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Meineid Alex Jones Anwälte schickten der Gegenseite versehentlich alle Handydaten

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Der Anwalt der Eltern der ermordeten Kinder von Sandy Hook, Mark Bankston (links) konfrontiert Verschwörungsunternehmer Alex Jones (rechts) im Zeugenstand. (Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Briana Sanchez)

Ein Lügner wird beim Lügen erwischt: Der Verschwörungsunternehmer Alex Jones wird am Mittwoch während eines Prozesses in Austin, Texas, verhört. Plötzlich legt der gegnerische Anwalt Unterlagen vor, die es laut Jones gar nicht gibt. „Wissen sie woher ich die Textnachrichten habe?“ wird Jones von Mark Bankston, dem Anwalt der Sandy Hook-Eltern, gefragt. „Mister Jones, wussten Sie, dass Ihre Anwälte es vor 12 Tagen vermasselt haben und mir jede Textnachricht, die Sie in den letzten zwei Jahren geschrieben haben, eine vollständige digitale Kopie Ihres gesamten Mobiltelefons, geschickt haben?“, fragte Bankston. Jones bekommt große Augen und atmet schwer. Er weiß nicht mehr was er sagen soll. Dem wohl bekanntesten Verschwörungsideologen der USA geht es an den Kragen.

In den vergangenen 30 Jahren hat sich Alex Jones ein millionenschweres Imperium aufgebaut. Er ist eine der wichtigsten Figuren in der amerikanischen extremen Rechten. Er verbreitet seine rassistischen und antisemitischen Verschwörungserzählungen hauptsächlich über seine Plattform InfoWars. Jones behauptet, die Welt würde von geheimen Eliten der „New World Order“ beherrscht, der islamistische Anschlag vom 11. September sei ein „Inside Job“ gewesen, Barack Obama sei nicht auf amerikanischem Boden geboren worden und der im Dezember 2012 begangene Amoklauf an der Grundschule von Sandy Hook, Conneticut, bei dem 20 Kinder und sechs Erwachsene ermordet wurden, sei ein „False Flag“-Anschlag der Antiwaffen-Lobby, um gegen das gottgegebene Recht auf Schussfeuerwaffen vorzugehen.

Zwischen Jones und den Angehörigen der Opfer jenes Sandy Hooks-Massakers tobt seit Jahren ein Rechtsstreit. Jones behauptete, sowohl die Opfer des Angriffs, als auch deren Eltern, seien bezahlte Schauspieler*innen gewesen. Während der monatelangen Hetzkampagne hatten Jones fanatische Fans begonnen, den Angehörigen der ermordeten Kinder Todesdrohungen zu schicken. Der Vater eines der Opfer sah sich sogar genötigt, wegen der nicht abreißenden Drohnachrichten mehrmals den Wohnort zu wechseln. Die Angehörigen verklagten daraufhin Jones. Im aktuellen Verfahren in Austin, im Bundesstaat Texas, fordern sie 150 Millionen US-Dollar als Entschädigung von Jones und seinem Unternehmen.

Was ist schöner als Schadenfreude?

In einem Kreuzverhör am Mittwoch legte ein Anwalt der Eltern von Sandy Hook plötzlich Textnachrichten und E-Mails von Jones’ Handy vor. Aus denen geht hervor, dass der Verschwöungsverbreiter offenbar vor Gericht gelogen hat. Jones hatte immer wieder behauptet, er habe sein Telefon nach Texten zu Sandy Hook durchsucht, jedoch keine gefunden. Zuletzt behauptete er am Dienstag, dass er Sandy Hook nie in Textnachrichten erwähnt hätte, außerdem habe er keine eigene Mailadresse, daher hatte er dem Gericht keine Textnachweise bereitgestellt. „Sie wissen, was Meineid ist, oder?“ fragte ihn der Anwalt der Sandy Hook-Eltern, Mark Bankston. Jones bejahte.

