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Daten-Leak Interne Daten von rechtsextremer „Patriot Front“ veröffentlicht

Ein Leak von rund 400 Gigabyte interner Daten der rechtsextremen US-amerikanischen „Patriot Front“ zeigt ihr rechtsextremes Weltbild. Mitglieder hatten sich beim Begehen von Straftaten gefilmt und gepostet.

 
Ein Mitglied der „Patriot Front“ beim „March for Lives“ (Quelle: picture alliance / newscom | JEMAL COUNTESS)

Freitag, 21. Januar, National Mall in Washingten D.C: Abtreibungsgegner:innen versammeln sich, um ihre jährlich stattfindende „March for Life“-Demonstration durchzuführen. Kaum überraschend, dass das vordergründige Thema ist, Abtreibungen wieder zu kriminalisieren. Die Redner:innen sprechen Frauen das Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper ab, machen sich dabei aber eine Sprache der sozialen Gerechtigkeit zu eigen und behaupten, die Anti-Abtreibungsrechtsbewegung sei eine Bewegung der Liebe.

Unter den Protestierenden befindet sich, neben anderen rechtsextremen Gruppierungen: die „Patriot Front“. Uniformiert in beigen Cargohosen, marineblauen Jacken und weißem Schlauchschal, der die „Überlegenheit der weißen Rasse“ symbolisieren soll. Einige tragen Schilde, andere modifizierte US-Flaggen mit ihrem Logo darin, dazu gibt es ein Banner mit dem Slogan „Strong Families make Strong Nations“. Das Auftreten ist durch und durch martialisch.

Doch dann rufen Gegendemonstrant:innen ihnen zu: „Eure internen Chats wurden geleakt, ihr braucht euch nicht maskieren, wir wissen sowieso, wie ihr ausseht.“ Was war passiert?

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Das Medienkollektiv Unicorn Riot hatte, zeitgleich zur Demonstration, einen riesigen Datenleak veröffentlicht. Die „Patriot Front“ hatte über Rocket Chat kommuniziert, ein Open-Source-Pendant zu Slack. Der gesamte Inhalt der internen Diskussionsforen der Gruppe – rund 400 Gigabyte – soll veröffentlicht sein. Darunter private Chats, Fotos und Videos. Die Postings zeigen, wie die Gruppe Denkmäler schwarzer Personen in den gesamten Vereinigten Staaten verunstaltetet, wie sie versuchen, Teenager mit ihrer faschistischen Ideologie zu indoktrinieren. Auf manchen Videos sieht man Mitglieder bei Wehrsportübungen, wo sie für Aufmärsche wie den „March for Lives“ üben.

Was ist die Patriot Front?

Die „Patriot Front“ wurde unmittelbar nach der „Unite the Right“-Demonstration 2017 in Charlottesville gegründet. Der Gründer Thomas Rousseau – damals 18 Jahre alt – hatte bereits Macht innerhalb der Vorgängerorganisation, „Vanguard America“, erreicht. So fungierte er damals als Mitorganisator der tödlichen Demo.

Bei der Demonstration tötete ein Teilnehmer, der während des Marsches ein Schild von „Vanguard America“ trug, die antifaschistische Gegendemonstrantin Heather Heyer. Daraufhin kam es zu Querelen innerhalb der Gruppe. Bereits zwei Tage nach der Demonstration übernahm Rousseau die Server der Organisation.  Die Abspaltung von der VA erfolgte nach monatelangen Auseinandersetzungen zwischen Thomas Rousseau und dem VA-Führer Dillon Irizarry, der Rousseau in durchgesickerten Chatprotokollen beschuldigte, im Juni 2017 einen Putsch inszeniert zu haben. Rousseau nahm sowohl die meisten Mitglieder als auch die Website mit.

Danach ordnete Rousseau die Gruppe neu. Die Gruppe, die von der Anti-Defamation-League als eine der größten Quellen für White-Supremacy-Propaganda in den USA benannt wird, zeichnet sich durch ihre moderne Inszenierung aus. Diese erinnert  an die Identitäre Bewegung. Die traditionelle neonazistische Gestalt ist verschwunden.

“Patriot Front” tritt für eine klar rassistische Ideologie ein, die aber auch bei Konservativen Anklang findet. Dabei bedienen sie sich angeblich vereinigender Symbole wie der amerikanischen Flagge. In diesem Sinne verwendet “Patriot Front” das Bild einer „Fasces“, einem Rutenbündel, dem ursprünglichen Symbol des Faschismus, umgeben von dreizehn Sternen als „amerikanisches Symbol des revolutionären Geistes“.

