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Anonymous-Angriff Hacker stellen Daten Rechtsextremer auf „Nazi-Leaks“

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Das Hackerkollektiv Anonymous hat im Internet persönliche Daten von Unterstützern der rechten Szene veröffentlicht. Seit Anfang des Jahres sind auf der zu diesem Zweck eingerichteten Seite nazi-leaks.net nach und nach entsprechende Listen aufgetaucht, darunter eine Liste mit Personen, die an die NPD gespendet haben sollen, Kundenlisten von Versandhäusern für in der rechten Szene beliebte Kleidung und Namen von Mitgliedern in rechten Netzwerken wie ?Blood and Honour?.

Insgesamt sind viele hundert Namen und Adressen, teilweise auch Handynummern gelistet.

Anonymous ist ein loser Zusammenschluss von politischen Hackern und Netzaktivisten. Auf Twitter gab die Gruppe bekannt, nazi-leaks.net sei Teil der Operation ?Blitzkrieg?. Im Zuge der Aktion attackiert die Gruppe systematisch Internetseiten von Gruppen aus dem rechten Spektrum und legt sie lahm. In einer Videobotschaft nennen die Hacker unter anderem die Morde der Zwickauer Terrorzelle als Grund.

Offenbar ist es das Ziel von Anonymous, mit nazi-leaks.net eine zentrale Stelle im Netz zu schaffen, auf der nun auch Daten von Personen der rechten Szene gesammelt werden. Die Listen, die dort stehen, sind teilweise neu, teilweise kursierten sie bereits im Netz. Neu ist offenbar die Liste der Kunden des ?Nationalen Versandhauses?, das mit szenetypischen Flaggen, Kleidung und Musik handelt.

Der Geschäftsführer des Unternehmens, Martin Hering, bestätigte auf Anfrage des Tagesspiegels, dass die Seite Ende Dezember gehackt wurde und Kundendaten verloren gingen. Bereits bekannt ist eine Liste der Mitglieder von ?Blood und Honour?, ebenso wie die Liste derer, die an die NPD gespendet haben sollen. Sie wurde bereits im Juni 2011 von einem Internet-User namens ?Darkhammer? ins Netz gestellt.

Darkhammer bezeichnete sich als Anführer der Hackergruppe ?No Name Crew?. Im rechtsextremen Spektrum wurde vermutet, Darkhammer sei ein Szenemitglied, das sich mit der NPD überworfen habe. Ein Sprecher der NPD bestätigte auch Angriffe auf Server der Partei Ende Dezember, dabei seien ?verschlüsselte Daten? abhanden gekommen, bei denen es sich aber nicht um die Daten von Mitgliedern oder Spendern gehandelt habe.

Ebenfalls bereits öffentlich ist eine Liste mit den Adressen angeblicher Autoren der Zeitung ?Junge Freiheit?. Nach Angaben des Chefredakteurs, Dieter Stein, geht diese Liste nicht auf einen Hackerangriff zurück. Es handele sich vielmehr um eine Liste, die in der Redaktion verwendet wurde. Anders als auf der Seite der Hacker dargestellt, umfasst die Liste nicht ausschließlich Autoren der ?Jungen Freiheit?, sondern auch Personen, die dem Blatt Interviews gegeben haben. Laut Stein finden sich darauf auch Personen, die lediglich für Gespräche angefragt wurden, aber abgesagt haben.

Nach Einschätzung von Sicherheitskreisen sind die Hackerangriffe auf die NPD und andere Rechtsextremisten inzwischen fast ?Volkssport?. Mit jeder weiteren Veröffentlichung wächst allerdings auch die Sorge, militante Antifa-Aktivisten könnten die geouteten Personen aufsuchen und angreifen. Zudem provozierten die Leak-Aktionen die rechtsextreme Szene noch stärker als bisher, auf braunen Websites Nazigegner bloßzustellen.

In der rechten Szene hat das namentliche Outen vermeintlicher Gegner eine lange Tradition. Bevor das Internet dazu die wichtigste Plattform wurde, gab es solche Listen bereits in rechtsextremen Zeitschriften. Vereinzelt konnten solche Listen im Netz durch Verhandlungen mit den meist ausländischen Providern abgeschaltet werden, so etwa vor einigen Jahren die Seite ?Anti-Antifa?. Auch auf den Seiten ?Politically Incorrect? und ?Nürnberg 2.0? entstehen Listen mit Personen, die von der islamfeindlichen beziehungsweise rechten Szene als Gegner eingestuft werden. Von ähnlichen Listen hat offenbar auch die rechtsextreme Terrorgruppe ?Nationalsozialistischer Untergrund? profitiert, als sie Dateien mit mehr als 10.000 Namen von Personen und Objekten zusammenstellte.

Die Angriffe auf die rechten Seiten verdichteten sich zwischen den Jahren. Zu dieser Zeit fand in Berlin der jährliche Kongress des Chaos Computer Clubs statt. Dass einzelne Mitglieder des Clubs das Netzwerk Anonymous unterstützen, gilt als wahrscheinlich. Umstritten ist im Club allerdings, ob das namentliche Outen von Personen mit der Hackerethik vereinbar ist.

Frank Rieger, Sprecher des CCC, wollte nicht ausschließen, dass einige der Angriffe von Teilnehmern des Treffens ausgingen: ?Die Hackerethik ist kein Gesetzeskanon. Inwieweit sich jeder einzelne der mehr als 3000 Besucher in jedem Einzelfall daran hält, ist in erster Linie seine Verantwortung?, sagte er. ?Der CCC sieht seine Aufgabe primär darin, die Hacker zum reflektierten und sorgfältig abgewogenen ethischen Handeln anzuregen.?

Der Text ist zuerst erschienen am 04.01.2011 im Tagesspiegel. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Und wie findet die Redaktion von Belltower.news die Aktion?

| Kommentar: Bitte Seiten lahmlegen, keine Internet-Pranger erstellen

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