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Mai 2017 Rassismus

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(Quelle: Flickr / Leif Hinrichsen / CC BY-NC 2.0)

Zusammengestellt von Alina Darmstadt

 

Rassismus vor Gericht

Anklageverfahren wegen rassistischem Angriff eingestellt – Fragwürdige Entscheidung des Richters

Das Verfahren gegen vier Angeklagte in Arnsdorf ist eingestellt. Anklage wegen Selbstjustiz und Freiheitsberaubung wurde erhoben, nachdem vier Männer im Mai 2016 einen irakischen Asylbewerber aus einem Supermarkt  gezerrt und an einen Baum gebunden haben. Unter den Angeklagten befand sich auch ein CDU-Gemeinderatsmitglied der sich in einem Video der neurechten Gruppierung “Ein Prozent” als  “normaler Bürger mit Zivilcourage” vorstellt. In dem Video sagten sie auch, es sei wie wenn man zu seinem Opa gehe und Blumen gießt. Man helfe.

Eine neue Wendung hatte der Fall genommen, nachdem im April 2017 der Iraker tot aufgefunden wurde. Einen Zusammenhang zum laufenden Verfahren schlossen die Ermittlungsbehörden aber aus. Die Staatsanwaltschaft Görlitz bestätigte, dass sie vor dem Prozess schriftlich bedroht worden war. In der Pressemitteilung heißt es, die Einstellung sei aber allein aus sachlichen Erwägungen erfolgt. Der Kamenzer Richter wertete dabei die Tat als “situationsbedingte Augenblicksentscheidung”, außerdem seien die Täter nicht vorbestraft. (FAZ)

 

„Jetzt gehen wir rüber und schlachten die Asylanten ab“ – Zweiter Beteiligter vor Gericht

Wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung wurde Tobias B. im vergangenen November zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Der 23-Jährige hatte einen Asylbewerber mit einem Messer attackiert. Jetzt steht Andreas J. vor Gericht, weil er Tobias B. zu der Tat angestachelt haben soll. (Süddeutsche)

 

Rassismus

Landtag Thüringen fordert humanitäres Bleiberecht für Opfer rassistischer Gewalt

Geflüchtete, die Opfer von rassistischen oder rechtsextremen Übergriffen geworden sind, sollen nicht länger aus Thüringen abgeschoben werden. Ein entsprechender Antrag wurde im Landtag beschlossen, nun soll die Landesregierung handeln. So sollen vor allem Geflüchtete geschützt werden, die in Deutschland Opfer von rassistischen Übergriffen geworden sind und denen eine Abschiebung droht. CDU und AfD stimmten gegen den Antrag der Regierungsfraktionen. (Thüringer Allgemeine)

 

Erneute Beschleunigung bei Abschiebungen – Bundesregierung sucht Helfer für massive Abschiebungen

Gleichzeitig sucht die Bundesregierung laut Medienbericht hunderte Beamt_innen, um die Verfahren zur Abschiebung von abgelehnten Asylbewerber_innen zu beschleunigen. Benötigt würden rund 420 Beamt_innen des mittleren und gehobenen Dienstes, die für 6 bis 15 Monate freiwillig die Bundesländer unterstützen. In diesem Jahr soll die Zahl der ausreisepflichtigen Asylbewerber_innen auf rund 485.000 steigen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte im Februar mitgeteilt, im Vorjahr habe es rund 80.000 Abschiebungen und freiwillige Rückkehrer gegeben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte ebenfalls im Februar mit den Ministerpräsidenten eine schnellere Abschiebung von Asylbewerber_innen vereinbart. (Focus)

 

