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Italien vor der Wahl Das Comeback der Faschisten

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"CasaPound"-Demo (Quelle: picture alliance/AP Photo)

 

 

Nach dem Brexit-Votum im Juni 2016 und dem Aufstieg der Rechtspopulisten in Frankreich, Deutschland und Österreich, droht am Sonntag bei den Parlamentswahlen in Italien der nächste Rechtsruck in Europa.

 

„Lega Nord“: „Säuberung auch mit harten Mitteln

Jahrelang hat die rassistische „Lega Nord“ (LN) für die Abspaltung des Nordens von Italien gekämpft. Die Fremden, das waren auch die Süditaliener. Nun will Parteichef Matteo Salvini ganz Italien erobern. Der Zusatz „Nord“ wurde dafür aus dem Namen gestrichen. Die Separatisten-Partei wirbt in ganz Italien mit migrantenfeindlicher Hetze und fordert Massenausweisungen. In einem TV-Interview sprach Salvini gar von „Säuberung“ auf den italienischen Straßen, wenn nötig auch mit harten Mitteln. Sein Slogan: „Italien den Italienern“.

 

„Lega Nord“-Politiker schoss in Macerata gezielt auf Geflüchtete

Anfang Februar hatte ein Rechtsextremer in Macerata aus einem Auto heraus gezielt auf afrikanische Geflüchtete geschossen und dabei sechs Menschen verletzt. Der Täter, Luca Traini, gab an Rache zu üben für einen bisher nicht aufgeklärten Mord an einer jungen Frau. Während seiner Festnahme zeigte er den faschistischen „römischen Gruß“ und rief „Italien den Italienern“. Ein Polizeifoto zeigt den glatzköpfigen Täter mit germanischem Runen-Tattoo auf der Stirn und einer Nationalflagge um die Schultern gehängt.

Matteo Salvini, ein Verbündeter von Marine Le Pen, wird von vielen als verbaler Brandstifter und Verursacher dieser rassistischen Gewalttat gesehen. Die rechtsextreme „Lega Nord“, für die Luca Traini kandidierte, ging auf Distanz zu ihm. Rassistische Parolen propagandieren sie dennoch weiterhin im Wahlkampf. Nach der brutalen Tat in Macerata brachte Salvini es gar fertig, nicht über die Opfer zu sprechen, sondern über die, die er massenhaft abschieben will.

Die „Lega Nord“ ist inzwischen die älteste Partei in Italiens Parlament. 13 bis 15 Prozent trauen die Wahlforscher_innen ihr zu. Doch gerade im Süden, gegen den die LN jahrelang gehetzt hat, wird es wohl nicht allzu viele  geben, die die Partei wählen.

 

Der europäische Urvater des Populismus: Silvio Berlusconi und seine „Forza Italia“

Silvio Berlusconi hat es im Süden leichter. Auf den Wahlplakaten seiner „Forza Italia“ steht „Berlusconi Presidente“, was einer Lüge gleichkommt, da er bis Ende 2019 als verurteilter Steuerhinterzieher gar kein politisches Amt bekleiden darf.

Der 81-jährige gibt sich gerne als Anti-Politiker und das, obwohl kein anderer Politiker seit dem zweiten Weltkrieg Italien so lange regiert hat wie er. Ihm könnte vor der anstehenden Parlamentswahl die Rolle eines Königsmachers zukommen. Bei der Wahl will der Medien-Milliardär seine Partei mit Hilfe einer rechten Koalition zum Sieg führen. Wegen des neuen italienischen Wahlrechts müssen Parteien oder Allianzen auf etwa 42 Prozent der Stimmen kommen, um regieren zu können. Da das laut Umfragen derzeit niemand schafft, wird mit einer schwierigen Regierungsbildung gerechnet. Am Ende könnten gar Neuwahlen stehen und dann könnte Berlusconi selbst wieder die Möglichkeit bekommen gewählt zu werden.

Obwohl sich Salvini und Berlusconi nicht mögen, wie „The Times“ berichtet, haben sie eingewilligt eine Koalition einzugehen. Sollte dieses rechte Bündnis am Sonntag gewinnen, dürfe die Partei mit den meisten stimmen den Premierminister stellen. Im Falle eines Wahlsiegs von „Forza Italia“, würde Antonio Tajani das Amt bekleiden. Der 64-Jährige war zunächst Berlusconis Sprecher und ist seit mehr als 20 Jahren Abgeordneter im EU-Parlament. Seit dem vergangenen Jahr ist er EU-Parlamentspräsident.

 

Die Neofaschisten von Partei „Fratelli d’Italia“

Bis zu 40 Prozent werden diesem rechten Lager zugetraut. Mit dabei ist auch die Partei „Fratelli d’Italia“ (FDI, Brüder Italiens), die noch immer die Flamme im Logo trägt, die für das Gedenken an den Faschisten Benito Mussolini steht.

Giorgia Meloni, die Chefin von FDI, fällt vor allem wegen Hetze gegen Homo-und Transsexuelle und George Soros auf. Dem liberalen jüdisch-amerikanische Milliardär wirft sie vor, er fördere mit seinem Geld die Migrationsbewegung, „um Europas Staaten zu zerstören“ und aus dem Kontinent „einen persönlichen Spielplatz zu machen“. Eine beliebte Erzählung von Antisemiten weltweit, denn George Soros ist Dreh und Angelpunkt der antisemitischen Verschwörungstheorie einer angeblichen „jüdischen Weltregierung“. International werfen ihm rechte Aktivist_innen, -Bewegungen und -Parteien vor, den Plan zu verfolgen Europa durch die Flüchtlingspolitik ins Chaos zu stürzen – entweder in verdecktem oder in offen antisemitischen Ton.

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„CasaPound“: Für einen Faschismus des dritten Jahrtausends

Auch die faschistische Bewegung „CasaPound“ (CP) könnte sich der rechten Koalition anschließen. Benannt ist CP nach dem Schriftsteller und Mussolini-Fan Ezra Pound. Die Bewegung, die Vorbild der deutschsprachigen „Identitäre Bewegung“ ist, versucht seit ihrer Gründung 2003 die eigenen faschistischen Positionen durch soziales Engagement „normal“ erscheinen zu lassen. Mittlerweile gibt es über 100 “CasaPound”-Zentren im ganzen Land. „CasaPound“ tritt für einen „Faschismus für das dritte Jahrtausend“ ein.

Die Wahlchancen der CP sind allerdings recht gering. Landesweit braucht die Partei mindestens drei Prozent der Stimmen um Parlamentssitze zu gewinnen, was beinahe unvorstellbar ist.

Dennoch: Die Profilierung und das Wachstum der rechtsextremen Parteien bedeuten nicht, dass die Bewegung obsolet ist. Im Gegenteil: Es zeugt von ihrem Erfolg und zeigt den Rechtsruck eines weiteren europäischen Staates.

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