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Eisenach Die militanten Jung-Nazis von „Knockout51“

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Ein Mitglied von Knockout51 beim Schießtraining (Quelle: Screenshot)

Ab Montag müssen sich in Jena, vor dem Thüringer Oberlandesgericht, vier Neonazis aus Eisenach verantworten. Ihnen wird von der Bundesanwaltschaft unter anderem die Bildung einer kriminellen und terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Ferner legt die oberste Anklagebehörde Neonazis auch mehrfache gefährliche Körperverletzung, Angriffe auf Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbruch, versuchte Gefangenenbefreiung und Verstöße gegen das Waffenrecht zur Last. Die vier Männer sind zwischen 21 und 25 Jahre alt und traten unter dem Namen „Knockout51“ auf.

„Hierbei handelte es sich um eine rechtsextremistische Kampfsportgruppe, die unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen Trainings junge nationalistisch gesinnte Männer anlockte, diese bewusst mit rechtsextremem Gedankengut indoktrinierte und für körperliche Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten, Angehörigen der politisch linken Szene und sonstigen als bekämpfenswert erachteten Personen ausbildete“, hieß von der Bundesanwaltschaft. Die vier Männer waren Anfang April 2022 bei einem groß angelegten Schlag gegen die militante Neonazi-Szene festgenommen worden.

Rädelsführer Leon R.

Die Angeklagten fingen an, teilweise ab die Mitte der 2010er Jahre, sich im Umkreis des „Flieder Volkshauses“ zu organisieren. Damals war ihr Auftreten noch stark an das damals bei Neonazis beliebten Auftreten des „Antikapitalistisches Kollektiv“ angelehnt. Sie waren also Rechtsextreme, die Kleidung, Symbolik und Aktionsformen beim linksautonomen schwarzen Block der autonomen linken Szene entlehnten. Die Gruppe „Knockout51“ gründete sich im März 2019. Spätestens seit April 2021 sei das Ziel der Vereinigung das Töten von Personen der linksextremen Szene gewesen.

Rädelsführer von „Knockout51“ ist Leon R. (Jahrgang 1998). Er trainiert laut Generalbundesanwalt den rechtsextremen Nachwuchs für den Straßenkampf. Neben Leon R. stehen Maximilian A., Bastian A. und Eric K. vor Gericht. Laut antifaschistischer Recherche sollen insgesamt 14 Personen Mitglied von „Knockout51“ gewesen sein. Die Zahl 51 steht hierbei vermutlich für die Buchstaben E und A, somit für das Kennzeichen von Eisenach, EA.

„Militanter Neonazismus ist ein prä-terroristisches Milieu“

Zwar wird „Knockout51“ oft als Kampfsportgruppe bezeichnet, doch hier ging es nicht ausschließlich um neonazistisch aufgeladenen Sport. Diese 14 Männer trainierten die Anwendung von Gewalt, auch tödlicher Gewalt. Mit Stickern und Graffitis vor Ort machten sie keinen Hehl aus ihrer Verehrung Hitlers und des Nationalsozialismus. Menschen, die diese Jung-Nazis als Feinde ausgemacht hatten, wurden von ihnen regelrecht terrorisiert. Laut Bundesanwaltschaft wollte die Gruppe durch Patrouillengänge eine Art „Nazi-Kiez“ durchsetzen und habe vor allem für Angriffe gegen „Linke“ trainiert.

Sie übten sich im Straßenkampf und trainieren für den in der Szene viel beschworenen „Tag x“, den Beginn eines Bürgerkriegs, an dessen Ende die lang ersehnte Vorherrschaft der weißen Rasse steht. Doch es blieb nicht bei körperlichen Ertüchtigung-Übungen. Auch an Waffen übte sich die Gruppe. Bei Leon R. stellte die Polizei Waffenteile sicher. Mit einem 3-D-Drucker soll er begonnen haben, Maschinenpistolen mit Munition herzustellen.

„Die Gruppe ‘Knockout51‘ steht exemplarisch dafür, wie Neonazis sich durch Kampf- und Waffentrainings aufrüsten“, so Robert Claus, Experte im Bereich rechtsextreme Kampfsport-Strukturen, gegenüber Belltower.News. „Anhand der Aktivitäten der Gruppe zeigt sich deutlich, dass militanter Neonazismus ein prä-terroristisches Milieu ist.“

Nazi-Immobilien in Eisenach: „Bull’s Eye“ und „Flieder Volkshaus“

Der Eisenacher Leon R. betreibt seit 2019 die Kneipe „Bull’s Eye“ in der thüringischen Kleinstadt und organisiert die Kampfsporttrainings in der Neonazi-Immobilie „Flieder Volkshaus“, das außerdem ausgerechnet in der Landeszentrale der Neonazi-Partei NPD ist – die inzwischen mit dem neuen Namen „Die Heimat“ versucht, ungefährlicher zu scheinen. Die von R. und seiner Familie betriebene Kneipe diente zudem als Ausweichort für Neonazi-Konzerte. 2019 gab es einen Überfall auf die Szene-Kneipe „Bull’s Eye“, mutmaßlich durch eine linksautonome Gruppe.

In Eisenach hat sich in den letzten zehn Jahren eine militante rechtsextreme Jugendszene entwickeln können, in deren Zentrum auch Leon R. steht.  R. scheint dabei bestens vernetzt in das deutsche und internationale militante Neonazi-Netzwerke zu sein. Der Eisenacher hatte Kontakt zur US-amerikanischen rechten Terrorgruppe „Atomwaffen Division“ (AWD). Weitere Kontakte suchte R. zur polnisch-militanten Gruppe „Falanga“ und zum ukrainischen „Asow Batallion“.

Eisenach: Wohlfühlort der Neonazi-Szene

Zentral für die rechtsextreme Dominanz in Eisenach ist das „Flieder Volkshaus“, das vom Gewalttäter und NPD-Kader Patrick Wieschke betrieben wird. Die Immobilie gelang 2014 in die Hände der Neonazis. Im „Fiedler Volkshaus“ traten immer wieder Bands aus dem Umfeld des in Deutschland verbotenen terroristischen Netzwerks „Blood and Honour“ auf. Bei einem konspirativen Treffen im Januar 2022 im „Flieder Volkshaus“ posierte Leon R. vor einer Hakenkreuzfahne. An dem Abend trafen sich militante Neonazis aus den Strukturen des paramilitärischen Netzwerkes „Combat 18“. Wieschke gilt als Anführer der Eisenacher Neonazi-Szene. Er baute nicht nur in Westthüringen den Thüringer Heimatschutz mit auf, aus dessen Ostthüringer Sektionen der NSU hervorging und schritt mit einem Sprengstoffanschlag auf einen Döner-Imbiss selbst zur Sache. Er arbeitete eng mit den NSU-Helfern Tino Brandt, Ralf Wohlleben und André Kapke zusammen und organisierte Naziaufmärsche in ganz Thüringen mit.

Das „Flieder Volkshaus“ und Patrick Wieschke scheinen zentral bei der Entwicklung von „Knockout51“ zu sein.

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