis gegeben.

 

Wir wünschen inspirierende Lektüre!

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

21.04.2023

Liebe Leser*innen,

diese Woche haben uns beschäftigt:

Gefreut haben wir uns über die Ankündigung eines neuen Gesetzesentwurf, um Opfer digitaler Gewalt besser zu schützen. Allerdings: Ein bisschen Arbeit muss noch investiert werden, damit das Gesetz nicht am Ende denen schadet, die es schützen soll.


Setzen Sie sich in die Sonne und lesen Sie gern alles!

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

14.04.2023

Liebe Leser*innen,
 

wenn Berliner Behörden gewaltbereite Rechtsextreme durch Berlin demonstrieren lassen, ist das - zumindest in der Regel - ein Grund zu gesellschaftlichem Aufschrei und Gegenprotest. Wäre im Vorfeld bekannt, dass die Demonstrierenden dabei sehr wahrscheinlich "Tod allen Juden" skandieren würden, hätte die Demonstration gute Chancen, ihre Legitimität als Protest zu verlieren und verboten zu werden. Wenn aber Israel hassende Gruppierungen durch Berlin demonstrieren - zuletzt am Karsamstag geschehen -, die, wie bereits auf zahlreichen Demonstrationen zuvor, "Tod den Juden" skandieren, dann dürfen sie demonstrieren. Und mehr noch, auf der Demonstration Terror verherrlichen und zu Waffengewalt aufrufen. Dabei zeigt der Ausruf "Tod den Juden" mehr als deutlich, dass es nicht um aktuelle israelische Politik geht, sondern dass alle Jüdinnen und Juden als Feindbilder markiert werden - auch in Deutschland. Der Ausruf zeigt auch: Es geht nicht um politische Kritik oder Protest, sondern um Aufrufe zur Gewalt. Wenn Antisemitismus in deutsche Straßen getragen wird, sollten wir dem immer entschlossen entgegentreten - egal, wer die Absendenden sind. Das wünschen wir uns auf allen Ebenen, von Verwaltung bis Zivilgesellschaft.

 

Die rechtsextreme Szene übernimmt derweil Hass-Strategien aus den USA: Die Angriffe auf Drag Queen-Veranstaltungen haben ihre Inspiration in der Alt-Right-Szene Amerikas, die damit publizistische Erfolge feiert und deshalb nicht über die vielen Shootings und Waffen debattieren muss, die in den USA Kinder sehr praktisch gefährden.

 

Und eine weitere abwertende Debatte internationalisiert sich online: Diskussionen über eine "Female Dating Strategy" für Frauen, um sich "High Values Males" zu sichern, haben auch deutsche Online-Debatten erreicht. Sie sind nicht ganz so toxisch wie die männlichen Pick-Up-Artists, haben aber doch ein ähnliches - und abwertendes - "Mindset", um eines der Modewörter der Szene zu verwenden. 
 

Wie wäre es stattdessen mal mit einem Mindset aus Empathie, Ambiguitätstoleranz und Anerkennung der Gleichwertigkeit aller Menschen?

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

07.04.2023

 

Liebe Leser*innen,
 

„Künstliche Intelligenz (KI) wird zunehmend zu einem wichtigen Werkzeug in der politischen Landschaft, einschließlich der extremen Rechten“, so fasst es die Maschine zusammen. Denn diese Woche schreibt nicht nur die Redaktion den Belltower.Newsletter, sondern auch ChatGPT. Seitdem das US-Unternehmen OpenAI mit dem KI-Chatbot an den Start ging, ist das Thema künstliche Intelligenz in aller Munde – und in allen Timelines. Auch in denen der extremen Rechten. Vor allem von KI generierte Fotos machen in den sozialen Medien die Runde, ob Papst mit Daunenmantel oder Trump mit Handschellen. Noch nie war es so leicht, Fake News selbst zu produzieren.
 

Diese Entwicklung ist nicht an dem KI-Bot vorbeigegangen, wie das Einstiegszitat zeigt. Weiter schreibt er: „Eine der besorgniserregendsten Anwendungen von KI durch die extreme Rechte ist die Erstellung und Verbreitung von Fake News und Desinformationen.“ KI könne dazu verwendet werden, Nachrichten auf bestimmte Zielgruppen zuzuschneiden und so der extremen Rechten zu helfen, Ängste und Vorurteile der Menschen anzusprechen, so ChatGPT.
 

Das zeigt ein Blick in die USA, wo Trump-Anhänger*innen heldenhafte Fotos von der Verhaftung des Ex-Präsidenten generieren lassen. Aber auch in Deutschland hat die Rechtsaußen-Szene KI für sich entdeckt. Wie zum Beispiel der AfD-Bundestagsabgeordnete Norbert Kleinwächter, der Fotos von wütenden und aggressiv brüllenden Männern mit Bärten und dunklen Haaren für seine rassistische Hetze mit ein paar Klicks erstellt hat.
 

ChatGPT scheint jedoch relativ gelassen zu sein: KI-Algorithmen könnten Fake News erkennen und kennzeichnen, es gebe auch „positive Zwecke“. Momentan bleibt es allerdings noch der Job wachsamer Journalist*innen und Beobachter*innen, Fake News und Desinformation zu entlarven. Und auch das Verfassen unseres wöchentlichen Newsletters wird erstmal Handarbeit bleiben.
 

Ihre Belltower.News-Redaktion (und ChatGPT)

31.03.2023

Liebe Leser*innen,

 

warum engagieren wir uns für Informationskompetenz und Demokratie, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Hate Speech?

Helen, Trainer*in beim Projekt Firewall der Amadeu Antonio Stiftung, sagte diese Woche im Interview: "Mein schönster Workshop-Moment war, als eine junge Erwachsene mir sagte, dass sie sich jetzt endlich traut, auch mal ihre Überzeugungen online mit der Welt zu teilen. Bisher hatte sie aus Angst vor Hate Speech ihre Stimme nicht erhoben. Das Projekt hat ihr den Mut gegeben hat, das zu tun."  Wie wichtig es ist, gemeinsam unsere Stimme zu erheben, hat diese Woche erst ein deprimierendes Urteil über einen abwertenden Internetpost gegen die SPD-Politikerin Sawsan Chebli gezeigt. Die Richterin fand die Bezeichnung Cheblis als "dämliches Stück Hirn-Vakuum" nicht beleidigend. Warum, ist nicht nachvollziehbar. Dass die Justiz hier Teil des Problems statt Teil der Lösung in der Arbeit gegen Hate Speech ist, dagegen schon. Wir wünschen viel Erfolg in der nächsten Instanz!

