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Strategie Rechtsextreme Bürgerinitiativen

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Screenshot von der Facebook-Seite einer rechtsextremen Bürgerinitiative (Quelle: ngn)

Im Jahr 2013 waren die rechtsextremen Bürgerinitiativen die erfolgreichste Strategie im NPD-Umfeld. Unter Schlachtrufen wie „Nein zum Heim“, „Kinderschutz statt Asylbewerber“ oder „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“ schaffte es die NPD, an zahlreichen neuen Standorten für Flüchtlingsheime die Ängste der Bevölkerung zu kanalisieren und sie hinter ihren rassistischen Bannern und Fackeln zu vereinen. So etwa in Berlin Marzahn-Hellersdorf, Bautzen, Greiz, Wolgast , Gransee oder Bad Belzig. Protestveranstaltungen wurden so schnell gekapert, wenn sie nicht eh von NPD-nahen Personen angemeldet wurden. Insgesamt waren es nach Medienrecherchen rund 50 von der NPD angemeldete Demonstrationen gegen Flüchtlingsheime im Jahr 2013.  Einen traurigen Höhepunkt fanden die Aktivitäten im sächsischen Schneeberg, wo rund 2.000 Menschen mit Fackeln durch den Ort zogen. Die nicht-rechten Parteien und Politiker*innen müssen dabei zumindest eine Mitschuld erkennen: Viele Anwohner*innen beklagten mangelnde Transparenz von Behördenentscheidungen, zu wenig Informationen und zu wenig Beachtung für ihre – zum Teil recht abstrusen – Ängste. Die NPD allerdings war da. Im Fortgang des Jahres durfte aber bei immer mehr dieser Demonstrationen bezweifelt werden, ob dort wirklich noch empörte Bürger*innen mitlaufen – oder vielmehr Rechtsextreme, die zum Teil von weit her für die Proteste anreisen.

„Nein zum Heim“

Flankiert wurden die Aktionen breitgefächert mit um die 40 Präsenzen in den Sozialen Netzwerken. Die heißen „Nein zum Heim in Friesack“ oder „Geithain wehrt sich“, werden ebenfalls von der NPD oder NPD-nahen Rechtsextremen ins Netz gestellt und mit „passender“ rassistischer Propaganda bestückt, etwa einem roten Button mit der Aufschrift „Asylmissbrauch? Nein Danke!“. Hier allerdings ist auch auffällig, dass sich mit der Zeit ein Netzwerk entwickelt hat, was auch in größeren Teilen selbstreferenziell bleiben dürfte – also eher das rechtsextreme Klientel erreicht, als „unpolitsche“ Bürger*innen in den Orten selbst. Dennoch fanden diese Facebook-Präsenzen medial einen großen Nachhall, zeigen sie doch Menschenverachtung live zum Mitlesen.

Bürgerinitaitive Ausländerstopp

Die Idee der rechtsextremen Bürgerinitiative ist allerdings nicht so neu, wie es angesichts dieser Entwicklungen vielleicht scheint.  Bereits 1980 gab es die erste „Bürgerinitiative Ausländerstopp“. Mit der hetzten ehemalige NPD-Funktionäre erstmals 1980 in Wattenscheid gegen Migrant*innen, forderten unter anderem getrennte Klassen für „deutsche“ und „migrantische“ Kinder. In den 1990er Jahren machte dann die NPD-nahe „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ in Bayern von sich reden, die erstmals 1996 ein Mandat Landkreis Neumark in der Oberpfalz erreichte, aktuell sitzen Vertreter in Stadträten in Nürnberg und München.

Schöner (und sicherer) Wohnen in …

Während die „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ zum einen ihren Rassismus im Titel trägt und zum anderen von Anfang an eher wie eine Partei-Organisation agierte (die sie ja auch war), gab es in den 2000er Jahren auch rechtsextreme Bürgerinitiativen gegen Flüchtlingsheime, die sehr viel verdeckter agierten und so die Idee der unauffälligen Kontaktaufnahme mit der nicht explizit rechten Bevölkerung besser erfüllten. Die hießen dann „Schöner Wohnen in …“, kamen aus der Kameradschaftsszene in Mecklenburg-Vorpommern und hatten auch bereits zum Ziel, den Bezug neuer Flüchtlingsheime zu verhindern oder darauf Einfluss zu nehmen, bestehende Heime zu schließen. Zu den Aktivitäten dieser „Bürgerinitiativen“ zählten auch Gewalt androhende Graffittis an den Unterkünften selbst. Die Initaitve „Schöner Wohnen in Wolgast“ etwa gab sich bürgerlich und machte sie mit einem Flyer gegen das geplante Heim in Wolgast mobil. Sie sammelte über 300 Unterschriften, die dem damaligen Bürgermeister Kanehl (SPD) übergeben wurden. Das für die Unterbringung vorgesehene Gebäude wurde mit Drohungen beschmiert wie ,,Wir wollen kein zweites Lichtenhagen und du Kahmel [sic!]?“, oder „Lichtenhagen! Solingen! Möll! Wolgast?“ Zugleich wurde auf zahlreichen NPD-Kanälen gegen „Asylmissbrauch“ und „Überfremdung“ gewettert. Ermutigt durch den Erfolg entstand 2004 die „Bürgerinitiative“ „Schöner und sicherer wohnen in Ueckermuende“ des späteren NPD-Landtagsabgeordneten Tino Müller, der es gar gelang, 2.000 Unterschriften gegen ein Flüchtlingsheim in der Stadt zu erwirken. Ohne Zweifel waren diese erfolgreichen Initiativen Vorbild für die vielen rassistischen Bürgerinitaitiven, die sich 2013 gebildet haben.

Die Hetzer sind teilweise noch die gleichen wie in den 1990er Jahren – und die Folgen?

Mecklenburg-Vorpommern hat sowohl als NPD-„Musterland“ als auch in der Abwehr von Flüchtlingen eine besondere, traurige Tradition. Bereits 1992 war der heutige NPD-MV-Landtagsabgeordnete Michael Andrejewksi verantwortlich für Flugblätter mit dem Titel „Widerstand gegen die Ausländerflut“, die die „Hamburger Liste für Ausländerstopp“ in Rostock-Lichtenhagen verteilte. Ziel war es damals die Stimmung unter der Bevölkerung zugunsten der Neonazis anzuheizen – das Pogrom von 1992 war die Folge auch dieser Hetze. Auch bei den Protesten 2013 gegen Flüchtlingsheime in Mecklenburg-Vorpommern ist Andrejewski wieder mit dabei, veröffentlicht – nun unter dem Label „NPD“ – einen „Leitfaden zum Umgang mit Asylanten in der Nachbarschaft“, der neue Ängste schürt: „Wenn aber Asylanten die Ruhestörer sei sollten und man sich beschwert, muß man damit rechnen, sofort als „Rassist“ oder „Ausländerfeind“ verunglimpft und fertig gemacht zu werden.“ oder „Vor Gericht wird bei solchen Vorwürfen [gemeint ist Rassismus] Ausländer eher geglaubt als Deutschen. Daher: Wenn schon mit Asylanten reden, dann nur mit deutschen Zeugen.“ Traurig, aber wahr: Angeblicher Asylmissbrauch oder Angst vor angeblicher Kriminalität sind 2013 immer noch Themen, die zur Mobilisierung taugen. Und es bleibt nicht nur bei Demonstrationen und Internetseiten: Nach Recherchen des SWR gab es 2013 insgesamt 21 Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte – das sind dreimal so viele wie im Vorjahr 2012.

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