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Presseschau 18.10.2021 …

Meuthen droht Verlust der Immunität im EU-Parlament +++ EU-Ratspräsident Janša twittert Verschwörungslegenden +++ Tausende Menschen bei Gegenprotest zu Pegida-Geburtstag +++ Neonazi-Bestattung sorgte für Empörung +++ Politische Landschaft der BRD: „AfD rückt jedes Jahr weiter nach rechts” …

Gewalt, Bedrohungen und Ermittlungen

Neonazi-Prozess in Dortmund: Viele Polizisten sollen Verhandlung absichern

Bei einer Versammlung am 21. September 2018, benutzten Rechtsextreme in Dortmund antisemitische und rassistische Parolen und Symbole. Nun müssen sich zehn Beschuldigte aus dem Milieu vor dem Dortmunder Landgericht verantworten. Das Verfahren selbst wurde bereits im Juli diesen Jahres eröffnet, die zehn Beschuldigten werden aber erst ab dem 25. Oktober 2021 vor Gericht erscheinen müssen.

Ausstellung über NS-Opfer mehrfach in einer Nacht angegriffen

„Für Hitler” schmieren Unbekannte in der Nacht auf Freitag in Memmingen auf eine Ausstellungstafel, die an die Taten der Nationalsozialisten erinnern soll. Daneben sprühen sie ein Hakenkreuz.  Ein anderer Tatverdächtiger beschädigt in der selben Nacht erneut eine Tafel über jüdisches Leben. In der Nacht auf Freitag stellte die Polizei einen jungen Mann, der betrunken am Martin-Luther-Platz eine Ausstellungstafel verbog. Zudem hatte eine andere Täterschaft in der selben Nacht eine weitere Ausstellungstafel mit roter Farbe beschmiert. Beides bestätigt ein Ermittler auf Anfrage

Jugendliche in Dresden wegen Nazi-Parolen angezeigt

Dresden: Am Mittwochabend hat die Polizei in Bühlau drei Jugendliche gestellt, die Nazi-Parolen gerufen haben. Anwohner hatten sich bei den Beamten gemeldet und berichtet, dass aus einer lärmenden Jugendgruppe heraus solche Slogans gerufen werden. Die Beamten stellten einen 13- und zwei 14-Jährige. Gegen sie wird nun ermittelt.

Imbissbesitzer in Erfurt rassistisch beleidigt

Ein 27-jähriger Mann wurde am gestrigen Donnerstag im Stadtteil Erfurt-Gispersleben von einem Autofahrer rassistisch beschimpft. Laut Polizei hatte ein noch unbekannter Mann sein Auto (Audi) unberechtigt vor dem Imbiss des 27-Jährigen abgestellt. Als dieser das dem Autofahrer mitgeteilt hatte, soll es zwischen den beiden zu einem Streit gekommen sein. Dabei soll der Autofahrer sich abfällig und rassistisch geäußert haben. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.

Amtsgericht Stuttgart: Rentner wehrt sich erfolgreich gegen Bußgeld nach Mittelfinger bei „Querdenken“-Demo

Der 71-Jährige stellte sich dann den Beteiligten mit seinem Fahrrad in den Weg. Der Mann war aber der Polizei aufgefallen, die dem 71-Jährigen daraufhin einen Platzverweis erteilte. Wie die Stadtverwaltung Stuttgart dem SWR mitteilte, habe die Polizei dem Mann dabei die Demonstrationsstrecke mündlich aufgezeigt und für die Zeit bis 18 Uhr an diesem Tag einen Platzverweis ausgesprochen. Daran habe sich der Mann aber nicht gehalten. Denn etwa 45 Minuten später erwischte die Polizei den 71-Jährigen erneut am Rande der „Querdenken“-Demonstration. Dafür hatte der Rentner dann einen Bußgeldbescheid in Höhe von 250 Euro plus Bearbeitungskosten erhalten. Dagegen legte der 71-Jährige erfolgreich Einspruch ein.

Tausende Menschen bei Gegenprotest zu Pegida-Geburtstag – Kleinere Zusammenstöße am Rande

In Dresden haben am Sonntag Tausende Menschen gegen den siebten Jahrestag der rassistischen Pegida-Bewegung protestiert. Laut Polizei ist die Situation weitgehend entspannt geblieben. Zwei Reden der Pegida-Veranstaltung werden von der Staatsanwaltschaft auf strafrechtliche Relevanz geprüft.