 

Die Expert:innen des neuen Projektes "pre:bunk" haben sich für uns diese Woche intensiv mit Rechtsextremismus auf TikTok befasst. Denn die Plattform, die 73 % der Jugendlichen in Deutschland benutzen, ist nicht nur bei Verbreiter*innen von Falschinformationen beliebt - sondern auch bei klassischen Neonazis, Neurechten, Kampfsportler*innen und Hatefluencer*innen. Kleiner Spoiler: Die kommen nicht zum Tanzen. Jedenfalls: Meistens nicht. pre:bunk will dem Aufklärung im Videoformat entgegen setzen - auch hier: Viel Erfolg! - aber zuvor ist die Analyse entscheidend: Teil 2 und 3 zu Demokratiegefährdung auf TikTok erscheinen in den nächsten Wochen bei Belltower.News. 

 

Weil wir dort hinsehen, wo es demokratiegefährlich wird.

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

24.03.2023

 

Liebe Leser*innen,

 

diese Woche hatten wir wieder mit Reichsbürgern zu tun. Und damit meine ich nicht nur die erneute Razzia zum Netzwerk von "Prinz" Heinrich XIII. Reuß. Obwohl die wieder einmal gezeigt hat, wie bewaffnet und gewaltbereit das Reichsbürger-Milieu ist. Ein Mann, der nur als Zeuge befragt werden sollte, schoss auf die Polizei und verletzte einen Beamten - nun wird natürlich auch gegen ihn ermittelt. Diese Netzwerk, dass die parlamentarische Demokratie in Deutschland beenden wollte, ist noch nicht ausermittelt, und wieder sind beunruhigenderweise Verdächtige aus den Sicherheitsbehörden und der Bundeswehr dabei.

 

Zunächst hat uns aber ein Mann beschäftigt, der gerade auf TikTok vor allem Jugendliche zum "TAM-Dance" animieren möchte. Die machen mit, oft ganz "ironisch" - und sorgen trotzdem dafür, dass "König" Thomas auf TikTok Geld verdient. So weit, so harmlos? Nicht ganz. Der hippiesk wirkende Thomas Hornauer machte viel Geld mit Esoterik- und Erotik-Hotlines, tanzte mit Michael Ballweg auf einer Querdenken-Bühne um einen Kristall und vertritt Verschwörungsideologien und Reichsbürger-Gedankengut. So einer sollte keine Unterstützung bekommen - auch nicht vermeintlich ironisch. Er meint es nämlich ernst. 

 

Aber in dieser Woche haben uns nicht nur Reichsbürger*innen beschäftigt - sondern auch Rassismus. Die Internationalen Wochen gegen Rassismus sind bundesweit gestartet und auch wir widmen uns dem Thema Rassismus vermehrt:

Nur wenn wir uns mit Themen auseinandersetzen, können wir das Heute verbessern.

Ich wünsche Ihnen also eine gute Lektüre! 

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

17.03.2023

Liebe Leser*innen,

 

am vergangenen Freitag starben bei einem Attentat in Hamburg acht Menschen, acht weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Der Anschlag galt der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, denen der Attentäter zuvor selbst angehört hatte. Er hatte legal eine Waffe besessen, obwohl es zuvor an die Polizei einen Hinweis auf seine labile Verfassung gegeben hätte. Die Polizei überprüfte ihn und fand keine Hinweise. Das spricht von einer erschreckenden Ignoranz des digitalen Raums durch die Ermittlungsbehörden - oder von mangelnder Medienkompetenz. Denn der Täter hatte ein Buch veröffentlicht, das er auf seiner eigenen Website als gleich bedeutend wie Bibel oder Koran anpries und das voller Größenwahn, Antisemitismus, Misogynie, Homofeindlichkeit und NS-Verherrlichung ist, wie eine wahnhafte Realitätsverschiebung durch christlichen Fundamentalismus deutlich belegen. Solche Menschen sollten keine legalen Waffen besitzen dürfen - aber die Ermittlungsbehörden müssen sie auch erkennen.

 

Ap­ro­pos Erkennen: Wenn wir uns die jährlich stattfindenden rechtsextremen Aufmärsche in Europa ansehen, lässt sich ein Muster erkennen. Dort treffen sich die gefährlichsten, gewaltbreiten Rechtsextremen Europas zur Netzwerkbildung für Kampfsport, Rechtsrock-Konzerte und Gewalttaten, verbreiten Antisemitismus und Revisionismus und versuchen durch NS-Verherrlichung, die Geschichtsschreibung zu verändern und Faschismus und Nationalsozialismus wieder als akzeptable Meinung im demokratischen Spektrum erscheinen zu lassen. Weil es bisher aber keine gemeinsame Betrachtung der rechtsextremen Großaufmärsche Europas gibt, haben wir eine Broschüre geschrieben, gemeinsam mit B'nai B'rith, die diese Aufgabe erfüllt. Schauen Sie gern einmal hinein.

 

Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre! 

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

10.03.2023

 

Liebe Leser*innen,

 

misogyne YouTuber oder TikToker gibt es aktuell leider viele. Die geben ultimative Aufreißer-Tipps, denen angeblich keine Frau widerstehen könne, gehen dabei aber von der Grundannahme aus, dass sie Männer als wertvoller seien als Frauen und diese deshalb dominieren müssten. Schon das mindert die Chancen auf eine glückliche Partnerschaft erheblich. Denn Gleichwertigkeit in der Partnerschaft ist für viele die Basis eines gemeinsamen Lebens. Trotzdem: Sie sind erwachsen, und die Zuseher*innen tun dies auch freiwillig. Warum wir uns trotzdem mit einem von ihnen diese Woche intensiver beschäftigt haben? Zum einen, weil er Gewalt gegen Frauen als ein Mittel propagiert, "Respekt" zu erlangen - und zum anderen, weil er Lehrer und Schulpsychologe werden möchte. Damit sind die in seinen 580 (!) Videos geäußerten frauen- und demokratiefeindlichen Ideen allerdings schwer vereinbar. Die Masse an Videos, die alle sein Gesicht zeigen, wie der Mann in die Kamera spricht, signalisieren aber auch: Hier fehlt jedes Bewusstsein dafür, dass diese Einstellungen in einer demokratischen Gesellschaft ein Problem sind. Deshalb müssen wir als Journalist*innen hinsehen - und die Gesellschaft auch.

