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Rechtsextremismus Zahl politischer Straftaten auf bisher höchstem Wert

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Schild; Bild: Fachhochschule Dortmund / hk

„In absoluten Zahlen ist der stärkste Anstieg im Bereich der politisch motivierten Kriminalität – rechts zu verzeichnen“, meldete das Bundesinnenministerium just am 20. April, den Rechtsextreme gerne feiern – als Hitlers Geburtstag.  Dazu beigetragen habe „zweifellos“ die zum 1. Januar 2008 eingeführte bundeseinheitliche Erfassung auch der von Unbekannt verübten Propagandadelikte, die nunmehr grundsätzlich immer bei diesem Phänomenbereich erfolge. Dazu zählen beispielsweise aufgesprühte Hakenkreuze. Unabhängig davon sei generell die Zahl der Propagandadelikte im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, so dass sie mittlerweile rd. 69,9 % aller rechten Straftaten ausmachten.

Ein weiterer Teil des Anstiegs der rechten Kriminalität gehe auf das Konto der so genannten „Autonomen Nationalisten“. Sie übten gerade auf Jugendliche „eine stärkere Anziehungskraft aus, als es die konventionelle rechte Szene bislang vermochte“, resümiert das Innenministerium. In dieser Szene machen die Sicherheitsbehörden eine zunehmende Gewaltbereitschaft fest – darunter offensichtlich viele junge Leute auf der Suche nach dem gewissen ‚Kick‘.

„Der bisher höchste Wert“

Insgesamt registrierte das Bundesinneministerium für das Jahr 2008 in Deutschland insgesamt 31.801 politisch motivierte Straftaten. Dies bedeute bundesweit einen Anstieg gegenüber dem Jahr 2007 (28.538) um rd. 11,4 %. Bezogen auf die politisch motivierten Gewalttaten sei mit insgesamt 2.529 registrierten Delikten im Vergleich zum Vorjahr (2.541) ein minimaler Rückgang um rd. 0,5 % zu verzeichnen. Mindestens zwei Menschen hätten infolge politisch motivierter rechter Gewalt in Deutschland ihr Leben verloren, diese Zahl kann sich nach Abschluss der juristischen Untersuchungen sogar noch erhöhen. Die Zahl der unmittelbar auf Personen zielenden Gewalttaten, wie sie in Körperverletzungs- sowie Tötungsdelikten ihren Ausdruck finden, sei insgesamt um rd. 3,7 % gestiegen.

Damit sei „seit Einführung des Definitionssystems der politisch motivierten Kriminalität (PMK) im Jahr 2001 bei der Gesamtzahl der politisch motivierten Straftaten der bislang höchste Wert und bei den politisch motivierten Gewalttaten der zweithöchste Wert erreicht worden“. Der damalige Bundesinnenminister  Wolfgang Schäuble zeigte sich „beunruhigt“. Für ihn bewegten sich die Fallzahlen „seit einigen Jahren ohnehin auf viel zu hohem Niveau“ und die Entwicklungen in allen erfassten Straftatsbereichen bereite ihm „Anlass zur Sorge“. Dies veranschauliche auch der sprunghafte Anstieg der Zahl der Sachbeschädigungen, die insgesamt um 44,8 % gestiegen sei. Viele dieser Sachbeschädigungen stünden im Zusammenhang mit Landtags- und Kommunalwahlen und spiegelten sich in der Zerstörung, der Beschädigung oder dem Beschmieren mit verfassungsfeindlichen Symbolen von Wahlplakaten wider. Damit, so Schäuble,  zeugten die Täter „auch von fehlendem Verständnis für die Spielregeln, die in einer demokratischen Gesellschaftsordnung im Umgang mit anderen politischen Meinungen gelten“.

Auffallend seien für ihn aber auch die Zuwächse im Bereich der politisch motivierten Kriminalität – links: Obgleich es im Jahr 2008 für die linke gewaltbereite Szene kein dem G8-Gipfel in Heiligendamm (2007) vergleichbares politisch herausragendes Ereignis gab, seien auch hier erneut die Fallzahlen angestiegen, vor allem im Rahmen von Aktivitäten gegen das rechte Spektrum. Aus Schäubles Sicht sei politisch motivierte Kriminalität „mehr und mehr von einer gewaltorientierten Verfechtung der eigenen ideologischen Standpunkte geprägt“. Deshalb sei es wichtig, „vielfältige Maßnahmen gegen Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz fortzuführen“.

Die Zahlen im Einzelnen:

Die Entwicklung des generellen Straftatenaufkommens im Jahr 2008 stellt sich für die – vom Innenministerium so bezeichneten – „Phänomenbereiche“ der politisch motivierten Kriminalität – rechts (PMK-rechts), der politisch motivierten Kriminalität – links (PMK-links), der politisch motivierten Ausländerkriminalität (PMAK) und der politisch motivierten Kriminalität – sonstige (PMK-sonstige) jeweils wie folgt dar:

PMK-rechts 20.422 (Vorjahr: 17.607) rd. + 16,0 %
PMK-links 6.724 (Vorjahr: 5.866) rd. + 14,6 %
PMAK 1.484 (Vorjahr: 902) rd. + 64,5 %
PMK-sonstige 3.171 (Vorjahr: 4.163) rd. – 23,8 %

Bezogen auf die politisch motivierten Gewalttaten haben sich gegenüber dem Jahr 2007 die Fallzahlen in den einzelnen Phänomenbereichen wie folgt verändert:

PMK-rechts 1.113 (Vorjahr: 1.054) rd. + 5,6 %
PMK-links 1.188 (Vorjahr: 1.247) rd. – 4,7 %
PMAK 143 (Vorjahr: 129) rd. + 10,8 %
PMK-sonstige 85 (Vorjahr: 111) rd. – 23,4 %

Für den Bereich der PMK-rechts waren für das Jahr 2008 auch bei den Gewalttaten die höchsten Fallzahlen seit 2001 festzustellen.Trotz des Rückgangs im Bereich der PMK-links fallen hier allerdings numerisch nach wie vor die meisten Gewaltdelikte an – was damit zu tun haben kann, dass Rechte – auch wenn Überfälle von ihnen selbst ausgehen, prinzipiell Anzeigen erstatten, wenn sie merken, eins ihrer Gewaltopfer geht zur Polizei.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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