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Neue Studie In der Pandemie sind mehr Menschen von digitalen Hassattacken betroffen

(Quelle: pixabay / www_slon_pics)

Die Forscher*innen wollten herausfinden: Verändert sich die Situation? Zeigen Maßnahmen wie die Anpassung der Lösch- und Moderationspraxis durch die Netzwerke oder der jüngst beschlossene Digital Services Act eine Wirkung? Dafür haben Prof. Dr. Elisa Hoven von der Universität Leipzig und die Forschungsgruppe g/d/p insgesamt 1069 Menschen im Alter von 16 bis 70 befragt – einmal 2020 und dann noch einmal 2022.

Mehr Männer geben an, betroffen zu sein

Der Anteil derjenigen, die von Hassrede betroffen waren, ist in den letzten zwei Pandemiejahren gestiegen: Von 18 auf 24 Prozent. Diese deutliche Zunahme betrifft Männer wie Frauen, wobei Männer zu beiden Zeitpunkten der Befragung öfter (zu 20 und 28 Prozent) als Frauen (zu 15 und 21 Prozent) angaben, schonmal zum Ziel von Hassrede geworden zu sein. Ein interessantes Detail: Ein relevanter Teil der hasserfüllten Nachrichten erreicht die Betroffenen in privaten Nachrichten. Von den 24 Prozent der insgesamt Betroffenen erleben zehn Prozent in Privatnachrichten Hassrede, fünf Prozent öffentlich und acht Prozent sowohl privat als auch öffentlich. Bei Frauen ist Anteil an hasserfüllten Privatnachrichten höher als bei Männern.

Jüngere Menschen sind stärker betroffen

Jüngere Menschen werden am häufigsten zur Zielscheibe von Hate Speech: Bei den 16- bis 22-Jährigen sagt in 2022 inzwischen die Hälfte der Befragten, dass sie bereits zum Ziel von Beleidigungen, Bedrohungen und Abwertungen in den sozialen Netzwerken wurden (2020: 37 Prozent).

Hassrede lässt die Menschen verstummen

Ebenfalls die Hälfte aller Befragten sagt, dass sie aus Angst vor Hassrede vorsichtiger bei der Formulierung eigener Beiträge im Internet sind – 2020 waren es noch 42 Prozent. Eine Untersuchung des IDZ Jena kam allerdings schon 2019 auf einen ähnlich hohen Wert: 54 Prozent erklärten hier, dass sie wegen Hasskommentare seltener ihre politische Meinung bei Diskussionen im Internet einbringen. Unter den Menschen, die bereits von Hate Speech betroffen waren, schränken 73 Prozent ihre Äußerungen in den sozialen Medien ein (Nichtbetroffene: 43 Prozent).

Studienautorin Elisa Hoven kommentiert in einer Pressemeldung der Uni: „Aus Sorge vor Hass im Netz ziehen sich immer mehr Menschen aus dem öffentlichen Diskurs zurück“. Dieser „Silencing-Effekt“ sei nicht weniger als eine Bedrohung für die Demokratie, warnt die Juristin gegenüber dem MDR.

Die Untersuchung ist für unser Verständnis von Hassrede eine wichtige Ergänzung, weil sie die konkrete Betroffenheit erhebt. Anders ist das beispielsweise bei den seit 2016 jährlich von forsa erhobenen Daten zu Hass im Netz – hier wird primär untersucht, wer Hassrede im Internet überhaupt wahrnimmt. 2022 gaben 78 Prozent an, dass sie schon einmal Hate Speech im Internet gesehen haben. Ebenfalls kürzlich erschienen ist die Studie “JIMplus 2022“, die sich mit dem Umgang von Jugendlichen mit Hate Speech beschäftigt.

Die Daten der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass das Problem in der jüngsten Vergangenheit eher größer als kleiner geworden ist: Mehr Betroffene, mehr Menschen, die aus Sorge vor unangemessenen Reaktionen weniger oder überhaupt nicht mehr posten. Und besonders junge Menschen scheinen gar kein Internet mehr ohne gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu kennen. Zeit, das zu ändern.

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