Darüber hinaus interessierte uns diese Woche, warum ein russischer Rechtsextremer, der auf Seiten der Ukraine kämpft, einen Ort in Russland "besetzt" - und welche deutschen Neonazis sich jetzt um sein rechtsextreme Bekleidungsmarke White Rex kümmern.

 

Doch auch die Resilienz soll nicht zur kurz kommen: Im Interview verraten uns zwei junge jüdische Aktivisten, wie sie Antisemitismus in Deutschland begegnen - und sich dabei den Mut nicht nehmen lassen.

 

Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre! 

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

 

 

03.03.2023

Liebe Leser*innen,

 

am letzten Wochenende kamen viele Menschen in Berlin zusammen, um ein Ende der Unterstützung der Ukraine zu fordern, die vor einem Jahr von der Russland angegriffen wurde. Sie gaben vor, für Frieden zu sprechen, meinten aber: Frieden vor allem für sich selbst. Dass dafür die Ukraine ihre Demokratie und ihre Freiheit aufgeben muss, ist diesen Menschen egal.

 

Während ich die Beobachtungen der Demonstration mit Freund*innen besprach, sagte einer: "Aber was würden denn diese Menschen alle machen, wenn Putin seinen Angriffskrieg fortsetzen? Wenn er sich etwa anschicken würde, Deutschland zu erobern?" Tatsächlich hatten einige Demonstrationsteilnehmer*innen diese Frage auf ihren Plakaten beantwortet. Sie sehen Putin als Verbündeten gegen die Moderne und alles, was sie damit verbinden: Mit Putin gegen die USA. Gegen "den Westen". Gegen die Bundesregierung. Besonders gegen die Grünen.

 

Dieses Freund-Feind-Denken kennen wir aus Verschwörungsideologien, die in der Coronavirus-Pandemie erschreckend viele Menschen erreicht haben. Solche Ideen entstehen aber nicht von allein - sie werden aktuell strategisch in einem Infokrieg verbreitet, den der russische Staat steuert. Menschen werden manipuliert - gerade die, die sich für sehr unabhängig halten, weil sie nicht glauben, was Presse und Wissenschaft mit Recherchen und Belegen berichten, sondern zum Beispiel, was eine Politikerin wie Sahra Wagenknecht ihnen von der Bühne herunter diktiert - auch, wenn es nichts als Lügen sind.
 

Die Folgen bekommen dann diejenigen zu spüren, die bereits vor dem Krieg aus ihrer Heimat flüchten mussten. Die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte sind im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 73 Prozent gestiegen. Eine Aufgabe für uns alle, hier für Schutz zu sorgen und Solidarität zu zeigen.

 

Aber ich möchte nicht deprimierend enden. In der Redaktion haben Grund zur Freude, den wir natürlich mit Ihnen teilen: Wir haben eine neue Kolumnistin! Michaela Dudley ist eine Berliner Queerfeministin mit afroamerikanischen Wurzeln, Journalistin, Juristin (Juris Dr. US), Kabarettistin und „Blacktivistin". Genug spannende Perspektiven also, um bei uns regelmäßig darüber zu schreiben, was sie bewegt. Ihr Leitansatz ist übrigens: „Die Entmenschlichung fängt mit dem Wort an, die Emanzipierung aber auch.“ Dem können wir nur zustimmen.

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

23.02.2023

Liebe Leser*innen,

 

Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine jährt sich. Wenn am morgigen Samstag die putinfreundliche "Friedensdemonstration" von Wagenknecht und Schwarzer in Berlin auf die Straße geht, werden wir wieder einiges zu lesen bekommen, das nicht in der Realität fußt. Vielleicht, dass der Krieg Teil eines größeren Planes einer finsteren Elite ist, eine neue Weltordnung zu errichten. Oder dass die USA Biowaffen-Labore in der Ukraine betreibe. Oder dass das ukrainische Militär einen "Völkermord" auf dem Donbass plane und durchführe. Diese Art von Desinformationen kursieren in verschwörungsoffenen und/oder antiamerikanischen Milieus. Sie sind als Teil des russischen Informationskrieges, der die Solidarität Deutschlands mit der Ukraine brechen soll. Seit der Coronavirus-Pandemie hat sich der Kreis derjenigen, die durch Verschwörungserzählungen ansprechbar sind, leider stark vergrößert. Deshalb haben wir eine Analyse herausgebracht, die die Mechanismen und die Folgen dieser Desinformationsschlachten beschreibt: "Eine Waffe im Informationskrieg" - Demokratiefeindliche Narrative in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Damit wir gut gerüstet sind für die Debatten mit allen, die sich verhetzen lassen.
 

Alles weitere - warum Sahra Wagenknecht der rechtsextremen Szene als Hoffnungsfigur gilt, wie ein sächsisches Kampfsportstudio Jugendliche zu rekrutieren sucht, und mehr - finden sie wie immer auf Belltower.News. Einen Blick auf die Demonstration am Wochenende werfen wir dann am kommenden Montag.

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

17.02.2023

Liebe Leser*innen,

 

Neonazis marschieren wieder durch Dresden, um Täter-Opfer-Umkehr zu betreiben. Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer schreiben ein Manifest, das auch Rechtsaußen gut ankommt, und gehen sehenden Auges eine Querfront mit Rechtsradikalen ein, wenn sie AfD-Anhänger*innen bei der Demonstration nächste Woche willkommen heißen, die Russland genauso gerne mögen wie sie selbst.

 

Und wir? Beschäftigen uns zudem mit Antifeminismus. Immer hoffen wir in der Amadeu Antonio Stiftung, mit unserer Arbeit Menschen zu erreichen, Menschen zum Nachdenken zu bringen, Menschen zu ermutigen, selbst für demokratische Werte aktiv zu werden. Immer gibt es auch Menschen, denen das nicht gefällt, völlig normal. Manchmal gibt es Wut.