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Woher kamen die Nachrichten von Jones Handy? Zwölf Tage zuvor, so der gegnerische Anwalt Bankston, am Mittwoch vor Gericht, hätten Jones eigene Anwälte ihm versehentlich den Inhalt von Jones Telefon der letzten zwei Jahre zugeschickt. Jones Anwälte hätten die Möglichkeit gehab, die Dokumente doch noch zurückzuziehen. Nachdem der Anwalt von Jones „keine Schritte unternommen hatte, um sie [die Dokumente] in irgendeiner Weise als privilegiert oder geschützt zu identifizieren, fielen sie vor zwei Tagen eindeutig in meinen Besitz. Deswegen weiß ich, dass sie mich angelogen haben“, sagte Bankston am Mittwoch.

Jones Finanz-Imperium

Doch die Handydaten geben weitere relevante Details preis. Jones gibt an, die letzten Jahre hinweg über zehn Millionen Dollar für Gerichtskosten gezahlt und über 20 Millionen Dollar Schulden zu haben. Deswegen sei er unfähig, die Opfer seiner Hetzkampagne entsprechend zu entschädigen. Dabei hatte Jones über 30 Jahre hinweg durch seine Seite InfoWars und vor allem durch den darüber betriebenen Verkauf von Prepper-Zubehör und dubiosen Nahrungsergänzungsmitteln, mehrere Millionen Dollar angesammelt, berichtete Belltower.News im April. Jones behauptete, auch unter Eid, dass er bankrott sei. Besonders nachdem die großen Social-Media-Plattformen ihn wegen seiner Hasstiraden 2018 von ihren Seiten verbannten. Der Sandy Hook-Anwalt Bankston legte am Mittwoch nun jedoch auch Finanzunterlagen vor, die der eidesstattlichen Behauptung Jones zu seiner finanziellen Situation widersprechen. Jones Einnahmen seien seit 2018 sogar gestiegen. An manchen Tagen verdiente InfoWars mehr als 800.000 US-Dollar.

Während dessen versucht sich Jones – wieder einmal – als Opfer der Medien zu gerieren, außerdem sei seine Identität „gestohlen“ worden. Die Geschworenen begannen am späten Mittwochnachmittag mit den Beratungen und sollten am Donnerstag weiterhin Zeugenaussagen und Beweise prüfen.

Jones ist für die Radikalisierung Millionen Amerikaner*innen verantwortlich

Die völlig überzogenen Reaktionen, die krass überdrehte Rhetorik und die völlig abstrusen Erklärungen von Jones Verschwörungs-Tiraden mögen zwar amüsant anzuschauen sein, effektiv waren und sind sie Ursache einer Radikalisierung von Millionen US-Amerikaner*innen in wahnhafte Verschwörungswelten. Jones plumpes Geraune über „fals flagg“-Aktionen, böse Eliten und Pädophilenringe, sind mittlerweile fester Bestandteil in der Rhetorik der Republikanischen Partei und der Alt-Right. Die Präsidentschaft von Donald Trump, machte Jones gefährliche Lügen einem großen Mainstream-Publikum zugänglich, der Ex-Präsident teilte regelmäßig Inhalte von Infowars auf Twitter.

Mittlerweile interessiert sich auch der Kapitol-Untersuchungsausschuss für die Fundgrube in Jones Handy, berichtet der Rolling Stone. Am 6. Januar 2021 stürmten Trump-Unterstützer*innen, darunter viele QAnon-Anhänger*innen, bekannte rechtsextreme YouTuber*innen und Aktivist*innen, das Kapitol in Washington. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss wirft dem damaligen Präsidenten Donald Trump eine Mitschuld an dem Gewaltexzess vor. Das Komitee möchte nun wohl auch die Daten auf Jones Handy heranziehen. In den Ermittlungen des Gremiums spielte Jones bereits eine zentrale Rolle, weil er durch seine Reden, die Menge angestachelt habe. Im November 2021 musste Jones bereits Rede und Antwort vor dem Komitee stehen. Jones soll dem Ausschuss zufolge bei der Finanzierung der Veranstaltung der Trump-Anhänge*innen vor dem Weißen Haus am 6. Januar geholfen haben.

Update, 05. August 2022: Eine erste Entscheidung der Jury hat ergeben, dass Alex Jones 4,11 Millionen US-Dollar an die Eltern des ermordeten Jesse Lewis zahlen muss. Weitere Entscheidungen der Jury zu anderen Schadensersatzzahlungen stehen noch aus.

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