Rechtsextremismus

Noch immer viele offene Fragen um NSU-Mordserie

Berlin: Zehn Jahre nach dem Auffliegen der rechtsextremen NSU-Terrorzelle bleibt bei Angehörigen und Beobachtern Enttäuschung über ungeklärte Fragen rund um die Mordserie.

In Bezug auf die Rolle des V-Mann-Führers Andreas Temme in Hessen seien viele Fragen offen, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, in einer Diskussion zu den NSU-Morden in Berlin. Auch das Motiv für den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter sei nicht klar. „Am Ende bleibt dieses sehr, sehr unwohle Gefühl“, bilanzierte Haldenwang. Temme hielt sich während der Ermordung des Kasseler Internetcafé-Betreibers Halit Yozgat 2006 in dessen Café auf, will aber nichts gesehen oder gehört haben.

Nach Aufmarsch von „Reichsbürgern“ auf Burg Hohenzollern: Kaisertreuer erhält Strafbefehl

Ein 57-jähriger Mann aus Hessen, der den Aufmarsch von rund 100 „Reichsbürgern“ auf Burg Hohenzollern anlässlich des 45. Geburtstages von Georg Friedrich Prinz von Preußen organisiert haben soll, hat jetzt einen Strafbefehl erhalten. Es war ein Aufmarsch, der landesweit Schlagzeilen schrieb: Am 10. Juni pilgerten um die 100 aus ganz Deutschland angereiste „Reichsbürger“ den Zollerberg hinauf, um Georg Friedrich Prinz von Preußen zu dessen 45. Geburtstag zu huldigen, Kaiserreichsfahnen zu schwenken und Geburtstagsständchen sowie vaterländische Lieder zu singen. Wohlgemerkt vor den verschlossenen Burgtoren und in Abwesenheit des Hausherren, der in den Augen der Demokratiefeinde als Kaiser-Erbe das legitime deutsche Staatsoberhaupt darstellt.

Antisemitismus

Neonazi-Bestattung sorgte für Empörung – Antisemitismusbeauftragter hält Andenken an Friedlaender für richtig

Potsdam: Nach der Beisetzung eines Holocaust-Leugners auf der früheren Grabstätte des jüdischstämmigen Wissenschaftlers Max Friedlaender wertet Brandenburgs Antisemitismusbeauftragter das geplante Gedenken als richtigen Schritt. „Das finde ich durchaus gut und richtig“, sagte der Leiter der Fachstelle Antisemitismus, Peter Schüler, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. Das sei ein wichtiger Beitrag. Er betonte aber: „Ungeschehen kann man es nicht machen.“

Hatespeech im Internet

Heinrich, El-Hassan, Heidenreich: Wer nicht verzeihen kann, wird zynisch

Was ist los? Deutschland steckt mitten in einer Klima-, Renten-, Pflege-, Digitalisierungs-, Energiepreis- und Konjunkturkrise. Aber mit Vorliebe, so scheint es, befassen sich viele Menschen mit der Jagd auf andere. Zumindest in den sozialen Netzwerken. Da wird entlarvt, gepöbelt, skandalisiert. Seltsam nur: Oft sind es dieselben, die dort Hass und Hetze verurteilen, dann aber ihrerseits hassen und hetzen. Und oft sind es dieselben, die über eine angeblich fehlende Meinungsfreiheit in Deutschland klagen, dann aber über jeden Talkshow-Gast wutschnauben, dessen Meinung ihnen nicht passt.

Parteien

Bautzen: Kulturkampf von Rechts im Trojanischen Pferd

Im ostsächsischen Bautzen hat der Hauptausschuss der Stadt das Vorhaben eines rechten Vereins, das Bismarckdenkmal auf dem Berg Czorneboh wieder aufzubauen, fast einstimmig angenommen. Während das Sorbische Institut mit einem offenen Brief gegen das Projekt protestiert, bezeichnete Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) die Kritik als „hysterisch“: Ein Lehrstück rechten Kulturkampfes.