 

Manchmal ist es aber eine ganz unbegründete Wut, weil ein Thema Menschen so wütend gemacht hat, dass sie nicht einmal mehr geschafft haben, sich der Fakten zu vergewissern. Haben Sie über unsere neue "Meldestelle Antifeminismus" gelesen, dass dort Menschen gemeldet werden sollen, die nicht gendern? Das haben sogar große Medien geschrieben. Ist aber komplett falsch, entbehrt jeder Grundlage. Und jede*r, der oder die sich angesehen hat, was die Meldestelle ist, weiß das: Es ist ein Ort der Dokumentation für Betroffene, um das Dunkelfeld antifeministischer Hass-Taten zu erforschen. Nach wissenschaftlichen Kriterien. Bisher werden die nämlich nirgendwo erfasst.

 

Die Dokumentation erfolgt ohne Täternamen. Denn, mit Verlaub: Die interessieren hier gar nicht - darum können sich, wenn Straftaten geschehen, Strafverfolgungsbehörden kümmern. Es geht darum, den Opfern zu helfen.  Aber das ist offenbar sehr schwer zu verstehen. Falls also Desinformationen in Ihrem Umfeld auftauchen: Unten finden sie ein Q&A mit sachlichen Antworten. Wir freuen uns über jede Unterstützung in der Debatte. Wir in der Belltower.News-Redaktion sind jedenfalls sehr stolz auf unsere Kolleg*innen in der Fachstelle Gender und Rechtsextremismus, die weiter gelassen, fachlich und fundiert Betroffene unterstützen - weil das die Arbeit ist, die getan werden muss.
 

Für sie und für alle: Auf ein möglichst sorgen- und gewaltfreies Wochenende!

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

10.02.2023

Liebe Leser*innen,

 

vor 10 Jahren schickte sich eine neue Partei an, Demokratiefeindlichkeit wieder wählbar zu machen. Auf dem "Euro-kritischen" Gewand der AfD wurden schnell rechtsextreme, antisemitische, islamfeindliche, sexistische, LGBTIQ*-feindliche Flecken sichtbar. Heute ist die AfD eine offen rechtsradikale Partei mit viel Empathie für Demokratiefeind*innen - auch gewaltbereite -, für Verschwörungsideolog*innen und Reichsbürger*innen. Trotzdem sitzen Funktionäre der Partei, die inzwischen als gesamte Partei Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes ist, in allen Parlamenten außer im Landtag von Schleswig-Holstein. Ihre Wähler*innen stört die Menschenfeindlichkeit nicht, sie wählen die Partei genau dafür.

Also danke an alle, die dagegenhalten, in den Parlamenten, vor den Parlamenten auf der Straße, im Alltag.

 

Das Internet erregt derweil ein popkulturelles Thema: Das neue "Harry Potter"-Computerspiel "Hogwarts Legacy". Es beschäftigt uns ebenfalls. Denn wenn junge Menschen auf der ganzen Welt diskutieren, wie viel Diskriminierung die dort animierte Welt von Harry Potter enthält, wie sie einen Umgang finden mit dem Antisemitismus in der Darstellung einzelner Figuren, mit der Transfeindlichkeit der Autorin, mit dem klassistischen Weltbild der Geschichte, dann ist dies ein wichtiger, guter Prozess des Nachdenkens, zu dem wir gern beitragen wollen. 

 

Auf eine anregende Lektüre!

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

03.02.2023

Liebe Leser*innen,

 

kurz vor dem zehnten Geburtstag der AfD ist die Bilanz in der Bundesrepublik bitter: Schon wieder tobt sich der deutsche Mob vor Geflüchtetenunterkünften aus. Schon wieder werden in diesem Land Schutzsuchende angegriffen. Vor einer Informationsveranstaltung zu einem geplanten Heim im sächsischen Strelln kommt es zu Rangeleien zwischen Demoteilnehmer*innen und der Polizei, wie wir diese Woche berichteten. Auch anwesend: Funktionäre der AfD.

 

Anlass genug, die rechtsradikale Partei diese Woche etwas genauer unter die Lupe zu nehmen: Wie demokratiefeindlich ist eigentlich die AfD? Und wie hat sich etwa die Meinung der Partei seit ihrer Entstehung zur Klimakrise gewandelt?

 

Diese Woche startete die Amadeu Antonio Stiftung auch die erste bundesweite Meldestelle für Antifeminismus: www.antifeminismus-melden.de. Auch hier darf die AfD nicht unerwähnt bleiben: „Die Partei ist ein Paradebeispiel für Antifeminismus, da muss man sich nur die Anfragen in den Parlamenten anschauen“, sagt Hannah Beeck von der Meldestelle in unserem Interview.

 

All das und mehr können Sie weiter unten in unserem Newsletter oder auf Belltower.News lesen.

 

Ihre Simone Rafael

Chefredakteurin Belltower.News

27.01.2023

Liebe Leser*innen,

 

heute ist der 27. Januar, der Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Wir posten #weremember und #niewieder, es gibt Gedenkstunden - in diesem Jahr erstmals auch explizit für die queeren Opfer des Nationalsozialismus. Aber wo ist im Alltag die konsequente Positionierung gegen Antisemitismus zu finden? Und gegen Queerfeindlichkeit? Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen verbreitet antisemitische Verschwörungserzählungen, nutzt holocaustrelativierende Sprache - und ist sich in der Täter-Opfer-Umkehr nicht zu schade, sich dabei selbst einen "Antifaschisten" zu nennen. Nächste Woche wird die AfD zehn Jahre alt - das heißt auch: Zehn Jahre antisemitische Ausfälle, denn die angebliche Solidarität mit Jüdinnen*Juden und Israel trägt die AfD nur als Feigenblatt vor sich her - und um gegen Muslim*innen zu hetzen.

#niewieder klingt da eher wie ein Wunsch als wie ein Bekenntnis.
Immerhin lassen sich Jugendliche aus aller Welt über TikTok für Gedenkstättenarbeit begeistern. Denn sie interessieren sich, vor allem, wenn wir sie da adressieren, wo sie sich informieren und aktiv werden.

Deshalb eben doch: #weremember und #niewieder, sonst wird es ja nicht besser.


