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National befreite Zonen

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„Wir müssen Freiräume schaffen, in denen WIR faktisch die Macht ausüben, in denen wir sanktionsfähig sind, d.h. WIR bestrafen Abweichler und Feinde,“ heißt es in den ersten bekannten Texten zu einem gleichnamigen Konzept. Sie wurden 1990 in Zeitschriften der Jungen Nationaldemokraten (JN) und des Nationaldemokratischen Hochschulbundes (NHB), der Studentenvereinigung der NPD, veröffentlicht. Die Autoren fordern darin auch, durch den Aufbau „nationaler“ Betriebe eigene Wirtschaftskreisläufe zu etablieren und die führenden Aktivisten der Partei materiell abzusichern. Damit sollte die extreme Rechte im Fall von staatlicher Repression oder gesellschaftlichen Drucks über eine unabhängige materielle Basis verfügen. Zudem solle die Akzeptanz breiterer Bevölkerungsschichten erreicht werden. Man müsse „so handeln, dass man in einem Meer an Sympathie schwimmt, dass die `normalen Bewohner` für uns die Hand ins Feuer legen.“

Hoher Symbolgehalt

Das Konzeptpapier wurde zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, in dem die Neonaziszene im Gefolge des Mauerfalls einen erheblichen Zulauf und Dynamik erlebte. Als die Sicherheitsbehörden auf die erste Welle neonazistischer Gewalttaten gegen Flüchtlinge und Migranten zwischen 1990 bis 1993 mit vermehrter Repression und Parteiverboten reagierten, gab es in der extremen Rechten eine Umstrukturierung und strategische Neuausrichtung zur Gewinnung kultureller Hegemonie. Deren Auswirkungen ? die zunehmende Dominanz der extremen Rechten in Jugendsubkulturen, Verankerung in Kommunen und steigende Gewalttaten ab Mitte der 1990er Jahre ? wurde von zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen Rechtsextremismus und Journalisten im Zusammenhang mit dem Konzept-Papier der JN öffentlich thematisiert.

Der Begriff wurde zu einem Symbol: Einerseits für eingrenzbare Orte, die von denjenigen, die nicht ins rechte Weltbild passen, aus Angst vor Gewalttaten nach Möglichkeit gemieden wurden. Andererseits fielen unter den Begriff alle Aktivitäten von Neonazis in einer Kommune. Sicherheitsbehörden und Kommunen wehrten sich mit Verweis auf ein überall intaktes staatliches Sicherheitsmonopol scharf gegen den Stempel „national befreite Zone“ für einzelne Kommunen in den neuen Bundesländern.

Sammelbegriff

Als Reaktion auf die öffentliche Debatte erlebte der Begriff bei Neonazis und NPD eine Hochkonjunktur und wurde zum Sammelbegriff für den internen Strukturaufbau. Aufgerufen wurde zu szeneeigenen Läden, dem Kauf „nationaler Schulungszentren“ in ländlichen Regionen und dem Aufbau handwerklicher Betriebe „von Kameraden für Kameraden“ sowie zu mehr „Bürgernähe“.

No-Go-Areas

Eine buchstabengetreue Umsetzung des Ursprungskonzepts gab es nicht. Erfolgreiche Verankerungen der extremen Rechten beispielsweise im ländlichen Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen sind vielmehr Ergebnis mangelnder politischer und gesellschaftlicher Reaktionen auf deren Vormachtsbestrebungen.

Um neonazistischen Allmachtsphantasien keinen weiteren Vorschub zu leisten, wählen zivilgesellschaftliche Initiativen mittlerweile die Begriffe „No-go-area“ oder „Angstzone“. Gemeint sind Plätze, Orte oder Regionen, die für Migranten und Flüchtlinge sowie nicht-rechte und alternative Jugendliche mit der oftmals berechtigten Befürchtung eines Angriffs gemieden oder nur mit Ängsten durchquert werden.

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