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7 Jahre Pegida Pegidas unappetitlicher siebter Geburtstag

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Der unapetitliche Pegida-Geburtstag (Quelle: RechercheNetzwerk.Berlin)

In Dresden haben am Sonntag, den 17. Oktober, Tausende Menschen gegen den siebten Jahrestag des rassistischen Pegida-Bündnisses protestiert. Laut Reporterangaben versammelten sich zu Hochzeiten auf dem Dresdner Altmarkt rund 900 Pegidisten, für Pegida-Verhältnisse wenige Teilnehmer:innen. Knappe drei Stunden belegte Pegida den Altmarkt, hielt dort Reden und spielte Musik. Ihnen gegenüber standen 3.000 „NoPegida“-Demonstrant:innen, um gegen die rassistische Geburtstagsfeier zu protestieren.   

In der Vergangenheit versuchten sich die Teilnehmer:innen der Pegida-Demonstrationen noch ein vermeintlich bürgerliches Antlitz zu geben, um sich als angeblich demokratische Bewegung zu inszenieren. Davon ist am Sonntag nur wenig übriggeblieben. Rechtsextreme und verschwörungsideologische Symbole waren laut verschiedener Berichte omnipräsent. So wehten am Sonntag über dem Dresdner Altmarkt unter anderem Fahnen der rechtsextremen „Identitären Bewegung“, Reichsfahnen und Symbole der QAnon-Verschwörungsszene, berichtet etwa das Jüdische Forum.

Auch auf der Bühne war nichts mehr erkennbar von einem vermeintlich demokratischen Antlitz. Inhaltlich ging es in den Reden um Verschwörungsmythen, QAnon, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit. Neben altbekannten Redner:innen wie Jürgen Elsässer (Compact-Magazin), Irfan Peci (Ex-Islamist und Ex-V-Mann) und Christoph Berndt (AfD Brandenburg und Gründer von „Zukunft Heimat“) waren auch internationale Gäste des rechtsextrem-verschwörungsideologischen Spektrums geladen.

Heinz-Christian Strache spricht bei Pegida über Penisbilder

Der Österreicher Heinz-Christian „HC“ Strache (ex-FPÖ, bekannt auch durch die Ibiza-Affäre) etwa. Er sprach das erste Mal bei Pegida. Er schwafelte davon, dass der kürzlich zurückgetretene Kanzler Österreichs Sebastian Kurz (ÖVP) ein Schüler Merkels sei. Dann redete er minutenlang über Penisbilder, die auf den Handys von ÖVP-Politiker:innen gefunden worden sein sollen. Die Ibiza Affäre bezeichnet er als „Ibiza Attentat“ und sieht sich als Freiheitskämpfer, der sich anders als sein Vorgänger Haider nicht „mundtot“ machen ließe von einem Skandal. Später spricht er noch von einer angeblichen Umvolkung und behauptet, die Bedrohung durch eine angebliche Islamisierung der Gesellschaft erkannt zu haben.

Strache nutzt gängige verschwörungsideologische Codes, Chiffren und Dogwhistles. Er redet vom „Great Reset“, spricht eine transhumanistische Verschwörungserzählung an, wonach Maschinen Menschen ersetzen würden , und warnt davor dass „60-70-80 Prozent der Arbeit der Menschen“ in naher Zukunft gar nicht mehr benötigt würde, weil die Roboter das übernehmen würden.

Tommy Robinson: Volksverhetzung auf der Bühne

Auch der britische Rechtsextreme „Tommy Robinson“ (mit bürgerlichem Namen Stephen Yaxley-Lennon) war als Redner geladen. Robinson war jahrelang der Anführer der „English Defence League (EDL)“. Seine Rede wurde teilweise von Pegida-Kopf, Lutz Bachmann, einem „kriminelle Einwanderer“, der von Dresden nach Teneriffa gezogen ist und dort 2016 zur „unerwünschten Person“ erklärt wurde, übersetzt. Seine Rede ist an diesem Tag wohl die krasseste.