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

20.01.2023

Liebe Leser*innen,

 

in der Woche 3 des Jahres 2023 können wir die rassistische Debatte über Silvestergewalt langsam wieder beenden, waren unter den identifizierten Gewalttätern doch überwiegend deutsche Erwachsene. Der Schaden für diejenigen in Deutschland, die wieder einmal wochenlang als nicht-deutsch (genug) in Medien und Politik geframt wurden, ist bereits angerichtet. Mit problematischen Erwachsenen haben wir uns diese Woche auch auf Belltower befasst: Etwa mit älteren AfD-Abgeordneten, die junge schwarze Moderator*innen beißen. Oder mit dem notorischen Rechtsextremen Sven Liebich und einem Kumpan, die wieder einmal vor Gericht trotz eines gewalttätigen Übergriffs mit einer Einstellung des Verfahrens davonkommen - mit der für eine wehrhafte Demokratie fragwürdigen Begründung, dass beide wegen anderer Delikte bereits verurteilt seien. Es ist bitter, dass Liebich das an nächster Stelle zu nutzen wissen wird.
 

Wir wünschen Ihnen trotzdem eine wehrhaftes Wochenende.


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

13.01.2023

Liebe Leser*innen,

 

In Brasilien stürmen rechtsextreme Bolsonaro-Anhänger*innen Regierungsgebäude und wir lernen: auch der wahnhafte, verschwörungsgläubige Rechtsextremismus lernt international voneinander, teilt Aktionsformen und Ideologiefragmente, Mobilisierungsmomente - und Gewalt. Umso wichtiger, dass demokratische Kräfte und Medien es mit ihren Recherchen sehr genau nehmen, um eine möglichst große Objektivität als Gegengewicht zum Wahn zu erreichen. Zur rassistisch aufgeladenen Silvester-Gewalt-Debatte der letzten Woche gesellen sich nun Berichte über Silvester-Gewalt aus ostdeutschen Orten. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass Gewaltexzesse das Problem sind, das es zu bearbeiten gilt. Doch die Verbreitung von Desinformationen endet nicht, wenn sie in die eigene Weltsicht passen. Die Generalverdachtsaussagen gegenüber junge Migrant*innen dieser Woche durch den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz sprechen diese Sprache. Parieren wir sie überlegt, wachsam und analysegenau.

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

06.01.2023

Liebe Leser*innen,

 

wir wünschen Ihnen ein frohes neues Jahr! Wie jedes Mal hofften wir auf einen guten Start, und wie so oft erhielten wir stattdessen Gewalt und eine rassistische Debatte. Dabei könnten wir einfach sagen: Gewalt ist eine Straftat, Straftäter sollen bestraft werden, gefährliche Situationen müssen gesehen und präventiv bearbeitet werden, Rettungskräfte müssen geschützt werden, wenn sie arbeiten. Stattdessen erleben wir, wie Rassist*innen die Situation nutzen, um ihre Agenda zu verbreiten, dass es einen tieferliegenden Unterschied gäbe zwischen "Deutschen", "Deutschen mit Migrationshintergrund" und "Nicht-Deutschen", die in Deutschland leben. Der existiert aber nur im Kopf von Menschen, die biologistischen Rassismus verinnerlicht haben. Es gibt Menschen, die verantwortungslos böllern, Menschen, die gewalttätig böllern - und wie wir das unterbinden, wie wir Schaden abwenden, das sollten wir diskutieren. Vielleicht kommen wir ja im Laufe von 2023 dazu.

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

2022

30.12.2022

Liebe Leserinnen und Leser,

 

warum viele von uns das vergangene Jahr 2022 so anstrengend fanden, erklärt sich vielleicht mit einem Blick auf unseren Jahresrückblick 2022: So viel wahnhafte Radikalisierung, so viel Rechtsterrorismus weltweit, so viel tödliche Queerfeindlichkeit, so viel Rassismus und Antisemitismus - es ist ein Longread geworden. Daran anschließen kann ich nur den Wunsch, dass 2023 besser werden möge: Menschenfreundlicher, differenzierter, ambiguitätstoleranter, respektvoller, demokratischer. Ich wünsche uns allen viel Stärke und Kraft für alles, was kommt.

 

Und jetzt: Guten Rutsch!

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

23.12.2022

Liebe Leserinnen und Leser,

In dieser Woche sind wir schon leicht in Festtagsstimmung - Sie vielleicht auch. Wir haben alle ruhige Tage verdient. 2022 hat den um Demokratie Besorgten einiges abverlangt. Relevante Mengen von Querdenker*innen wurden Kriegsbefürworter*innen, blieben aber Verschwörungsideolog*innen. Diverse Razzien zeigten rechtsterroristische Strukturen auf - bei jungen Online-Rechtsterroristen der "Atomwaffen Division", Kampfsport-Nazis bis zu den radikalisierten Reichsbürger*innen. Der schlussendlich doch unbearbeitete Antisemitismus der documenta. Elon Musk kauft Twitter und macht es schneller zur rechtsoffenen Trollwiese, als vorher zu vermuten war. Aber: Es ist ein Trost, dass so viele Menschen jeden Tag dafür einstehen, demokratische Werte zu leben, sich zu informieren und zu argumentieren. Deshalb einfach mal: Danke.
 

Ich wünsche allen Leser*innen jetzt eine friedliche Zeit der Entspannung. Feiern Sie, wie sich möchten, treffen sie liebe Menschen oder genießen sie Ruhe. So, wie es Ihnen guttut. Sollten sich Begegnungen mit Debatten nicht vermeiden lassen - hier noch ein Argumente zum Umgang mit Desinformationen und Rassismus. Oder vielleicht ist jetzt Zeit für den Verschwörungschecker? Auf alle Fälle: Viel Erfolg!

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

16.12.2022

Liebe Leser*innen,

In unserem Arbeitsbereich passiert aktuell sehr viel. Sie sehen es an der Länge des Newsletters diese Woche. Während wir für Sie in aller Aktualität täglich einordnen, was passiert, wollen wir aber auch auf den analytischen Blick zurück nicht verzichten: Es beginnt die Zeit der Jahresrückblicke. In dieser Woche haben wir uns angesehen, was 2022 mit Blick auf Rechtsextremismus und Feindlichkeit gegen demokratische Werte im Internet-Monitoring wichtige Themen waren. Und wir blicken auf den Antisemitismus in 2022 zurück. Und wie jedes Jahr haben wir Kolleg*innen aus allen Bundesländern gebeten, auf das Jahr in ihrem Bundesland zurückzublicken. Den Anfang macht diese Woche Baden-Württemberg. Diese Länder-Jahresrückblicke machen wir übrigens seit 2009, also im 13. Jahr! So entsteht ein wesentliches zivilgesellschaftliches Archiv rechtsextremer Aktivität in Deutschland. Danke an die Kolleg*innen aus Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus, Opferberatungsstellen und Journalismus, die uns jedes Jahr ihre Expertise schenken. Und falls Sie unsere Arbeit auch unterstützenswert finden: Belltower.News freut sich über Spenden, die möglich machen, dass wir unsere Expertise online kostenfrei für alle zur Verfügung stellen können.

