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Rechtsextreme Aktivitäten „Gutmenschenmafia“

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Vielköpfiges Plakat der Initiative Gräfenberg ist bunt; Foto: H. Kulick

„Politische Soldaten“ des  Widerstands, so definieren sich Mitglieder der NPD-Jugendorganisation JN in Selbstbeschreibungen auf ihrer eigenen Homepage.  Im bayerischen Gräfenberg untermauern sie zurzeit, was das in der Praxis heißt. Das örtliche Bürgerforum gegen Rechtsextremismus, das sich monatlichen Neonaziaufmärschen erfolgreich widersetzt,  fühlt sich unmittelbar vor der bayerischen Landtagswahl durch die Rechtsextremen terrorisiert. Der Anlass: Die Neonazis haben in Hochglanzdruck Flugblätter in Umlauf gebracht, in denen sie das Bürgerforum als „verblendete Gutmenschenmafia“ beschimpfen und des „Deutschenhasses“ bezichtigen. Mit Namen und Portraitfoto werden zwei Mitglieder des Bündnisse auf einem Flugblatt abgebildet, das so einen Steckbriefcharacter erhält:

npd-flyer mit zwei portraitfotos

npd-flyer mit zwei portraitfotos

Daraufhin veröffentlichte das überparteiliche Gräfenberger Bürgerbündnis am Donnerstag folgenden Aufruf zu einer Demonstration am 26.9.:

„Die Weißenoher und Gräfenberger Bürgerschaft nimmt den erneuten Aufmarsch-Terror der Neonazis in Weißenohe nicht hin: Mit einer Solidaritätsaktion und einem Demokratiefest am morgigen Freitag beantworten Vereine, politische Gruppen, das Bürgerforum Gräfenberg und viele engagierte Bürger den Versuch der „Jungen National’demokraten'“ (JN), Menschen, die sich im Bürgerforum engagieren, massiv unter Druck zu setzen. Wie bereits mitgeteilt, wurden personalisierte, mit Portraitaufnahmen versehene, vierfarbige Hochglanz-Flyer in mehrtausendfacher Ausfertigung in Gräfenberg und in den umliegenden Gemeinden verteilt, worin die beiden Sprecher des Bürgerforums als Unterstützer gewalttätiger linksextremistischer Kreise dargestellt werden. Zeitgleich wurde ein Aufmarsch der JN in Weißenohe angekündigt, der am Freitag abend unmittelbar an der Haustür von Karin Bernhart und Michael Helmbrecht vorbei führen soll. Zwischenzeitlich fahren NPD-Lautsprecherautos durch  das mit NPD-Plakaten gepflasterte Weißenohe und Gräfenberg – ganz gezielt werden die von der Schule heimkehrenden Kinder und Jugendlichen abgepasst und mit an sie gerichteten Lautsprecherdurchsagen („Wir wollen euch und eure Babys“, so hat das eine Mutter berichtet) in Angst und Schrecken versetzt.

Die politischen Ortsverbände Weißenohes, die Freien Wähler Gräfenberg, die SPD Gräfenberg und das Bürgerforum laden für den morgigen Freitag ab 18:30 Uhr – 22 Uhr in Weißenohe ein zu einer Kundgebung gegen diesen Neonazi-Terror. Unter dem Motto „Solidarität mit unseren netten Nachbarn – Kicken gegen Rechtsextremismus“ sollen die Weißenoher Straßen Schauplatz eines Straßenfußball- und eines demokratischen Festes sein  – und nicht eines braunen Aufzugs. Darüber hinaus wird es ein politisches Kundgebungsprogramm und kulturelle Angebote geben. Für die Bewirtung ist gesorgt. Politisch Verantwortliche, Künstler und Demokraten aus der Region werden herzlich gebeten, das Engagement der Weißenoher und Gräfenberger zu unterstützen.Bitte beteiligen Sie sich mit Kultur- und Politikbeiträgen an der Ausgestaltung der Veranstaltung.“

MUT-KOMMENTAR: Glückwunsch an das Gräfenberger Bürgerbündnis, das jüngst mit Recht zwei angesehene Demokratiepreise erhielt. Neben allem berechtigten Entsetzen über die örtliche Neonazispropaganda kann die Bürgerinitiative mit ihren Sprechern eigentlich stolz darauf sein, so von offenbar nervös gewordenen Neonazis angeprangert zu werden.  Denn das Flugblatt de JN Bayern/Franken macht deutlich: Die Inititiative „Gräfenberg ist bunt“ wirkt und verunsichert ganz offensichtlich die regionale rechtsextreme Szene – wenn das nicht der Fall wäre, würden die Neonazis nicht so aggressiv (und nebenbei selbstentlarvend) in die Offensive gehen. Auf der Rückseite des JN-Flyers bilden sich die JN-Vertreter übrigens selber ab, mit Transparenten, die „Nationalen Sozialismus“ fordern – Nationalsozialismus genauer gesagt. Auch das dürfte nach der Flugblattlektüre eigentlich jeder Bürger kapieren… Und noch was: Wenn Die Nazis Euch Gutmenschen schimpfen, für uns seid ihr Mutmenschen. In diesem Sinne:  Mut tut gut…

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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