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Köpfe der Corona-Proteste Markus Haintz, der Rollenjongleur

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Anwalt Haintz meint „bezahlte Provokateure“ würden hinter der Gewalt in Brüssel stecken (Quelle: Screenshot)

In Brüssel kommt es am 23. Januar 2022 zu schweren Ausschreitungen bei Anti-Corona-Protesten. Mit dabei ist auch der aus Ulm stammende Anwalt Markus Haintz, diesmal aber vorwiegend in seiner Rolle als vermeintlicher Journalist eine Rolle, die er allerdings im Laufe des Tages nicht durchhalten kann. Zum Beispiel, wenn er sich einmal als Freiheitskämpfer inszenierend vor einen Wasserwerfer stellt. Das zeigt ein Video der Proteste in Brüssel. In einem anderen Video sieht man, wie er eine Barrikade wieder aufrichtet. Doch verantwortlich für die Ausschreitungen in der belgischen Hauptstadt seien „bezahlte Provokateure“, die dazu da seien, „die Bilder zu provozieren, die der Mainstream sehen möchte“, wie Haintz in einem Livestream der Demonstration wild behauptet. Auch in die Rolle des Ermittlers schlüpft er mühelos. Im Nachgang erklärt er im Gespräch mit dem rechten Medienaktivisten Ilja Tabere, er wolle „aktiv mitermitteln“ und „so viele wie möglich der Polizei zu übergeben“.

Doch wer ist Markus Haintz?

Haintz, der als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht eine Kanzlei in Steinheim am Albuch betreibt, ist seit der ersten Stunde bei den Protesten der Anti-Corona-Bewegung dabei. In seiner Heimat Ulm veranstaltete er im Mai 2020 die ersten Proteste, die sich bald „Querdenken Ulm 731“ bezeichneten. Dort holte er immer wieder prominente Figuren aus anderen Städten dazu, darunter Michael Ballweg, Stephan Bergmann und Anselm Lenz. Es dauerte nicht lang, bevor die Gruppe bereits in das Visier des Verfassungsschutzes geriet. Bereits im Januar 2021 wurde die Überwachung öffentlich, als Grund wurden Berührungspunkte zu Reichsbürger:innen angegeben. Haintz sah in der Beobachtung einen „politisch motivierten Schachzug“.

Zu dem Zeitpunkt war Haintz bereits ein führender Kopf der „Querdenken“-Bewegung. Frühzeitig hatte Haintz sich vernetzt, Kontakt zu „Querdenken 711“-Gründer Michael Ballweg aufgenommen und war als Redner auf unterschiedlichen Demonstrationen und Kundgebungen aufgetreten. Sein Wissen als Jurist nutzte er, um sich als „Freiheitskämpfer“ zu stilisieren. Mit manchmal fragwürdigen juristischen Argumenten stellte er etliche Beschlüsse infrage und kämpfte gegen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, seine Argumentationen wurden dabei von anderen Jurist:innen teilweise sehr kritisch betrachtet. Covid-19-Masken lehnt er ab, Lockdowns lehnt er ab, Impfungen lehnt er ab. Meist suggerierend, ohne die Existenz des Virus zu leugnen, meint er: Es gibt keine Pandemie.

Gerade durch Großevents schaffte er es innerhalb der Szene zu Prominenz. Dort war er meist ganz vorne mit dabei, zum Beispiel bei einer Großdemonstration am 1. August 2020 in Berlin. Sein Telegram-Kanal hat inzwischen über 100.000 Follower:innen, auch wenn er dort schreibt, dass der Kanal nicht mit seiner journalistischen und juristischen Tätigkeit in Zusammenhang steht. Auf Twitter, wo er über 8.000 Follower:innen hat, zählt er seine Rollen auf: „Anwalt, Journalist und Freiheitsaktivist“ steht dort. Ein verschwörungsideologischer Alleskönner. Doch ein Lehrauftrag an der Hochschule Biberach wurde in Folge seiner „Querdenken“-Aktivitäten nicht verlängert.

Anfang des Jahres 2021 wollte Haintz dann in die Politik. Er teilte mit, Mitglied bei der Partei „Die Basis“ zu sein und im Herbst für die Bundestagswahl kandidieren zu wollen. Bevor es aber soweit kommen konnte, erklärte er schon wieder seinen Austritt Anfang September. Er stehe nicht mehr „in ausreichendem Maße“ hinter der Ausrichtung der Partei und der für seinen Eintritt maßgebliche Schwerpunkt, die aus seiner Sicht verfassungsfeindlichen Coronamaßnahmen zu bekämpfen, werde im Wahlkampf nicht mehr deutlich genug.

Auch in anderen Gruppierungen zeigt sich der Anwalt aktiv. Er ist Mitbegründer der Initiative „Anwälte für Aufklärung“. Als Teil der Gruppe „Das Volk gegen Corona“ wurde er auf deren Website nur kurzzeitig aufgeführt. Dort hieß es, „als Teil des Teams ist er maßgeblich an der Klagevorbereitung und Klageerhebung beteiligt“. „Das Volk gegen Corona“ sammelte Spenden, um gegen die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung juristisch vorzugehen. Die Spenden sollten dabei auf ein Konto in den Niederlanden gehen, das angegebene Spendenkonto liegt aber bei einer Bank im belgischen Brüssel. Nach kurzer Zeit verschwand der „Querdenken“-Anwalt ohne Erklärung von der Website.

Auch mit der AfD hat Haintz keine Berührungsangst. Im Dezember 2020 war er Diskutant einer Online-Expertenrunde der AfD Fraktion in Baden-Württemberg mit dem Motto „Selbstbestimmt statt Fremdbestimmt“. Im Rahmen einer verbotenen Demonstration im April 2021 war Markus Haintz von Hansjörg Müller, einem damaligen AfD-Bundestagsabgeordneten, der juristisch von Haintz vertreten wird, in den Bundestag eingeladen. So schaffte es der selbsternannte Journalist Haintz während der Abstimmung zum Infektionsschutzgesetz auf der Tribüne des Plenarsaals. Sein Verhältnis zur AfD ist aber trotzdem etwas unklar. Auf einer Rede bei der verbotenen Demonstration erklärte er, Teile der AfD seien „gesteuerte Opposition“.

Viele Köpfe des Anfangs der „Querdenken“-Bewegung sind inzwischen in der Bedeutungslosigkeit verschwunden, Haintz nicht. Mit seinen immer neuen Rollen schafft er es, seine Fans bis heute hinter sich zu versammeln. Zurzeit mobilisiert er für Mittwoch, den 26. Januar zu einer Demonstration nach Berlin. In welcher Rolle er dann dort auftritt, bleibt abzuwarten.

Update: In einer früheren Version dieses Artikels wurde Haintz fälschlicherweise als Anmelder der Demonstration am 1. August 2020 bezeichnet.

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alexehrlich

Köpfe der Coronaproteste Wer ist eigentlich Alexander Ehrlich?

Alexander Ehrlich ist ein österreichischer Reiseveranstalter, der ab 2020 mit Coronaprotesten Geld verdienen wollte und schließlich selbst Demonstrationen anmeldete – auch die gewaltvolle Demonstration am 23.01.2022 in Brüssel hat er mit organisiert.

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