Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Todesopfer Aufklärung nach 32 Jahren für Samuel Yeboah?

Von|
Samuel Yeboah (27) wurde bei einem Brandanschlag im September 1991 in Saarlouis ermordet. (Quelle: Polizei Saarland)

Nachdem am 09. Oktober 2023 der Angeklagte Peter Werner Schröder wegen Mord an Samuel Kofi Yeboah, zwölffachen versuchten Mordes und besonders schwerer Brandstiftung schuldig gesprochen und zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt wurde, hat nun der Prozess gegen einen weiteren Angeklagten am Oberlandesgericht (OLG) in Koblenz begonnen – dem damaligen Anführer der Neonaziszene in Saarland, Peter St. Er soll Schröder zu dem rechtsterroristischen Anschlag auf die Asylunterkunft angestiftet haben. Am 04. März findet der zweite Verhandlungstag statt.

Am 19. September 1991 brennt eine Asylunterkunft in Saarlouis – 18 Bewohner*innen von 21 können fliehen, zwei springen aus dem Fenster und verletzen sich dabei schwer, für Samuel Kofi Yeboah kommt jedoch jede Hilfe zu spät, er erleidet schwere Verbrennungen und stirbt wenig später. Die Ermittlungen der Polizei zum Brandanschlag sind von Unfähigkeit und Unwille gekennzeichnet. Noch im September 1991 werden sie nach insgesamt acht Tagen eingestellt. Wofür sich nach über 30 Jahren der saarländische Polizeipräsident, er nennt es lapidar „Defizite“ in der Arbeit, entschuldigt hat. Denn nach 32 Jahren, am 09. Oktober 2023, wurde am OLG in Koblenz ein erster Verdächtiger zu sechs Jahren und zehn Monaten Jugendhaft verurteilt, weil der Verurteilte Peter Werner Schröder (ehemals Schlappal) zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alt war. Alle Verfahrensbeteiligten legten Revision ein, wodurch das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Im Gegensatz zu den damaligen (nicht-)Ermittlungen steht das Verfahren, dass die Generalbundesanwaltschaft geführt hatte. Die Generalbundesanwaltschaft war es auch, die mit neun Jahren und sechs Monaten annähernd Höchststrafe forderte. Mehr als zehn Jahre für Mord gibt das Jugendstrafrecht nicht her. Während der 48 Verhandlungstage hörte der Staatsschutzsenat rund 90 Zeug*innen – viele aus der Neonaziszene, aber auch Polizist*innen sowie Betroffene der schrecklichen Tat. Dies war unter anderem nötig, da Ermittlungsakten von damals kaum Inhalte enthielten, welche hätten als Beweise dienen können. Teils wurden Vernehmungen nicht protokolliert, Alibis nicht überprüft oder wichtige Zeug*innen gar nicht erst verhört. Dass es überhaupt zur Anklage kam, ist der Unvorsichtigkeit des Angeklagten Schröder geschuldet. 2007 hatte der nun 52-Jährige bei einer Grillparty damit geprahlt. „Das war ich und sie haben mich nie erwischt“, sagte er zu einer Zeugin, die sich nach einigen Jahren bei der Polizei meldete, als sie erfuhr, dass bei dem rassistischen Brandanschlag jemand starb.

Lange hatte der Mörder während seiner Verhandlung nichts gesagt. Doch als er merkte, dass er als Alleintäter verurteilt werden könnte, brach er das Schweigen. Er gestand, bei dem Brandanschlag dabei gewesen zu sein und belastete einen ehemaligen „Kameraden“. Im Juni 2023 wurde ein weiterer Neonazi festgenommen. Der langjährige Führungskader der saarländischen Skinheadszene und Freund von Schröder – Peter St. Schröder versuchte noch ihn zu entlasten. Übereinstimmend sagten Zeug*innen aus, dass ohne das Wissen des Anführers der damaligen Naziszene nichts im Saarland passiert sei.

Die Generalbundesanwaltschaft bezeugt den Angeklagten St. „eine von nationalsozialistischen und rassistischen Überzeugungen geprägte Ideologie“. Am Tatabend in der Gaststätte tauschten sich die anwesenden Neonazis über die zahlreichen rassistisch motivierten Pogrome auf Unterkünfte für Geflüchtete aus, die es damals um 1991 noch vor allem im Osten gab, sich aber schnell nach Westdeutschland ausbreiteten. Laut Anklage soll St. solche Anschläge auch für Saarlouis gut geheißen haben. In Anwesenheit von Schröder, der „Befehlsempfänger“ von St. war, äußerte er: „Hier müsste auch mal sowas brennen oder passieren“. Zu beweisen inwiefern sich Schröder davon angesprochen gefühlt hat, um zur Tat zu schreiten, ist nun die Aufgabe der Generalbundesanwaltschaft. Für St. geht es um den Tatvorwurf von Beihilfe zum Mord sowie um 20-fache Beihilfe zum versuchten Mord.

Echte Gerechtigkeit kann es für den Mord an Samuel Kofi Yeboah nicht geben, der sich in einer Vielzahl an rechtsterroristischer Anschläge einreiht. Allerdings kann der Prozess, der am 27. Februar 2024 begann, die Aufarbeitung und Aufklärung ein Stück weiterbringen, damit zukünftig ähnliche Anschläge verhindert werden können. Besonders die Polizeiarbeit muss weiterhin kritisch hinterfragt werden. Der am 04. Oktober 2023 gestartete Untersuchungsausschuss des saarländischen Landtags zu dem Fall ist ein weiteres Puzzlestück. Auch wenn die Aufarbeitung mindestens 30 Jahre zu spät stattfindet. Die Gesellschaft ist es den Hinterbliebenen und den Opfern schuldig. Der Prozess am Staatsschutzsenat in Koblenz wird am 04. März weitergeführt. Bis zum Juni sind Verhandlungstage angesetzt.

Weiterlesen

1456px-Saarlouis_Rathaus_Lennart

30 Jahre später Mutmaßlicher Mörder von Samuel Yeboah ermittelt

1991 wurde Samuel Yeboah in Saarlouis bei einem Brandanschlag ermordet. 30 Jahre später haben Ermittler*innen offenbar einen mutmaßlichen Täter aus der örtlichen Neonaziszene ausgemacht. Ein offizielles Gedenken an das Opfer gibt es in der Stadt auch nach drei Jahrzehnten nicht.

Von|
Eine Plattform der