Zahlen

Neuer Rassismusbericht: Der Ton in EU-Ländern gegen Migrant_innen wird schärfer

Der Ton gegen Geflüchtete in der EU wird dem Europäischen Netzwerk gegen Rassismus (Enar) zufolge schärfer. Rechtsgerichtete Gruppen und Parteien verbreiteten ihr Gedankengut erfolgreich vor allem in sozialen Medien, erklärte das Netzwerk in Brüssel. “Die Zahl der Demonstrationen und Proteste zeigt, wie wirkungsvoll rechtsextreme Gruppen ihre Version eines islam- und migrantenfeindlichen Hasses in Europa verbreiten.” Enar zitierte Äußerungen gewählter Politiker aus Rumänien, Slowenien und Ungarn. Hassreden gegen vor allem muslimische Migrant_innen gebe es aber in vielen Ländern der Europäischen Union. Das Netzwerk geht in seinem Report auf die Lage in allen 28 EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme der Niederlande und der Slowakei ein. In Polen und Kroatien hätten Parteien mit rassistischen Ideen mehr als 30 Prozent der Wählerstimmen bekommen, in Dänemark, Österreich und Ungarn mehr als 20 Prozent. In Spanien sei das Phänomen geringer ausgeprägt, erklärt der Enar-Bericht unter Verweis auf eine Empfehlung einer spanischen Anti-Diskriminierungsstelle gegen rassistische oder ausländerfeindliche Reden in Wahlkämpfen.

Zu Deutschland hob Enar die seit 2014 stark gewachsene Zahl ausländerfeindlich motivierter Straftaten gegen Asylunterkünfte hervor. Gruppierungen wie Pegida hätten ein rassistisches Klima und Gelegenheit zu rechtsextrem motivierter Gewalt geschaffen, auch wenn ihnen selbst keine direkte Beteiligung an solchen Angriffen nachgewiesen worden sein. (Islamische Zeitung)

 

Harvard-Studie soll zeigen, welche europäischen Länder die meisten Vorurteile haben

Die Harvard-Universität hat eine Karte erstellt, die zeigt, in welchen europäischen Ländern die meisten Vorurteile aufgrund der Hautfarbe existieren. Die Karte basiert auf einem kurzen Fragebogen, in dem die Testpersonen Gesichter mit positiven oder negativen Assoziationen beschreiben sollten. Insgesamt nahmen 288.000 Europäer_innen teil.

Es zeigt sich, dass Vorurteile in Tschechien am hartnäckigsten sind. Am wenigsten Vorurteile hegen laut der Studie die Serben, knapp vor Slowenien.

Die Studie erntete jedoch auch Kritik. Vor allem ging es darum, dass sich die Umfrage nur mit Gedanken und Assoziationen befasse. Sie suggeriert eine direkte Verbindung zwischen Wahrnehmung und Handlung. Dass voreingenommene Gedanken zu rassistisch motivierten Handlungen führen, ist jedoch nicht erwiesen. Das widerlegte auch eine Studie der University of Wisconsin, die sich mit dem Ergebnis des Tests befasste.

(huffingtonpost)

 

Weniger Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte im ersten Quartal 2017

Die Zahl von 93 Attacken auf Geflüchtetenunterkünfte entspricht nach Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) in etwa dem Stand vom ersten Quartal 2015 (106 Angriffe). Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Fraktion hervor. Nach 2015 war die Zahl der Anschläge und Überfälle auf Geflüchtetenunterkünfte sprunghaft nach oben gegangen. Im Gesamtjahr 2015 kam es zu mehr als 1.000 Anschlägen, auch 2016 waren es knapp 1.000. Zu den Angriffen werden etwa Überfälle, Sprengstoffanschläge, Brandstiftung sowie Körperverletzung gezählt. Im ersten Quartal hatten nach Ministeriumsangaben 86 der 93 Anschläge einen rechtsradikalen Hintergrund. Außerhalb der Unterkünfte kam es den Angaben zufolge zu 318 Angriffen auf Asylbewerber_innen und Geflüchtete. Bei den Gewalttaten seien im ersten Quartal 47 Menschen verletzt worden, darunter zwei Kinder. Für Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke gibt es keinen Anlass eine für Entwarnung. “Gewalt und Alltagsterror gegen Geflüchtete scheinen zur Normalität in Deutschland zu werden”, kritisierte Jelpke. (Welt)

 