Meuthen droht Verlust der Immunität im EU-Parlament

Dem scheidenden AfD-Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen droht strafrechtliches Ungemach. Im Europaparlament, dem Meu­then seit vier Jahren angehört, beginnen am 27. Oktober die Beratungen über die Aufhebung seiner Immunität. Diese hatte die Berliner Staatsanwaltschaft im Sommer beim Europaparlament beantragt.

Hintergrund ist der Verdacht, Meuthen habe illegale Wahlkampfhilfen der Schweizer PR-Firma Goal AG in Höhe von rund 90.000 Euro angenommen. Der Bundestagsverwaltung legte die AfD auf die entsprechende Anfrage eine offenkundig gefälschte Spenderliste vor. Mehrere der angeblichen Geldgeber waren Strohleute, die teils gegen Bezahlung fingierte Spendenquittungen unterschrieben hatten. Am 15. oder 18. November soll Meuthen nach SPIEGEL-Informationen nun vom Rechtsausschuss des EU-Parlaments vernommen werden, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die letzte Entscheidung fällt das Abgeordnetenplenum mit einfacher Mehrheit.

Politische Landschaft der BRD: „AfD rückt jedes Jahr weiter nach rechts”

Beratungsstellen warnen davor, Verluste der rechten Partei bei der Bundestagswahl überzubewerten. Ein Gespräch mit Dominik Schumacher.

Rechtsextreme Denkfabrik AfD-Bundesvorstand sieht kein Problem in Nähe zum „Institut für Staatspolitik”

Die AfD-Spitze sieht in der Nähe ihrer Mitglieder zum Institut für Staatspolitik (IfS) kein größeres Problem. Die vom Verleger Götz Kubitschek geleitete Denkfabrik im sachsen-anhaltischen Schnellroda wurde vom Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt als rechtsextreme Gruppierung eingestuft. Ein Mitglied des AfD-Bundesvorstands sagte nun dem MDR: »Die Änderung der Bewertung dieses Institutes beziehungsweise Vereins durch eine einzelne Landesbehörde in Sachsen-Anhalt […] stellt für den Bundesvorstand der AfD keinen hinreichenden Anlass dar, sich kommentierend oder gar beurteilend zu äußern.« Nach Recherchen des MDR-Magazins »Exakt« haben mindestens 70 Vertreterinnen und Vertreter der AfD Verbindungen zu Kubitscheks IfS. Es handelt sich um Abgeordnete des Bundestags, mehrerer Landtage sowie um Funktionäre und Mitarbeitende der Partei.

Mehr als nur ein Pöbler: Der AfDler Stephan Protschka

Auch für Stephan Protschka hat es wieder gereicht. Der Mamminger AfD-Politiker trat als Direktkandidat für den niederbayerischen Kreis Rottal-Inn an und wurde (über die Liste) erneut in den Bundestag gewählt. Während des Wahlkampfs war Protschka Mitte August auch in Regensburg auf dem Dultplatz zu Gast. Über unseren damaligen Bericht zu seinen Pöbeleien zeigte sich der 43-Jährige erzürnt und drohte unserer Redaktion mit juristischen Schritten. Vor kurzem kam nun tatsächlich ein anwaltliches Schreiben mit diversen Forderungen, die wir alle zurückgewiesen haben. Doch wer ist überhaupt dieser AfD-Politiker und was ist von seiner zweiten Berlin-Zeit zu erwarten? Darüber sprachen wir mit Jan Nowak von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern.

Zwölf Abgeordnete: Das sind die Brandenburger Neuen im Bundestag

Die Brandenburger Parteienverbände schicken insgesamt zwölf Neulinge in den Bundestag. Darunter sind eine Fußballschiedsrichterin, ein Diplomat, ein Bürgermeister und ein Soldat, der vom MAD als rechtsextrem eingestuft wird.

Europa

EU-Ratspräsident Janša twittert Verschwörungslegenden

EU-Ratspräsident Janša verbreitet auf Twitter antisemitische Verschwörungslegenden – wenige Stunden, bevor ein nach Slowenien entsandter EU-Ausschuss über Repressionen in dem von Janša regierten Land berichtet. Dass ein EU-Spitzenpolitiker offen Europa-Abgeordnete attackiert und dabei antisemitische Verschwörungstheorien einsetzt, gilt als beispiellos: 226 Europa- Abgeordnete seien Marionetten von George Soros, diesen Tweet teilte der slowenische Ministerpräsident Janez Janša auf Twitter.

