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Ende der NPD? Prominenter Neonazi spricht sich jetzt offen für die AfD aus

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So sehr sich die NPD online bemüht: Ihr hilft niemand mehr. (Quelle: Screenshot)

Jahre lang wurde die verfassungsfeindliche neonazistische Partei NPD durch staatliche Gelder der Parteienfinanzierung unterstützt. Im vergangenen Jahr profitierte die nationalistische Partei von staatlichen Zahlungen in Höhe von knapp 350.000 Euro. Damit ist nun Schluss: Bei der Bundestagswahl am Sonntag erhielt die rechtsextreme Partei 0,1 Prozent der Zweitstimmen. Sie verfehlten damit die Schwelle von 0,5 Prozent für eine staatliche Teilfinanzierung. Bei den Wahlen in Berlin (0,1 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (0,8 Prozent) erreichten die Rechtsextremen ebenfalls nicht die Schwelle von ein Prozent für eine staatliche Teilfinanzierung. Für sie versiegt nun der staatliche Geldfluss (von potenziellen V-Männern einmal abgesehen).

Doch damit nicht genug der guten Nachrichten: Die NPD muss wahrscheinlich die staatlichen Abschlagszahlungen für 2021, pro Quartal 87.000 Euro, zurückzahlen. Wie die notorische pleite Partei das schaffen will, ist ungewiss. NPD-Parteichef Frank Franz beteuert allerdings kurz nach der Wahl, man blicke auf eine „solide Finanzsituation der Partei“, um die Geldprobleme müssen sich die Kamerad:innen angeblich keine Sorgen machen.

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Die Entwicklung des rechtsextremen „Flügels“ ist entscheidend für die NPD

Frank Franz ist am Tag nach der Wahl in einem Analyse-Video nicht gut drauf. Er spricht davon, dass die NPD eine entscheidende Schlacht verloren habe. Franz räumt eine „herbe Niederlage“ ein und meint, die NPD müsse sich nun zurückziehen. „Das, was wir offengelassen haben, da ist die AfD rein stoßen. Da gehört es zu unserem Versäumnis, dass dieser Freiraum entstanden ist“. Die AfD schneidet so gut ab, weil sie von Beginn an ein unbeschriebenes Blatt war. Für die NPD komme es nun drauf an, wie sich die AfD, beziehungsweise der rechtsextreme Flügel, weiter entwickeln wird, meint Franz. Kamerad:innen fordern immer wieder, sich offiziell mit der AfD gemein zu machen.

Die Genese der NPD:

Wie es in Zukunft mit der NPD weitergeht, wird sich also zeigen. Im Laufe ihrer Geschichte hat sie schon einige Wandlungen durchgemacht, um ihre menschenfeindlichen Ziele anschlussfähiger zu machen. Während des Verbotsverfahrens gegen die NPD seit 2012 setzte sich ein „gemäßigterer“ Parteiflügel mit seinem parlamentarischen Weg ab 2014 durch. Die Führungsfiguren, um den stets sehr adrett gekleideten Frank Franz, innerhalb der Partei versuchten, sich mit allzu scharfen Tönen zurückzuhalten, auch um den Karlsruher Richtern nicht noch mehr Grund für ein Verbot zu liefern. Sie wollen die NPD nach einem Parteitag 2014 neu aufstellen, die NPD sollte moderater und damit wählbarer für breite Wählerschichten werden. Doch dann kam es 2015 zur Migrationsbewegung nach Europa und Deutschland. Und es war nicht die NPD, die die rassistische Grundstimmung vieler Deutscher auffangen konnte, sondern die damals noch „Professorenpartei“ genannte AfD, die zuvor nur durch latenten Abwertungen auffiel, nun aber die Stimmung gut kanalisieren konnte: Rassismus, aber bürgerlich geframt.

So wurde der „gemäßigte“ NPD-Weg durch die populistische Variante einer Rechtsaußen-Partei, der AfD, obsolet. In Scharen liefen die rechtsextremen Wähler:innen von der NPD zur AfD über. Unbelastet von einer Alt-Nazi-Vergangenheit ist die AfD für weite Teile der Gesellschaft wählbarer und kann so rassistische Vorurteile erfolgreich verbreiten, in die Parlamente tragen und so Debatten beeinflussen. Die AfD hat erreicht, was die NPD jahrzehntelang vergeblich versucht hatte: Die Enttabuisierung von Rechtsaußen-Positionen.

Der Versuch, unter anderem von Nazi-Kader Thorsten Heise, 2018 die NPD teilweise wieder militanter aufzustellen, brachte ihnen offenbar in der Wählergunst auch nichts. Die Wähler:innen wanderten immer weiter ab. Und nun ist auch noch die letzte Parteienfinanzierung gefallen.

Wie kann es nun also weitergehen mit der NPD?

