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Braune Strukturen „Nazis? Na und…“ – Hannover, wach auf!

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Die Polizei fährt vor, aufgeregte Beamte machen Fotos von den zahlreichen rassistischen und islamfeindlichen Schmierereien, die am vergangenen Samstagmorgen die komplette Fußgängerzone zwischen dem Steintor und dem Kröpke in der Innenstadt von Hannover verschandeln. Die Stimmung ist angespannt, denn für diesen Samstag kündigten Salafisten, eine sehr konservative Strömung innerhalb des Islams, eine große Koranverteil-Aktion an. Der Koran soll an Passanten in Hannover und anderen Städten kostenlos verteilt werden. Die Polizei rechnete mit gewaltbereiten Gegenaktionen  von neonazistischen  Gruppierungen, wie der seit 2009 immer wieder auffälligen rechtsradikalen Truppe „Besseres Hannover“.

Lose Strukturen

„Besseres Hannover“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich die rechtsextreme Szene in Deutschland in den letzten Jahren verändert hat. Sie treten jung, modern und aktionistisch in Erscheinung, haben lustig und cool animierte Internetauftritte und kommunizieren hauptsächlich über Videobotschaften auf ihrem Blog oder über Youtube. Auch die sozialen Netzwerke werden maßgeblich in die Neonazi-Propaganda eingebunden. Es gibt keine feste Vereinsstruktur oder Mitgliedschaft, vielmehr wird es über das Internet möglich, alte Strukturen aufzulösen und „freie Kräfte“ aus losen Personennetzwerken zu bilden. Diese losen Geflechte sind deshalb so gefährlich, weil sie nicht greifbar sind, niemand weiß, wie groß und damit einflussreich eine Gruppierung tatsächlich ist. Bei der Neonazivereinigung „Besseres Hannover“ ist allerdings mittlerweile klar: Es handelt sich um einen Personenkreis von etwa 30  jungen Menschen mit dem ehemaligen hannoverschen NPD-Chef Marc-Oliver M. an der Spitze.  Die genaue Identität der Mitglieder ist jedoch unklar.

Der Abschiebär

Die Gruppe gilt als hauptverantwortlich für zahlreiche rechtsradikale Aktionen der letzten Jahre im Raum Hannover. Am meisten Medienaufmerksamkeit bekam sie durch die Versendung von Droh-Mails mit dem Inhalt eines im Internet veröffentlichten Videos an zahlreiche Personen mit Migrationshintergrund sowie verschiedene Ratsmitglieder in Hannover. Darunter auch die Sozialministerin Aygül Özkan.  Der Inhalt des Videos ist eindeutig:  eine Person im Bärenkostüm läuft durch die Südstadt in Hannover. Vor verschiedenen Döner-Imbissen posiert der „Abschiebär“  und hebt den Arm zum „Hitlergruß“, zusätzlich verteilt er „One Way Tickets in die Türkei“. In der Mail wird angekündigt, dass die Gruppe „für die Durchsetzung [ihrer] politischen Ziele[…] eine neue Waffe einsetzen“ wird. Neben solchen Drohaktionen,  organisierte „Besseres Hannover“  im letzten Jahr beispielsweise auch einen Fackelzug in Kleefeld, der in seiner Videoaufarbeitung gefährlich nah an die martialisch aufgearbeiteten Videos der neonazistischen Untergrundvereinigung „Die Unsterblichen“ erinnert. Eine Verbindung zwischen diesen beiden Gruppierungen kann demnach nicht ausgeschlossen werden.

Gegenbewegung?

Wo „besseres Hannover“ ständig, aktionistisch und militant in Erscheinung tritt, sei es auf ACTA-Demos oder, wie an diesem Samstag, in der hannoverschen Innenstadt, da blickt man auf der Suche nach Gegenbewegung in karges Land.  Zwar gründete sich im Jahr 2009 das SPD-Forum „Gegen Rechts“, was sehr fortschrittlich und vorbildlich wirkt. Bis auf einige Podiumsdiskussionen blieb dieses Forum jedoch  bislang sehr ruhig. Wundern wird das die meisten nicht wirklich. Was jedoch verwunderlich ist, ist die Ruhe der Hannoveraner Antifa. Vor mittlerweile zwei Monaten brach deren Homepage zusammen, bis zum jetzigen Zeitpunkt wird die Seite nur durch einen selten aktualisierten Blogspot ersetzt. Der Blogspot von „Besseres Hannover“ hingegen wird permanent mit neuen rechtsextremen und rassistischen Inhalten gefüllt.

Und was sagen die Bürger*innen von Hannover? Als ich am Samstagmorgen einige Personen auf die Schmierereien am Boden anspreche, ernte ich nur erstaunte Blicke, nervöses Lachen oder allerhöchstens ein „… naja, jeder hat so seine Meinung“.  Die Reaktionen zeigen: Hannover muss endlich aufwachen. Seine Bewohner*innen müssen deutlich zeigen, dass sie  rechtes Gedankengut nicht tolerieren. Andernfalls werden rechtsextreme Gruppen wie „Besseres Hannover“ sich zunehmend wohlfühlen in der Landeshauptstadt. Die Folgen mag man sich gar nicht ausmalen.

Lisa Lehmann

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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