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Claudia Pechstein Rechter Rand im konservativen Gewand

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Claudia Pechstein, Olympiasiegerin im Eissschnelllauf, spricht in ihrer Uniform als Bundespolizistin beim CDU-Grundsatzkonvent. (Quelle: picture alliance/dpa | Michael Kappeler)

Deutschland, das sei ein Land, in dem sich Leistung nicht lohnen würde. Sport verweigernde Kinder, die lieber zocken, zu wenig Abschiebungen und das repressive Gendersternchen. Insgesamt ist sich Claudia Pechstein sicher: Nichts darf man mehr sagen.  Dafür sagt sie auf sieben Minuten komprimiert ziemlich viel und liefert hinter einem CDU-Rednerpult eine Darbietung, die ideologisch teils nahtlos an Reden einer Alice Weidel anschließt.  Währenddessen trägt sie demonstrativ eine Polizeiuniform – ein Aspekt des Auftritts, der bisher weitaus mehr Aufmerksamkeit als der Inhalt ihrer Rede erfahren hat.

Am 17. Juni lud die CDU zu einem Konvent, bei dem das Grundsatzprogramm der Partei diskutiert werden sollte. Claudia Pechstein sollte zu Sport und Ehrenamt sprechen. Zu Beginn ihrer Ansprache arbeitet sich die Eisschnellläuferin, die bei der letzten Bundestagswahl selbst für die CDU kandidierte, kurz daran ab, dass es zu wenige Anreize für den Spitzensport gäbe. Das sei laut Pechstein problematisch, da „unfite“ Kinder später nicht die Gesundheitskassen entlasten könnten. Damit schafft sie einen Grundton, der die Wertigkeit von Menschen in Abhängigkeit von Leistung misst. Auch bei der Bundeswehr und der Polizei, der sie selbst angehört, wünscht sie sich „harte Leistungskriterien“. Plätze bei den Sicherheitsbehörden würden „verschenkt werden“. Ab diesem Punkt lässt sich bereits erahnen, dass Pechsteins Weltbild ein ziemlich reaktionäres ist. Es orientiert sich an Marktregeln, nur wer etwas leistet, sei auch etwas wert.

Abschiebungen statt Gendersternchen

Dann fährt Pechstein die schweren populistischen Geschütze auf. Ihrer Meinung nach sollten Geflüchtete, deren Asylantrag abgelehnt wird, konsequent abgeschoben werden. Denn vor allem Ältere und Frauen hätten Angst, die „öffentlich-rechtlichen [sic] Verkehrsmittel“ zu nutzen. In rassistischer AfD-Manier werden Frauen instrumentalisiert, um rassistische Bilder vom gefährlichen und übergriffigen Flüchtling zu beschwören. Abgelehnte Asylsuchende seien Sicherheits- und Alltagsproblem, so Pechstein. Aber um solche „wahren Probleme“ könne man sich ja gar nicht kümmern, weil das „Gendersternchen“ oder das „Z-Schnitzel“ für ständige Ablenkung sorgen würden.

Queerfeindlichkeit

Ihre Verachtung gegenüber Queerness versucht Pechstein etwas subtiler zu äußern. Sie schwadroniert über die Rolle der CDU als Familienpartei, deren Aufgabe es sei, für traditionelle Familienmodelle einzustehen. Kinder würden sich nichts sehnlicher wünschen als Mama und Papa zu sagen, holt die Sportlerin aus.  Queeren Lebensentwürfen und LGBTQI-Rechten spricht sie damit indirekt ihre Abneigung aus.

Mit wenigen Ausnahmen beklatscht der volle Saal den rassistischen, homofeindlichen und wutbürgerlichen Rundumschlag der Sportlerin. Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz bezeichnet Pechsteins Auftritt später im Interview mit dem ZDF als „brillant“. Der Inhalt habe die Partei motiviert, „in diese Richtung weiterzuarbeiten“. Dass Merz applaudiert, verwundert nicht. Denn Pechsteins holprig vorgetragene Rede spiegelt wider, für welchen Kurs die CDU unter Friedrich Merz steht. Mit den stagnierenden Umfragewerten für die CDU und den Umfrageerfolgen für die AfD, ist die sogenannte Volkspartei am Schwimmen. Immer häufiger steht sie in der Kritik, sich der AfD zumindest verbal anzunähern. Beim CDU-Konvent vergewissert Merz, dass nicht jede Formulierung, die nicht jedem gefalle, „AfD-Sprech“ sei. Die AfD dürfe den Sprachraum für die CDU nicht blockieren.

Was bedeutet das? Hier gelingt die bemühte Abgrenzung der CDU von der AfD dann doch nicht so gut. Denn eine einfache Lösung wäre wohl, nicht wie die Vertreter*innen einer Partei zu sprechen, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall geführt wird. Aber auf Rassismus und Populismus Vorwürfe reagiert Merz folgendermaßen: „Bei den Paschas bleibt’s“. Damit referiert er auf die Debatte um die Silvesterausschreitungen 2022, nach denen er arabischstämmige Kinder als „kleine Paschas“ bezeichnete. Dieses rassistische Bild wolle er nicht zurücknehmen, dass er über Flucht aus der Ukraine von  „Sozialtourismus“ gesprochen hat, schon, berichtet der BR.

Die CDU, aber auch ihre Schwesterpartei in Bayern, muss sich permanent sowohl semantisch als auch inhaltlich von einer rechtsextremen Partei abgrenzen. Das zeigt zwei Dinge. Einmal, dass sich die CDU immer mehr an rechts außen annähert. Vor allem aber spielt sie der AfD in die Hände. Denn ihr Populismus ist in aller Munde.

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