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Rechtsterrorismus Updates zu Essen, Leipzig, Bremerhaven, Kassel

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Blick auf den Eingang des Don-Bosco-Gymnasiums, der Schule des 16-Jährigen, der jetzt wegen Rechtsterrorismus-Verdacht in Untersuchungshaft sitzt. (Quelle: picture alliance/dpa | Roberto Pfeil)

Ein 16-Jähriger aus Essen-Borbeck, der Bombenanschläge auf zwei Schulen plante, sitzt derzeit in Untersuchungshaft im Jugendgefängnis in Wuppertal-Ronsdorf. Sein Anwalt lässt derzeit prüfen, ob für ihn eine Verlegung in ein psychiatrisches Krankenhaus infrage kommt.

Die Hausdurchsuchung bei dem Verdächtigen verhärtet den Verdacht, dass er einen rechtsextrem motivierten Terroranschlag geplant hatte. Die Polizei stellte 16 vorbereitete Rohrbomben sicher, teilweise bereit präpariert mit Nägeln und Uhren, dazu Armbrüste, Speere, eine selbstgebaute Schusswaffe, einen Stahlhelm, eine Gasflasche und eine Wodkaflasche mit Nägeln – mit starker Splitterwirkung, wenn sie neben den Bomben deponiert worden wäre.

Außerdem fand die Polizei Notizen des 16-Jährigen, voll mit nationalsozialistischer Symbolik (Hakenkreuze, SS-Runen), islamfeindlichen Sprüchen, rechtsextremen Codes (1488 = 14 Words von Neonazi David Lane + 88 = Heil Hitler) sowie die Beteuerung, möglichst viele Menschen zu ermorden („Ich hoffe, ich erreiche mehr Kills“). Zudem besaß er Anleitungen zum Bombenbau und hatte ein „Manifest“ auf seinem Computer gespeichert, ein Dokument namens „DBG-Massaker“, wobei DBG für „Don Bosco Gymnasium“ steht. Hierin hat er offenbar laut BILD Vorbild-Taten erwähnt, wie den Amoklauf an der Columbine High School in den USA oder den Attentäter von Utøya und den Attentäter von Christchurch, den er unter anderem um sein Waffenarsenal beneidete. Er zitierte Adolf Hitler und schrieb, er fühle sich „wegen des Untergangs der weißen Rasse“ gezwungen, ein Zeichen zu setzen.

Er führte eine Todesliste von Lehrer:innen und Schüler:innen, notierte aber auch Selbstmordgedanken – mit dem Anschlag wollte er auch sein Leben beenden. Vermutlich in der Hoffnung, als erfolgreicher Attentäter selbst Bewunderung in der Online-Rechtsterrorismus-Community zu ernten. Von diesen Plänen wusste sein Umfeld offenbar nichts: Der 16-Jährige sei ein guter Schüler und Sportler gewesen.

Am 17.05. hat die Polizei dann einen 18-jährigen Mann festgenommen. Bei der Auswertung von Chat-Protokollen des 16-Jährigen sei die Staatsanwaltschaft auf einen über eine Jahr gehenden Chat mit dem 18-Jährigen gestoßen, bei dem es um Waffen gegangen sei. Unter dem Verdacht, dass er gegen das Waffengesetz verstoßen habe, durchsuchte die Polizei die Wohnung des 18-Jährigen und fand dort Waffen, die aber nach jetzigem Ermittlungsstand nicht scharf gewesen seien. Der Jugendliche befindet sich mittlerweile wieder auf freiem Fuß.

Mit seiner gesamten Tatvorbereitung stellt sich der 16-Jährige in die weltweite Folge rechtsterroristischer Attentate, die in der Online-Welt vorbereitet werden, in der Rechtsterroristen als „Saints“ verherrlicht werden. In Rechtsterror-Fangruppen wird menschenverachtende Ideologie verbreitet und Tatmöglichkeiten diskutiert. Täter setzen Mordtaten dann um, nicht nur um ihrer Ideologie gemäß zu töten, sondern auch in der Hoffnung, später selbst in diesen Kreisen Bewunderung zu erfahren. Dies eint den 16-jährigen Bombenanschlags-Planer in Essen mit dem 18-jährigen in Buffalo, der seine rassistisch motivierte Tat am Wochenende ausführte und zehn Menschen ermordete (vgl. Belltower.News).

Gestern, am Donnerstag, gab es weiter Angriffsmeldungen aus Schulen in Leipzig, Bremerhaven und Kassel.

In Leipzig gab es einen Hinweis auf einen geplanten Amoklauf aufgrund eines Videos bei Snapchat, das das Terrorprotokoll der Sozialen Netzwerke auflöste. Daraufhin meldeten sich US-Sicherheitsbehörden beim Bundeskriminalamt und dieses bei der Polizei Leipzig, die den 21-Jährigen am Donnerstag festnahm. Er hatte in einem Video in einem Klassenzimmer mit einer Waffe posierte und sagte: „Ihr wisst noch nicht, was heute passieren wird.“ Später stellte sich heraus: Die Waffe, mit der er im Clip posierte, ist eine Softair-Waffe, das Video wurde in einem Gymnasium produziert, aber einen geplanten Amoklauf oder Terrorakt gab es nicht. Die Polizei ermittelt nun gegen den 21-Jährigen wegen Störung des öffentlichen Friedens. Ob der Täter sich der Vorfälle in Essen und Buffalo bewusst war und vielleicht absichtlich diesen Zeitpunkt wählte, um das Video zu veröffentlichen, ist noch nicht bekannt.

In Bremerhaven stürmt ebenfalls am Donnerstag, dem 19. Mai, ein 21-Jähriger in das Lloydgymansium, bewaffnet mit einer Armbrust, einer Schreckschuss-Pistole und zwei Messern. Er verletzt eine ältere Angestellte der Schule lebensgefährlich, danach läuft er auf die Straße und lässt sich widerstandslos festnehmen. Seine Waffen werden sichergestellt. Die Polizei ermittelt, hat aber noch keine Hintergründe zur Tat benannt, geht aber von einer „psychischen Disposition“ aus – die allerdings eine weitere, vielleicht menschenfeindliche Motivation nicht ausschließt. Der Täter schweigt über seine Motivation.

In Kassel gab es an der offenen Schule Waldau einen Vorfall mit Reizgas, dass auf den Toiletten versprüht wurde. 40 Lehrer:innen und Schüler:innen erlitten Augenreizungen und Atemwegsproblem. Hier wurde noch kein:e Täter:in gefasst, die Motivation ist also auch hier noch offen.
Update 23.05.2022: Es war ein 12-jähriger Schüler, kein politisches Motiv (vgl. rtl.de)

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