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Kameradschaft Süd

Ende 2001 gründete sich die neonazistische Gruppe „Kameradschaft Süd“ unter dem vorher in Nordrhein-Westfalen aktiven Neonazi Norman Bordin. Sie war ein Teil von Bordins „Aktionsbüro Süddeutschland“-Strukturen und sollte in der Stadt und Region München die Szeneanhängern organisieren.

 

Ab November 2002 leitete der aus Anklam nach Bayern zugezogene Martin Wiese die Kameradschaft Süd, an deren regelmäßigen Stammtischen bis zu 40 Personen teilnahmen. Martin Wiese und die ?Kameradschaft Süd? organisierten im Herbst 2002 zwei Aufmärsche in München gegen die Ausstellung „Dimension des Vernichtungskriegs“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung. In der von Wiese angeregten „AG Bayern“ arbeitete die ?Kameradschaft Süd? eng mit der mittlerweile vom bayerischen Innenministerium verbotenen militanten „Fränkischen Aktionsfront“ (FAF) und NPD-Gliederungen zusammen.

Parallel sollte mit der elitären „Schutzgruppe“ (SG) innerhalb der ?Kameradschaft Süd? militant für ein nationalsozialistisches System gekämpft werden. Aktivitäten und Treffen der SG waren konspirativ, trainiert wurden auch Wehrsport und Nahkampf. Mitglieder der Kameradschaft trafen sich zudem in der „Anti-Antifa-AG“, um Daten über politische Gegner zu sammeln. Im April 2003 kauften Aktivisten der Schutzgruppe sechs Pistolen und Munition, im Mai gewannen sie 1,2 kg TNT aus einer bei Ramin (Mecklenburg-Vorpommern) aufgefundenen Panzerfaust.

Am 9. November 2003 sollte in München feierlich der Grundstein für das neue jüdische Gemeindezentrum und Synagoge gelegt werden. In der ?Kameradschaft Süd? wurde zuerst über eine Demonstration und eine massive Störung diskutiert, in der Schutzgruppe sprach Wiese jedoch auch davon, einen Bombenanschlag verüben oder eine Handgranate werfen zu können. Die Sicherheitsbehörden waren über die Pläne durch den Einsatz eines V-Manns in der Kameradschaft und umfangreiche Abhörmaßnahmen einzelner Aktivisten informiert. Am 9.September 2003 kam es daraufhin zu bundesweiten Razzien gegen die KS Süd. Im Mai 2005 wurde Martin Wiese vom Bayerischen Obersten Landesgericht u. a. wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Entgegen vieler Pressemeldungen ist gegen die ?Kameradschaft Süd? nie ein Vereinigungsverbot ausgesprochen worden, seit dem Frühjahr 2004 treten die beteiligten Neonazis jedoch unter dem Namen „Kameradschaft München“ auf.

Weblinks

| Andreasch, Robert: Sprengstoff in München – Details aus dem Innenleben einer terroristischen Kameradschaft. In: A.I.D.A.-ARchiv (Hg.) Sprengstoff in München. München 2005 zum herunterladen

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