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Razzia „Combat 18“ wurde verboten

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Eine der heutigen Razzien in Castrop-Rauxel (Quelle: picture alliance/René Werner/dpa)

Unter anderem soll dabei die Wohnung von Stanley Röske (43) durchsucht worden sein, der als Führungsfigur der Neonazigruppe in Deutschland gilt. Auch durchsucht wurden Räume von Robin Schmiemann (35) aus Dortmund. Während eines Raubüberfalls auf einen Supermarkt 2007 hätte er einen 60-jährigen migrantischen Kunden mit Schüssen in Brust und Bein um ein Haar getötet. Schmiemann wurde damals zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Öffentlich bekannt wurde er vor allem durch seine Brieffreundschaft mit der verurteilten NSU-Terroristin Beate Zschäpe.

Der offenbar sehr lange Prüfungsprozess und die Ankündigung des Verbots stehen dabei in der Kritik, da Neonazis ebso lange vorgewarnt wurden. Fraglich ist also, welche Beweismaterialien bei den heuten Razzien überhaupt noch gesichert werden konnten. Die Rechercheplattform Exif hatte im Sommer 2019 ein ausgiebiges Gutachten zu Combat 18 veröffentlicht und hatte dabei nahegelegt, dass die Gruppierung von V-Leuten durchsetzt sei und als „Honeypot“ für Polizei und Verfassungsschutz diene, um militante Neonazis anzulocken und auszuspähen. Solle das der Fall sein, wäre das ein fatales Zeichen dafür, dass der Verfassungsschutz aus den weiterhin unaufgeklärten Verstrickungen um den NSU nicht gelernt hat und seine alte Taktik weiterfährt. Vor allem mit Hinblick auf mögliche Verbindungen zwischen Combat 18, „Blood & Honor“ und dem NSU.

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Dazu würde passen, dass führende Mitglieder der Gruppe nicht von Hausdurchsuchen betroffen waren. Keine Durchsuchung fand offenbar bei Marko Gottschalk statt, dem Sänger der bereits 1995 gegründeten Band Oidoxie, die als Hausband von Combat 18 gilt und aus der die „Oidoxie Streetfighting Crew“ hervorging, eine Vorläuferstruktur von Combat 18 in Deutschland. Oidoxie veröffentlichte 2006 das Album „Terrormachine“ auf dem Label „WB-Record“ des NPD-Politikers Thorsten Heise. Romy Arnold von MOBIT, der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Thüringen, schätzt Heise als „Figur des militanten Arms des verbotenen ‚Blood & Honour‘-Netzwerks“ ein: „Heise ist nicht nur bestens innerhalb der militanten Neonazi-Szene vernetzt, ihm werden auch enge Kontakte zum extrem rechten AfD-Funktionär Höcke nachgesagt. Personen und Bands, die ‚Combat 18‘ zugerechnet werden, treten insbesondere bei den RechtsRock-Konzerten in Thüringen immer wieder öffentlich in Erscheinung.“ Heise ist mit dem Gründer von Combat 18, dem britischen Neonazi William Browning befreundet. Bekannt ist auch, dass er auf internationalen Vernetzungstreffen von Combat 18 auftritt. Bei Konzerten und Festivals, die von Heise veranstaltet werden, treten immer wieder Bands aus dem Blood & Honour- und Combat 18-Spektrum auf. Auch bei Heise gab es keine Durchsuchungen.

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„Das Verbot von Combat 18 war schon lange überfällig und es ist unklar, warum es erst jetzt erfolgt. Ein Verbot mit Vorankündigung ist nicht mehr als eine symbolische Geste. Die rechtsextreme Szene musste mit dem Verbot rechnen und hatte genügend Zeit, belastendes Material verschwinden zu lassen und sich neu zu formieren“, erklärt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. „Wenn es das Innenministerium ernst meint mit dem Verfolgungsdruck in die rechtsextreme Szene, müssen jetzt alle Mittel ausgeschöpft werden und ähnliche Strukturen verboten werden. Staatliche Repression ist das einzige Mittel, um gegen bewaffnete Neonazistrukturen vorzugehen.“

Laut Recherchen von Exif gehören etwa 50 Personen in Deutschland zu Combat 18, allerdings tauchen immer wieder weitere Neonazis im Dunstkreis der Gruppe auf. Gegründet wurde Combat 18 als Sicherheitstruppe der britischen Neonazipartei „British National Party“ (BNP) und ging aus dem Netzwerk „Blood & Honour“ hervor und gilt als dessen bewaffneter Arm. Die 18 steht dabei für den ersten und den achten Buchstaben des Alphabets, also die Initialen von Adolf Hitler. „Blood & Honour“ wurde in Deutschland bereits im Jahr 2000 verboten.

 

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