Viel Freude beim Lesen kann ich Ihnen diese Woche nicht wünschen - aber dass Sie Informationen finden, die für Sie hilfreich sind.

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

09.12.2022

Liebe Leser*innen,

 

diese Woche hatte es in sich. Ein "Umsturz" sollte noch vor Weihnachten die Demokratie in Deutschland erledigen. Ein "Prinz" und ein Oberst führten an und hatten nicht nur Attentatspläne für den Bundestag, sondern auch eine Schattenregierung aufgestellt: eine AfD-Richterin fürs Justiz-Ressort, Militärs für die neue Armee, ein Polizist für die neue Polizei, eine Ärzte fürs Gesundheitsressort, ein Tenor für die Kultur und ein Starkoch für die Verpflegung. Für eine Fernsehserie klänge das zu dick aufgetragen, doch dieses Reichsbürger-Netzwerk ist bittere, bewaffnete Realität. Vor verschwörungsgläubigen Menschen, die in wahnhaftem Hass vor Gewalt nicht zurückschrecken, warnen wir als Amadeu Antonio Stiftung schon lange. Als Forscher*innen sehen seit Jahren ihre Gewaltfantasien online und werden nicht müde, zu berichten, was wir sehen. Danke, dass wir das durch ihre Spenden können. Jetzt haben polizeiliche Ermittlungen ergeben, dass der Anschlag kurz bevor stand. Gut, dass er vereitelt werden konnte. Unterstützen Sie uns bitte weiter, damit wir dort hinblicken können, wo unsere Demokratie gefährdet wird.


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

02.12.2022

Liebe Leser*innen,

 

während viele Menschen im Dezember auf friedliche, besinnliche Tage hoffen, arbeiten Rechtsextreme weltweit weiter mit Hochdruck an einer Normalisierung rechtsextremen Gedankenguts. In Deutschland buhlen Rechtsextreme um einen Rand der Linken, dessen Akteur*innen auch einen Zug ins Antidemokratische zu haben scheinen - Zeit für ein klare Abgrenzung, die aber nicht immer kommt.

 

Twitter erscheint nach der Übernahme durch Elon Musk und die Entlassung relevanter Teile der Mitarbeiter*innen in den Moderationsteams wie eine Daily Soap des Grauens. Im Namen falsch verstandener Meinungsfreiheit kehren Rechtsextreme und Antisemit*innen auf die Plattform zurück. Sie melden progressive Akteur*innen, die dann in der Reichweite gedrosselt werden. So wird eine Plattform, die unter anderem für zahlreiche demokratische Bewegungen weltweit ein publizistisches Zuhause war, um den eigenen Kampf mit der Welt zu teilen. Uns finden sie jetzt zusätzlich zu Facebook, Twitter und Instagram auch bei Mastodon.

 

In den USA lädt Ex-Präsident Trump den Rechtsextremen Nick Fuentes, den antisemitischen Rapper Kanye West und den rechtspopulistischen Medienmacher Milo Yiannopoulos in sein Anwesen ein - und verschafft ihrem ideologischen Hass die breiteste Bühne. Begegnen wir diesen Entwicklungen wachsam und mit Wahrhaftigkeit.


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

18.11.2022

Liebe Leser*innen,

 

am vergangenen Wochenende liefen wieder beim sogenannten „Unabhängigkeitsmarsch“ zehntausende Demonstrierende mit offenen Rechtsextremen durch Warschau. Der rechtslibertäre Elon Musk setzt seinen Zerstörungskurs der Debattenplattform Twitter fort – als wolle er darauf hinweisen, wie viele Probleme wichtige Kommunikationsnetzwerke in den Händen einzelner Privatmenschen bringen können. Donald Trump will wieder Präsident werden und untermauert das mit einer Rede, die fanatischen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus vereint. Die aufgedeckten rechtsextremen Polizeichats in Deutschland kann kaum noch jemand zählen, und am Wochenende beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in einem Land, in dem Menschenrechte und migrantische Menschenleben keinen Wert zu haben scheinen.

 

Aber es ist nicht alles schlecht. Ein rassistischer Drohbriefschreiber, der seinen Hass mit „NSU 2.0“ unterschrieb, muss etwa immerhin für fast sechs Jahre ins Gefängnis. Und vor dem Oberlandesgericht Koblenz beginnt 31 Jahre nach der Tat der Prozess gegen den Mörder von Samuel Yeboah. Manchmal klappt es mit dem langen Atem, wenn auch nur auf massiven Druck der Zivilgesellschaft – aber die hat nicht aufgegeben. Donald Trump möchte zwar Präsident werden, aber seine Chancen schwinden selbst in der eigenen Partei. Und am Mittwoch wurde im Europaparlament der Digital Services Act verabschiedet, der europaweit besseren Schutz gegen Hassinhalte in Sozialen Netzwerken verspricht – auch in Bezug auf Radikalisierungslogiken über Algorithmen.

 

Deshalb, im Novembergrau: Behalten Sie auch die guten Aspekte im Blick. Damit das Durchhalten für die Demokratie funktioniert.


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

11.11.2022

Liebe Leser*innen,

 

auf Belltower.News haben wir diese Woche viele Texte, die in Kleinstädte und den ländlichen Raum blicken: Dort, wo Rechtsextreme und Antidemokrat*innen versuchen, sich auszubreiten - weil sie auf wenig Widerspruch hoffen.

 

Schön, dass sie sich da oft verschätzen! Diese Woche wurde am Montag der "Sächsische Förderpreis für Demokratie" verliehen. Ich hatte die Freude, die Podiumsdiskussion zu moderieren. Und war wieder einmal begeistert: Menschen, die sich seit vielen Jahren in zum Teil hochproblematischen Umfeldern für Demokratie, gegen Rassismus, gegen Rechtsextremismus engagieren, kamen dort zusammen. Sie strahlten den Spaß aus, den sie aus dem Engagement ziehen, berichten von Erfolgen vor Ort und der Hoffnung auf Verbesserungen. Was macht Demokratie resilient, auch in Krisensituationen? Falls sie das interessiert: Es gibt eine Aufzeichnung dieser mutmachenden Veranstaltung bei der Amadeu Antonio Stiftung, die ich nur empfehlen kann.