Mit Daten werden Maschinen intelligent – und rassistisch

Vor einiger Zeit sandten mehrere Hunderttausend Menschen ihre Selbstbildnisse an einen Online-Schönheitswettbewerb. Doch statt Menschen, bestand die Jury aus einer KI – künstliche Intelligenz. Der Wettbewerb sollte damit objektiv, nüchtern, unparteiisch sein. Es gab nur ein Problem: Obwohl die Teilnehmer aus mehr als 100 Ländern stammten, war unter den 44 Gewinner_innen nur ein Mensch nicht weiß. Die Programmierer betonten, dass die Bevorzugung von weißen westlichen Schönheitsidealen keine Absicht war, sondern nur an den Datensammlungen liege. Jedes der zugrundeliegenden Datenpaket beinhalte etwa 14 Millionen Bilder von Menschen jeden Alters und jeder Herkunft, ein anderes wiederum 300.000 Fotos von Alltagsgegenständen in ihrere natürlichen Umgebung. Das Problem mit der Bevorzugung weißer westlicher Ideale ist dabei trotzdem existent. Wenn KI-Softwares mit Datensammlungen trainiert werden, lernen sie auch die dort vorhandenen Vorurteile und Klischees. Es sind Menschen die die Daten eingeben, ein Computerprogramm kann Regeln von Datenpaketen nicht hinterfragen. (süddeutsche)

 

Rassismus im Sport

Fußballprofi Muntari bekommt Platzverweis für Rassismus-Protest

Aus Protest gegen rassistische Beleidigungen hat Fußballprofi Sulley Muntari vom italienischen Erstligisten Pescara das Spielfeld verlassen. Er sei schon zu Beginn des Spiels gegen Cagliari von Fans ausgebuht worden, erklärte der Spieler aus Ghana laut italienischer Medien. Als er beim Schiedsrichter protestierte, bekam er eine Gelbe Karte. Aus Wut habe er den Platz verlassen, berichteten italienische Medien. Darauf folgte in der Nachspielzeit Gelb-Rot. Die Fußballergewerkschaft FIFPro fordert den italienischen Verband auf, die gelbe Karte gegen Muntari aufzuheben. (Spiegel , sport1)

 

Rassismus in den italienischen Medien – Eklat während Live-Interview mit Fußballer

Über Kopfhörer wird Juve-Spieler Medhi Benatia als “Scheiß-Marokkaner” beleidigt. Daraufhin sagte er “Da beleidigt mich jemand” und brach das Interview ab. Der TV-Sender Rai weist die Verantwortung von sich. Der Sender hat zwischenzeitlich angekündigt, den Verantwortlichen finden zu wollen. Allerdings wären die Beleidigungen nicht von einem ihrer Mitarbeiter geäußert worden. (taz)

 

Rassismus am Arbeitsplatz

Kreisverwaltung Mecklenburgische Seenplatte: Frage nach weiterem Umgang nachrassistischen Äußerungen eines Mitarbeiters während der Arbeitszeit

Der Mann hatte sich innerhalb seiner Arbeitszeit in einer Facebook-Diskussion über osteuropäische Geflüchtete rassistisch geäußert. Die Kreisverwaltung der Mecklenburgischen Seenplatte hat den Mitarbeiter wegen Verdacht der Volksverhetzung in den Innendienst versetzt. Er ist zwar noch im Dienst, darf aber keine öffentlichen Termine mehr wahrnehmen. (nordkurier)

 

Mannheimer Verkehrsbetriebe – Rassismus-Vorwürfe gegen RNV-Mitarbeiter

Die Polizei Mannheim überprüft Rassismusvorwürfe gegen Mitarbeiter der Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaft (RNV). Ein ehemaliger RNV-Fahrer habe heimlich Kollegen gefilmt, wie sie damit protzen Asylbewerber_innen drangsaliert zu haben und im Nazi-Jargon gegen Menschen hetzten. Die Mannheimer Polizei prüft derzeit, ob die Rassismusvorwürfe stimmen. Nach den Vorwürfen gegenüber Mitarbeitern hat das Unternehmen ein offizielles Statement veröffentlicht und sich distanziert. (SWR , Focus )

 