Doch einige der Leaks konterkarieren ihre eigene „moderne“ Inszenierung. So zeigt ein Video, dass – sobald das Propagandavideo beendet ist – ein Mitglied „Sieg fucking Heil“ skandiert und einen Hitlergruß macht.

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Aber auch sonst ist die „Patriot Front“ eine klassisch rechtsextreme Gruppierung. Sie trainieren für den Straßenkampf. Sie reden von einem „großen Austausch“, der die weiße Bevölkerung auslöschen soll. Sie zerstören Kunstwerke, die rassistische und soziale Ungleichheit thematisieren.

In den digitalen Gesprächsverläufen betonten Rousseau und leitende Mitglieder, wie wichtig es ist, regelmäßig „Aktionen“ oder Offline-Aktivitäten im Dienste der Gruppe durchzuführen. Zu diesen sogenannten „Aktivismus“-Aktionen gehören Aufkleber- und Flugblattaktionen, die Verbreitung der Propaganda der Front im öffentlichen Raum und das Anbringen großer Banner an gut sichtbaren Stellen.

Antisemitismus

Die „Patriot Front“ hat sich zwar von „Vanguard America“ abgetrennt, einer Organisation, die dafür bekannt ist, jüdische Einrichtungen mit hasserfüllter Propaganda direkt anzugreifen. Den Antisemitismus haben sie aber behalten. Immer wieder werden antisemitische Flugblätter, die für die „Patriot Front“ werben, im ganzen Land verteilt.

Im Oktober 2017 brachte ein unbekannter Täter einen „Patriot Front“-Aufkleber an der Glastür einer jüdischen Bildungseinrichtung in Los Angeles an. Auf dem Aufkleber stand „The Goyim Know“ (Die Gojim wissen Bescheid), eine Anspielung auf eine antisemitische Phrase über Juden, die versuchen, Nicht-Juden über ihre Pläne zur Weltherrschaft „im Dunkeln“ zu lassen. Ein weiteres Flugblatt der „Patriot Front“, auf dem zwei Hände abgebildet sind, die für die Übernahme Amerikas durch Juden:Jüdinnen und Kommunist:innen stehen, erregte in den USA größere Aufmerksamkeit. Auch in ihrer Online-Rhetorik zeigen sie sich offen antisemitisch. Dazu gehört auch die Verwendung von „ZOG“, einem Akronym für „Zionist Occupied Government“, welches die White-Supremacy-Ideologie widerspiegelt, die davon ausgeht, dass die US-Regierung von Juden kontrolliert wird.

In den neuen Leaks gibt es auch einen Vorfall: Ein Mitglied schrieb in seinem genehmigten Beitrittsantrag, dass die „größte Bedrohung für Amerika die jüdische Herrschaft über die Welt“ sei, und beklagte sich über einen Vorfall in seiner Kindheit, als seine jüdische Kindergärtnerin einem anderen Kind Bauklötze gab, mit denen er spielen wollte.

Nicht der erste Leak

Für die „Patriot Front“ ist das nicht der erste Leak ihrer Daten. Unicorn Riot, die zu rechtsextremen, und neonazistische Organisationen arbeiten, veröffentlichte 2017 bereits interne Chat-Protokolle von einem „Vanguard America“ Discord-Server namens „Southern Front“. Ein Jahr später verschaffte sich Unicorn Riot dann Zugang zu einer großen Menge an Material von den Discord-Servern der „Patriot Front“, darunter Chatprotokolle und Audioaufzeichnungen von Besprechungen. Nach den Enthüllungen von 2018 wurden die internen Chats strenger moderiert, ihre Ideologie bleibt trotzdem offen erkennbar. In dem neuen Leak werden zum Beispiel regelmäßig historische faschistische Führer wie Mussolini, Oswald Mosley und den Gründer der amerikanischen Nazi-Partei, George Lincoln Rockwell angepriesen. Die Mitglieder sprechen sich manchmal gegenseitig mit Nazi-Titeln an oder haben Berichten zufolge Hakenkreuz-Weihnachtsschmuck aufgehängt.

Schwierigkeiten dürfte einigen Mitgliedern der Gruppe jetzt bereiten, dass sie sich zum Teil beim Begehen von Straftaten gefilmt haben. Auch hat die Gruppe Audioaufnahmen von ihren Treffen angefertigt, diese wurden ebenso öffentlich gemacht.

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