Vor den 900 Pegidisten sprach Robinson von einer angeblichen Umvolkungs-Agenda Merkels. „Sie gestaltet die politische Demographie neu und ersetzt indigene und legale Bürger, durch eine rückständige, vom politischen Islam abhängige Sklavenklasse. Eine Sklavenklasse, die aus zerrissenen, sektiererischen Höllenlöchern im Nahen Osten stammte. Eine Klasse, die das Sharia-Recht forderte.“

Robinson hetzt hier gegen Muslim:innen, er behauptet, sie seien rückständiger als weiße Europäer:innen. Doch damit noch nicht genug. Weiter schrie er von er Bühne: „Der demographische Ersatz westlicher Völker ist ein Teil eines viel größeren Puzzles, der globalistische Plan einer eigenen Weltregierung.“ In antisemitischer Manier sprach er von einer „globalen Elite“, welche die Menschen spalten wolle. Wörtlich sagte er: „Die westlichen Nationen und ihre Völker schlafwandeln in Richtung einer globalistischen, kommunistischen Machtübernahme. […] Eine Elite von Deepstate-Schlangen, Big-Tech-Leibwächtern und willfährigen Politikern ist angetreten, um uns alle zu vertreten, [sie] haben unsere gottgegebenen Rechte langsam ausgehöhlt, unsere gottgegebenen Demokratien sind Makulatur, ihre Sozialtechnik hat es geschafft, viele von uns gespalten und kämpfend zu halten, während sie mit ihren Plänen der Weltherrschaft fortfahren.“

Staatsanwaltschaft prüft zwei Reden

Robinsons Rede interessieren inzwischen auch die Staatsanwaltschaft. Genau wie die von Irfan Peci.

Peci, geboren in Serbien, aufgewachsen in der Oberpfalz war jahrelang führender Islamist für das Netzwerk von al-Qaida. Nach seiner Inhaftierung wurde er als V-Mann angeworben und betreibt seither als Aufklärungsarbeit getarnte Hetze gegen Muslim:innen. In Dresden endete er seine Rede am Sonntag mit einem impliziten Gewaltaufruf. Er sagte: „Daher ist es jetzt wichtiger denn je, dass ihr auf die Straße geht. Und ich hoffe, dass an den Orten, vor allem an den Orten, wo islamischer Gebetsruf gesendet wird, Machtdemonstrationen ausgeführt wird [sic]. Dass auch dort, die deutsche Bevölkerung auf die Straße geht, sich organisiert, dagegen demonstriert und Widerstand leistet! Denn nur so lässt sich diese Entwicklung stoppen.“ Robinsons und Pecis Reden werden „derzeit von der Staatsanwaltschaft Dresden auf eine strafrechtliche Relevanz geprüft“, heißt es von der Polizeidirektion Dresden.

Fazit

Zu Hochzeiten konnte das rassistische Pegida-Bündnis in Dresden 25.000 Menschen mobilisieren, für ihre demokratiefeindlichen und menschenfeindlichen Ideale auf die Straße zu gehen. Dass nun zum 7. Geburtstag „nur“ knapp 900 Teilnehmende kamen, und das trotz zwei hochkarätiger internationaler Redner Strache und Robinson, zeigt deutlich, dass die Bewegung stagniert. Das Mobilisierungs-Potential scheint ausgeschöpft.  

Pegida hatte bereits im Herbst 2015 den Höhepunkt auf der Straße überschritten. Doch viele ihrer muslimfeindlichen und rassistischen Inhalte sind mittlerweile in gesellschaftliche Diskurse gesickert. Andere Akteure haben sich von Pegida inspirieren lassen. Sie haben Inhalte und Strategien übernommen und sitzen damit in deutschen Parlamenten. Der „Erfolg“ Pegidas, mit rechtspopulistischen und demokratiefeindlichen Inhalten eine Menge Menschen zu öffentlichen, spektrenübergreifenden großen Demonstrationen zu mobilisieren, inspiriert zur Nachahmung.

Eines ist offensichtlich, mag die Hoch-Zeit von Pegida auf der Straße auch vorbei sein: Diese Ideen haben Resonanz in der Gesellschaft gefunden. Das ist online in jeder Kommentarspalte zu Themen wie Islam, Geflüchtete, Merkel-Jahre und Klimakrise nachzulesen, aber wird auch auf den immer noch zahlreichen lokalen Demonstrationen deutlich, die jetzt aber nicht mehr unter dem Namen „Pegida“ stattfinden.

 

 

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