Antifaschistische Großdemo in Rom: Zehntausende gegen rechts

Laut Polizei kamen 60.000, laut Veranstaltern 200.000 Menschen zusammen, und sie waren geeint von der Forderung nach sofortiger Auflösung der neofaschistischen Organisationen im Land, vorneweg der Forza Nuova. Es waren die Chefs der FN gewesen, die aus einer Demonstration von Impf­geg­ne­r*in­nen heraus die Attacke auf den Sitz der CGIL organisiert hatten. Der Gewerkschaftsprotest blieb absolut friedlich, die Töne waren jedoch deutlich. So hieß es auf einem Transparent: „Wir haben am 25. April 1945 (dem Tag der Befreiung Italiens, Anm. der Red.) aufgehört, mit den Faschisten zu reden.“

Tödlicher Angriff auf britischen Parlamentarier: Als Terrorakt eingestuft

London: In Großbritannien ist der tödliche Angriff auf den konservativen Abgeordneten David Amess als Terrorakt eingestuft worden. Ersten Ermittlungen zufolge gebe es eine mögliche Verbindung zum islamistischen Extremismus als Motiv, teilte die Polizei von Essex in der Nacht zum Samstag mit. Die Anti-Terror-Einheit leite die Ermittlungen.

Gegenstrategien

Vergangenheitsbewältigung: Die Last des jüdischen Erbes

Der Dokumentarfilm „Endlich Tacheles“ erzählt davon, wie ein Jude der dritten Generation versucht, sich mit einem Computerspiel vom Holocaust zu befreien.

Marina Weisband : „Der Anschlag von Halle hat uns nicht überrascht”

Die Publizistin und Politikerin über Antisemitismus in Deutschland und ihre Entscheidung, die Davidstern-Kette nicht mehr zu tragen. Ein Interview.

Mahnwache für rassistischen Anschlag in Paderborn

Paderborn: Zum 27. Mal jährte sich am Donnerstag ein rassistisch motivierter Brandanschlag in Paderborn. Aktivisten hatten deshalb zu einer Mahnwache vor dem Rathaus aufgerufen. Doch pünktlich um 18 Uhr fand sich neben den etwa zehn Teilnehmern auch die Besatzung eines Streifenwagens ein. Denn die Polizei hatte selbst erst aus der Presse von der Mahnwache erfahren. „Offenbar hat es eine Panne bei der Übermittlung der Anmeldung gegeben“, sagt ein Polizeisprecher auf Nachfrage.

Performance zur Geschichte des Hasses: Die Berliner HAU führt „Hate Hate But Different“ auf

Eine Der Abend beginnt mit einer kleinen Provokation. „Wir müssen uns den Nazi als einen ängstlichen Menschen vorstellen“, sagt Ingo Tomi. Und während diese Worte so langsam ins Bewusstsein sickern und vor dem inneren Auge Bilder von Demonstrationen vorbeiziehen, auf denen stiernackige Männer mit kahl geschorenen Schädeln und vor Hass verzerrten Gesichtern Wut aus ihren Schlünden herausquellen lassen und im Hintergrund andere mit jener aufgepumpten Mannhaftikgkeit marschieren, die schon Klaus Theweleit für die weißen Männer der Freikorps beschrieben hat, wird die Berechtigung dieses Satzes immer deutlicher. Die Performance versucht sich an einer Analyse der rechtsradikalen Mobilisierung.

https://taz.de/Performance-zur-Geschichte-des-Hasses/!5808176&s=nazi/

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Erika Steinbach (parteilos), Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung, hier auf dem Bundesparteitag der rechtsextremen Partei.

Desiderius-Erasmus-Stiftung Die parteinahe Propagandamaschine der AfD

Schwerpunkt Bundestagswahl: Zum zweiten Mal zieht die AfD in den Bundestag ein – das bedeutet einen großen Geldregen in Millionenhöhe für die parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung. Doch es gibt eine Möglichkeit den Geldfluss zu unterbinden.

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