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Deutsche Zustände 2010 in Zahlen

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Zusammengestellt von Simone Rafael

In den „Deutschen Zuständen 9: Unruhige Zeiten“ untersuchte das Wissenschaftlerteam Zusammenhänge zwischen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise in Deutschland und der vorurteilsbehafteten Abwertung von Gruppen durch die Bevölkerung. Dafür befragten sie eine repräsentative Gruppe von 2.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern. Nach der Analyse am Freitag (hier) nun einige Zahlen aus der aktuellen Untersuchung.

Bedrohung durch Krise

2010 fühlen sich 53 % der Befragten durch die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen bedroht – 2009 waren es noch 47,4 %.

34 % macht es zornig, dass sie so unter Druck stehen.

Unter den Besserverdienenden (über 2.500 Euro pro Kopf) finden über 20 %, dass sie weniger als den gerechten Anteil an gesellschaftlichen Ressourcen erhalten – trotz politischer Umverteilung finanzieller Mittel von unten nach oben in 2010.

60,4 % meinen: „In Krisenzeiten kann man nicht mehr mit Fairneß durch andere rechnen.“ (2009: 62,8 %)

56,7 % finden: „Bemühungen um Gerechtigkeit sind in diesen Zeiten nicht mehr erfolgreich.“ (2009: 59,3 %)

Ökonomistische Sichtweise der Welt:
Besserverdienende werten Langzeitarbeitslose am stärksten ab – rund 50 % der Besserverdienenden denken, diese wären willensschwach, an ihrer Lage selbst schuld und für die Gesellschaft nutzlos. Ähnlich sieht es bei der Abwertung Obdachloser aus, beim Pochen auf Etabliertenvorrechte und bei der Ablehnung „Fremder“.

Anstieg beim israelbezogenene Antisemitimus:

38 % stimmen der Aussage zu: „Bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat“.

57 % stimmen der Aussage zu: „Israel führt einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser.“

„Klassischer“ Antisemitimus:

16,4 % stimmen zu: „Juden haben in Deutschland zu viel Einfluss.“ (2009: 16,4%)

12,5 % stimmen zu: „Durch ihr Verhalten sind die Juden an ihrer Verfolgung mitschuldig. (2009: 10,8 %)

Rassismus / Fremdenfeindlichkeit

49 % stimmen der Aussage zu: „Es leben zu viele Ausländer in Deutschland.“ (2009: 45,8 %).

19,1 % stimmen der Aussage zu: „Aussiedler sollten besser gestellt werden als Ausländer, da sie deutscher Abstammung sind.“ (2009: 14,4 %).

11,3 % finden wie auch 2009: „Die Weißen sind zu Recht führend in der Welt.“

Immerhin 24,4 % meinen: „Wenn Arbeitsplätze knapp werden, solltem an die in Deutschland lebenden Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken.“ (2009: 23,6 %).

Rassistisch gestaffelte Entsolidarisierung: Während 58 % der Befragten finden, Arbeitslose bräuchten mehr Unterstützung für den Wiedereinstieg, finden nur 23 %, Ausländer bräuchten mehr Unterstützung für die Integration in die Gesellschaft. 5,6 % finden, Arbeitslose bräuchten weniger Unterstützung als jetzt, 18 % finden, Ausländer bräuchten weniger Unterstützung als jetzt.

Islamfeindlichkeit

26,1 % finden: „Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden.“ (2009: 21,4 %)

38,9 % meinen: „Durch die vielen Muslime hier fühle ich mich manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.“ (2009: 32,2%)

Abwertung von Langzeitarbeitslosen

47 % unterstellen: „Die meisten Langzeitarbeitslosen sind nicht wirklich daran interessiert, einen Job zu finden.“

58,9 % meinen: „Ich finde es empörend, wenn sich die Langzeitarbeitslosen auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben machen.“

Obdachlosenfeindlichkeit

31 % stimmen der Aussage zu: „Bettelnde Obdachlose sollten aus den Fußgängerzonen entfernt werden.“ (2009: 36,3 %)

34,2 % meinen: „Die Obdachlosen in den Städten sind unangenehm.“ (2009: 35,1 %)

Behindertenfeindlichkeit

6,8 % meinen: „Für Behinderte wird in Deutschland zu viel Aufwand betrieben.“ (2009: 5,3 %).

8,6 % finden: „Viele Forderungen von Behinderten finde ich überzogen.“ (2009: 11,5 %)

Sexismus nimmt ab

20 % finden 2010: „Frauen sollen sich wieder mehr auf die rolle der Ehefrau und Mutter besinnen.“ (2002: 29,4 %)

Homophobie nimmt ab

25,3 % wollen 2010 keine Ehe zwischen zwei Frauen oder zwei Männern erlauben – 2002 waren es noch 40,5 %.

Demokratieentleerung

44 % halten es für sinnlos, sich politisch zu engagieren (2002: 37 %).

Die sich von der Krise bedroht fühlen, sind besonders demokratieverdrossen.
So denken
88,9 %: Politiker umgehen Gesetze, wenn es um ihre eigenen Vorteile geht (nicht Bedrohte: 68,6 %).
92,4 %: Politiker nehmen sich mehr Rechte heraus als normale Bürger (nicht Bedrohte: 73 %).
73,5 %: Leute wie ich haben sowieso keinen Einfluss darauf, was die Regierung tut (nicht Bedrohte: 54,6 %).

Die Studie:

Wilhelm Heitmeyer (Hrsg): Deutsche Zustände 9. Berlin 2010; Edition Suhrkamp 2616, 348 Seiten

Analyse zu den Zahlen:

| Deutsche Zustände 2010: Vereisung des sozialen Klimas nützt Rechtspopulisten

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

| Deutsche Zustände 2009: Mehr Demokratiemüdigkeit und Vorurteile durch die Krise

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