Bereits vor der Bundestagswahl empfahlen neonazistische Szene-Größen im Osten, die Kreuze bei der alternativen AfD zu machen. Am Wahlabend blickte die Szene gespannt nach Mecklenburg-Vorpommern, ob die NPD hier die Ein-Prozent-Hürde schaffen würde.

„Wir wissen, dass die NPD als Wahlpartei von der Bühne ist“

In einem Analyse-Video nach der Wahl räumt der Parteivorsitzende Frank Franz ein, dass die NPD nun ganz unten angekommen ist. „Wir wissen, dass die NPD als Wahlpartei von der Bühne ist.“ Franz mutmaßt, dass auch Wahlempfehlungen von überzeugten Nationalist:innen für die AfD zum schlechten Abschneiden der NPD beigetragen haben. Erfreut scheint er darüber nicht. Namen will er nicht nennen.

Einer der öffentlich zur Wahl der AfD aufgerufen hat, ist Tommy Frenck. Um den rechtsaußen CDU-Mann Hans-Georg Maaßen als Direktkandidat in den Bundestag zu schicken, machte er gar Wahlkampf für eine Erststimme bei der CDU.

Nach der Wahl veröffentlichte der umtriebige Neonazi-Kader Frenck einen Aufruf, der von unzähligen Neonazis geteilt wurde und der wohl symptomatisch für die Veränderungen innerhalb der rechtsextremen Szene steht. Er schreibt hier unter anderem:

„Das Dilemma der kleinen ‚rechten‘ Parteien wird erst dann enden, wenn die Führungskräfte endlich ‘SCHLAU‘ genug sind und sich in einer neuen ‚rechten‘ Sammlungspartei zusammenschließen.“ Das klappe aber nur, wenn wirklich alle mitmachen würden. Die Mitglieder in den rechtsextremen Parteien seien alle „gute Leute“, das mickrige Ergebnis dürfe aber nicht als Auftrag zum Weitermachen gewertet werden, urteilt Frenck.

Frenck: Bei der AfD seien nicht nur „Israelhörige“

„Übrigens sind in Mitteldeutschland (Anm. d. Redaktion: Ostdeutschland) auch bei der AfD eine Menge guter und fähiger Leute. Hier einfach zu sagen, dass sind alles Israelhörige usw. ist genauso blöd, wie wenn man sagt das bei der NPD nur Abfall ist. Es gibt überall gute Leute, gerade bei den Mitgliedern!“

Lobende Worte für die AfD von Tommy Frenck am Tag nach der Wahl. Tommy Frenck ist einer der bekanntesten Neonazis Deutschlands. Er betreibt einen rechtsextremen Onlineversandhandel, ein Wirtshaus und Szene-Treffpunkt in Thüringen und ist Rechts-Rock-Veranstalter, so war er maßgeblich für das Neonazi-Festival „Rock gegen Überfremdung“ in Themar 2017 verantwortlich, zu dem mehr als 6.000 Rechtsextreme aus ganz Europa anreisten. Seine Gesinnung trägt er auch auf der Haut: „Aryan“ („Arier“) steht in Großbuchstaben als Tattoo zwischen seinen Schlüsselbeinen.

Nun springt Frenck für die AfD in die Bresche: Schuld an den schlechten Ergebnissen neonazistischer Parteien sei nicht die AfD, „die hat es nämlich verstanden, wie man die Leute abholt“. Man habe keine Zeit mehr, sich im Kreis zu drehen und doch wieder im Null-Prozent-Bereich zu landen, „in Deutschland und Europa läuft die Zeit gegen die einheimische Bevölkerung und zwar immer schneller.“

Wie geht es für die Neonazis weiter?

Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Neonazi-Szene nach der Schlappe der NPD aufstellen wird. Aber eines ist klar: Auch wenn die NPD weiter in die Bedeutungslosigkeit abrutscht, das Personal, und die Menschen mit dem ganzen Hass, die bleiben. Viele finden sicherlich in der AfD eine neue politische Heimat. Und der Nichtvereinbarkeitsbeschluss der AfD mit Mitgliedern rechtsextremer Organisationen wie der NPD, scheint das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt wurde. Andere werden vielleicht einen militanteren Weg einschlagen und sich Kameradschaften und neonazistischen Bruderschaften anschließen.

Metapolitik der Neonazis

Es bleibt abzuwarten, wie es mir der NPD und ihrem Personal weitergeht. Tommy Frenck rät seinen Kamerad:innen jedoch, aktiv zu bleiben und „Vorfeld Arbeit“ zu leisten. „Aber am wichtigsten, macht eurer Ding und stellt für die Leute in der Umgebung jemanden da, mit dem sie auch mal ordentlich reden können. Wenn es solche Leute überall vor Ort gibt, ist genau das der Grundstein um bei Wahlen anzutreten. Alles andere bleibt erfolglos.“

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