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Landtagswahlen Rechtsaußen Das sind die Kandidat*innen der AfD in Rheinland-Pfalz

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Die Landeshauptstadt Mainz. (Quelle: Wikimedia / AmtingJ / CC BY-SA 3.0)

Ohnehin haben sich die Reihen der Rechtsaußen-Fraktion seit den letzten Wahlen 2016 gelichtet. Von ursprünglich 14 Abgeordneten sind heute noch elf übrig. Jens Ahnemüller wurde im September 2018 wegen Kontakten zu NPD-Kadern aus Fraktion und Partei ausgeschlossen. Im August 2019 verließ Gabriele Bublies-Leifert die AfD Fraktion, nachdem sie eine Kampfabstimmung gegen Fraktionschef Uwe Junge verloren hatte, dem sie fehlende Abgrenzung zu Rechtsextremen vorwarf. Im August 2020 wurde sie aus der Partei wegen „Nichtzahlung von satzungsgemäß verpflichtenden Mandatsträgerabgaben“ ausgeschlossen. Im Dezember 2020 trat Timo Böhme schließlich aus Partei und Fraktion aus. Böhme hatte es beim Parteitag nicht auf einen vielversprechenden Listenplatz für die Landtagswahl geschafft. Die kommenden Wahlen werden der Partei auch einen neuen Fraktionsvorsitzenden bringen, Uwe Junge, der zwischen 2015 und 2019 Landesvorsitzender der Partei war und seit 2016 Fraktionsvorsitzender, zieht sich zurück und tritt nicht wieder an.

Belltower.News hat sich angeschaut, wer auf den ersten Listenplätzen bei den Wahlen in Rheinland-Pfalz antritt.

Der Spitzenkandidat der Rechtsradikalen ist Michael Frisch aus Trier. Frisch sitzt bereits seit 2016 im Landtag und ist seit 2013 Parteimitglied. 2014 wurde er Kreisvorsitzender in Trier und wurde im selben Jahr in den Landtag gewählt. Seit 2015 sitzt er im Landesvorstand der Partei und ist seit 2019 Vorsitzender der Partei in Rheinland-Pfalz. Wie so viele seiner Parteikolleg*innen versucht sich der Mathe- und Religionslehrer als „bürgerlich-konservativ“ zu verkaufen. Ein genauerer Blick auf sein Umfeld zeigt allerdings Nähe zu Rechtsextremen. Recherchen des ARD-Magazins Report Mainz zeigen, dass ein ehemaliger Mitarbeiter Frischs mindestens bis 2020 in der rechtsextremen Szene aktiv war. Benjamin S. arbeitete als Minijober für den AfD-Kreisverband in Trier und später für die Stadtratsfraktion der Partei. Währenddessen besuchte er 2019 das Sommerfest der rechtsextremen „Identitäten Bewegung“ in Halle. Die Gruppierung hatte lange Jahre versucht, in der Stadt ein rechtsextremes Hausprojekt zu etablieren, was aber schließlich an Gegenprotesten der Zivilgesellschaft scheiterte. Auch das Sommerfest, an dem S. offenbar teilnahm, war ein Debakel für die selbsternannte „Bewegung“. Bereits 2016 hatte die Partei einen Unvereinbarkeitsbeschluss veröffentlicht, der festlegte,  „dass es keine Zusammenarbeit der Partei Alternative für Deutschland und ihrer Gliederungen mit der sogenannten Identitären Bewegung gibt.“ In der Praxis scheint dieser Beschluss allerdings nur wenig wert zu sein. Auch für S. war nach dem Sommerfest noch nicht Schluss mit der IB. Im August 2020 nahm er laut Informationen von Report Mainz am „Bundeslager“ der Gruppierung in Brandenburg teil, im September half er an einem Infostand in Rheinland-Pfalz. Aber die Verbindungen von S. nach rechtsaußen gehen noch weiter. Er kandidierte für die NPD bei einer Landtagswahl und wurde vom Bundeskriminalamt 2009 als „Gewalttäter rechts“ eingestuft. Eigenen Angaben nach wusste Frisch von der NPD-Mitgliedschaft des Mitarbeiters, allerdings nichts von seinen Aktivitäten bei der IB.

Auf Platz zwei der Liste steht Jan Bollinger, seit 2013 AfD-Mitglied und Kreisvorsitzender in Neuwied. 2016 zog er auf Platz drei der Landesliste in den rheinland-pfälzischen Landtag ein. Er ist parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion und bleibt in der Öffentlichkeit eher farblos. Dabei vertritt er die üblichen Thesen der rechtsradikalen Partei und wettert in den sozialen Medien gegen Burkas, „die Antifa“ und angebliche „Altparteien“. Zu den Affären, die seine Fraktion immer wieder heimsuchen, äußert er sich selten. Seiner Parteikarriere scheint das mit Sicherheit nicht zu schaden, konnte er doch immerhin von Listenplatz drei auf Platz zwei hoch rücken.