 

Danke an alle Engagierten!


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

04.11.2022

Liebe Leser*innen,

 

wir sind wütend. Sie vielleicht auch. Erst marschieren Demonstrationen voller Hass durch die Straßen, dann kommen die Bedrohungen und Angriffe. Erst mit Hakenkreuz-Graffiti auf der Unterkunft drohen, dann Brandsätze entzünden, dann Menschen angreifen. So war es 2015, so ist es jetzt gerade wieder. Rassismus gegen Geflüchtete, die in Deutschland Schutz gesucht haben - und ihn nicht bekommen. Dazu das frustrierende Gefühl: Wir wissen bereits, was passiert, wenn sich niemand schützend vor die Geflüchteten stellt. Wenn niemand auf rassistische Gewalt reagiert. Welche Traumata das auslöst. Und dass Menschen schlimmstenfalls sterben.

 

Ich hab dazu ein Interview geführt mit Tahera Ameer, unserer Programmleitung der Amadeu Antonio Stiftung. Was können wir jetzt tun? Tahera sagte zu mir: "Ich kann Dir genau sagen, was wir tun müssen. Und mit Geld lässt sich das alles schnell verwirklichen." 

 

Klingt gut? Klingt unrealistisch? Lesen Sie ihre Ideen im Interview. Und wenn Sie können und mögen, unterstützen Sie uns mit einer Spende, die wir an lokale Initiativen vor Ort weitergeben, damit die jetzt schnell organisieren können, was bei ihnen konkret fehlt, um schutzsuchende Menschen vor rassistischem Hass zu schützen.


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

28.10.2022

Liebe Leser*innen,

 

Kampfsport ist ein beliebtes Spielfeld der extremen Rechten. Trainierenden und kämpfenden Neonazis geht es aber nicht darum, sich für den nächsten sportlichen Wettkampf fit zu machen, sondern um die Verknüpfung einer nationalistischen, menschenfeindlichen Ideologie, die gegenüber vermeintlich politischen Gegner*innen Stärke demonstriert und diese unterdrücken will. Wettkämpfe und Trainings können als Schulung begriffen werden, in denen der Ausbau einer „Wehrhaftigkeit“ forciert wird. Mit „Wehrhaftigkeit“ meinen Neonazis nicht nur die Fähigkeit, sich im Schlagabtausch behaupten zu lernen. Sie beziehen sich in ihrer Vorstellung vielmehr auf den gewaltvollen „Schutz“ zur „Verteidigung“ von „Rasse, Volk und Heimat“.

 

Das haben wir am Sonntag in Rostock bei den „Cage Fights“ des Veranstalters „MMA Rostock“ erlebt. Dort trat Benjamin Brinsa, eine Schlüsselfigur der gewaltbereiten Neonazi- und Hooligan-Szene in Sachsen, als Trainer zweier Kämpfer auf. Der eine Kämpfer gilt als Brinsas Ziehsohn aus Wurzen, der auch mal gerne den Hitlergruß zeigt. Erneut wird klar: Eine wachsame Zivilgesellschaft muss die Kampfsportszene weiterhin im Auge behalten, denn Neonazis gehören nicht auf die Matte.


Den ganzen Artikel sowie eine Auswahl unserer anderen Texte diese Woche finden Sie unten.


Ihre Belltower.News-Redaktion

21.10.2022

Liebe Leser*innen,

 

dies ist die Oktoberwoche, in der in Deutschland wieder eine Unterkunft für Geflüchtete brennt. In der sich Hass in einer Gewalttat entlädt gegen Menschen, die in Deutschland nichts als Schutz suchen. Vor 30 Jahren wütete er Mob gegen die Bewohner*innen des Sonnenblumenhauses in Rostock-Lichtenhagen, jetzt gilt der Hass in Groß Strömkendorf bei Wismar Geflüchteten aus der Ukraine. Es gibt immer noch Menschen, die Krisen zu bewältigen versuchen, in dem sie rassistische Gewalt ausüben, und es sind rechtsextreme Ideolog*innen im Internet, in Parteien und in Alltagsgesprächen, die sie dazu anstacheln. Mehr denn je müssen wir denen, die sich davon ansprechen lassen, argumentativ und durch klare Grenzziehungen zeigen, wie verachtenswert diese Tat ist - und dass es eine Entscheidung ist, Rassist*in zu sein oder nicht. Eine, die man auch verändern kann. Und sollte, denn Rassismus hat wirklich noch nie ein Problem gelöst, traumatisiert und tötet aber Menschen.


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

14.10.2022

Liebe Leser*innen,

die AfD feierte sich und hasste andere am vergangenen Samstag in Berlin, und am Sonntag verdoppelte sie in Niedersachsen ihr Landtagswahlergebnis - ohne Lösungen, nur mit dem Schüren von Hass auf Regierungsparteien. Es wird Zeit für eine solidarische, demokratische Antwort! Denn auf hasserfüllte Propaganda folgt Gewalt - in dieser Woche: ein Hakenkreuz-Bombenfund in Thüringen, ein rechtsterroristisches Attentat in Bratislava, Verhaftung einer terrorverdächtigen Reichsbürgerin in Sachsen. Und ein tödlich geendeter Polizeieinsatz in Berlin.

 

Danke, dass Sie sich mit uns nicht daran gewöhnen.

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

07.10.2022

Liebe Leser*innen,

zum Tag der Deutschen Einheit erschien die AfD gespalten in Ost und West wie selten. Ex-Geschichtslehrer Björn Höcke in Gera die Menschen mit NS-Vokabular bespielte, der nur dagegen gemäßigte Teil der AfD trifft sich am Wochenende zum Demonstrieren in Berlin, und am Sonntag ist Niedersachsen-Wahl. Also Zeit, sich die Machenschaften der rechtsradikalen Partei wieder einmal anzusehen.

Der zweite Schwerpunkt dieser Woche liegt für uns bei der Arbeit gegen Antisemitismus. Vor drei Jahren erlebten wir an Jom Kippur das rechtsterroristische Attentat von Halle. In diesem Jahr wurden an Jom Kippur bei einer Synagoge in Hannover das Fenster eingeworfen. Antisemitismus ist nur eine Verschwörungsideologie im Internet, sondern hat Folgen für Menschen.

