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Zwei unwidersprochene Kinderfeste der NPD

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Hüpfburg und Hetze: Kinderfeste der NPD, wie hier in Stralsund, dienen der emotionalen Bindung der Eltern an die rechtsextreme Partei - und dazu, Propaganda schon an die Jüngsten zu verteilen. (Quelle: AAS / ER)

Von Jana Westermann und Oliver Cruzcampo

Am 30. August veranstaltete der NPD-Regionalverband Uecker-Randow sein siebtes Kinderfest. Mit Kutschfahrt und Trampolin lockte die rechtsextreme Partei rund 200 Menschen auf eine große Wiese vorm Brandstall. Sechs Jahre in Folge hatte der Regionalverband sein Sommerfest in Ueckermünde stattfinden lassen. In diesem Jahr hatte der NPD-Gemeindevertreter Christian Alsdorf im Ort dafür gesorgt, dass das Fest in Ferdinandshof, nahe der polnischen Grenze, veranstaltet werden konnte. Ein Sprecher betonte bei der Veranstaltung, dass die NPD von nun an den Ort stetig wechseln wollten, um die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Bedürfnissen aufzusuchen.

„Bedürfnisse aufsuchen“

Damit, aber auch mit dem vielfältigen Angebot, generiert sich die NPD wieder einmal zum Kümmerer. Die Partei versucht seit Jahren gerade in strukturschwachen Gebieten auf Stimmenfang zu gehen. Dort sind sie oft die Einzigen, die ein offenes Angebot schaffen. Beim diesjährigen Kinderfest waren es insbesondere die Männer, die die Kinder mit Dosenwerfen oder Armbrustschießen bespaßten. Die Eltern konnten sich währenddessen bei kostenlosem Kaffee und selbstgebackenem Kuchen entspannen. Das sei ein „häufig zu beobachtendes Phänomen“, sagt Stella Hindemith vom Projekt „Lola für Ludwigslust“ der Amadeu Antonio Stiftung, „Bei solchen Events zeigen sich auch die Männer einmal familiär“, der alltägliche Umgang und die Erziehung der Kinder im Alltag sei aber nach wie vor Frauenaufgabe, denn in der rechtsextremen Ideologie herrschten starre Geschlechterrollen. Und auch sonst täuschten die Kinderfeste über die Inhalte der NPD hinweg, schließlich würde diese ihr völkisch-rassistisches Weltbild auch und gerade auf Kinder und Familien beziehen.

Kinderbücher vom Neonazi-Versandhandel

An einem Obst und Gemüsestand war es für Eltern und Kinder möglich, sich über regionale Produkte und gesunde Ernährung zu informieren und doch vielleicht die „hunderte Kilometer eingereisten Gemüse besser mal im Supermarkt zu lassen“, wie es NPD-Landesvorstandsmitglied Marko Müller formulierte. Beim stündlich stattfindenden Malwettbewerb wurde die Kreativität der Kinder beispielsweise mit einem Malset von Disneys König der Löwen, einer Winnie Puh Wanduhr oder auch mit Märchenbüchern des rechten Verlages Pommerscher Buchdienst belohnt. Mit der Literatur wird bereits den Kleinsten ein völkisch-nationalistisches Weltbild vermittelt. Gerade für Familien, bei denen das Geld nicht ganz so locker sitzt, geht hier die Strategie der NPD auf.

Anstelle der üblichen dumpfen Parolen wird sich hier mit kleinen Geschenken die Treue erkauft. Neben einer Vielzahl von Familien, die gleich mit Oma, Opa, Freundin und Schwägerin kamen, ließen es sich auch Parteifreunde, beispielsweise aus dem kameradschaftlichen Spektrum, wie den „Aryan Warriors Pommern“, nicht nehmen, ihre Nähe zur NPD zu demonstrieren.

Die Veranstaltung blieb in der Öffentlichkeit fast unwidersprochen – dies lang auch daran, dass die Gemeinde Ferdinandshof die Information, dass das Kinderfest angemeldet wurde, erst kurzfristig herausgegeben hatte. Dabei sind die Kinderfeste keineswegs harmlos, denn sie eignen sich dafür, neue Sympathisantinnen und Sympathisanten für die NPD zu gewinnen. Es wäre deshalb – und auch im Sinne des Schutzes von Kindern – ratsam, wenn Politik und Verwaltung hier zukünftig entschlossen mit der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten und die Information darüber, dass solch eine Veranstaltung stattfindet, rechtzeitig an diese herausgegeben wird. Dann werden kommende NPD-Kinderfeste sicherlich auch auf mehr Protest stoßen.

Von Ferdinandshof nach Stralsund

Nur ein Wochenende später führte die NPD in Ostvorpommern bereits ihr nächstes Kinderfest durch. Am vergangenen Sonntag eröffnete in Stralsund der lokale Stadtvertreter Dirk Arendt das Kinderfest in der Hansestadt, an dem im Laufe des Tages rund 100 Personen teilnahmen.

Auch bei der zweiten Veranstaltung dieser Art im aktuellen Kalenderjahr bot die rechtsextreme Partei Hüpfburg, Trampolin und weitere Spiele auf. Zur Unterstützung waren vor allem junge männliche NPD-Sympathisanten zugezogen worden, auf deren T-Shirts Motive wie „Todesstrafe für Kinderschänder“ prangten. Kameradschaftsmitglieder wie Karsten Münchow drehten derweil Runde um Runde, um ungebetene Gäste von der NPD-Veranstaltung fernzuhalten und gleichzeitig abzufotografieren.

NPD-Event ohne Gegenwehr

Der Kommunalpolitiker Dirk Arendt bedankte sich noch während der Veranstaltung artig bei der NPD-Landtagsfraktion für die Unterstützung. Finanziell hätten dem Kinderfest die Landtagsabgeordneten, sowie Bürgerschafts- und Kreistagsabgeordnete unter die Arme gegriffen. Zudem seien über 500 Bratwürste und 600 Portionen Eis verteilt worden – mit Blick auf die Besucher eine beachtenswerte Quote.

Gegenproteste gab es an dem Sonntag keine. Die NPD und ihre Sympathisanten blieben unter sich. Da verwundert es kaum, dass Arendt ankündigte, im kommenden Jahr nicht nur in Stralsund erneut ein Kinderfest der rechtsextremen Partei auf die Beine stellen zu wollen, sondern auch in einer weiteren Stadt des Landkreises auflaufen zu wollen.

 

Dieser Artikel entstand in Kooperation der Amadeu Antonio Stiftung mit Endstation rechts.de.

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