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Schultze-Rhonhof, Gerd

Gerd Schultze-Rhonhof (Jg. 1939) ist ein ehemaliger Generalmajor der Bundeswehr und als Geschichtsrevisionist in der rechtsextremen Szene bekannt.

 

Generalmajor a.D. Schultze-Rhonhof, zuletzt Befehlshaber im Wehrbereich Niedersachsen/Bremen, verließ die Truppe 1996 nach eigenen Angaben aus Protest gegen die Wehrdienstzeitverkürzung die Bundeswehr. Zuvor hatte er in einer Rede das Bundesverfassungsgericht mit dem Volksgerichtshof verglichen. Dass Bischof Wolfgang Huber als EKD-Ratsvorsitzender im Jahr 2003 den Ausschluss des CDU-Abgeordneten Martin Hohmann aus der Unions-Fraktion im Bundestag begrüßte, nahm Schultze-Rhonhof 2003 zum Anlass, „für die Amtszeit Hubers“ aus der evangelischen Kirche auszutreten. Der Ex-Militär ist ein bekennender Freund der Wochenzeitung Junge Freiheit. Diese sei, so Schultze-Rhonhof, „die letztverbliebene Wochenzeitung in Deutschland mit einem klaren bürgerlich-patriotischen Profil“.

Schultze-Rhonhof, ist Verfasser des geschichtsrevisionistischen Bestsellers „1939. Der Krieg, der viele Väter hatte. Der lange Anlauf zum Zweiten Weltkrieg“ (München: Olzog). Der Band erschien erstmals im Jahr 2003 und liegt inzwischen in 5. Auflage vor. Flankiert wird das Buch von einem Hörbuch und der Internetseite vorkriegsgeschichte.de. Zudem tourt Schultze-Rhonhof mit seinem Thema durch den deutschsprachigen Raum. Als Referent war er unter anderem bei rechten bis rechtsextremen Vereinigungen wie dem Witikobund, dem Altherrenverband der Münchener Burschenschaft Danubia, dem Reichsgründungskommers der Burschenschaft Franconia zu Münster, der Heidelberger Burschenschaft Normannia, der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft, dem Verein Gedächtnisstätte (Borna), der Preußischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg, dem Südtiroler Schützenbund und bei einer konspirativ durchgeführten Veranstaltung des Kameradschaftsverbandes des ehemaligen I. SS-Panzerkorps geladen.

Erklärtes Ziel des Ex-Militärs in der Nutzung neuer Medien ist es, Schüler, Studenten und Lehrer bei ihm plagiieren zu lassen, um „den Gymnasial- und Universitätsbetrieb eines Tages in der Geschichtslehre von unten her“ neu zu gestalten, wie er im Interview mit der neurechten Zeitschrift Sezession (5/2007, S.17) ausführte.

Kernthese von Schultze-Rhonhof ist, dass Hitler lange Zeit als moderater „Mann des Friedens“ (S.562) aufgetreten und bis in den September 1939 lediglich an der Lösung der deutschen Minderheitenfrage interessiert gewesen sei. Zum Weltkrieg sei es wegen den sturen Polen und der vereinten Kriegstreiberei Großbritanniens, der USA, Frankreichs und der Sowjetunion gekommen. Bei seinen Erkenntnissen beruft sich Schultze-Rhonhof unter anderem auf den Holocaustleugner Paul Rassinier. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.11.2003) schrieb unter der Überschrift „Abstruses zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs“: „Schultze-Rhonhofs dürre Bilanz stellt die Ergebnisse der seriösen Forschung auf den Kopf“.

Am 6. Mai 2006 trat Schultze-Rhonhof in München bei einem Seminar mit dem Titel „Wollte Adolf Hitler den Krieg?“ auf. Veranstaltet wurde es von rechtsextremen Zeitschrift Deutsche Geschichte des wegen Volksverhetzung vorbestrafte Verlegers Gert Sudholt in Zusammenarbeit mit der rechtsextremen Vierteljahresschrift Deutschland in Geschichte und Gegenwart (Grabert Verlag). Schultze-Rhonhof sprach dort im Zusamenhang mit dem Kriegsbeginn 1939 von „entscheidenden Bemühungen der damaligen Reichsregierung, die den Frieden retten wollte und um beinahe alles in der Welt einen Krieg zu vermeiden suchte.“ Dazu das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht 2006 (S. 179): „Die in dieser Aussage zum Ausdruck kommende, jeden seriösen Forschungsstand ignorierende Behauptung, Hitler-Deutschland habe nicht einmal den Krieg gegen Polen gewollt und sei daher gänzlich unschuldig am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gewesen, gehört zu den klassischen Konstanten in der verzerrten Realitätswahrnehmung rechtsextremistischer Geschichtsrevisionisten.“

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