Gedenken an Solingen-Anschlag: Ankara warnt vor wachsendem Rassismus

24 Jahre nach dem Brandanschlag auf das Haus einer türkischen Familie in Solingen hat die türkische Regierung zu diesem Anlass vor wachsender Fremdenfeindlichkeit in Europa gewarnt. Bei dem Brandanschlag in der nordrhein-westfälischen Stadt waren am 29. Mai 1993 fünf Türkinnen im Alter zwischen vier und 27 Jahren getötet worden. Vier junge Männer hatten das Haus in Brand gesetzt. Das türkische Außenministerium teilt mit: „Wir beobachten bedauerlicherweise, dass Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit besonders in Westeuropa zunehmen“. (n-tv)

 

Was in Schulen gegen Rassismus getan werden muss

Berliner Schüler_innen schildern rassistische Probleme und Begegnungen und erklären, was getan werden muss. (huffingtonpost)

 

Feindlichkeit gegen Geflüchtete

Zur Identitätsprüfung: Bundestag beschließt Auswertung der Datenträger von Asylbewerbern – Juristen haben “tiefgreifende verfassungsrechtliche Bedenken”

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge darf künftig Smartphones und andere elektronische Geräte von Asylbewerber_innen ohne Papiere auswerten. Hierfür werden alle darauf gespeicherten Informationen kopiert und durchsucht. Nicht nur deshalb kritisieren Menschenrechtler_innen das neue Gesetz scharf. (netzpolitik)

Im Vorfeld hat der Deutsche Anwaltsverein in einer Stellungnahme (PDF) das geplante ”Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht kritisiert. In der massenhaften Durchsuchung von Datenträgern und Handys von geflüchteten Personen sehe der Verein „tiefgreifende verfassungsrechtliche Bedenken“. Die Regelungen seien in der vorgesehenen Form abzulehnen. Demnach ist die umstrittene Maßnahme nicht mit dem Persönlichkeitsrecht vereinbar und der Grundsatz auf Verhältnismäßigkeit sei nicht gewahrt. (netzpolitik)

 

Skulptur mit Burka verhüllt -Staatsschutz vermutet Propaganda-Delikt

Unbekannte haben im Stadtzentrum Dessau eine Holzskulptur des Kirchendichters Paul Gerhardt mit einem Burka-ähnlichen Kleidungsstück verhüllt. Zudem legten die Täter_innen der Figur eine blutverschmierte Axt in die Hände. In unmittelbarer Nähe entdeckten die Ermittler an einer Kirche außerdem Flugblätter und ein Plakat mit der Aufschrift „Islamisierung tötet“. Die Polizeidirektion in Dessau geht von einem Propaganda-Delikt aus. Die Täter werden in der regionalen rechten Szene vermutet, sagte ein Polizeisprecher.(mdr)

 

 

MEHR MENSCHENFEINDLICHKEIT AKTUELL, MAI 2017:

| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Antisemitismus| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Homo- und Transfeindlichkeit, Sexismus, Gender| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Rechtspopulismus| Menschenfeindlichkeit Mai 2017: Rechtsextremismus

 

Überblick aller Berichte zu Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktuell

Titelbild oben: Flickr / Leif Hinrichsen / CC BY-NC 2.0

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Monatsüberblick Juli 2016 Antisemitismus

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Eine Demonstration im Januar 2021 in Köln, um dem 2005 in Polizeigewahrsam verstorbenen Sierra-Leoner Oury Jalloh zu gedenken.

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Erschossen, gefoltert, misshandelt, in den Suizid getrieben – mindestens 183 Todesfälle von schwarzen Menschen und People of Colour in Gewahrsam zählt die Recherchegruppe „Death in Custody“ seit 1990. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher sein.

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Gibt es eigentlich Rassismus gegen Deutsche?

Gerade wollte die AfD den Paragraphen 130 ändern lassen, um Diskriminierung gegen Deutsche strafbar zu machen. Einerseits beweist das großes Unwissen gegenüber dem Gesetz, andererseits stellt sich die Frage: Rassismus gegen Deutsche, geht das überhaupt?

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