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Die Buchverlage der Szene

Bücher tragen mehr noch als Zeitungen zur Ideologievermittlung bei. Sie haben einen wichtigen symbolischen Nebeneffekt: Allein die Existenz umfangreicher, aufwändig produzierter Bände trägt zu einer seriöseren Außenwirkung des Rechtsextremismus bei und vergewissert die Anhängerschaft der Richtigkeit ihrer Positionen. Der Publizist Burkhard Schröder beschreibt diese Haltung am Beispiel des Neonazis Karl Polacek mit dem Satz: ?Wenn andere schreiben, was ich denke, kann ich ja nicht völlig verkehrt liegen.?

 

Als größte rechtsextremistische Verlage und Versandhandlungen gelten der Freiheitliche Zeitungsverlag (FZ-Verlag) und der Druckschriften- und Zeitungsverlag (DSZ-Verlag), die zur Unternehmensgruppe Gerhard Freys gehören und einen breiten Fächer von NS-Devotionalien vertreiben. Eines der Werke des FZ-Verlags ist das antisemitische Lexikon ?Prominente ohne Maske?, das bekannte Persönlichkeiten als angebliche Juden enttarnt. Die National-Zeitung fungiert als Werbekatalog der Frey-Verlage: Seitenweise findet sich Produktwerbung im Blatt; auch redaktionelle Beiträge verfolgen häufig als oberstes Ziel, die Bücher der Unternehmen zu vermarkten. Hausverlag der NPD ist der Deutsche Stimme-Verlag in Riesa; Leiter ist Holger Apfel, zugleich stellvertretender Bundesvorsitzender der Partei und ehemals Chef der Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten (JN). Unter seiner Regie hat der DS-Verlag jetzt ein umfangreiches Sortiment vorzuweisen, darunter Bücher des letzten Goebbels-Adjutanten Wilfred von Oven („Mit ruhig festem Schritt ? Aus der Geschichte der SA?) sowie der Holocaustleugner David Irving („Göring?) und Udo Walendy („Wahrheit für Deutschland?). Darüber hinaus vertreibt das Unternehmen CDs, die den Skinhead- und Neonazi-Geschmack treffen wie die Alben der englischen Nazi-Skin-Band „Skrewdriver“, die in Szenekreisen als legendär gilt.

Neben solchen parteigebundenen Unternehmen bedienen 45 organisationsunabhängige Verlage und Vertriebe die rechte Klientel.
Ihre hohe Zahl ist in den vergangenen Jahren recht konstant geblieben.

Einer der größten und auf geschichtsklitternde Literatur spezialisiert ist der Tübinger Grabert-Verlag von Wigbert Grabert, der neben einer breiten Buchpalette die Zeitschrift Deutschland in Geschichte und Gegenwart herausgibt. Für Aufsehen sorgte der Grabert-Verlag, indem er eine ganzseitige Anzeige im Programmheft des 43. Deutschen Historikertages unterbringen konnte, der im September 2000 in Aachen stattgefunden hat. Der Historikerverband sprach von einer „Panne? und distanzierte sich von dem Inserat. Autoren, die nicht auf den ersten Blick mit dem Namen Grabert identifiziert werden möchten, versammelt das Tübinger Haus im Tochterunternehmen Hohenrain-Verlag. Dort hat etwa der ehemalige Berliner Innensenator Heinrich Lummer (CDU) sein Buch „Deutschland soll deutsch bleiben? veröffentlicht. Zu den am meisten Aufsehen erregenden Publikationen des Hauses zählt der 1994 erschienene Sammelband des Münchner Publizisten Rolf-Josef Eibicht „Hellmut Diwald. Sein Vermächtnis für Deutschland. Sein Mut zur Geschichte?: Nach langwierigem Rechtsstreit, der bis zum Bundesgerichtshof führte, ließ das Amtsgericht Tübingen 1998 die Restexemplare des Buches einziehen und ordnet an, Filme und Druckplatten unbrauchbar zu machen. Das Gericht warf dem Soziologen Prof. Robert Hepp (Universität Vechta) vor, in einer lateinischsprachigen Fußnote seines Beitrages den Holocaust zu leugnen.

Auch die Verlagsgemeinschaft Berg (VGB) in Inning am Ammersee, die den Druffel-, Türmer- und Vowinckel-Verlag umfasst, bietet ein breites Angebot revisionistischer Literatur. Dort erschien das Magazin Opposition (Auflage: 1.400) und erscheinen die Zweimonatszeitschrift Deutsche Geschichte (10.000) sowie das Jahrbuch Deutsche Annalen. Verlagseigentümer Dr. Gert Sudholt war viele Jahre lang Präsident der Gesellschaft für freie Publizistik, in der sich Verleger und Autoren zusammengeschlossen haben und die als größte rechtsextremistische Kulturorganisation gilt.
Neben großen und traditionsreichen Häusern wie Grabert und VGB stehen rechte Kleinverlage, zu denen der Münchner Kyffhäuser-Verlag (Rolf-Josef Eibicht) zählt und die wirtschaftlich auf schwachen Füßen stehen.

Dieser Text ist aus dem Buch Handbuch Rechtsradikalismus, Thomas Grumke und Bernd Wagner (Hrsg.), Leske + Budrich, 2002

Zum Thema

| Sudholt, Gert

Die größten revisionistischen Verlage im Kurzportrait:

| Der Arndt-Verlag

| Grabert-Verlag

| Die Verlagsgesellschaft Berg

Die esoterisch angehauchten Verlage:

| Germanische Esoterik: Armanen-Verlag

| Rechtsextreme Esoterik: Andromeda-Versandbuchhandel

Für die Neue Rechte:

| Neue Rechte im Verlag Zeitenwende

Dark-Wave und Gothic:

| Verlag und Agentur Werner Symanek

Medien- und Buchverlage:

| Vation Europa Verlag

| Druck- und Zeitschriftenverlag

| Deutsche Stimme Verlag

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