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YouTube rechtsaußen 46-Jähriger vor Gericht

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Scrennshot von Kellners Video, mit dem er den Prozess ankündigt. (Quelle: YouTube)

Warum die Aufmerksamkeit für den 46-Jährigen? Leider erreichen seine hasserfüllten Abwertungen viele Menschen. 200.000 Abonnenten hat der Kanal von Kellner auf YouTube, fast 260.000 Likes hat seine Facebookseite, sein Facebook-Profil hat über 100.000 Abonnenten. Dazu betreibt der vorbestrafte Ex-Polizist einen Telegram-Kanal mit fast 20.000 Mitgliedern. Damit gehört er zu den reichweitenstärksten rechts-alternativen Aktivist*innen Deutschlands. 

Was sehen diese Fans? Kellners Videos sind im Aufbau immer gleich. Vor einer weißen Wand mit spärlichem Bücherregal, Samuraischwertern und seinem eigenen Merchandise drapiert sich Kellner. Fast täglich veröffentlicht er Videos, mit dramatischen Titeln: „KRASSE Ausraster überall!“, „Skandal! DHB – zu weiß und zu blond?“ oder „SPD-POLITIKER lässt seine Eltern ZWANGSRÄUMEN – Hund muss betäubt werden!“ Jedes Video wird dabei in der Regel mehr als 100.000 mal angesehen. Die wenigsten halten, was die Titel versprechen.

Am 25. Februar 2019 veröffentlichte Kellner offenbar das Video, um das es jetzt im Verfahren wegen Beleidigung gehen soll. Der Titel: „LIEBE SAWSAN, eine ANZEIGE wäre mir eine EHRE!“. Außer Beleidigungen passiert in diesem Video wenig. Hauptsächlich präsentiert der 46-Jährige stolz seine Antworten auf Tweets der Staatssekretärin. Besonders wichtig scheint ihm dabei zu sein, den Vornamen Cheblis möglichst falsch auszusprechen. Seine Antworten auf Cheblis Tweets strotzen dabei vor Rassismus. Gleich zweimal bezeichnet Kellner Chebli als „islamische Sprechpuppe und Quotenmigrantin“, er spekuliert über Cheblis Familie und darüber, warum sie 12 Geschwister hat und spricht ihr wegen der familiären Migrationsgeschichte ab, eine Deutsche zu sein: „Keine Deutsche und nicht von hier!“.

Seine Follower ruft er dazu auf, Cheblis Twitterprofil zu besuchen: „Ich möchte euch alle dafür begeistern und anregen, auch ruhig da Kommentare zu hinterlassen und die demokratische Meinungsvielfalt ein wenig anzukurbeln.“

Chebli hatte wegen Beleidigung geklagt, gegen Kellner wurde im November 2019 vom Amtsgericht Tiergarten eine Strafe über 1.500 Euro (50 Tagessätze á 30 Euro) verhängt. Dagegen hatte Kellner Einspruch eingelegt. Ein Prozess wird am 27. Februar stattfinden. In mehreren Videos schlachtet Kellner die Geschichte aus, zum Teil verbreitet er die Inhalte auch über seine „Sammlungsbewegung“ „Für die Eigenen – die Liste“. Offenbar geht es ihm vor allem darum, dass Chebli zum Prozess erscheint. Er wirft ihr vor, sie „lähme“ die Justiz. Wobei ja genau genommen er den Strafbefehl nicht akzeptiert hat und damit dem Gericht Arbeit bereitet. Doch seine Argumentation ist Strategie. Kellner betreibt Täter-Opfer-Umkehr: Nicht er, der die Politikerin beleidigt hat, ist der Täter, sondern eigentlich sei laut seiner Erzählung Chebli die eigentlich Täterin: „Wenn Du über ein bisschen Anstand, Moral und Charakter besitzt [sic!], wirst Du am 27.2. da sein und mir in die Augen schauen, nicht wahr?“ Etwas später heißt es: „Wenn Du da schon eine Anzeige raushaust, dann solltest Du auch den Schneid haben, da persönlich aufzutauchen, verstanden?“ Nicht nur der Befehlston ist auffällig, überhaupt ist es die Selbstverständlichkeit mit der der Täter Kellner das Beleidigungsopfer Chebli praktisch dazu zu zwingen wünscht, vor Gericht zu erscheinen. 

Worum es eigentlich geht, wird etwas später so klar ausgedrückt, dass es auch die unaufmerksameren Zuhörer*innen des 46-Jährigen verstehen: Rassismus. „Team Deutschland gegen Team Orient,“ beschreibt das Kellner und wird später noch deutlicher: „Du bist zudem Migrantin. Glaubst Du allen Ernstes, dass Du uns Deutschen hier erzählen kannst, wie wir zu leben haben, was wir sagen dürfen und wie wir zu denken haben? Ich denke doch wohl mal nicht, oder?“ Kellner will beleidigen dürfen, vor allem wenn es um eine „Migrantin“ geht, der er offenbar weniger Rechte zugesteht als ihm selbst, dem „Deutschen“ – Chebli wurde übrigens in Berlin geboren. Weil sie aber nicht Müller, Meier oder eben Kellner mit Nachnamen heißt, hat sie laut Kellners Ideologie weniger Rechte. Wenn sie sich wehrt, kann man sie einfach weiter angreifen.

An sich ist das bereits perfide, schlimmer macht es nur noch Kellners Reichweite. Unter seinen hundertausenden Fans wird Rassismus verbreitet und in der täglichen Wiederholung  weiter normalisiert. Menschen mit persönlicher oder familiärer Migrationsgeschichte wird abgesprochen, sich gegen Angriffe und Beleidigungen wehren zu dürfen. 

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