 

Deshalb danke an alle, die wie jedes Jahr im Oktober und November solidarisch sind, die Aktions- und Bildungswochen gegen Antisemitismus besuchen und im Alltag einschreiten, wenn Antisemitismus verwendet wird. #antisemitismusstoppen können wir nur zusammen.

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

30.09.2022

Liebe Leser*innen,

diese Woche bewundern wir den Mut der Frauen und der sie unterstützenden Männer im Iran und wünschen ihrem Kampf um die Freiheit der Selbstbestimmung bestmöglichen Erfolg! Wir wünschen der italienischen Faschistin, die Chefin der nächsten Regierung wird, das Gegenteil! Wir protestieren gegen einen Mann, der Hummer für ein gutes Vorbild für Menschen und Männer für Frauen überlegen hält - und der trotzdem in Berlin eine Konzerthalle ausverkauft. Und wir wünschen uns, dass derzeit alle auf ihre Sprache achten, denn da fangen die Abwertungen an - egal, ob die Freiheitskämpfe im Iran an der Realität vorbei als "Kopftuch-Unruhen" marginalisiert werden, Armutskonkurrenzen zwischen Rentner*innen und Geflüchteten aufgemacht werden oder Schutzsuche vor Krieg und Gewalt als 'Sozialtourismus' verhöhnt wird.

Danke, dass Sie empathisch sind und aufmerksam, um solche Framings zu vermeiden.

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

23.09.2022

Liebe Leser*innen,

an diesem Wochenende blickt Europa auf Italien, wo mit Giulia Meloni eine rechtspopulistische Politikerin Ministerpräsidentin werden könnte. Sucht ein weiteres Land in Krisenzeiten sein Heil in rechtspopulistisch-nationalistischen Phrasen? Wir haben Meloni porträtiert.

Weitere Themen der Woche:

Wir wünschen Ihnen ein standhaftes Wochenende!

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

16.09.2022

Liebe Leser*innen,

 

gestern gab es in Thüringen ein erschütterndes Urteil: Neonazis haben in Thüringen zwei Journalisten während einer Recherche angegriffen und krankenhausreif geschlagen – dieses Risiko ist allen Journalist*innen bewusst, die über Rechtsextremismus in Deutschland berichten.

 

Wir gehen es ein, weil wir Aufklärung über menschenfeindliche und demokratiefeindliche Umtriebe zu wichtig finden, um es zu lassen. Aber dass dieser bewaffnete Angriff für ein deutsches Gericht eine „Auseinandersetzung zwischen politischen Lagern“ und nicht einmal eine Haftstrafe für die Täter wert ist, ist bitter und liest sich wie ein Freibrief. Umso wertvoller ist uns Ihr Zuspruch und Ihre Unterstützung – schön, dass Sie hier sind.

 

Weitere Themen der Woche:

Danke, dass sie die Demokratie mit uns verteidigen!

 

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

09.09.2022

Liebe Leser*innen,

in dieser Woche waren wir erschüttert über den Tod eines jungen Mannes nach einem Angriff auf dem CSD in Münster - während Transfeind*innen und Rassist*innen den Tod nutzen, um ihre Menschenfeindlichkeit zu zelebrieren.

In dieser Woche haben wir uns auch gefreut: Weil Nazi- und Querdenker-Demonstrationen floppten und der "heiße Herbst" und mögliche Querfronten erst einmal ausblieben.

 

Weitere Themen der Woche:

Weiter geht es: Opfer schützen, Demokratie verteidigen!


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

02.09.2022

Liebe Leser*innen,


wir wünschen Ihnen einen guten Start in ein sonniges Spätsommerwochenende. Genießen wir es, bevor die Mobilisierungen der rechtsextremen Szene zum "heißen Herbst" noch mehr Formen annehmen. Natürlich müssen wir die kommenden Aktionen inhaltlich und als Gefahr für die Demokratie journalistisch analysieren.  Unser meistgelesener Artikel der Woche ist aber eine Erinnerung daran, das so zu tun, dass wir die rechtsextremen Inhalte nicht unnötig verstärken und demokratiefeindliche Narrative nicht unkommentiert übernehmen.

 

Weitere Themen der Woche:

  • Zwei Jahre nach dem "Sturm auf den Reichstag" wird klar, dass eine versuchte Stürmung eines Regierungsgebäudes von den deutschen Strafverfolgungsbehörden kaum geahndet wird.
  • Als Donald Trump von seiner Lieblingsplattform Twitter geworfen wurde, begann er seinen eigenen Clon: "Truth Social". Wir haben uns umgesehen.
  • Auf den Versuch, das Klima der Erde zu retten, reagieren Rechtsextreme mit Abwehr - und Rassismus. Warum, erklärt im Interview Professor Matthias Quent.
  • Telegram lässt seine Nutzer*innen abstimmen, ob sie künftig Daten von Straftätern herausgeben sollen - oder nicht.
  • Weitere Themen: Neue Broschüre: Verschwörungsglauben bei älteren Erwachsenen; Neue Studie: Mehr Hate Speech in der Pandemie.

Danke für Ihr Engagement!


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

24.08.2022

Liebe Leser*innen,


Wir freuen uns, Ihnen heute das Positionspapier "Energiekrise und Russlands Krieg. Das "Querdenken"-Milieu als antidemokratische Kampagnenmaschine" der Amadeu Antonio Stiftung zu präsentieren - die Analyse zu den demokratiefeindlichen Netzwerken, die sich im "heißen Herbst" der Energiekrise wieder mobilisieren lassen, ist hier in der Redaktion entstanden - in Zusammenarbeit mit weiteren zauberhaften Kolleg*innen der Stiftung.

 

Weitere Themen der Woche:

Wir wünschen gute Erkenntnisse. Bleiben Sie klug!


Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

19.08.2022

 

Liebe Leser*innen,

Willkommen zu unserem ersten Newsletter! Einmal in der Woche fassen wir hier alle Artikel für Sie zusammen - ein kompakter Überblick über Rechtsextremismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Gegenstrategien - online und offline. Schön, dass Sie dabei sind!

 

Unsere Themen diese Woche:

Wir wünschen gute Erkenntnisse. Bleiben Sie stark!

Ihre Simone Rafael
Chefredakteurin Belltower.News

Eine Plattform der