Auf Platz drei der Landesliste steht der ehemalige Hoffnungsträger der AfD in Rheinland-Pfalz. Eigentlich sollte Joachim Paul aus Koblenz die Nachfolge von Uwe Junge als Parteivorsitzender und Spitzenkandidat für die Landtagswahl antreten. Doch kurz vor dem Parteitag im November 2019 verzichtet der Beisitzer im AfD-Bundesvorstand auf die Kandidatur und lässt Frisch den Vortritt. Grund dafür waren offenbar Verstrickungen ins Neonazi-Milieu, die Paul aber abstreitet. Laut Recherchen der taz schrieb der stellvertretende Fraktionschef unter dem Pseudonym „Karl Ludwig Sand“ für die NPD-Zeitschrift hier & jetzt — radikale rechte Zeitschrift im Sommer 2011 über den norwegischen Black-Metal-Musiker und verurteilten rechtsextremen Mörder Varg Virkenes und seine Band “Burzum”. Dem Musiker wird unter anderem vorgeworfen, mindestens drei historische Kirchen in Brand gesetzt zu haben. In dem Artikel mit dem Titel „Burzums Rückkehr“ wird der norwegische Neonazi zum politisch Verfolgten: „die Härte der Verfolgung und die Höhe der Strafe resultierte nämlich nicht aus der Gewalttat, sondern aus der politischen Haltung des Angeklagten“, zitiert die taz den Artikel.  Beleg für die Autorschaft ist laut der Zeitung die Email-Adresse „blackshirt@hushmail.com“ — eine offensichtliche Anspielung auf faschistische Organisationen der Vergangenheit — die zur Korrespondenz mit der NPD-Zeitschrift genutzt wurde, aber auch auf einer Veranstaltung der “Deutschen Burschenschaft”. Mit der Adresse stand Paul offenbar auf der Teilnehmerliste. Paul ist Mitglied der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks in Bonn“, die 2011 im Dachverband der „Deutschen Burschenschaft” durchsetzten wollte, dass nur wer vom „deutschen Stamm“ sei, Burschenschafter werden dürfe. Paul bestritt die Vorwürfe der taz, seinem Mandanten seien „weder das „Pseudonym noch die benannte Email-Adresse bekannt“. Nachdem die Vorwürfe bekannt wurden, wurde Paul als Vorsitzender des Medienausschusses im Landtag abgewählt.

Auf Platz vier der Liste steht Matthias Joa aus Germersheim. Auf dem Parteitag in Idar-Oberstein im September 2020 hatte Joa die „Black-Lives-Matter-Bewegung“ als „Schuldkult um einen drogenabhängigen Afroamerikaner“ bezeichnet. Joa ist seit 2013 Parteimitglied und sitzt seit 2016 im Landtag. Inhaltlich gibt es auch bei ihm keine Überraschungen, via Facebook kritisiert er die Corona-Politik von Bundes- und Landesregierung, prangert die jeweiligen Empörungsthemen des Tages rechtsaußen an — gendergerechte Sprache bei Audi und BASF, Mesut Özil singt die Nationalhymne der Türkei, angebliche Benachteiligung der AfD — und natürlich Migration, laut Joa „die Mutter aller Probleme“.

Der Wahlkreis Mainz wird von Damian Lohr vertreten. Lohr ist seit 2013 in der AfD, zwischen 2014 und 2018 war er Vorsitzender der Jungen Alternative Rheinland-Pfalz, seit 2018 ist er Bundesvorsitzender der parteieigenen Jugendorganisation, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Ein Amt, für das er eigenen Angaben nach, nicht wieder antreten will. Lohr gilt als Vertreter des „Flügels“, einer mittlerweile angeblich aufgelösten innerparteilichen Rechtsaußen-Gruppierung.  Im März 2018 marschierte er in der ersten Reihe gemeinsam mit Vertreter*innen der rechtsextremen „Identitären“ im rheinland-pfälzischen Kandel auf — trotz Unvereinbarkeitsbeschlusses. Im Oktober des gleichen Jahres beteuerte Lohr gegenüber einem Kamerateam der Deutschen Welle, es gebe „gar keine Kooperation“ mit den Identitären. Sprachlich ist Lohr nah an Alexander Gauland, der gedroht hatte Angela Merkel zu „jagen“. In seiner Bewerbungsrede für den JA-Vorsitz sagte Lohr, „Und dann versenken wir Merkel. Und diesmal wird kein Schiff von Amnesty International kommen, um Merkel zu retten. Sie wird untergehen.“

Foto: Wikimedia / AmtingJ / CC BY-SA 3.0

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